Doping oder Potential?

Schade, ich hatte gehofft die Süddeutsche publiziert den Artikel noch im Internet, ham’se aber bislang nicht getan. In der Montagsausgabe der Süddeutschen gab es ein Interview mit Henning Lambertz, einem jungen deutschen Schwimmtrainer am Bundesstützpunkt Wuppertal.

Britta Steffen holte in der Vorwoche scheinbar überraschend aus dem Nichts heraus, einen neuen Weltrekord und Goldmedaillen. In der Post-Landis/-Ullrich-Ära, nach dieser Tour de France, sind solche Leistungssteigerungen der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, ohne dass sofort der Dopingverdacht aufkommt.

In dem Interview legt Henning Lambertz dar, dass im Schwimmen durchaus noch Potential zu größeren Zeitensprüngen vorhanden ist.

So werden in der Trainingslehre unterschiedliche Ansätze verfolgt, die dann, je nachdem auf welchen Athletentypen man sie anwendet, auch zu unterschiedlichen Erfolgen führen würden. Zwei gegensätzliche Herangehensweisen werden z.B. von den US-Amerikanern und Australiern verfolgt. Erstere versuchen durch umfangreiches Training zu Leistung zu kommen, während die Australier wettkampfspezifisch trainieren.

Schwimmer müssen zwei Komponenten trainieren: die Arbeit im Wasser und natürlich das Training an Land. Gerade die Wichtigkeit des Landtrainings wird nach Ansicht von Lambertz erst seit zwei Jahren wahrgenommen.

Erst die Erfolge von Thomas Rupprath hatten die Aufmerksamkeit der Trainer auf die Tauchphase gelenkt. Gerade diese Tauchphase wurde mit Rupprath extrem geübt, auch an Land, an den Ringen hängend. Konsequenz: kein Schwimmer war damals damals auf den ersten 15 Meter schneller als Rupprath.

Mehr Ansätze, mehr Komponenten, also auch mehr Faktoren die richtig zusammengeführt werden müssen um zu optimalen Ergebnissen zu führen. Bei Britta Steffen hätte nicht zuletzt auch die Zusammenarbeit mit einem Psychologen bewirkt, dass sie ihr jahrelang vorhandenes Potential nun mit einem Schlag abrufen konnte.

Weitere Faktoren sind kleine, unbemerkte Regeländerungen. So ist im Brustschwimmen ein Delphinkick beim Start und nach der Wende erlaubt. Zeitbonus: ein bis zwei Zehntel.

Und so sagt Lambertz voraus, dass 2008 in Peking auf einigen Strecken der heutige Weltrekord wohl nicht zu einem Medaillengewinn reichen wird.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. […] Hier gibt es die Zusammenfassung eines interessanten Artikels zu einem recht brisanten Thema. Es geht da hauptsächlich um die Schwimmerfolge der Britta Steffen bei der EM vor wenigen Wochen, wo sie immerhin viermal Gold geholt hat, dreimal mit Weltrekord und einen dabei um mehr als zwei Sekunden unterboten. Unter dem Aspekt ‘unregelmässige Leistungssteigerung’ wird berichtet, wie man solche Ereignisse auch ohne Doping erklären kann. Dieser Artikel stimmt mich wieder ein wenig fröhlicher, denn er erlaubt, gewisse Pauschalisierungen aufgeben zu können. […]

  3. Wer immer noch glaubt, dass man durch besseres Training die Verbesserungen der Schwimmrekorde in Peking erklären kann, dem ist nicht mehr zu helfen. Wer glaubt denn, dass Alain Bernard nicht gedopt ist? Vermutlich hat er nur zuviel Spinat gegessen.
    In den letzten Jahren lassen sich die Entwicklungen im Sport am besten mit der Einführung diverser Dopingmittel erklären. Aber Armstrong hat auch immer behauptet, der trainiere mehr und besser.
    Ich finde es viel plausibler, dass in den Sportarten, in denen Doping massive Wirkung zeigt, der Sprung in die Weltspitze ohne Hilfsmittel nicht möglich ist, als an neue Trainingsmethoden zu glauben.
    Wenn man sich das Gesamtpaket aus halbherzigen Kontrollen, naivem Publikum und Verdienstmöglichkeiten anschaut, dann könnte man den Glauben an einen sauberen Spitzensport schon fast religiös nennen.

  4. In der August Ausgabe von Schrot & Korn ist ein Interview mit Britta Steffen vor Beginn der Peking Spiele zu lesen. Natürlich hat Sie mit Doping nichts am Hut. An einigen Stellschrauben ist jedoch intensiv gedreht worden.

    Frage an Britta Steffen: Macht so ein Anzug so viel aus ?

    “Aber sicher. Als Frau erreiche ich eine Absprunggeschwindigkeit von etwa vier Meter pro Sekunde, die im Wasser sofort auf zwei Meter pro Sekunde heruntergebremst wird. Ein Anzug, der mich nur halb so stark bremst, verschafft mir auf den ersten 25 Metern einen Gewinn von einer Sekunde, ohne dass ich dafür mehr tun muss. Außerdem erhöht er wie ein Kompressionsstrumpf die Fließgeschwindigkeit des Blutes, es kommt mehr Sauerstoff in die Muskeln und die Entschlackung geht schneller. Die Muskeln sind stärker vorgespannt, ohne dass man dafür vor dem Wettkampf wertvolle Energie mit Kniebeugen vergeuden muss.”

    Weiterhin liest Britta Steffen vor jedem Wettkampf das Buch “Flow im Sport”. Sie macht auch Braingym um die rechte und linke Gehirnhälfte in Einklang zu bringen. Ihre Mentaltrainerin Frau Dr. Janofske hat mit Ihr das Leistungstief von 2004 analysiert und aus der Trainingsweltmeisterin eine mentale robuste Wettkampfschwimmerin gemacht. In der Ernährung setzt Sie stark auf Bioprodukte, Eiweiß- und Mineralstoffpräparate nimmt Sie nach eigener Aussage grundsätzlich nicht.