Upcoming: NFL-Saison 2006/07, AFC North

AFC North

Die Division des Titelverteidigers Pittsburgh Steelers. Kurios: die Steelers haben seit Jahren die Division in Grund und Boden dominiert, nachdem Erzfeind Nr. 2, die Baltimore Ravens, nicht mehr die dominante Defense früherer Tage hatten. Gerissen haben die Steelers aber in Sachen SuperBowl trotzdem nicht viel. Ausgerechnet als die Steelers plötzlich wieder ernsthafte Konkurrenz in der Division hatten und vom Erzfeind Nr. 3, den Cincinnati Bengals auf den zweiten Platz verdrängt worden sind, gelang den Steelers via Wild Cards der Durchmarsch.

Auch wenn ich ein Steelers-Fan bin, war es zwar ein verdienter, aber auch verdammt glücklicher Durchmarsch, wenn man an die Spiele in Denver, in Cincinnati und in Detroit denkt.

Die AFC North wird diese Saison ganz im Zeichen des Zweikampfes zwischen den Steelers und den Bengals stehen.

Gerade dieses Wild Card-Playoff-Spiel zwischen den Bengals und Steelers dürfte bei den Bengals tiefe Narben hinterlassen haben. Die Bengals waren 15 Jahre lang die Liga-Lachnummer, haben 15 jahre lang auf den Einzug in die Playoffs gewartet, und dann dieses Spiel. Drei Minuten gespielt, Steelers von Oelhoffen stolpert in QB Carson Palmer rein und Palmer muss mit einer schweren Knieverletzung ausgewechselt werden. Ersatzmann QB Kitna konnte zwar im ersten Viertel die Steelers mit tiefen Pässen zerlegen, aber im dritten Drittel bringt er im Alleingang die Steelers wieder zurück ins Spiel.

Ob sich die Bengals von Schicksal und Steelers ungerecht behandelt fühlten? Wie in der AFC East riecht es hier dezent nach Wachablösung.

Pittsburgh Steelers

Es riecht wie fin de siècle, es hört sich wie fin de siècle an und es sieht wie fin de siècle aus. In der Saison in der der “Bus” Bettis in Detroit ins Depot fuhr und sich zur Ruhe legte, scheint auch die Steelers-Franchise eine letzte Ehrenrunde vor einem größeren Umbruch einzulegen.

Die Wackelei aus der letzten Saison war ein Zeichen dafür, dass die Steelers die Dominanz vergangener Tage verloren hatten. Der Verlust von RB Jerome Bettis. Nach Zahlen nicht mehr der wichtigste RB, aber als Charakter für die Chemie im Team wichtig gewesen.

In der Offseason ist mit dem Abgang von WR Randle-El, das nach meiner Meinung beste WR-Trio der Liga (plus Burress) binnen zwei Jahren komplett zerschlagen. Bleibt nur noch WR Hines Ward, den ich immer noch für einen der Top5-WRs der Liga halte, der aber leider sehr verletzungsanfällig ist.

In der Offseason auch der beinahe tödliche Motorradunfall von QB Ben Roethlisberger, den es ohne Helm bei einer Kollision auf einer Kreuzung fast zerissen hätten.

Und schließlich die Vertragssituation um Headcoach Bill Cowher, dessen auslaufender Vertrag bislang nicht verlängert werden konnte. Einige Zeichen deuten darauf hin, dass Cowher die Steelers nach 15 Jahren verlassen wird.

Feine Risse allerorten, deuten den baldigen Umbruch an. Nur nicht bereits in dieser Saison. Ich fürchte die Steelers werden die ganze Saison zwischen Lähmung und Gleichgültigkeit schwanken und keine Chance gegen die Bengals haben.

Wenn es zum Umbruch kommt, könnte QB Ben Roethlisberger der Kristallisationpunkt für ein neues Team werden. Roethlisberger, der heute abend beim Season Opener wg. Blinddarmoperation fehlen wird und durch den ebenso netten wie harmlosen QB Charlie Batch ersetzt wird, hat unheimlich schnell auf dem Feld Autorität gezeigt. Nur zur Erinnerung: dies ist erst seine dritte Saison! Er ist kein brillianter Werfer, aber das ist für die blue-collar offense der Steelers auch nicht gefragt.

Trotz Bettis, wird das Laufspiel der Steelers nicht das große Problem werden. RB Willie Parker ist langsam in die Startposition geglitten und lief letzte Saison 1200yds. Mal sehen wer zum Short Yardage-Back wird: Duce Staley oder Verron Haynes.

Problematischer könnten schon die Anspielstationen werden. Da wurden dann doch einige Bälle zuviel fallengelassen. Es gab aber im letzten Jahr eine interessante Entwicklung: die Steelers haben erstmals einen Tight End richtig sinnvoll ins Pass-Spiel integiert. TE Heath Miller mit 40 Fängen im Jahr für fast 460yds und 6 TDs. Es würde mich nicht wundern, wenn die Offense mangels Qualität was absoluten Top-Receiver angeht (Ausnahme: Ward) auf die “Methode New England” umschaltet und gleich mit einer ganzen Palette von Receivern arbeitet.

Die Defense genießt einen guten Ruf, weil sie sehr spektakulär, sehr aggressiv spielt und S Troy Polamalu hat sich in der letzten Saison zum atemberaubendsten Secondary-Spieler der NFL entwickelt. Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass sich die Passing Defense immer recht viele Yards einfängt und anfällig ist gegen Teams die tief gehen. Gegen einen gesunden Carson Palmer ist so etwas der Genickbruch.

Steelers in dieser Saison: 10-6 oder 9-7

Cincinnati Bengals

Wo man bei den Steelers das Gefühl hat, da geht eine lange Ära zu Ende, ist es bei den bengals genaus andersherum. Endlich haben sich die Bengals einen Coach geholt, der eine Vision hat, der solide arbeitet und Autorität zeigt. Marv Lewis geht in seine vierten Saison und er hat inzwischen ein grundsolides Gerüst.

Passgewaltige Offense mit QB Carson Palmer (Fragezeichen: wie gut hat er die Verletzung aus dem Wild Card-Spiel verkraftet, wie empfindlich reagiert er auf Pass Rush) und dem Lautsprecher WR Chad Johnson. Mit RB Rudy Johnson ein Arbeitstier (1458yds) im Laufspiel und einer grandiosen OL.

Dem Defense-Guru Marvin Lewis geht ausgerechnet die Defense ab. Zuwenig Pass Rush, zuviele abgegebene Passing Yds. In der letzten Saison konnte das bis zum Wild Card-Wochenende übertüncht werden. Dieses Jahr hat man mit DT Sam Adams jemanden geholt, der an der Scrimmage Line alles gegnerische Laufspiel zum Erliegen bringen kann. Ich halte QB Carson Palmer für so brilliant und potentiell einer der dominierensten QBs der nächsten Jahre, dass die Bengals auch ohne Defense lange in den Playoffs bleiben können.

Die Bengals haben nur ein Problem: einen bösen Spielplan. In KC (1ter Spieltag), gg NE, in TB, gg CAR, gg ATL, gg SD. Deswegen “nur” 11-5, vielleicht auch 12-4.

Baltimore Ravens

Bitte sich Zettel und Stift greifen und ein riesengroßes Fragezeichen zu Papier bringen. Das sind die Ravens 2006.

Es gibt Probleme, es gibt Goodies und ich kann mich nicht entscheiden, was den Ausschlag gibt.

Das positivste Moment ist für meinen Geschmack die Verpflichtung von QB Steve McNair, der in Tennessee im Alleingang einiges gerissen hat. Aber da fängt es schon an: McNair ist sehr verletzungsanfällig und gilt als einer der trainingfaulsten Spieler der NFL. Wie gut kriegt er das neue Playbook gebacken?

Pointe ab Rande: auch wenn Headcoach Brian Billick die Ravens bis dato als physischste NFL-Defense ever in die Geschichtsbücher gebracht hat, wurde er vor acht Jahren als Offensiv-Guru von den Minnesota Vikings kommend, verpflichtet. Hat bis dato bei den Ravens nie geklappt. Die Ravens sind berüchtigt für ein gnadenlos schlechtes Händchen bei den QBs. Nun hat Billick mit QB McNair Spielmaterial bekommen, wenn er damit keine Offense in Gang bekommt, dann weiß ich auch nicht…

Fragezeichen auch beim Laufspiel. RB Jamal Lewis hat Potential, aber brach letzte Saison unerklärlicherweise in der Produktion ein.

Die Defense war einst das Prunkstück der Ravens. Sie ist in den statistischen Werten immer noch überdurchschnittlich, aber nicht mehr der Augenfänger früherer Tage, was auch damit zusammenhängt, dass das Aushängeschild LB Ray Lewis schwächelt. Alt geworden und verletzungsbedingt nur sechs Spiele gemacht. Gerüchteweise hieß es in der letzten Saison, dass er auch Probleme habe, mit dem leicht geänderten Defense-Schema zurecht zu kommen, weswegen er zwar recht viele Tackles habe, aber kaum ernsthaft zum Pass Rush kommt.

Potential für eine Überraschung ist vorhanden, aber ich denke die Mannschaft ist an einigen Stellen überaltert. Ein McNair wird nicht die Saison durchspielen können und das wird die Ravens letztendlich aus dem Playoffrennen werden. Bilanz: 8-8

Cleveland Browns

Zweites Jahr von Headcoach Romeo Crennel, einer der Belichick-Zöglinge die es zum headcoach geschafft haben. Ich halte zwar einiges von Crennel, angesichts seiner Arbeit als DefCoord. bei den Patriots. Aber die Cleveland Browns müssen zum dritten Mal seit Neustart der Franchise 1999 den Verein komplett umkrempeln, nachdem das Front Office den Laden zweimal gegen die Wand gefahren hat.

Die letzte Saison war erstmal ein Stopp des Sturzfluges und Aufräumarbeiten angesagt. Respektable 6-10-Bilanz. Nun müssen Crennel und GM Phil Savage das Fundament für einen langfristigen Richtungswechsel legen.

Wie lange die Aufbauarbeit dauern wird, wird stark von QB Charlie Frye abhängen. Blutjung, muss er nun zeigen ob er der QB der Zukunft sein kann. Wenn nicht, geht ein weiteres Jahr Aufbauarbeit verloren, auf der Suche nach einem Franchise-QB.

Es gibt viele, miteinander verzahnte Baustellen. Die Offense hatte letzte Saison das Problem, dass sie nicht lange genug auf dem Spielfeld war (27:59) und es lag nicht an RB Reuben Droughns (1323yds), sondern dass die Defense das gegnerische Laufspiel nicht stoppen konnte und der Gegner die Spieluhr kontrollierte. Von daher kommt DT Ted Washington als prominentester Neuzugang der Defense (neben LB Willie McGinest) eine Schlüsselrolle zu.

Gelingt es den Browns das gegnerische Laufspiel zu stoppen, haben sie mit Droughns den Franchise-RB, der den jungen QB Frye Zeit und Entlastung für das Pass-Spiel gibt.

Allerdings ist der Spielplan diese Saison hinreichend schwer, weswegen ich nur einen unwesentlich besseren record sehe: 7-9

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Bei Baltimore muss man abwarten ob McNair es allen noch mak zeigen kann.
    Fall Lewis wieder eine miese Saison hat ist Mike nderson ne nette Variante.
    Also ich trau ihnen was zu auch wenn die Defense nicht mehr so dominant ist wie in den letzten Jahren.

  3. Also in Sachen Steelers-Artikel kann ich in einigen Punkten nicht wirklich zustimmen. Klar ist Burress weg, der eine solide Waffe war (aber schon längst verdaut). Nun auch Randle El. Aber so oder so war das niemals das beste WR-Trio der Liga.
    Gerade Randle El war doch z.B. letzte Saison eine der schlechteren Nummer 2-Receiver der Liga; darüber sollten auch 2-3 spektakuläre Trickspielzüge über ihn nicht hinwegtäuschen. Am ehesten wird es noch schwer ihn als Returner zu ersetzen; das war heute Nacht beispielsweise gar nichts. Cedric Wilson kann Randle El als Receiver locker ersetzen; mit den Rookies Holmes und Reid sowie dem aufstrebenden Nate Washington hat man hier beste Perspektiven. Mehr als vielleicht guter Durchschnitt war der Mannschaftsteil nicht – und das wird mal mindestens zu halten sein…

    Ansonsten wird wenig auseinanderbrechen. ALLE Starter stehen bereits für nächste Saison unter Vertrag; viele ein gutes Stückchen darüber hinaus. Damit hat man sicherlich nicht unbedingt einen Superbowl-Champion garantiert; nicht mal ein Playoff-Team (angesichts der starken Division und dem harten Programm in diesem Jahr), aber die nächsten 2-3 Jahre wird man oben mitspielen. Selbst ohne Cowher. Und diesbezüglich ist ja immer noch alles reine Spekulation.

  4. Ich hab nochmal kurz nachgeguggt: Gibt doch einen Steelers-Starter ohne Vertrag; RT Max Starks. Der wäre aber auch nur Restricted Free Agent, die Steelers würden also zumindest eine ordentliche Kompensation kriegen – wenn sie denn, wovon auszugehen ist, Starks behalten wollen und er sich dennoch für ein anderes Team entscheiden würde.