Max Merkel RIP

Die Agenturen melden es gerade: Max Merkel ist gestern im Alter von 87 Jahren gestorben.

Nun kann man Max Merkel (und seine mutmaßlichen Ghostwriter) als Dampfplauderer abtun, der seit 1978 von Saison zu Saison immer unterirdischere Sprüche in der BILD raushaute.

Ich kann aber nicht verhehlen, dass Max Merkel mit seinen Kolumnen in der BILD einiges zu meiner Fußball-Sozialisierung beigetragen hat. Früher gab es nur die Sportschau oder im Sommerurlaub in Frankreich, Spanien oder Jugoslawien die BILD aus Essen-Kettwig. Und wenn Sommerurlaub war, war auch Max Merkel mit seiner Bundesliga-Vorschau da, in der er Tag für Tag jeweils einen Verein abklopfte.

Er tat es nicht tiefschürfend, sondern immer auf der Suche nach einer Pointe und wenn möglich, dabei auch noch irgendein schickes Vorurteil bestätigend. Populismus galore, ohne auch nur den Hauch zu versuchen, seine immensen Leserzahlen, vielleicht noch eine zweite Ebene oder etwas Tiefe zu bieten. Ohne zu versuchen, mal wider dem Stachel zu löcken. Merkel spielte in der BILD immer weniger die Rolle des Fußballexperten, sondern die des Gagschreibers.

Kurioserweise ging das Aufkommen der Privatmedien in Deutschland mit RTL-Anpfiff, SAT.1-RAN und PREMIERE völlig an Merkel vorbei, obwohl man meinen sollte, das so eine Kodderschnauze wie gebacken für elektronische Massenmedien ist. Aber im Gegenteil. Je wichtiger der Fußball im Fernsehen wurde, desto unwichtiger wurde Merkel. In den letzten Jahren wurde seine Vorschau in der BILD immer kleiner.

Als Zehnjähriger habe ich am Frühstückstisch seine Bundesligavorschau verschlungen. Irgendwann verliert man aber die Grenzdebilität die für sein Zeug notwendig war. Man bekommt Ekel, wenn man daran denkt, wie Merkel möglicherweise Vorurteile in Leserhirne festgesetzt hat. Das einzige was noch Antrieb war, mal drüberzuschauen, war die Hoffnung, das Merkel vielleicht irgendein interessantes Faktum oder Meinung kund tat. Aber er tat es nie.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Komisch, immer wenn ich Max Merkels, wie Du richtig schreibst, grenzdebilen Müll las, erinnerte mich das an die beiden Jahre 1968 und 1969.
    Denn der Dampfplauderer und Besserwisser, der Trainerkritiker und Phrasendrescher, er ist und bleibt bis heute der einzige Trainer, der mit dem gleichen Verein erst Meister wurde (68 mit Nürnberg) und im Jahr darauf (69 mit Nürnberg, Entlassung im März) abstieg.
    Mit diesem Wissen im Hinterkopf konnte ich die Beleidigungen und Absurditäten mit einem Lächeln quittieren und für mich einordnen. Was hätte sich Max Merkel (de große Trainer) wohl für Gemeinheiten und Gossengassenhauer anhören müssen, hätte es Max Merkel (den unfehlbaren Schreiberling oder seinen Ghostwriter) damals schon gegeben.

  3. Sie werden wohl einen großen Zettel am Kühlschrank der Bild-Redaktion befestigen müssen: “Achtung, Merkel-Kolumne heuer anders betiteln!”. Ist schließlich noch ganz schön hin, bis zum Sommer, und man kann ja nicht alles nebensächliche im Hinterkopf haben.

  4. Wenn ich es im Bus beim Nachbarn über die Schulter richtig gelesen habe, dann scheint das Ableben von Max Merkel eine unglaubliche Koinzidenz zu sein.

    In der heutigen BILD-Ausgabe wurde angekündigt, das Merkel nach 29 Jahren BILD-Kolumnen in den Ruhestand geht.

  5. @dogfood: Ja, heute eine ganze Seite mit ihm und seinen “besten” Sprüchen.

  6. Max Merkel

    Max Merkel, ehemaliger Trainer u.a. von Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 machte in den letzten Jahrzehnten vor allem als Kolumnist der BILD-Zeitung von sich reden, und prägte damit ganze Generationen.
    Die unter seinem Namen veröffentli…

  7. Find’s bisschen seltsam, Merkels ganze Karriere mit der Bild-Kolumne zusammenzufassen.

    Aber bitte, jeder wie er meint…

  8. Ich kann ja schlecht schreiben, dass ich aus der Gebärmutter meiner Mutter heraus, seine taktischen Glanzleistungen beim BVB für weltbewegend hielt…

  9. Ne, meinte ja jetzt nicht explizit Dich, sondern die ganz allgemeine Einstellung des Durchschnittsbeobachters…

    Das finde ich halt nicht ganz gerecht, eben gerade weil viele ja seine Leistungen als Spieler bzw. Trainer garnicht selbst mitbekommen haben.

  10. Da gibt es andere die gegensteuern. Die SZ hat in ihrem gestrigen Artikel einfach die letzten 30 Jahre Max Merkel ausgeblendet.

    Man kann es nicht gerecht finden, Merkel nur an seinen 30 Jahren bei der BILD zu messen, aber es lag ja in Merkels Händen etwas aus seiner Popularität zu machen. Mit seinem Standing in den 80er und vielleicht auch noch 90er Jahre hätte er doch auch den putzigen Analysten geben können, wie z.B. in den USA Madden oder Macguire. Hätte einen auf Lattek machen können, aber mit flotten Sprüchen ausgestattet.

    Dem scheint er sich, warum auch immer, bewusst entzogen zu haben. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Spätgeborenen ab Jahrgang 65 nichts über seinen Offensivfußball bei den Nürnberger wissen. Ist im Nachhinein auch Schad’ für die BILD, die eine “Fußball-Koryphäe” hätten aufbauen können, aber doch nur einen Dampfplauderer geformt haben.

    Merkel und George Best, beide wurden von “meiner” Generation genauso wenig wahrgenommen. Der eine wird trotz Alkoholexzesse als Genie gefeiert, der andere an seinen BILD-Kolumnen gemessen und nicht für voll genommen. Ist es ein Mentalitätsunterschied zwischen Deutschen & Briten oder erntet Merkel, das was er in 30 Jahren BILD “gesät” hat?