NBPA löst sich auf

Wie es über das Wochenende erwartet wurde, hat die Spielergewerkschaft der NBA (NBPA) das letzte Angebot der NBA abgelehnt. Darüber hinaus plant sie ihre eigene Auflösung, die sogenannte “decertification“. Das ist der nukleare Knopf, den die NFL-Spielergewerkschaft NFLPA diesen Frühjahr gleich von Anfang an im Tarifkonflikt gezogen hat.

Was macht das für einen Sinn aus Spielersicht, die eigene Gewerkschaft aufzulösen?

Es hat was mit “antitrust exemption” zu tun. Wie sich jeder ausmalen kann, ist der US-Sport kartellrechtlich heikel. Es gibt z.B. nur eine Profi-Basketball-Liga und es gibt nur eine Spielergewerkschaft. Das sind Monopole galore. Tatsächlich gibt es für den US-Profisport eben eine Ausnahme vom Kartellrecht. Diese Ausnahme gilt solange einer starken Liga mit Teambesitzer eine starke Spielergewerkschaft gegenübersteht.

Wenn dieses Gleichgewicht nicht mehr vorhanden ist – zum Beispiel durch eine Selbstauflösung der Spielergewerkschaft, gilt die kartellrechtliche Ausnahme nicht mehr. Die NBA wird dadurch gegenüber den Spielern zum Monopol und riskiert in kartellrechtlichen Verfahren zu verlieren.

Genau dies ist der nächste Schritt nach der Selbstauflösung der Gewerkschaft: ein Haufen von Spielern (in der NFL waren es diesen Frühjahr zehn Spieler rund um Tom Brady, Drew Brees und Peyton Manning) wird dann ein Antitrustverfahren vor einem US District Court anstrengen.

Das ganze ist deswegen eine “nukleare Option“, weil keiner weiß was passiert, wenn wirklich auf den Knopf gedrückt wird und es zu einem Urteil kommt. In der NFL gab es rechtzeitig vor Abschluss des Gerichtsverfahren eine Einigung zwischen Spielern und Liga. Präzedenzfälle der letzten 40 Jahre legen den Verdacht nahe, dass die NBA ein solches Urteil in ihrer bisherigen Form nicht überleben würde. Aber was danach kommt, weiß keiner… Bleibt nur zu hoffen, dass man sich während des Verfahren einigt.

Wenn ich diese Woche mehr Zeit habe, schreibe ich noch mehr zu den Verhandlungen, denn IMHO machen es sich einige zu einfach, wenn sie auf die “geldgeilen Spieler und Agenten” schimpfen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. “denn IMHO machen es sich einige zu einfach, wenn sie auf die “geldgeilen Spieler und Agenten” schimpfen”

    Darauf bin ich gespannt. Habe mich mit der Thematik bisher, trotz Interesse am Sport bzw. der Liga, kaum beschäftigt.

  3. Allen, die sich von der Mitleidstour der Clubbesitzer beeindrucken lassen und auf die Spieler sauer sind, kann ich nur folgenden Text http://fivethirtyeight.blogs.nytimes.com/2011/07/05/calling-foul-on-n-b-a-s-claims-of-financial-distress/ und die darin enthaltenene finanzielle Übersicht empfehlen. Quintessenz: Die Einnahmen der NBA sind in den letzten Jahren um 27,9 Prozent gestiegen. Die Spielergehälter um 24,3 Prozent. Die “anderen Ausgaben” um 42,9 Prozent. Darüber, um was es sich bei den “anderen” Ausgaben handelt, darf spekuliert werden. Klar ist allerdings: Dort stecken die steigenden Verluste der Clubs. Wie sagte Michael Jordan beim letzten Tarifkonflikt zu einem der Clubbesitzer: Wenn Sie das wirtschaftlich nicht hinkriegen, warum verkaufen Sie dann nicht Ihre Mannschaft?” Natürlich kann sich Clubbesitzer Michael Jordan daran nicht mehr erinnern. Obwohl man ihm diese Frage heute ebenfalls vorlegen sollte.
    Wer über die Spieler meckert, sollte sich fragen, weshalb die Leute wohl Basketball sehen wollen: Wegen David Stern und Mark Cuban? Oder wegen der Spieler?

  4. Es dauert übrigens durchaus einige Zeit, bist die Gewerkschaft aufgelöst ist, da darüber abgestimmt werden muß.

    Hevorragende Übersicht: http://www.huffingtonpost.com/gabriel-a-feldman/the-legal-issues-behind-t_2_b_1081107.html

    Man kann über die Verantwortlichkeit sicher streiten, aber ich halte das strategische Verhalten der Spielerseite für sehr beschränkt. Und diese Strategie lässt sich unabhängig von der Verantwortlichkeit durchaus betrachten, denn bestimmte Machtstrukturen lösen sich nicht alleine durch die Schuldfrage auf.
    Alleine schon die Tatsache, dass die Spielerseite nun mal am kürzeren Hebel sitzt und mit einem Saisonausfall soviel Geld verliert, wie man mit dem Unterschied, um den es zum Schluß ging, in 10 Jahren nicht wieder “reinholt”. Ein Beharren auf bestimmten Positionen macht nur dann Sinn, wenn v.a. bestimmte Bedingungen unerlässlich für eine zukünftige Arbeit ist. Eine Regelung über grobe Einnahmeaufteilungen gehört da nicht zwingend dazu, egal in welcher Sportliga. Dies gilt gerade wenn man berücksichtigt, dass wichtige Einschränkungen, wie die frühere reverse clause, die in der Tat einen groben Einschnitt in die Arbeitnehmerfreiheit darstellte, mittlerweile nicht mehr existieren.
    Die Decertification-Strategie ist dann mit noch mehr Unsicherheit behaftet. Eins dürfte meiner Meinung aber klar sein, ohne Spielergewerkschaft wird das Median-Einkommen sinken, denn eine Gewerkschaft hilft normalerweise der breiten Masse an Spieler, nicht aber Spitzenspielern (die nämlich wegen dem Salary-Cap weniger verdienen, als sie könnten). Auch Mindesteinkommen und Draft-Systeme (letztere sind ein wichtiger Baustein der geschlossenen Majorleagues) werden dann möglicherweise obsolet.

  5. Gegenüber den Fans ohne die eine professionelle Liga nicht funktioniet ( diesen Satz sollte man jedem Beteiligten jeden Tag mindestens fünf mal um die Ohren hauen ) und den normalen Mitarbeitern der Teams ist eine komplette Saisonabsage eine absolute Sauerei. Zu dem GAU gehören immer 2, Aber in gewisser Weise hoffe ich das der Lockout der NBA vielleicht für die nächsten 2-3 Jahren sollte die Liga das überleben mit Gerichtsverfahren etc wenn es wirklich dazu kommt , schadet, damit das als abschreckendes Beispiel für die anderen Ligen gilt. Aber im Prinzip war es klar dass das System verbotenes Kartell irgendwann brechen musste wie in der NHL vor ein paar Jahren Es wäre zumindest spannend zu sehen was dabei herauskommt wenn so ein Gerichtsverfahrn durchgezogen würde …

  6. solange Teambesitzer Spielern wie Chris Kaman 12 Millionen pro Jahr hinterschmeißen ist etwas grundsätzlich nicht in Ordnung. Ist doch ganz normal, dass die Spieler das annehmen, wer würde das nicht.

  7. Ich bin nicht so in der Materie drin, aber ich finde die Verhandlungsführung der Clubbestitzer etwas seltsam. Da wird gesagt nimm heute 7% Kürzung oder wir bieten dir morgen 10% Kürzung an. Ist es nicht normalerweise bei Tarifstreitigkeiten üblich, dass beide Seiten eine Extremforderung stellen und sich dann in den Gesprächen annähern?

  8. @tonymontana: Das ist zu kurz gegriffen, da irgendwelche Monsterverträgen für Spieler, die das Geld nicht wert sind, auf die gesamtwirtschaftlichen Lage der Liga keinen Einfluss haben. Es ist kein Zufall, das der Knackpunkt bei den Verhandlungen der Anteil am BRI (Basketball Related Income) ist. Die Spieler bekamen nach dem alten CBA 57% dieses BRI. Das heißt selbst wenn jedem Spieler nur 1000 Dollar im Jahr lt. Vertrag zu stehen würde, so müssten die Besitzer trotzdem über Bonuszahlungen an die Spieler die Differenz zu den 57% vom BRI ausgleichen. Es gibt also, wenn man so will einen Salary Cap nach oben und nach unten. Das Problem ist eben, das in kleinen Märkten wie Charlotte, New Orleans oder Sacramento dieser hohe Anteil am BRI zu Verlusten führt. Wenn man weiterhin eine Liga möchte, wo auch ein Team aus diesen kleinen Märkten um die Meisterschaft mitspielen kann, dann muss an dieser Schraube gedreht werden.
    @Jürgen Kalwa: Was das Jordan-Bashing angeht, so möchte ich darauf hinweisen, das Jordan meiner Erinnerung nach, die meisten seiner Bulls-Jahre für sehr moderate Gehälter gespielt hat. Erst die letzten 2,3 Jahre wurde er dann seinem Status angemessen bezahlt.

  9. @deion
    Ich glaube das niedrige Gehalt von MJ in den ersten Jahren hatte damit zu tun, daß er gleich einen sehr langen Vertrag unterschrieben hat. Damals als Rookie. Meine so was in den letzten Tagen gelesen zu haben.

    Erst als er dann Free Agent war, hat er zugeschlagen. Ich meine er sowas wie 30 Mio pro Saison bekommen. Das ist auch eine Menge, wenn man bedenkt, daß er nebenbei mit Werbung das dreifache davon verdient hat. Hätte also auch da auf Geld verzichten können. Hat er aber nicht gemacht.

    (Und hier schreibt ein MJ Verehrer!)

  10. @nedfuller. Vollkommen richtig. Meine, das es sogar irgendwas bei 38 Mio. Dollar waren. Ohne jetzt hier eine Diskussion über die Höhe der Spielergehälter lostreten zu wollen, aber imho jeder Dollar für Jordan war verdient. Alle Zahlen an Menschen, die Jordan erst für den Basketball und die NBA gewonnen hat, ist wahrscheinlich noch untertrieben.

  11. Na, wie bei FAZ.net zu lesen war, als Spieler nutzte Jordan die Gewerkschaft zu seinem Gunsten, als Eigner bekämpft er sie aufs schärfste.

    Die Verhandlungsführung auf beiden Seiten ist fernab hiesiger Usancen. Das kann man daher von hier schlecht kritisieren.

    Kein Eigner muss übrigens den Salarycup zu mehr als 75% erreichen, ohne dass ihm daraus Nachteile entstehen. Aber alle erreichen ihn wohl. Da hat der Markt oder das Kartell nicht funktioniert.
    Aber besser nun der GAU- so er denn überhaupt einer sein wird- als noch längere sinnfreie Verhandlungen.

  12. @deion
    MJ hatte jeden Dollar mehr als verdient. Klar.
    Aber er hätte auch zu Gunsten anderer verzichten können. Richtig gut ging/geht es dem Franchise der Bulls doch nie, oder irre ich da wieder/erneut.

    @schnorri
    Genau. In der FAZ stand was. Danke

  13. mMn sollten 4 Franchises aufgelöst werden, das würde allen weiterhelfen. Es gibt nicht genug Top-Spieler für 30 Teams und dadurch würde die Qualität der Spieler steigern, zusätzlich noch die Spieler verringern auf 65 bis 75 pro Saison.
    Die 4 Teams könnten sein: Charlotte, New Orleans, Sacramento, Milwaukee und dazu noch Minneapolis nach Seattle wechseln. Fertig.

  14. Die Bulls waren gerade zu Jordan-Zeiten profitabel (Merchandising-Umsätze…) und sind es auch heute. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass sie ohne MJ auch nur ansatzweise eine so starke Marke heute und für alle Zeiten wären. Ich sehe in seinem Verhalten heute überhaupt keine Heuchelei, sondern Konsequenz, er war als Spieler das Unternehmen “Michael Jordan” und ist heute die Charlotte Bobcats bzw. deren Besitzer. Heute wie damals versucht er das Maximale für sich rauszuholen. Legitim und machen wir “normale” Menschen doch auch nicht anders. Oder wer hat schon mal eine Gehaltserhöhung abgelehnt?

  15. @deion Legitim ist vieles. Auch, den Spieler Michael Jordan zu idolisieren und den Geschäftsmann Michael Jordan nicht genauer unter die Lupe zu nehmen. Dann kann man sich aber auch Diskussionen über die Ursachen für den aktuellen Tarifstreit sparen. Denn wie schon weiter vorne herausgestrichen: Es sind die Spieler, die nun für die Fehlleistungen und Fehlinvestitionen der Clubbesitzer bezahlen sollen. Obwohl klar ist, dass sie nicht das Problem sind. Einer der größten Fehlinvestoren und Mismanager ist der glorreiche Michael Jordan.

    Das Problem der heutigen NBA ist simpel: Es gibt zu viele Clubs in zu kleinen Städten und der Finanzausgleich zwischen reichen und armen Clubs ist ein echter Witz. Der ehrliche erste Schritt wäre also nicht, die Spieler im großen Stil für die Verluste verantwortlich zu machen, sondern die akuten Fehlschaltungen im System zu reparieren. Natürlich wären die Spieler auch von einer Reduzierung der Clubs betroffen. Aber das wäre die nachvollziehbare Lösung.

  16. Was für mich die Sache so unnachvollziehbar und ärgerlich macht, ist die Tatsache, dass Angebot und Forderung gar nicht wo weit auseinander liegen. 50:52 Prozent, und irgendwo habe ich gelesen,dass die Klubs zT sogar 51 Prozent geboten haben.
    Wenn die hier kursierenden Zahlen stimmen, verdient die Liga 4,3 Milliarden. Zwei Prozent davon sind 86 Millionen. Sicher sehr viel Geld, aber jetzt teilt das durch etwa 500 Profis, die alle bestens verdienen. Deshalb eine ganze Saison an die Wand zu fahren, ist dann schon fatal. Doch ich habe eh nicht den Eindruck, dass es nur ums Geld geht, sondern um verletzte Eitelkeiten und stolz

  17. Man muss auch sehen, wo man herkommt in der NBA.
    Ich will mich nicht auf eine Seite schlagen, da hier grundsätzlich auf beiden Seiten Fehler gemacht werden, aber der Unterschied 50 zu 52% ist irgendwo schon gewaltig. Irgendwann ist man in Verhandlungen halt an seiner Schmerzgrenze angekommen und da kann ich die Spieler schon verstehen, dass sie sagen, bis hier hin und nicht weiter. Die kommen nämlich von viel weiter oben und verzichten schon auf wesentlich mehr als die 86 Mio Dollar auf Dauer (bzw. würden bei einer Einigung auf mehr verzichten).

    Das Interview von Stern finde ich aber eine Frechheit und das sorgt natürlich nicht für eine Entspannung der Lage.
    http://www.youtube.com/watch?v=van9PZIIROc

  18. @frankfurter löwe
    Die Liga “verdient” nicht 4,2 Mrd. USD, die 4,2 Mrd. USD (BRI) ist ein Umsatz aus bestimmten Quellen der NBA und der Clubs. Da sind z.B. Anteile an Parkgebühren drin, Namingright-Einnahmen, Cateringeinnahmen und direkt auf die NBA zurechenbare Einnahmen wie den TV-Geldern.

    Die Summe, um die es bei der BRI-Aufteilung geht ist deutlich höher als 86 Mio USD. Individuell verliert jeder Spieler 8% seines Gehaltes durch die escrow-tax, die dann nicht mehr zurückgezahlt wird (oder eventuell mehr, wenn der escrow-tax-Satz höher gelegt wird), da das Spielereinkommen 50% des BRI überschreitet.
    Weiter gedacht sinken logischerweise bei neuen Verträgen die Löhne (stärkerer Salary-Cap), daran führt aber über kurz oder lang kein Weg dran vorbei. Ob das via geringere Angebote der Clubs sind oder z.B. über weniger Nachfrage durch weniger Clubs geschieht, spielt da keine Rolle.