08/15 um 10h15 – SPONSORs SportsMedia Summit 2012 (3)

Nach dem interessanten Auftakt der Eröffnungsveranstaltung durch die Präsentation der DOSB New Media folgte eine Präsentation durch den Managing Director NFL UK, Alistair Kirkwood mit dem Titel “Leadership in media: How NFL RedZone changes the Game“.

Die NFL ist in Großbritannien schon seit den Zeiten der NFL Europe auch außerhalb des alljährlichen NFL-Spiels sehr umtriebig und hat für UK eine eigene Website (nfluk.com) hochgezogen, die viele aktuelle selbstproduzierte Inhalte besitzt. Kirkwood ist seit 2003 für NFL UK zuständig.

NFL RedZone ist ein Pay-TV-Sender der NFL der nur während der Sonntagnachmittag-Spiele von 13 bis ca 20 Uhr Ostküstenzeit on air ist und über Satellit, Kabelnetze und Streamangebote vertrieben wird. Wer eine SKY-Bundesligakonferenz mit neun Spielen für aufregend hält, wird sich vom Adrenalinstoss des NFL RedZones zeitlebens nicht mehr erholen. Im 30-60 Sekunden-Rhythmus wird zwischen bis zu 10 gleichzeitig stattfindenden Spielen hin- und hergeschaltet – überall dort wo der Ball in der Red Zone ist (den 20yds vor der gegnerischen Endzone) oder gerade Punkte erzielt worden sind – wenn viel passiert, dann gerne auch im Split Screen (hier ein kommentierter, 6min langer Ausschnitt auf YouTube).

Einer Heerschar von deutschen Sportmedien-Profis NFL RedZone in Inhalt und als Businessmodell zu erklären, hätte eine spannende Sache werden können.

Wurde sie aber nicht.

Stattdessen wurde es eine heruntergespulte Kaffeefahrt-Präsentation von Kirkwood, bei der man am Ende noch darauf wartete, dass NFL-Heizdecken zu einem SportsMedia Summit-Sonderpreis feilgeboten wurden. Ein Großteil der Präsentation ging dafür drauf, den versammelten zu erklären, dass die NFL die Top-Sportart in den USA und hochprofitabel ist.

Ach.

In die Präsentation floss der eine oder andere interessante Datenpunkt ein, die ich nebenstehend zusammengetragen habe. Darüberhinaus wurde betont für was für wackere Werte die NFL steht (Integrity, Excellence, Community, Teamwork, Innovation, Tradition) und tatsächlich ging es im letzten Drittel dann auch um den NFL RedZone-Kanal.

Interessant wurde es, als Kirkwood kurz darauf einging, wie man dieses RedZone-Zusatzangebot 2009 beim Sendestart gegenüber den aktuellen TV-Rechte-Inhaber positionierte – dieser Pay-TV-Sender war immerhin direkte Konkurrenz für CBS und FOX, die fürchten mussten, dass NFL RedZone ihnen Zuschauer und damit Werbegelder kosten würde.

Tatsächlich zeigen aber die Zahlen, das die Zuschauerzahlen bei CBS und FOX sogar gestiegen sind. Der NFL RedZone-Channel scheint auch als Appetizer für Spiele zu funktionieren, die die Fans sich ansonsten aufgrund der eher unattraktiven Ansetzung nicht angeschaut hätten – und auf den Geschmack gekommen, wandern die Zuschauer vom NFL RedZone-Channel zu diesem spannenden Spiel ab, um es im Free-TV in Gänze zu sehen.

So einfach geht es also laut Kirkwood: einfach mit den Sendern sprechen, sie zu einem einjährigen Testlauf überreden lassen und am Ende sind alle zufrieden.

Wenn Kirkwood die Präsentation schon zu einer tour d’horizon der NFL umwandelte, hätte er natürlich auch die richtig spannenden Themen ansprechen können. Wie die NFL perspektivisch mit der Problematik der Gehirnerschütterungen und Depressionen umgeht oder ob das Thema durch eine positive Untersuchung (keine unterdurchschnittliche Lebenserwartung bei NFL-Spielern) schon vorbei ist?

Wenn er auf die International Series in England zu sprechen kommt, warum nicht auch problematisieren, warum bislang nur in England gespielt wurde und warum nun wiederholt zwei bis vier Spiele pro Saison für UK/Europa angeboten wurden, aber keiner Interessent zugriff und man sich stattdessen mit einem Exklusivvertrag mit dem Wembley-Stadion bis Ende 2016 alle Möglichkeiten verbaut hat, in UK andere Standorte auszuprobieren.

Alles fürs Sportbusiness spannende Fragen – stattdessen gab es Kaffeefahrt im Raumschiff NFL mit Captain Kirkwood.

“Club der Millionäre – Sind Follower die neue Währung im Fußball oder alles nicht verstanden”

Die Podiumsrunde unter dem obigen Thema versammelte den von mir sehr geschätzten Matt Owen, Community Manager beim FC Liverpool, Oliver Kaiser von Ledavi (Agenturnetzwerk) und Mario Leo von Result (Marketing-Agentur). Es ging um eine Bewertung von Marketing über bzw. mit Facebook.

Die sehr harmonische Diskussion hatte keinerlei Probleme sich sehr schnell auf einige Punkte zu einigen, was angesichts der Banalität und Verallgemeinerung nicht schwer war: mach kein Scheiß und habe keine überhöhten Ansprüche – auf der Liste irgendwo zwischen “Alte Omas über die Straße helfen” und “Flaschen in den Altglas-Container wegbringen“.

Das beste was ich aus solchen Diskussionen ziehen kann, sind einige Metapher oder Vergleiche, die man dann am besten luftdicht verpackt und in die Tiefkühltruhe legt, um sie bei adäquater Gelegenheit bei einem Kundengespräch rauszuholen.

In den letzten 12 Monaten ist der Trend bei der Bewertung der Facebook-Aktivitäten deutlich von der blossen Zählung der Follower hin zu den Aktivitäten/Interaktionen der User hin gegangen. Die Diskutanten verglichen die Zahl der Follower mit der “technischen Reichweite” im TV und die Interaktionen dann mit der TV-Einschaltquote.

Es war wieder Matt Owen der den Ton prägte und für ein sehr vorsichtiges Agieren auf Facebook eintrat. Sinngemäß: “Man muss sich vorstellen, das man mit den Aktionen in die individuelle Timeline des Users reingeht. Man muss es als Privileg verstehen, von diesem User durch ein ‘Like’ in seine Timeline eingeladen worden zu sein. Facebook ist ein langfristiges Investment in die Fans. Die Monetarisierung hat keine Priorität. Kommerzielle Verwertungsmöglichkeiten ergeben sich nur als Teil einer fortwährenden Konversation mit den Fans“.

Die beiden deutschen Protagonisten sahen das etwas nüchterner. In Anlehnung an Begrifflichkeiten im Telekom-Bereich, nannten sie Facebook “den letzten emotionalen Meter zum Fan“. Die Wachstumschancen in diesem Bereich seien deswegen so interessant, weil die Vereine die anderen Assets längst vergeben haben, an TV, Liga oder Verband.

Insbesondere Oliver Kaiser betonte den Wert der gesammelten Daten und das diese beim Klub zu bleiben haben – sieben Tage nach dem SportsMedia Summit gründete Oliver Kaiser eine “datengestützte Strategieberatung” namens Advant Planning, um Daten und Analysen mit “strategischem Know-How” aufzuwerten. Sozusagen “eating your own dogfood“.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Danke für so Perlen wie:

    “den letzten emotionalen Meter zum Fan“

    oder auch

    “eating your own dogfood“

    Das Geschäftsmodell einer “datengestützten Strategieberatung” klingt interessant, wobei das Daten und Analysen mit “strategischem Know-How” aufzuwerten ein wenig nach inhaltslosem Blabla klingt, wenn noch nicht richtig klar zu sein scheint, was längerfristige Ziele sein könnten. Monetarisierung an eins oder doch eher die Markenbildung/-festigung mit einhergehender Zielgruppenerschließung.

    Kann gut sein, dass sich dieses “neue-Medien”-Ding nicht durchsetzen wird, hat ja auch schon mit diesem Internet nicht funktioniert.

  3. “Was ist ihre Lieblingssportart?” – 26% NFL, 12% MLB, 10% Coll.Footb, 8% NBA, 5% Coll.BBall, 5% Soccer, 4% NHL, 4% Auto racing

    WTF? Fußball ist populärer als die NHL? Das müsste doch im Saal für einiges Raunen gesorgt haben, oder? Wurde das irgendwie thematisiert/hinterfragt?

    Ansonsten sind die Amis schon ein lustiges Völkchen. NFL ist also eine andere Sportart als College Football? Gibt es tatsächlich Leute, die nur die College-Variante gucken? Und wenn ja, warum? Weil sie den überzüchteten Kommerzsport leid sind? :D

  4. Habe mir eben das Video zum RedZone Sender angesehen. Finde ich auf Anhieb etwas unübersichtlich. Aber das sieht man wahrscheinlich nur dann wenn man Ahnung von den Teams etc. hat. ^^ Aber interessantes Format.

  5. Hat Kirkwood bei den wackeren Werten der NFL nicht ein paar vergessen: Doping, Bounties, Dog Fights, Sexual Assaults

  6. @ spoonman:
    Es wurde wahrscheinlich nicht direkt nach der Lieblingssportart gefragt, sondern eher nach der Lieblingsliga. Und da gibt es durchaus einige, denen die NFL total egal ist und die nur für College Football leben. Gleiches gilt für NBA und College Basketball.

    @ Markus:
    NFL RedZone ist tatsächlich etwas unübersichtlich und von den einzelnen Spielen bekommt man nicht viel mit. Jedoch sieht man echt praktisch jede wichtige Aktion und in Verbindung mit dem NFL Sunday Ticket, bei dem man auch alle Spiele einzeln serviert bekommt, ist es eine gute Sache, da man jeder Zeit auch zu den Einzel-Spielen schalten kann, wo es dann ruhiger zu geht. Und eine nicht ganz unwichtige Sache, NFL RedZone ist komplett werbefrei!! Also ganz anders, wie man es ansonsten vom US-Fernsehen kennt.

    Unter Umständen sind es sogar zwölf und nicht zehn Spiele, die zeitgleich laufen und wenn man die 4pm-Spiele dazu nimmt, die manchmal ja schon beginnen, während die 1pm-Spiele noch laufen kommt man auf noch mehr ;-)

  7. Durch den Wandel in der amerikanischen Gesellschaft wundert es mich nicht dass Soccer jetzt schon vor einem der 4 “Großen Teamsportarten” steht. Das dürfte sich in den nächsten beiden Jahrzehnten noch erheblich ausweiten.

    Das ändert natürlich trotzdem nichts an der Dominanz der NFL, die ähnlich dem Fußball in Europa, allen anderen immer weniger Platz zum atmen lässt.

    Btw. glaubt die NFL tatsächlich noch an einen “Resteuropäischen Markt” außerhalb des 51. Bundesstaates?