Screensport 2015 – herausgefordert: SKY (2)

Heute geht es weiter mit dem zweiten Teil der Jahresabschlussbilanz und des Ausblicks auf die (elektronische) Sportmedien-Landschaft 2015/2016 von mir und RealityCheck. Gestern ist Teil 1 erschienen, der sich vor allem mit Perform und Streams beschäftigt: „Screensport 2015 – die neuen Player“

Meine Bestandsaufnahme von SKY 2015: es war kein gutes Jahr für redaktionelle Inhalte. Die Übertragungen von SKY, inkl. Vor- und Nachberichte, erwecken den Eindruck, als würde nur noch 08/15 abgespult werden. Die Topspiel-Runde harmoniert nicht. Die Experten haben keine Relevanz und Gravitas. „sky90“ bleibt auf dem tiefen Niveau von 2014.

Keines der Features und Magazine konnte einen größeren Buzz erzeugen. Die Sendeplätze für „EinsEins“, „Startalk“ oder die Dokus, wirken weiterhin wie mit der Schrotflinte verteilt und isoliert. „Mein Stadion“ ist tot. „Samstag live“ ist tot, „EinsEins“ soll angeblich zum Jahresende auslaufen. Ausgebaut wurde nur das farblose 08000-Call-In-Format.

Der Relaunch der Sky-Website hat redaktionelle Sportinhalte weiter nach hinten geschoben.

Abgesehen von Khabaddi, hat es an Überraschungsmomenten gefehlt, die meine Neugier weckten. Ich erwarte von einem Pay-TV-Sender für den ich pro Monat hoch zweistellig Abogebühren zahle, mehr.

Was hältst du von meiner Bestandsaufnahme?

Redaktionell war 2015 für Sky im Sport – mit Ausnahme von Sky Sport News, das sich weiterhin prächtig entwickelt – eine Katastrophe. Außerhalb des Livesports gab es zwar ein, zwei gute Dokumentationen, aber – wie Du es sagst – man übersieht sie und es ist purer Zufall, diese zu entdecken, wenn man es nicht via Social Media mitbekommt.

Es bleibt bei Sky bei meinem generellen Kritikpunkt. Es fehlt für Sky Sport ein “Channel Director”, der eine Programmstrategie vorgibt. Sky Sport wird immer noch nicht wie ein Fernsehsender geführt, sondern eigentlich wie ein Streamingportal. Vielleicht immer noch Auswirkungen der Katastrophe namens “Premiere Sport Portal”.

Audience Flow, Stripping, Etablierung von Sendeplätzen – alles Essentialia des TV-Managements, die bei Sky Sport vernachlässigt werden.

Beispiel hierbei der Sonntag. Ich habe Verständnis dafür, dass man Vorberichte für die Bundesliga-Spiele bringen will. Aber warum das alles nicht auf der Einzeloption? Auf Sky Bundesliga 1 bringe ich dann 2. Liga, erstes Sonntagsspiel, zweites Sonntagsspiel, Sky 90. Dann muss man nicht andauernd hin und her zappen. Mit der Gefahr, dass Zuschauer verlustig gehen.

„Samstag Live“ ist eine Tragik. Ein gut gemachtes Format auf dem falschen Sendeplatz. Zu Beginn der Sendung – man erinnert sich, heiß gestrickt, weil das ZDF das Sportstudio nach hinten schob – berief man sich auf das britische Vorbild “Soccer AM”. Aber warum versucht man es dann nicht mal mit dem Samstag Morgen? Ein Sendeplatz, der in UK nun seit etwa 20 Jahren (!) funktioniert.

Beim Topspiel stimme ich Dir zu, irgendwas stimmt nicht in der Chemie der Experten. Man hat den Eindruck, es werden auf dolle komm raus Buzz kreiert, ohne wirklichen Mehrwert in Punkto Analyse zu bringen. Kein Vergleich z.B. zu Erik Meijer, der mit Abstand beste Experte im Sky-Stall. gut finde ich die Neuverpflichtung Peter Gagelmann, der nicht ganz so verkrampft rüber kommt wie Markus Merk. Man merkt Merk (pun not intended) die körperlichen Schmerzen an, die er empfindet, wenn er einen Ex-Kollegen kritisieren muss.

Das Programm ist tatsächlich zuletzt etwas Überraschungsfrei gewesen. Weil Du Khabaddi ansprichst, warum bedient man sich nicht am großen Fundus von News Corp bzw. Sky? Stichwort Rugby League. Ein Anruf und man bekommt vermutlich Super League und NRL für ‘nen Appel und ein Ei. Das zieht wahrscheinlich kaum im messbaren Bereich, aber füllt auch wieder Programmstunden mit wertigen Inhalten. Oder die ganzen Rechte von Barry Hearns Matchroom Sport. In UK ist Sky eng mit denen verbandelt, doch wo laufen deren Inhalte in Deutschland? Bei SPORT1 bzw. ProSiebenSat.1 im Stream.

Kleine Randnotiz: in Großbritannien hat BT Sports keine Scheu beim Samstag-/Sonntagmorgen-Spiel aus der A-League 1:1 die Halbzeitsendung von FOX Sports aus dem Murdoch-Imperium durchzuschleifen.
Frage: Meine Theorie: im Sport-Bereich neigt sich die Leuchtturm-Phase von SKY dem Ende entgegen. Der Markt an Bundesliga- und Formel 1-Interessierten ist langsam gesättigt, bzw. nur noch über Niedrigpreis zu locken. Langsam müsste das Umschalten auf interessantere Sportinhalte folgen.
Puh. Ich hoffe es. Nur: Wird sich damit relevanter Zustrom generieren lassen? Siehe doch etwa die NFL bei ProSieben Maxx. Hervorragende Einschaltquoten. Aber brechen wir das mal auf Pay-Reichweite herunter (Quote dividiert durch Pay-Penetration). Dann bist du wieder bei knapp 50.000 Zuschauern. Wer zahlt nur wegen NFL? Und dann bist du ganz schnell wieder bei dem Argument, dass der Gamepass solche Angebote kannibalisiert. Wenn ich vor die Option gestellt werde: Ein wenig bei Sky oder alles im Gamepass. Was macht der Fan, der noch kein Sky hat, da? Eben.

Wachstumschancen sehe ich bei Sky bei Sportarten, die relativ zentralisiert vermarktet und veranstaltet werden. ATP, die UFC wäre so was gewesen, aber die sind ja jetzt vom Markt. Handball ist die nächste große Chance. Du musst den Fans ein zu den Streamingangeboten der Ligen vergleichbares Angebot bieten, dann hast Du einen Business Case. Unter Rundumpaket geht es meiner Meinung nach nur sehr schwer.

Frage: Ist die Teilung des Sportangebotes in ein Bundesliga- und Sport-Paket noch sinnvoll?
Ich hielt es aus Programmtechnischer Sicht noch nie für sinnvoll, aus finanzieller Sicht ist es aber vermutlich unvermeidbar. Sky UK ist das einzige der drei Skys, die das nicht machen. Dafür splittet man das Sportpaket – ohne logische Erklärung – auf, vermarktet diese Einzelpakete aber nicht aktiv. Sky Italia hat das Calcio-Paket, manche Spiele sind aber dennoch im Sportpaket.

Eine Zusammenlegung wird meiner Meinung nach nur passieren, wenn Sky größere Teile der Bundesliga-Rechte verlieren sollte. Andernfalls ginge es nur mit einer massiven Preisanhebung, was den Einstiegspreis auf weit über 40,- € heben würde.

Zu Sky Italia: ja, es gibt die Trennung zwischen “Calcio” und “Sport”. Aber das Calcio-Paket ist umfangreicher als das vergleichbare “Sky Bundesliga”-Paket und Fußball-Spiele, wie z.B. aus der Premier League oder der Serie B, werden sowohl auf “Sky Sport”- als auch “Sky Calcio”-Kanäle gezeigt (z.B. ManCity–Sunderland am 26.12., Perugia–Vicenza am 27.12.). Das ist nicht vergleichbar mit der Paketierung hier Deutschland, die zwei komplett berührungsfreie Programmwelten geschaffen hat.

Und die Perform-Geschichte spielt hier wiederum mit rein, weil der Spielraum von SKY zur Anreicherung seiner Pakete, geschmälert wurde. Durch den zusätzlichen Player im deutschen Sportrechtemarkt, sind eine Reihe von Rechten auf 3-4 Jahre vom Markt und dies kann SKY erstmals (seit La Liga/Laola1.tv) nicht durch einen Verweis auf seine “Partnersender” auffangen.

Das ist klar, nur kann Sky das durch eine Neupaketierung auffangen? Sky hat dreieinhalb richtig massenattraktive Rechte. Bundesliga, CL, DFB-Pokal und mit Abstrichen Formel 1. Wenn man jetzt Bundesliga und ein, zwei der anderen Rechte in ein Paket steckt, wertest du das andere so ab, dass man sie auch eigentlich zusammen legen könnte.
Frage: Tun wir mal so, als würde SKY 2016/17 ATP-Tennis und HBL bekommen. Was macht das mit dem Sportprogramm von SKY, was macht es mit den Paketen? Hat SKY aus dem Siechtum der letzten Jahre der DEL-Zusammenarbeit (bis Sommer 2012) Lehren gezogen?
ATP ist einfacher zu beantworten als HBL. Selbst der Sendeumfang, wie ihn SPORT1+ derzeit fährt, wäre ein enormer Schritt vorwärts für Sky. Man hätte auf einen Schlag unter der Woche Livesport im Programm. Käme hierzu noch eine inhaltliche Klammer (natürlich nicht auf dem Niveau wie “London Calling” bei Wimbledon, aber evtl. eine Studiosendung aus München) und mehrere Spiele parallel, ist Sky das bereits angesprochene Rundumpaket für Tennis-Fans.

Bei der HBL ist wesentlich, wie Sky den Deal aufziehen würde. Produktion alle Spiele? Alle Spiele im Livestream im Internet? Topspiele weiterhin (auch) im Free-TV? Wenn Sky pro Spieltag zwei, drei Spiele im TV bringt und ein Handball-ASAT, kann das kritische Massen bringen und auch die Handball-CL aus dem Schützengraben ziehen. Im Moment – wir sehen es an den gerade veröffentlichten Sportsbar-Quoten der Handball-CL, die bis zu dem zehnfachen (!) der At-Home-Quoten erreichen, gehen die Handball-Fans offenbar für “die paar Spiele” lieber in die Kneipe, als ein Abo zu holen. Mit der HBL bekommt das einen ganz anderen Spin.

Macht Sky aus der HBL aber lieber nur “DEL 2.0”, also maximal zwei versprengte Spiele pro Woche, dann kann man es meiner Meinung nach auch gleich lassen.

Zudem fehlt Sky ein wichtiges Element: Ein Free-TV-Sender. In UK hat man Pick, in Italien Cielo und MTV8. In Deutschland: Nada. Für viele Ligen ist es sehr wichtig, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Heißt: Free-TV, zumindest ein wenig. Deshalb sind NFL, WWE und UFC weg vom Pay-TV zu ProSiebenSat.1. Wenn Sky nicht schnellstens einen Free-TV-Sender gründet oder kauft (Tele 5?), wird man in diesem Punkt immer das Nachsehen gegenüber der Konkurrenz haben. Die Free-Konkurrenz diversifiziert ins Pay-TV, aber Sky nicht in die andere Richtung. Ob das gut geht?

Hintergrund meiner Frage „was macht es mit den Paketen“ war die Theorie (ich weiß nicht mehr von wem ich sie hörte), dass SKY möglicherweise mit dem DFB-Pokal ins Bundesliga-Paket umzieht – ATP und HBL, wenn sie erworben werden würden, würden dem “Sport”-Paket ein anderes, stärkeres Non-Fußball-Profil geben. Das ist selbstredend höchstspekulativ. Und noch mehr ins Spekulieren kann man kommen, wenn man sich fragt, warum der DFB eigentlich nicht den angeblich längst abgeschlossenen DFB-Pokal-Vertrag verkündet (doch noch ein neuer Player? Oder wird über weitere DFB-Rechte wie Dritte Liga oder Regionalliga verhandelt?).
Der DFB-Pokal kommt sich mit der Bundesliga nicht in die Quere. Daher wäre das prinzipiell denkbar. Zumal es für den Fan eines nicht international vertretenen Bundesligisten kaum attraktiv ist, wegen ein, zwei Pokalspielen das Sportpaket zu holen – wenn er nicht sowieso die CL will.

Was beim DFB-Pokal so lange dauert, kann ich mir auch nicht erklären. Dritte Liga wäre natürlich ein gutes Recht, aber auch hier weiß ich nicht, wie man das mit der ARD unter einen Hut bekommt. Die zeigen derzeit ja relativ viele Livespiele. Ist die 3. Liga da bereit, drauf zu verzichten, wenn dafür Sky regelmäßiger zeigt? Aber besonders im Osten Deutschlands würde das mit Sicherheit Abos bringen.

Das Sportprogramm von SKY bzw. PREMIERE hat sich, abgesehen von kurzen Zeitabschnitten, selten innovativ und experimentierfreudig gezeigt. SKY Sport News ist da die große Ausnahme. Ich mache es so ein bisschen an den handelnden Akteuren Schmidt-Steuer-Weber fest. Und daher bin ich skeptisch, das man beim Erwerb einer Liga wie der HBL, eine andere Denke zeigt. Handball-CL spiegelt dies für mich wieder. Alles an Vor- und Nachberichterstattung wirkt wie eine 1:1-Kopie der “bewährten” Blaupause der Bundesliga-Berichterstattung der letzten zehn Jahre.

Ich vermisse die “Wir müssen diesen Sport groß machen”-Haltung, die Pay-TV-Sender im Ausland auszeichnet (und auf die sich die Ligen auch einlassen).

Das ist das Thema. Sky muss ihre Vision den Ligen pitchen und dann mit langfristigen Verträgen etwas aufzubauen versuchen. Was man bei der DEL z.B. nicht geschafft hat. Wenn man sich dagegen anschaut, was BSkyB mit der Rugby Super League geschafft hat oder auch der PDC, ist eine gegenseitige Befruchtung. Da muss man aber auch mit einem gewissen Invest rein, der sich nicht in ein, nicht in zwei und vermutlich nicht in drei Jahren zurückzahlt.

Das geht dann natürlich nur durch langfristiges Engagement.

Nur die Frage – die Du schon beantwortet hast – hat Sky (derzeit) diese Vision?


Morgen gibt es den dritten Teil des Gesprächs – dann geht es um die anderen Sportsender und um die Bundesliga-TV-Rechte.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp