Discovery/Eurosport vs Sky – kein Schwarz und kein Weiß

Duell in München. Discovery gegen Sky. Gestern ging die Eurosport-Mutter Discovery an die Öffentlichkeit und warnte, dass es noch keine Einigung mit Sky zur Verlängerung des Einspeisevertrages der Discovery-Kanäle wie Eurosport 1 HD, Eurosport 2 HD und Discovery Channels gibt.

Bereits ab 1ten Februar, also nächsten Mittwoch, könnten die Kanäle bei Sky abgeschaltet werden.

Ein Aspekt der bei den Verhandlungen Probleme macht, sind die von Eurosport teuer eingekauften Olympia-Rechte und die Bundesliga-Freitagsspiele (70 Mio Euro/Saison). Die Branche fragt sich, wie Eurosport mit seinen beiden Spartensendern und mässiger Free-TV-Reichweite, diese beiden teuren Pakete stemmen will. Der Weg über Sublizenzierung scheidet zumindest für Olympia 2018 und dem Abbruch der Verhandlungen mit ARD/ZDF, vorerst aus.

Auf Sky-Seite fällt seit Monaten auf, dass das Portfolio an „Partnersendern“, also Sendern für die man eine Einspeisegebühr zahlt, um sie den Abonnenten auf der eigenen Plattform zu zeigen, von Sky massiv bereinigt wird. Auf Eurosport 1 HD- und Motorvision TV-Exklusivität wurde verzichtet. Bei Motorvision TV wurde der Sender aus einigen Sky-Plattformen wie Kabel und IPTV rausgenommen. U.a. ProSieben Fun, MGM und AXN sind im Laufe des Jahres 2016 rausgenommen worden.

Die Diskussionen auf Twitter und in den Kommentaren von DWDL nimmt schnell eine erwartbare Richtung und treibt Sky durchs Dorf.

Dabei werden zwei Umstände ignoriert.

Erstens: wir kennen den Stand der Verhandlungen nicht. Wir wissen nicht, wer was fordert und können daher nicht beurteilen, wessen Forderungen oder Angebote gerechtfertigt sind, oder nicht.

Zweitens: mit der Übernahme von Eurosport durch Discovery Communications, prallen mit Discovery und Sky plc zwei große Medienkonzerne aufeinander. In Deutschland kennt die Masse nur Eurosport und sieht damit nur die Spitze des Eisberges. Der Jahresumsatz der Sky plc (2015) beträgt 11,8 Mrd Euro. Der Jahresumsatz des Pay-TV-Konzerns Discovery Communications beträgt 7,5 Mrd Euro (2015).

Beide Konzerne sind in der gleichen Branche unterwegs und beide sind in Sachen Jahresumsätze halbwegs auf Augenhöhe. Das Bild „David Eurosport gegen Goliath Sky“ kann getrost weggeschmissen werden.

In Wirklichkeit muss der Zoom bei Discovery Communications noch weiter aufgezogen und John C. Malone ins Bild gebracht werden. Der 75jährige besitzt nicht nur 29% an Discovery Communications. Er ist auch Chef und Mehrheitseigner der Medienkonzerne Liberty Media, Liberty Global und Liberty Interactive.

Hier eine Timeline einiger Moves von Discovery Communications und Liberty Media/Liberty Global in den letzten Jahren:

  • 2013 – Liberty Global übernimmt den britischen Kabelnetzbetreiber Virgin Media
  • 2014 – Joint Venture Discovery mit Malones Liberty Global für eine TV-Produktionsfirma
  • 2015 – Kauf der europäischen TV-Rechte für Olympia 2018–2024 für 1,3 Mrd Euro
  • 2015 – Joint Venture Discovery mit Malones Liberty Global für die Film- und TV-Produktionsfirma Lionsgate (aktuell: Oscar-Favorit La La Land)
  • 2016 – Discovery kauft für Eurosport Deutschland das „Freitagsspiel“-Paket der Bundesliga (45 Spiele, 70 Mio Euro/Saison)
  • 2016 – Umfangreiches Einspeise-Abkommen zwischen Discovery und Liberty Globals Kabelnetzunternehmen wie z.B. Unitymedia/KabelBW in Deutschland, UPC in Österreich und Virgin Media in UK
  • 2016 – Gerüchte über ein Merger zwischen Discovery und Lionsgate
  • 2016 – Liberty Media übernimmt die Formel 1
  • 2016 – Joint Venture mit dem größten US-Streamdienstleister BAM Tech (MLB, NHL, ESPN) zum Aufbau einer europäischen Pay-Stream-Plattform
  • 2017 – Gerüchte über eine Übernahme des größten britischen Free-TV-Senders ITV durch Liberty Global (Liberty Global hält derzeit knapp 10% an ITV)

Spätestens wenn man in der Diskussion Discovery vs Sky auch den Faktor John Malone hinzunimmt, wird klar, dass es bei der Einspeisung von Eurosport & Co. auf Sky-Plattformen um mehr geht, also nur um einen Streit, wieviel Sky zahlen will/soll.

Hier prallen zwei Medienkonzerne aufeinander, die bislang gut kooperieren konnten. Aber der dritte Medienkonzern im Hintergrund (Liberty) hat sich durch Moves der letzten Jahre zu einem veritablen Konkurrenten von Sky positioniert.

Kabelnetze in Deutschland, Österreich und Großbritannien, Übernahme der Formel 1, Konkurrenz auf dem britischen Mobilfunk-Markt (Virgin Media vs Sky plc), Lieferant für wichtige Spielfilme und Serien, Minderheitenbesitzer der größten britischen Free-TVPrivatsender-Kette.

…nur um einige Felder zu nennen, auf denen sich Sky und Discovery/Liberty beharken.

Verwundert es da wirklich, dass Sky und Discovery in Deutschland und in Großbritannien keinen Deal haben abschließen können?


Sowohl Sky als auch Discovery haben in Europa durch sehr teuer eingekaufte Rechte, einen hohen Kostendruck. Und beide Konzerne haben mit einer sich verändernden TV- und Streamlandschaft zu tun.

Sky hat in Großbritannien und Deutschland die einheimische Fußball-Ligen sehr teuer eingekauft und gerät mit seiner Film- und Seriensparte in massiver Konkurrenz von Netflix und Amazon Prime.

Bei Discovery, siehe oben, rätselt die Branche, wie sich Olympia oder ein 70-Mio-teures Freitagsspiel-Paket für den Sparten-Pay-TV-Sender Eurosport2 refinanzieren lassen sollen.

Nicht umsonst ranken sich Merger und Merger-Gerüchte sowohl um Sky (Übernahme durch 21st Century Fox ist losgetreten) als auch Discovery (Liberty/Lionsgate).


Information für Sky-Zuschauer: Eurosport 2 HD, Eurosport 1 HD und Discovery Channel möglicherweise ab 1.2. nicht mehr bei SKY empfangbar.

aus: @eurosport_de, 25.1.2017, 21 Uhr

Es wirkt als ob Discovery/Eurosport nun als erstes die Nerven verloren hat. Fünf Tage vor Fristablauf veröffentlicht man eine erste Warnung über ein Verlassen der Sky-Plattform.

Hätte man die Situation früher publik gemacht, hätte man per Salami-Taktik den öffentlichen Druck auf Sky sukzessive steigern können und durch entsprechende PR das Thema auch proaktiv gestalten können.

So kurzfristig an die Öffentlichkeit zu gehen, wirkt auf mich wie Panik. Hätte man einen Plan B an der Hand, hätte man diesen Plan nun kommunizieren können, statt mit Schwarzbild zu drohen.

Und ohne einen Plan B und mit teuren Rechten mit wackeliger Refinanzierungs-Grundlage an den Hacken, scheint Sky in der besseren Verhandlungsposition zu sein.

Es fällt auf, dass Sky Deutschland nicht der erste Discovery-Verhandlungspartner ist, der die Forderungen von Discovery für überzogen hält. Sky UK geht es genauso. ARD/ZDF verzichten auf Sublizenzierung zu Discovery-Konditionen. Die britische TV-Plattform TalkTalk hat Mitte 2016 Discovery wegen überhöhter Forderungen rausgeschmissen (BBC und France Télévision wurden sich mit Eurosport handelseinig, hatten aber, anders als ARD/ZDF, noch eigene Olympia-Rechte, die sie in die Verhandlungen einbringen konnten).

Befindet sich Sky in Zugzwang wegen Olympia? Anscheinend nein. Bereits vor Jahren hat man erklärt, nicht als paneuropäischer Konzern an Olympia interessiert zu sein, da es sich dabei nur um ein Sportevent handelt, dass alle zwei Jahre sechzehn Tage dauern würde und kein Abotreiber sei.

Befindet sich Sky in Zugzwang wegen der Freitagsspiele? Mit dem Wegfall des Freitagsspiel müsste Sky den Claim „Alle Spiele, alle Tore“ wegschmeißen. Das wäre schon ein Schlag. Aber ist das Spiel überlebensnotwendig? Nein. Vor allem im Kontext mit den anderen, größeren Themen (Stichwort: Liberty), ist das Freitagsspiel nur ein kleiner Bauer im größeren Schachspiel.


Nächsten Mittwoch sind wir schlauer, was die öffentlichen Kampfansagen gebracht haben. In den USA ist es im Preisgeschacher zwischen Kabelnetzanbieter und TV-Konzernen nicht unüblich, dass Sender nach Ablauf von Verträgen und Verhandlungsfristen für einige Tage aus den Netzen geschmissen werden. Dann einigt man sich und erscheint wieder in den Kabelnetzen.

Als Alternative gäbe es noch den Eurosport-Player als Streamangebot für derzeit 7 Euro/Monat und auf etlichen Plattformen erhältlich.

Die Planungen von Eurosport und Sky laufen just auf diese Zukunft hinaus: jeder schnürt seine eigene Stream-Plattform. Na ja, dann kann man ja damit ab heute anfangen…

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp