Tour-Pause: Exodus von zwei Fahrern

Die Tour hat heute Pause, nicht aber die Tour-Kommissäre. Gegen #172 Stefano Casagrande/Saeco und #135 Martin Hvastija/Alessio wird in Italien im Rahmen der erfolgten Giro-Razzia nun ermittelt. Und die Tour-Verantwortlichen ziehen das durch, was vorher angekündigt wurde: jeder Fahrer gegen den Ermittlungen laufen, wird sofort aus der Tour geschmissen.

Dies hat vorher schon Di Luca/Saeco, Millar/Cofidis und Vasseur/Cofidis getroffen.

Der Ausschluß von Casagrande kam nicht überraschend, die Tageszeitung Le Monde hat bereits letzte Woche von anstehenden Ermittlungen in Italien berichtet. Le Monde zufolge werden demnächst Ermittlungen auch gegen #109 Zanini/QuickStep und #08 Padmos/US Postal starten, was deren Ausschluß bedeuten würde.

Zum Vergleich: letztes Jahr wurde nur ein Fahrer vom Rennen ausgeschlossen.

Der Sportdirektor des Teams von Alessio-Bianchi droht derweil mit Klage gegen die Tour-Veranstalter.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Was ist denn das für ein zweifelhaftes Rechtsverständnis: Verdächtig zu sein reicht aus, um aus der Tour geworfen zu werden? Hölle, was machen die dann erst mit jemandem, der verurteilt wurde?

    Mal im Ernst: So einfach war es noch nie, einem Konkurrenten den sportlichen Erfolg zu vermasseln: Schiebe ihm einfach irgendetwas unter, so dass gegen ihn ermittelt wird. Wenn sich kurz darauf seine Unschuld heraus stellt, ist er aber schon nicht mehr bei der Tour dabei.

    Unmöglich das ganze, und meiner Ansicht nach hat die angekündigte Klage gute Erfolgschancen – hoffentlich! Denn schon viel zu oft hat der Sport gemeint, nicht mit den Maßstäben der normalen Justiz gemessen werden zu müssen. Memento Bosman!

    Nur meine 2 Cent,
    SurfGuard

  3. Ich denke die Tour wird argumentieren: sie ist eine Art Privatveranstaltung und genießt daher “Hausrecht”. Immerhin war sie noch bis vor einigen Jahren ein komplettes Einladungsrennen, da die Teams von den Veranstaltern “eingeladen” werden mussten. Erst seit wenigen Jahren ließ sich die Tour dazu herab, einigen Teams gemäß der UCI-Rangliste (Top 8? Top 16? Don’t know) ein Startrecht zu garantieren, was sie vorher nur inoffiziell tat.

    Hinzu kommen die unterschiedlichen Rechtssysteme. Die Aufnahme von Ermittlungen in Italien soll ein schwerwiegenderer Schritt sein als in Deutschland oder Frankreich.

  4. Hmmm, mit dem gleichen Argument könnte die Tour zum Beispiel Schwarze von der Tour ausschließen. Nach dem Motto: (Böse Polemik ON)Wir haben nix gegen Neger, aber als Privatveranstalter müssen wir ihren Ausschluss nicht begründen.(Böse Polemik OFF)

    Als Veranstalter der Tour de France, des wichtigsten Radrennens der Welt, hat man einfach eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung und sollte sich an deren Grundsätze halten. Zu diesen Grundsätzen gehört auch, als schuldig erst zu behandeln, wer verurteilt wurde.

    Viele Grüße,
    SurfGuard

  5. Die “gesellschaftliche Verantwortung” der Tour wird über die Sponsoren geregelt und ist genau die die nun in Sachen Doping greift. Wenn die Tour keine Schwarzen oder wen auch immer erlauben würde, würde es einen Sturm der Entrüstung geben und die Tour wäre binnen Jahresfrist platt.

    Genau dieser Druck haben nun dafür gesorgt, dass die Tour eine No-Tolerance-Politik fährt, nachdem man jahrelang sich noch darauf berief, dass entsprechend Verdächtige noch nicht abgeurteilt oder gesperrt sind. Der Ruch des Dopings ist für die Sponsoren nicht mehr tragbar.

    Offen sichtlich hat die Öffentlichkeit die Schnauze von Doping-Skandalen voll und toleriert nun härteres Eingreifen (namentlich in Frankreich und Italien, Spanien ist anscheinend noch nicht so weit). Vor Jahren, erinnert sei an Virenque, noch undenkbar gewesen.

    Man muß es auch aus Sicht der Tourverantwortlichen sehen: es kann nicht sein, dass allenthalben Leute im Gelben Trikot fahren oder Etappen gewinnen, und Wochen später, nach vollzogenem Verfahren, die Ergebnislisten geändert werden müssen. Mit Resultaten am grünen Tisch befördert sich Sport ad absurdum.

    Ja, es ist juristisch grenzwertig und ich will nicht ausschließen, dass es auf höchster EU-Ebene irgendwann ein Urteil gibt, dass dem Einhalt gebietet.

    Auf der anderen Seiten erleben wir es ja immer wieder in der Politik, das Politiker aufgefordert werden, bis zum Ende einer Untersuchung, ihre Ämter ruhen zu lassen.

    Ich würde mehr Verständnis für die Sorgen der rausgeschmissenen Radfahrer besitzen, wenn es innerhalb der Rennfahrer stärkere Selbstreinigungskräfte gibt. In der breiten Front wie derzeit die Doping-Meldungen über den Radsport hereinbrechen, hat das Peloton die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt.

  6. Ohne auf dem Thema herum hacken zu wollen hier noch als Nachtrag der Link zu einem Kommentar auf tour.ard.de zu dem Thema. Darin wird beleuchtet, ob die Tourveranstalter unterschiedliche Maßstäbe bei Ihrer Beurteilung von Dopingverdächtigen anlegen: Zwei Fahrer von US Postal sind vor ein italienisches Gericht geladen, dürfen aber weiter bei der Tour mitfahren – angeblich weil die Staatsanwaltschaft von San Remo noch nicht auf eine Anfrage der Tour geantwortet hat.

    Unabhängig von dieser Diskussion aber mal ein großes Lob an alle allesaussersport-Macher! Ein hervorragendes Blog, das ich täglich gerne lese. Weiter so!

    Viele Grüße,
    SurfGuard