Tour 2005: J-13 Heiß

[15h32] Valverde, noch vor einigen Tagen Sieger, hat aufgegeben.

Die 5 Ausreißer haben 4’06 Vorsprung.

Ein Blick auf die Aufgaben in der Tour. Von den Top-Teams hat es keines wirklich zerrissen. Unter drei Ausfällen müssen die Teams Fassa Bortolo, Saunier Duval, Quick Step und Lampre leiden. Bei Quick Step, AG2R und Domina Vacanza sind jeweils die Teamkapitäne bereits vom Sattel gegangen: Boonen, Honchar und Nazon.

[14h48] Jeffrey Veen (mein persönlicher Webdesign-Gott) schreibt über einen ahnungslosen Journalisten der für eine Zeitung die TdF bloggt. Der Journalist findet die Tour langweilig und würde am liebsten alle Teams abschaffen um “Mann gegen Mann” fahren zu lassen: “This would make it difficult to impossible for ‘teams’ of riders to work together to help their best rider, but who cares? Teams are antithetical to all forms of racing except relays.

Ich schließe mich Veens Ansicht an, die Zusammenarbeit als Team gibt den Ganzen noch mal eine zusätzliche, spannende Dimension.

Was ich aber abschaffen würde, ist der Teamfunk, bzw. die Ohrstöpsel mit denen jeder/die meisten Fahrer auf dem Laufenden gehalten werden was im Feld passiert, auch wenn sie Kilometer vom Geschehen entfernt sind.

Dadurch verlagert sich die “Entscheidungskompetenz” häufig von den Fahrern weg, auf die Begleitfahrzeuge und macht erst einige unterkühlte Strategien möglich. Bin ich kein Freund von.

[14h46] Situation des Rennens: 5 Ausreißer. Bester Mann in der Gruppe: Christopher Horner/SDV, in der Gesamtwertung 15’22 zurück. Die Gruppe hat dezeit 7’25 Vorsprung.

[14h08] Heute stehen 173,5km “Flachland” an, in einem Bogen der Mittelmeerküste entlang. Nur zwei Sprintwertungen.

Es ist eine sehr heiße Etappe. France Info hat für die Gegend um Paris, dem Elsass und dem Süden Frankreichs eine Hitze- und Ozonwarnung ausgegeben (38 Grad in Bordeaux). In Paris ist Ozonalarm ausgegeben worden, mit Tempolimit 20kmh und freier Benutzung des ÖPNVs.

Den heutigen Landstrich kenne ich so ein bißchen. Montpellier ist ist neben Marseille so etwas wie kulturelles Zentrum an der franz. Mittelmeerküste. Marseille hat viele Nordafrikaner, Montpellier ist nach der Unabhängigkeit Algeriens 1962 die Fluchstätte vieler “Schwarzfüße” (pieds noir, französische Einwanderer in Algerien) gewesen. Als Kind war ich zwei Wochen lang nahe Montpellier in Palavas am Meer und fuhr das erste Mal Autoscooter.

Los ging es heute in Miramas, am Etang de Berre. Diese Etangs sind salzige Binnenseen an der Küste, mit einer kleinen Verbindung zum Meer.

1986 bin ich im Mai oder April mit 14 Leuten zusammen in der Oberstufe im Rahmen einer Projektreise dorthin gefahren. Mit dem Zug von Hamburg nach Karlsruhe, umsteigen in den Zug nach Strasbourg und dort via Lyon bis nach Avignon. In Avignon in einen Schienenbus mit Dieselmotor und Kupplung eingestiegen. Mit zwei Kleinbussen dann von Miramas entlang des Etangs 15km nach St. Chamas gefahren, wo wir ein leeres Eisenbahner-Wohnheim in Beschlag genommen haben. Richtig mit den alten französischen Quasi-Plumpsklos (Stichwort: im Stehen, gähnendes Loch zwischen den Füßen).

Es war eine wunderschöne, alte Kleinstadt. Das Wohnheim war etwas außerhalb der Stadt, wir fuhren mit Leihrädern am Ufer entlang in die Stadt rein, dann die Rechtskurve zum großen Platz unter einem wahnwitzig hohen römischen Aquaedukt durch, vor der Kirche links die alte Hauptstraße rauf, schätzungsweise Bergprüfung 4te Kategorie. Oben angekommen, schwenkte die alte Hauptstraße auf die neue Umgehungsstraße, wir fuhren aus der Stadt raus, bis wir nach 10-15 Minuten eine kleine deutsche(!) Künstlerkolonie erreichten und dort Radierungen bzw. Kaltnadelstiche machten.

Der “Feierabend” war immer ganz groß und das vergeße ich bis heute nicht. Mit der Sonne im Rücken fuhr man die neue Hauptstraße lang bis dann die Abzweigung kam und die Umgehungsstraße in großem Bogen um die Stadt fuhr. Man fuhr mit Schwung auf die alte Hauptstraße und ließ dann die Beine hoch. Das Rad nahm auf der Abfahrt locker 50km Geschwindigkeit auf und ohne zu treten nahm man Minuten später die Rechtskurve, fuhr unterm Aquaedukt durch, über den Platz, ließ die Boule/Petanque-Spieler im kleinen Park rechts liegen, musste, weil Einbahnstraße, einen kleinen Umweg durch den Hafen nehmen und rollte erst irgendwann am Ufer des Etangs aus, hatte nur noch 5 Minuten bis zum Eisenbahnerwohnheim zu fahren.

Bislang mein unerreichtes Fahrraderlebnis.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp