Zeilensport: Backout Bowl

John Walters hat für Sports Illustrated in einem Artikel die Welt des “Matchmakings” im College Football nachgezeichnet: “The Backout Bowl” (Hat tip by Sportsfrog).

Wie schon anläßlich der March Madness erwähnt, hat College-Sport wenig mit dem Hochschulsport deutscher Ausprägung zu tun. Viel mehr ist es der Unterbau der die professionellen Sportligen mit Sportlern versorgt, und daher an Professionalität nur einen Jota unterhalb NBA, NFL, NHL oder MLB steht.

Aktuell hat das US-Bildungsministerium einige Finanzzahlen der Athletics Programs einiger Colleges veröffentlicht:
An der Spitze steht Georgia, die einen Reingewinn von 23,9 Mio US$ über ihre Sportmannschaften erwirtschaftet haben (68,8 Mio Einnahmen, 44,9 Mio Ausgaben). Auf den Plätzen 2 bis 5 folgen Michigan, Wisconsin, Texas und Alabama mit Gewinnen zwischen 17,1 Mio und 12,5 Mio US$.

Diese Zahlen machen den Big Business deutlich, der in den USA hinterm College-Sport steckt und vielleicht einiges erklärt, was John Walters da auf CNNSI beschreibt.

Die Colleges schließen sich bestimmten Conferences an und sind verpflichtet bestimmte Spiele innerhalb der Conferences auszutragen. Darüberhinaus können sie aber eine bestimmte Zahl von Nonconference-Spielen selbst austragen. Und um diesen Teil des Spielplans findet hinter den Kullissen ein Geschacher statt, bei dem selbst vier Jahre vorher getroffene Vereinbarungs kurzfristig (also: 9-12 Monate vorher) gebrochen werden.

Da gibt es neue Coaches, denen der Gegner zum Saisonstart zu stark ist, die eher etwas leichtes haben möchten. Da gibt es Colleges, die von ABC oder ESPN einen anderen, stärkeren und lukrativeren Gegner angeboten bekommen und daher ihre Zusage fallen lassen. Nimmt man einen zu schwachen Gegner, versaut man sich den Faktor “Gegnerstärke” in den Ranglisten und bekommt keine lukrative Bowl oder Platz in der Setzliste. Nimmt man einen zu starken Gegner, bekommt man eine ebenso schädliche Niederlage aufs Auge gedrückt. Wenn einem ABC den Gegner wegnimmt, haut man dann auf dem Putz und verscherzt es sich möglicherweise mit dem College Football-Giganten ESPN (eine ABC-Verwandter)?

Ich war erstaunt (call me naive) wie groß der Einfluß der Fernsehanstalten war. Klar, dass die TV-Präsenz ein Magnet ist. Aber dass die Fernsehanstalten direkt Teil der Matchmaking-Verhandlungen sind, hat mich überrascht. Teilweise findet ein Geschacher nach dem Motto statt: “Okay, wenn euer College es akzeptiert, dass wir euch diesen attraktiven Gegner wegnehmen und ihr einen schwächeren Gegner bekommt, bringen wir dafür zwei Spiele eurer Basketball-Frauen-Mannschaft in die Prime Time”.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Vielen Dank für die Hintergrundinfos. Das ermöglicht doch einen gewissen Blick hinter die Kulissen und läßt das amerikanische Verständnis von Sport und Business in meinen Augen noch weiter sinken.

    Es gibt ja auch viele Anhänger des College Sports in Europa, die damit noch den gefühlsechten Sport verbinden. Dein Eintrag zeigt, dass auch dort im Grunde wohl nur noch die Kohle und nicht mehr Leistung und getroffene Absprachen zählen.

    Ich bin eigentlich immer ein Verfechter des amerikanischen Verständnisses von Sport und Event(Unterhaltung) gewesen. Inzwischen ist dies aber immer mehr einer gewissen Skepsis gewichen. Zuviel Einfluß von wirtschaftlichen Interessen wird Platz eingeräumt und zu wenig kommt der sportliche Gedanke zur Geltung.

    Der Fan als Melkkuh und Kuttenträger ohne jegliche Bindung zum Club sondern nur noch zum Event scheint ja definitiv das nächste Ziel zu sein.

  3. Ich finde die amerikanische Sportförderung scheint oberflächlich betrachtet, darwinistisch und kapitalistisch motiviert aber die Ergebnisse sprechen für sich. Rein von den Platzierungen amerikanischer Sportler bei Internationalen Veranstaltungen, ist sie wohl die beste der Welt.

    Das ein Nebeneffekt der “the winner takes it all” Philosophie eine ziemlich unverholene Dopingtoleranz beinhaltet, steht aber auf einem anderen Blatt.

    Fußballblog

  4. NCAA & the Money

    Sports Illustrated got an interesting article how the Media, specially ESPN and other big channels influence the scheduling in College Sports. Sometimes, it’s like: Okay, i play against a weaker opponent and you show the women’s basketball …