Zeilensport: Doping mit Tradition und Abmahnung

Dem ehemals in Freiburg beschäftigte Sportarzt, der Marc von der Wissenswerkstatt abgemahnt hat ([1], [2]), dem möchte man ironisch zurufen: “Gut gemacht”, denn dadurch bin ich auf einen umfangreichen Dreiteiler aus der Wissenwerkstatt zum Thema Doping aufmerksam geworden: Dopingarrangements im Spitzensport

(möglicherweise folgt noch ein vierter Teil)

An der Aufmachung der Blogeinträge kann man unschwer erkennen, dass es sich dabei nicht um die üblichen “Blog-Schnellschüsse” handelt. Während sich die ersten beiden Teilen in einer Tour d’horizon mit dem System Leistungssport befassen, beschäftigt sich der dritte Teil detailliert mit den Sportärzten und dabei mit den Sportärzten aus Freiburg. Marc schreibt dazu:

In meinem Beitrag ging es mir darum, die über viele Jahrzehnte hinweg bestehende Verbindung zwischen dopenden Sportlern und verschiedenen Ärzten der “Freiburger Schule” darzustellen. Ich habe dabei auch versucht zu zeigen, daß sich die Ärzte sicherlich selbst oftmals in einem Konflikt befinden und teilweise sogar das Motiv der Schadensbegrenzung gegeben ist.

Worauf es mir ankam war, daß die nun geständigen Dopingärzte Schmid, Heinrich und Huber innerhalb einer Traditionslinie stehen, die auf die ebenfalls in Dopingfälle verstrickten Koryphäen der westdeutschen Sportmedizin Keul, Klümper und Co. zurückreicht.

Und das wird ihn vermutlich zirka 900 Euro kosten, denn fünf Tage nach dem Publizieren des dritten Teils erreichte Marc eine Abmahnung eines im Artikel genannten Sportarztes. Die Komplettierung des bekannten Freiburger Trios Schmid, Heinrich und Huber um den Namen des abmahnenden Dr. Yorck Olaf Schumacher ist dank Google nicht schwer.

Die Hereinnahme des Namens des Sportarztes beruhte wohl auf einen in mehreren Medien publizierten Artikel der dpa und bezog sich auf Vorwürfe der ehemaligen BDR-Präsidentin Sylvia Schenk, dass der betreffende Sportarzt im Sommer 2004 auffällige Blutwerte des Bahnradsportlers Christian Lademann vor dem BDR und der NADA geheimgehalten hätte.

Der Name des Sportarztes ist dieser Tage auch in der SZ, im Stern oder sogar in der Bönnigheimer Zeitung just in diesem Zusammenhang erschienen. Allerdings immer mit Dementis vom Sportarzt, der sich durch weitere nachträgliche Blutproben entlastet sieht und damals selber weitere Untersuchungen veranlasst habe. Der Sportarzt erwägt eine Klage gegen Sylvia Schenk und wehrt sich gegen Pauschalverurteilungen aller Freiburger Ärzte, wie sie z.B. im SZ-Artikel durchklingen:

Dass [Schumacher] womöglich auch […] zum eher verhängnisvoll kundigen Ärztegremium der Uniklinik zählt, wäre naheliegend: Mit Schmid, Heinrich und Huber stellte er im Jahre 2000 in einer Studie die vom internationalen Sport neu festgelegten Hämatokritwerte in Frage – warum nur, fragt man sich heute? Eine weitere Forschungsarbeit […] widmete sich Blutprofilen.

Marcs Blogeinträge sollten durchgelesen werden, weil sie insbesondere bezüglich des westdeutschen Sports einige alte Wunden aufreißt und im Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen stellt.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Passend zum Thema Doping ist heute auch ein Artikel im Tagesspiegel erschienen, der sich kritisch mit der ach so kurzen EPO-Erfahrung von Zabel auseinandersetzt. Obwohl im wesentlichen aus Einzelstatements und namentlich nicht genannten Quellen aufgebaut, artikuliert er doch genau die Zweifel, die man auch weiterhin bei Zabel haben sollte.

    Der Zweifel fährt mit

  3. Der Artikel klingt mir ziemlich an den Haaren herbei gezogen.
    -Bei Mailand-SanRemo, einem ausgesprochenen Sprinterklassiker wird da aus dem Poggio mal eben ein Alpenpass gemacht. Und was das Wort “Trainingsmethodisch” in diesem Zusammenhang bedeuten soll weis wohl auch nur der Experte selber.
    – Das Amstel Gold Race wird (wurde) nach meinem Wissen auf wechselnden Strecken gefahren. Von welchem “Amstel Gold Race” gingen die da eigentlich aus? Im Übrigen gewann Zabel das 2000er Amstel Gold Race nicht, wie man nach dem Artikel vielleicht denken könnte, in einem grandiosen Soloritt, sondern aus einer 15-Mann Fluchtgruppe im Sprint. Also keinesfalls ein ungewöhlicher Sieg.
    -Die beiden Epo-Experten widersprechen sich beinahe und einer behauptet die Benutzung des Wortes “Übelkeit” wäre ihm zu Lehrbuchhaft. Wer so einen Schwachsinn sagt, den kann ich schon von vornherein nicht ernst nehmen.
    – Oder der Satz: “Sattsam bekannt sei es, dass viele Profis neben Epo auch Wachstumshormon und Insulin genommen haben. Zabel betont aber, dass er nur eine Woche lang Epo konsumiert habe.” -> Äh ja, und? Dieser Satz hat nur den Sinn ohne jeden Beweis oder Anhaltpunkt einen Verdacht in den Raum zu schießen. Sowas ist Verleumdung und hat mit seriösen Journalismus absolut Null zu tun.

  4. @ JensA: Das musste auch mal gesagt werden. Und im übrigen wird im Radsport gar nicht gedopt, gelle?

    Ganz am Rande: Schon mal was von BALCO gehört? Von THG und dem Drogencocktail The Clear. Epo, Insulin und HGH – alles miteinander, und noch ein paar Reagenzien rein in den kaputten Körper. Selbst Sprinter (frag nach bei Kelli White) haben Epo genommen.

    Ich denke, der Artikel von Frank Bachner (“Der Zweifel fährt mit”) ist wichtig und verdienstvoll. Ich frage mich aber, was in einem vorgeht, der solche Blogbeiträge schreibt. Gibt es eigentlich kein Blog mit dem Titel: Wir wollen gedopte Monster?

  5. @JensA:…Dieser Satz hat nur den Sinn ohne jeden Beweis oder Anhaltpunkt einen Verdacht in den Raum zu schießen. Sowas ist Verleumdung und hat mit seriösen Journalismus absolut Null zu tun…

    Der Titel des Artikels ”Der Zweifel fährt mit” drückt es doch bestens aus. Wenn man Beweise hätte, brauchte man nicht zu spekulieren. Anhaltspunkte aber gibt es eine Vielzahl, eben auch bei Zabel. Ob das nun gerade EPO gewesen ist, sei mal dahin gestellt, aber viele seiner direkten Konkurrenten sind mittlerweiles des Dopings geständig, das wirft schon Fragen auf. Aber vielleciht sind ja Ulrich und Zabel wirklich die begnadeten Talente, die ohne jedes Doping mithalten konnten in einem vollgedopten Umfeld ;-)

  6. Also sind wilde Beschuldigungen unter dem Deckmantel einer netten Überschrift und dem festen Glauben “haben doch eh alle gemacht, wird der also auch gemacht haben” jetzt seit neuestem Methoden des seriösen Journalismus? Was kommt als nächstes, Pulizerpreis für die Bild? Wenn ich so einen Artikel mache dann sollte ich ihn auch ordentlich unterfüttern oder mit dem Zusatz “Kommentar” versehen.

  7. Bei diesem ganzen häck-meck ums Doping entwickle ich langsam aber sicher eine gewisse Sympathie für die Sportler.
    Ich denke so langsam kann man doch davon ausgehen, dass gerade junge Sportler einfach zum Doping gezwungen wurde. Klar hätte man nein sagen oder viele Fragen stellen können, aber dann wäre es eben vielleicht zu Ende gewesen mit der Karriere und im Grunde ist das ja im normalen Job auch nicht anders.

  8. Am Montag Abend gab es zu dem Thema Doping bei WDR2 im Hörfunk ein nettes Gespräch mit Prof. Werner Franke, der zusammen mit seiner Frau einer ehemaligen Diskuswerferin, dem Doping seit über 30 Jahren den Kampf angesagt hat. Dieser Mann ist sich nicht zu Schade, auch wenn er verklagt wird, Roß und Reiter zu nennen. Er hat sehr interessant seine Sicht der Dinge dargelegt und dabei hat er auf so ziemlich alle gezielt, die im Sport etwas zu sagen haben. Wer es sich gerne mal anhören mag: http://medien.wdr.de/m/1181632032/radio/montalk/wdr2_montalk_070611.mp3
    Besonders erschreckend ist meiner Ansicht nach die Skrupellosigkeit von Trainern Ärzten und Betreuern, die jungen Menschen wirklich schlimme Substanzen geben ohne selber größeren Schaden für sich zu befürchten zu müssen.
    Hoffentlich werden ein paar von diesen Leuten mal richtig bestraft!!
    Gruß Daniel

  9. PS: Leider kam der Zug zu spät und er war nur zur 2. Stunde anwesend. Hätte gerne noch mehr Einblicke bekommen. Aber die “Überraschungsgäste” der ersten Stunde sind auch ganz interessant!

  10. Passt nicht 100%ig zum Thema, aber bei SpOn wird gemeldet, Jan Ullrich habe sich zur “Rehabilitierung seiner Reputation durch eine angemessene Würdigung seiner Verdienste und Leistungen” mit Angie Merkel treffen wollen. Der Mann scheint unter aktuem Realitätsverlust zu leiden…

  11. Oder ihm wurde nach dem G8-Theater bewußt, daß der Frau alles mit Jubel abgekauft wird was sie sagt ;)