College Football am Dienstag: Mike Sherman, Badgers-Defense, Mike Leach

Independence Bowl: Georgia Bulldogs – Texas A&M Aggies

ESPN America bringt heute ein volles Paket an College Football. Als Konserve aus der Nacht ab 17h: Georgia – Texas A&M (Independence Bowl). Beide Teams sind mehr durch ihre Offense als Defense aufgefallen. Die Georgia Bulldogs genügten ihren eigenen Ambitionen nicht und hatte eine enttäuschende SEC-Saison (4-4). Konsequenz aus der schwachen Defenseleistungen, insbesondere dem nur in Spurenelementen vorhandenen Pass Rush: Headcoach Mark Richt feuerte Anfang Dezember DefCoord Willie Martinez und zwei weitere Defense-Assistenten. Diese schlugen eine Einladung zum Bowl-Spiel aus, so dass Mark Richt binnen vier Wochen auf diesen Positionen Interimslösungen finden musste. Es ist nicht so, dass die Offense keine Probleme hätte: in einer eher passlastigen Offense wirft Senior-QB Joe Cox, kein Freund hoher Comp%, sehr viele INTs, schmeißt damit viele Drives weg und hält den Gegner am Leben.

Auf der anderen Seite stehen die Texas A&M Aggies. Bekanntes Gesicht dort: Headcoach Mike Sherman, lange Jahre Cach von Brett Favre bei Green Bay und nun im zweiten Jahr Coach bei den Aggies. Auch in seinem zweiten Jahr hat sich nicht viel bei den Aggies daran geändert, dass Defense hinten an steht. Man kassiert die sechsthöchste Punktzahl im ganzen Land (pro Spiel erzielt der Gegner 32,7 Punkte). Die Passdefense kassiert knapp 30% mehr Yards als der Primus in der Big12 Oklahoma. Dagegen konnte sich die Laufdefense um 25% bessern. Das reicht nicht für einen Platz im Big12-Mittelfeld.

Aus 4-8 im Vorjahr wurde diese Saison eine 6-6-Bilanz. Letzte Saison unterlag man noch Baylor mit 20 Punkten, diese Saison gewann man mit 35 Punkten. Texas Tech konnte besiegt werden. Dafür fing man sich eine unnötige Niederlage gegen Colorado ein.

Sherman scheint auf den Typ “Gunslinger” als QB zu stehen. Siehe nicht nur Brett Favre, sondern auch QB #1 Jerrod Johnson: mit starkem Wurfarm und flottem Fuß gesegnet: in der Big 12 mit weit über 3.000passingYds die #2 bei den QBs, überraschend wenig INTs und mit knapp 500rushYds immerhin noch in den Top15 der Big 12-Laufspieler. Abgesehen vom QB, setzt Sherman eher auf verteilte Lasten: zwei RBs mit mehr als 140rushes: RB Michael und RB Gray. Sechs Anspielstationen mit mehr als 25 Catches.

EagleBank Bowl: Temple Owls – UCLA Bruins

Ab 22h30 treffen beim EagleBank Bowl die Temple Owls auf die UCLA Bruins. Eine Partie die man in dieser Zusammenstellung nicht erwarten konnte. Temple, eine staatliche Universität in Philadelphia, wurde 2005 aus der Big East wegen zu schlechter Resultate rausgeschmissen und ist seit 2007 in der MAC. Seit 1990 hatte man keine winning season mehr gehabt. 2009 ist es plötzlich soweit: Headcoach Al Golden schreibt in seinem vierten Jahr eine Bilanz von 9-3. So schwach die MAC sein mag, aber Buffalo, Ball State, Army, Navy und Miami/OH zu schlagen, ist kein Selbstgänger. Dabei half auch der Umstand, dass Al Golden mit einem gegenüber dem Vorjahr fast unveränderten Team arbeiten konnte (21 Starter kehrten zurück). So springt der erste Bowl-Auftritt seit 1979 raus und man spricht dank des Headcoaches von einer “Golden Era“.

Temple läuft und läuft und läuft… Das Verhältnis zwischen Lauf- und Passspielzügen liegt bei 5:1 und 55% der rushingYds werden von RB #30 Bernard Pierce erlaufen, der in dieser Saison zwei Spiele mit mehr als 200rushYds hatte. Pierce verletzte sich Mitte November an der Schulter und musste zwei Spiele aussetzen, soll aber soweit wieder hergestellt sein, dass er heute abend wieder den Großteil der Offenselast auf seine Schultern nehmen können soll. Die Defense spielt für MAC-Verhältnisse ganz ordentlich, allerdings ist die Laufdefense wesentlich besser als die Passdefense.

Die erst zum zweiten Mal ausgetragene EagleBank Bowl wird in Washington veranstaltet – der Heimvorteil liegt also eindeutig auf Seiten Temples. Treppenwitz der Geschichte: Temples Headcoach Al Golden führte im Dezember 2007 ein Bewerbungsgespräch bei UCLA für den vakanten Headcoachposten, zog aber anschließend seine Bewerbung zurück. Die UCLA Bruins entschieden sich für “Slick” Rick Neuheisel, den “Christoph Daum” der US-College Football-Szene.

UCLA hat eine enttäuschende Saison hinter sich (6-6) und rutschte nur in den EagleBank Bowl, weil Army es in seinem letzten Spiel nicht gelang den notwendigen sechsten Sieg einzufahren. In der PAC-10 fuhr man schlimme 3-6 ein.

Die Offense blieb im zweiten Jahr unter Neuheisel bescheiden. Die Passoffense stagnierte und die Laufoffense verbessserte sich etwas. Aber unterm Strich ist das viel zu wenig: im Schnitt 21 Punkte pro Spiel, im Schnitt nur 223passYds und 116rushYds.

Neuheisels Problem bei den Quarterbacks ist die Wahl zwischen dem lernresistenten Senior-QB #3 Kevin Craft (2TDs/3INTs) und dem unerfahrenen Freshman-QB #14 Kevin Prince (6TDs/7INTs). Vielleicht hat sich Neuheisel bei Prince auch einfach nur verzockt. Prince brach sich 2007 in seiner letzten Saison in der High School das Bein und hatte bis zum Frühjahr 2009 kein Football mehr gespielt. Zu Beginn der Saison ließ Neuheisel durchrotieren: die ersten zwei Spiele Prince, dann zwei Spiele Craft. Gegen Ende der Saison setzte er sie im Laufe der Spiele alternierend ein.

Nicht sehr viel besser sieht es bei den anderen Skillpositionen aus. Der beste RB Johnathan Franklin lief in der Saison magere 560yds und machte 5TDs. Der zweitbeste RB Derrick Coleman kam gar nur auf 241yds. Bei den Receivern machte WR Nelson Rosario 657yds und 1TD, WR Taylor Embree 580yds und 2TDs und WR Terrence Austin 414yds und 3TDs. Das sind Werte die weder in der Spitze noch in der Breite akzeptabel sind.

Das Team wird einigermassen von der Defense zusammengehalten, die zu den besseren in der PAC-10 gehört, wobei die Passdefense wesentlich besser als die Laufdefense ist. Die gute Defense führt auch dazu, dass man zwar 6 Spiele verlor, aber keines der Spiele waren veritable Klatschen. Nur zwei der Spiele gingen mit mehr als zwei Scores Unterschied verloren.

Champ Sports Bowl: Wisconsin Badgers – Miami Hurricanes

Wisconsin geht als viertbestes Team der Big Ten in die Bowl (9-3), was eine Verbesserung um zwei Spiele gegenüber der Vorsaison ist. Für Headcoach Bret Bielema eine wichtige Zahl, denn in den bisherigen drei Spielzeiten seit Amtsantritt, wurde seine Bilanz von Jahr zu Jahr schwächer (12 Siege, 9 Siege, 7 Siege).

Die Badgers haben in der Big Ten die meisten Punkte erzielt, was ein kurioses Fazit ist, denn zur Saisonhalbzeit Mitte Oktober wurde die konservative Offense kritisiert. Man fing sich gerade zwei Niederlagen gegen #9 Ohio State und #11 Iowa ein, in denen man insgesamt nur 23 Punkte erzielte. Es war die Defense die die Badgers in diesen beiden Partien lange im Spiel hielten. Es war aber die Offense, die immer wieder lange Drives nicht in Punkte ummünzen konnten und durch Turnovers den Gegner fütterten.

Das Paradebeispiel war die Woche 6 bei #8 Ohio State. Ohio State machte nur 184offYds, war nur 17 Minuten auf der Game Clock und gewann die Partie trotzdem 31:13. Die Badgers vergaben zwei FGs, wurden 6x gesackt, QB Tolzien machte 2INTs – beide wurden direkt zu TDs retourniert. Dazu dann ein Badgers-Kick Off der von Ohio State ebenfalls zum TD retourniert wurde. Mit anderen Worten: die Defense der Badgers ließ nur einen einzigen TD zu und trotzdem ging das Spiel mit 18 Punkten verloren.

Die Offense der Badgers ist lauforientiert: Sophomore-RB #32 John Clay steigerte sich nach einem vielversprechenden Freshmanjahr auf 1396rushYds.

Parallelen bei den Miami Hurricanes. Auch sie konnten ihre Bilanz um zwei Siege auf 9-3 steigern. Zwischendurch gab es Hoffnung auf mehr, nachdem die Hurricanes überraschend gut durch ein schweres Auftaktprogramm gekommen sind: Siege gegen #18 Florida State, #14 Georgia Tech und #8 Oklahoma, deutliche Niederlage gegen #11 Virginia Tech.

Bei Miami scheint Ausgewogenheit das oberste Prinzip zu sein. Der Weggang von OffCoordinator und DefCoordinator konnte kompensiert werden und Miami zeigte sich in Offense und Defense sehr ausgewogen. Es fehlt an herausragenden Spielern zugunsten mannschaftlicher Geschlossenheit. Bei den Stats fallen keine Receiver oder Laufspieler heraus, weil die Raumgewinne und TDs auf den Schultern von drei Laufspielern und zehn Passempfängern verteilt ist.

Bleibt der Quarterback: Sophomore-QB #12 Jacory Harris. Er zeigte eine für einen jungen QB typische Leistung: inkonstant und unter Druck schnell den Kopf verlierend, aber auch lichte Momente mit Coolness und Spielfreude. Da gab es Spiele wo er ruhig und smooth den Ball verteilte und andere Spiele, wie gegen Virginia Tech, wo der Gegner ihn permanent unter Druck setzte, wo er die Pässe kopflos warf. Das Schlüsselwort im letzten Satz ist: verteilen.

Texas Tech, Spieler James und Vater James

Am 2ten Januar wird der Alamo Bowl zwischen den Texas Tech Red Raiders und den Michigan State Spartans ausgetragen. Dann allerdings ohne Texas Tech-Headcoach Mike Leach, der gestern von der Uni suspendiert wurde.

WR Adam James erlitt Mitte Dezember eine Gehirnerschütterung und hatte Herzrasen. Er musste auf ärztlichen Rat mit dem Training aussetzen. Headcoach Mike Leach reagierte lt. interner Quellen in dem er den Jungen zur Strafe zwei Tage lang für mehrere Stunden in einer kleinen Kammer wegschloß. Das Wegschließen wird sogar von Leachs Anwalt nicht bestritten. Sehr wohl aber die Umstände des Wegschließens. Leachs Anwalt spricht von einer klimatisierten Kammer mit einem Trainingsfahrrad “Mike tries to keep the players that are unable to practice as close as he can” (Leachs Anwalt lt ESPN).

Die Familie James legte bei der Uni Beschwerde ein, ohne mit Details an die Öffentlichkeit zu gehen:

Mr. and Mrs. James took the step with great regret and after consideration and prayer to convey to the Texas Tech administration that their son had been subjected to actions and treatment not consistent with common sense rules for safety and health […]

Over the past year, there has been a greatly enhanced recognition of the dangers of concussions and the potential for long term physical damage to players. At virtually every level of football coaching, cases where children and young men have sustained concussions have generated serious discussion of the importance of correct treatment and diagnosis.

Nach der Beschwerde und einer kurzen Untersuchung wurde Leach suspendiert und Def.Coord. Ruffin McNeill als Interimscoach eingesetzt.

Vater James ist kein Unbekannter: einstiger New England Patriots-RB Craig James und jetzt Analyst bei ESPN. Sein nächster Job wäre just die Übertragung des Alamo Bowls gewesen. Der Vater der ein Spiel der Uni seines Sohnes analysieren darf, zeugt von wenig Ethos, aber durch die Zuspitzung der Ereignisse wurde es sogar für ESPN zu heiß und Craig James wurde aus der Übertragung rausgenommen.

Es ist nicht das erste Mal dass es für Texas Tech Stress mit Mike Leach gab. Er und Athletic Director Gerald Myers sind sich spinnefeind. Die Gespräche zur Vertragsverlängerung 2008 zogen sich über Monate hin und mussten von Cancellor Kent Hance statt dem Athletic Director geführt werden. Am Ende sprang dabei eine Verlängerung bis 2013 über ein Gesamtwert von 12,7 Mio US$ heraus. Der Vertrag ist überaus komplex gestaltet. Bei einer vorzeitigen Entlassung von Leach, bekommt der Trainer für jedes noch verbleibende Vertragsjahr 400.000 US$ Abfindung. Sollte er am 1.1.2010 noch Trainer sein, bekommt er einen Bonus von 800.000 US$ ausgezahlt – eine interessante Facette der Suspendierung rechtzeitig vor Jahresende.

Mike Leach schien auf die Vertragsverlängerung nur noch gestresster zu reagieren und in dieser Saison mehrfach mit seinem Team aneinandergeraten zu sein.

Link: SportsbyBrooks.com

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Jacory Harris halte ich für einen sehr vielversprechendes Talent. Er ist in alter Canes Tradition vielleicht etwas zu extrovertiert, aber ich traue ihm eine gute Zukunft auch bei den Pros zu. Er hat einen tollen Arm und lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen(auch nicht durch die ein oder andere INT) So schien das Spiel gegen Wake Forest bereits verloren als Harris das Spiel mit tollen Pässen aus dem Feuer gerissen hat. Sehr starke Leistung auch gegen GT und FSU.
    http://espn.go.com/ncf/recap?gameId=293040154
    Das Problem in der Offense der Canes ist aus meiner Sicht der fehlende Top RB. Zu leicht lässt sich das Laufspiel der Canes auschalten und auch das führt dazu, dass Harris mehr und waghalsiger werfen muss. Weder Cooper noch James konnte sich als echte Nr 1 etablieren.

  3. Ich vergas
    GO CANES