Londoner auf Zeit – die St. Louis Rams

Die NFL und die St. Louis Rams haben heute nachmittag bestätigt, dass die Rams Ende Oktober die Gastgeber des London-Spiels der International Series sind (28.10. gegen die New England Patriots).

Und als Bonus kommt die Information, das die Rams für drei Jahre der Gastgeber sein werden, bis Oktober 2014. Damit setzt die NFL zumindest ein Teil der Entscheidungen vom letzten Owners Meeting Mitte Oktober um: die Benennung eines permanenten Heim-Teams in London. Nun ist die Entscheidung zwar weder permanent noch sind es die damals favorisierten Glazer-Bucs, aber immerhin Kroenke-Rams wie in “Stan Kroenke, Besitzer von Arsenal (London)”.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kroenke-Verbindung zu besonderer Empathie der Arsenal-Fans zu den blassen Rams sorgt. Interessanter dürften eher mögliche Marketing-Synergien sein, zumal das 2011er-Spiel (Bucs – Bears) nicht ausverkauft war – es also nicht mehr ausreicht mit dem Flieger zu landen und mal kurz “Hallo” zu sagen.

Der Leasing-Vertrag der Rams mit dem Edward Jones Dome endet mit der Saison 2014 – in der gleichen Saison wie nun die aktuelle Vereinbarung mit London enden wird. Das lädt zwar zu Spekulationen ein, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es für die NFL lukrativ ist, eine Franchise komplett nach London umzuverpflanzen. Dass die NFL eher eine London- als eine Los Angeles-Franchise bekommt, halte ich für ausgeschlossen. Es ist übrigens bezeichnend, dass die NFL trotz weiterer Versuche, es immer noch nicht geschafft hat, ein zweites Spiel in UK/Europa zu platzieren. Für 2012 wird es bei einem Spiel bleiben.

Eher dürfte das London-Spiel als Drohgebährde gegenüber der Stadt St. Louis gelten, endlich einen Stadionneubau zuzulassen (und mitzufinanzieren) oder den Dome umfassender zu sanieren als die kosmetischen Arbeiten die seit 2009 vorgenommen wurden. Mittel für den Druck sind dabei die Rams-Zuschauer, die jetzt drei Jahre lang nur sieben statt acht Heimspiele zu sehen bekommen. Der Schuss könnte nach hinten losgehen und eine noch stärkere Entfremdung der Fans los treten. Die inzwischen notorisch erfolglosen Rams hatten diese Saison Schwierigkeiten TV-Blackouts zu vermeiden und mussten einige Male die Tickets selber oder durch Sponsoren aufkaufen. Mit einem Schnitt von 56.300 Zuschauern (86,3% Auslastung) nimmt man den vorletzten Platz der Zuschauertabelle ein.

Randnotiz: In einer Pressemitteilung erklärt das Wembley Stadium die Exklusivrechte an NFL-Spielen in UK bis 2016 erworben zu haben. 1.) ist damit eine Erlösquelle der NFL nun hinreichend deutlich. 2.) Schließt dies Spiele in Manchester oder dem teuren, händeringend nach Veranstaltungen suchenden Londoner Olympiastadion aus! Auch das ist dann übrigens eine Aussage bzgl des Interesses anderer britischer Städte an der NFL: nicht so groß, als dass man die Möglichkeit eines Wettbietens für fünf Jahre nicht weggeben wprde.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Toller Link zur Zuschauertabelle, vielen Dank.
    Frage dazu: Wie kann z. B. Dalles eine Auslastung von 106,9 % haben? Ich (Laie, sorry) dachte immer, mehr als 100% geht nicht!?

  3. Oder sind das 106,9% des Gesamtheimdurchschnitts aller Teams?

  4. Ich hab mich vorhin richtig über die Mitteilung gefreut. Die Rams sind mein Lieblingsteam, das Spiel dieses Jahr werde ich mir sicher nicht entgehen lassen :-)

  5. Re: Cowboys Stadium:
    Das offizielle Fassungsvermögen des Cowboys Stadium ist 80.000. Allerdings gibt es etliche unterschiedliche Konfigurationen. Für den Super Bowl hat man 103.219 Zuschauer unterbringen können. Für Football kann man bis auf 105.000 raufgehen.

  6. DIE eigentliche Nachricht ist doch: Die Patriots sind wieder in Europa zu sehen!! Wooohaaa!! :-)

  7. Noch wichtiger finde ich, dass Deutschland weiter von dem Quatsch verschont bleibt. :D

  8. Klasse, dass man wieder versucht, einem die auf dem Papier aktuell unattraktivsten Spiele den Fans in Europa zeigen will. Da hatte ich bei meinen ersten London-Besuchen noch richtig Glück.

    Zum Thema Stadterpressung: Langsam wird das aber auch gefährlich für die Clubs, immer schneller nach neuen Arenen zu rufen. Zum einen wird die kommunale Mitfinanzierung auch immer wieder kritisiert, zum anderen frage ich mich, wieso plötzlich sogar Stadien, die noch keine 20 Jahre alt sind, derart veraltet sein sollen, dass man mit diesen nicht mehr ordentlich wirtschaften kann. Will man, überspitzt, jetzt alle 20 Jahre sich ein neues Stadion in die Stadt stellen lassen?
    Die NFL hat ja analog zur Fußball-Bundesliga sich in den letzten Jahren die Stadioninfrastruktur auf den neusten Stand bringen lassen. Die wenigen Ausnahmen (Minnesota, San Fransisco, Oakland) haben entweder Neubaupläne oder dringen wie Oakland beim ältesten Stadion der NFL (ohne Grundsanierung) durchaus berechtigt auf eine Neuentwicklung. Aber ein 20-Jahre altes Stadion für zu alt abzustempeln? Gut, vor 20 Jahren gab es andere Standards, aber die werden auch 2035 wieder andere sein.

  9. @spoonman,

    1000% Zustimmung.

    Ansonsten finde ich schonmal interessant dass die NFL zumindest kleinste Schritte bereit ist umzusetzen. Ich befürchte allerdings dass wahrscheinlich nur Erpressungspotential auf dem heimischen Footballmarkt aufgebaut werden soll anstatt die Fanbase in London zu stärken.

    Schade….

  10. War jmd. von euch schon mal in London zur NFL und hat n paar Infos für mich?
    Wann gibt’s Karten?
    Welche Vertriebswege gibt’s für Karten?
    Preise?
    Was gibt’s noch zu beachten?

  11. @RunnerTobi
    Welche Vertriebswege? Ja, wie sonst wohl auch, online. Bisher lief das immer über nfluk.com und auch diesmal wieder. VVK-Start am 24.01. für Clubseats, später dann normale Karten. In den ersten Jahren wurden teilweise Optionen, um überhaupt ein Ticket kaufen zu können, verlost. Das ist wohl mittlerweile kein Thema mehr.

    Preise? Billigste Karten vor 2009 war 60+ Pfund, was schon ziemlich gesalzen war, 2007 beim ersten Besuch und ersten Spiel in London war es nur marginal weniger. Ich war damals allerdings noch nicht so intensiv beim Football dabei wie mittlerweile. Denn für mich sind eigentlich Sitze weit oben im Stadion eher vorteilhafter, als wenn man unten sitzt.Im TV bekommt man ja auch nicht immer die ganzen Spielzüge richtig mit, sondern sieht nur plötzlich den 30y-Pass fliegen.

    Wenn die Patriots den SB gewinnen, dürfte es wohl schon voll werden.

  12. 60 Pfund sind doch im Londoner Stadionbetrieb ein ganz normaler Preis, oder?

    Wäre ja auch eher peinlich für die NFL, wenn die Tickets für ihr Superduper-Worldwide-International-Series-Spiel billiger wären als Karten bei Chelsea oder Arsenal ;-)

  13. Nein, 60 Pfund ist kein normaler Preis in London. Ausser bei Chelsea, wo die Preise sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt haben (vor 10 Jahren habe ich a) locker ne Karte gekriegt und b) für 3. Reihe Haupttribüne 30 Pfund bezahlt), haben die anderen Londoner Clubs in der günstigsten Kategorie doch schon auch “günstigere Karten”. Das gilt auch für Arsenal, die durch das neue Stadion ebenfalls in vielen Kategorien ordentlich die Preise erhöht haben, aber eben auch einige Billigkontigente haben.

    Aber selbst wenn man die Fußballpreise berücksichtigt, im Wembley können 86000 Leute beim Football rein. Bei einer solchen Kapazität würde selbst Chelsea nicht für die billigste Karte 50/60 EUR verlangen können. Ähnliches kann man z.B. auch bei Manchester United sehen, wo es jahrelang sehr schwer war, ohne Membership oder Gastkontigent ein regulärer Ticket zu bekommen. Mittlerweile sind die Preise doch so hoch, dass es auch so immer wieder einen general sale gibt.