Überraschung: in den USA wird gedopt!

Wer hätte das gedacht.

Der NDR titelt allen Ernstes Offensichtliches Massen-Doping erschüttert USA.

Ja, und wie sie erschüttert sind, am Tage nach dem Finaleinzug der Yankees, dem Kobe Bryant-Prozeß, dem College-Football-Wochenende und vor dem NFL-Sonntag…

Es erstaunt mich schon dass der Doping-Fund es auf die untere Hälfte der Titelseiten des Sporteils diverser US-Medien geschafft hat. Richtiggehend verblüffen würde es mich, wenn ob gefundener Steroide in den USA ein Furor entstehen würde, der die Doper gesellschaftlich ächten würde…

So weit sind die USA nicht. Längst nicht.

In der NFL gibt es “Substance-Abuse”. Es wird auf Einnahme von verbotenen Mitteln kontrolliert, wobei darunter auch Alkohol- und Medikamenten-Abhängigkeit verstanden wird. Insbesondere letzter Punkt ist angesichts der Mengen an Schmerzmitteln die die Footballer aufgrund der körperlichen Belastungen, der zwar nur kurzen aber intensiven Saison, sich reinpfeifen, nicht unwichtig.

Bei einem ersten Verstoß gibt es in der Regel vier Spiele Sperre, je nach Fall zusätzliche Auflagen. Green Bays QB Brett Favre musste sich z.B. wg. “Schmerzmittelabhängigkeit” in Reha begeben (wobei in seinem Fall auch von Alkoholabhängkeit gemunkelt wurde).

Von ähnlicher Anti-Doping-Politik beim Basketball oder Eishockey ist mir nichts bekannt.

Im Baseball ist es lange Zeit keine Schande gewesen, zuzugeben Präparate zu nehmen. Mark McGuire bekannte sich offen zum Einsatz von Muskelaufbaupräparate als er den Homerun-Rekord jagte. Entsprechend mutiert war sein Körper, inkl. unappetitlichen Bizeps und unglaublichen Nacken, mit Blutadern, so dick wie Tischtennisbälle.

Erst in letzter Zeit scheint sich der Baseball zu beginnen auf seine Vorbildfunktion für die Jugend zu besinnen, nicht zuletzt nachdem sich in den letzten Jahren plötzliche Herztode von Spielern im Laufe der Baseballsaison mehrten.

Erste zaghafte Schritte der Liga spalteten aber die Spieler. Ein Teil der Spieler opponierte aus Prinzip gegen Kontrollen, weil sie das Problem beim Doping nicht sehen. Ein anderer Teil hat nun im Frühjahr bewusst die Dopingkontrollen verweigert, weil die Anti-Doping-Politik für zu lasch empfunden wurde und durch Nicht-Teilnahme eine Vereinbarung zwischen Liga und Spielergewerkschaft zu Fall gebracht werden soll.

Das ist aber nur ein kleiner Teilausschnitt des US-Sports. Im College-bereich hört man in Sachen Doping überhaupt nichts. Jener “Hochschulsport” bildet aber in den USA das Fundament für den Profi-Sport, da die Ligen ihre Spieler direkt aus dem College rekrutieren. Wenn man sich ansieht was für Monstren z.B. im Football aus dem College kommen, ahnt man dass das Problem nicht die Profiligen sind. Sondern das Doping am College. Mit Jugendlichen die bestenfalls gerade die Volljährigkeit erreicht haben…

Bis in dem Körper- und Fitness-fixierten USA das Doping als Problem erkannt wird, oder sechs gedopte US-Leichtathleten die “Sportwelt erschüttern”, dürfte noch viel Wasser den Mississippi hinuterlaufen…

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp