Deutschland – Holland und die unmöglichen Tore

Um irgendwelchen nationalen Räuschen vorzusorgen: Auch wenn sich Jopi Kerner nach zehn Minuten bereits die Nippel hart geredet hat, das Spiel war bestensfalls Mittelmaß und lebte von seiner Intensität.

Es war von vornherein klar, dass nicht die Deutschen für Niveau würden sorgen können. Der Nationalmannschaft kann man nicht viel vorwerfen. Jeder Spieler hat sein Bestes abrufen können, man ist gerannt, hat geackert und innerhalb seines Horizontes wirklich gut gespielt.

So etwas nennt man “mannschaftliche Geschlossenheit” und man mag niemand wirklich herausheben wollen. Angenehm überrascht war ich aber vom mitunter recht offensiv auftretenden Friedrichs und vom recht gefährlichen Sturm-Alleinunterhalter Kuranyi.

Der an Freund und Feind vorbeirauschende Freistoß von Frings war Belohnung für einer von Deutschen dominierten ersten Halbzeit.

Täusche ich mich, oder sah man nach einer Stunde konditionelle Schwierigkeiten dräuen, z.B. bei Lahm, Frings und Schneider?

Für die Abteilung “Spielniveau” waren eigentlich die Holländer verantwortlich. Und da kam eine Stunde lang erschreckend wenig. Man hörte immer wieder im Vorfelde den Vorwurf an Trainer Advocaat, er habe keine Mannschaft gefunden. Touché. Sobald der Ball den eigenen Strafraum verließ, gab es nur Elend zu sehen. Spätestens jetzt wissen die Holländer was “Schneid” ist.

#18 Heitinga und #5 Van Bronckhorst gingen quasi nie nach vorne. Das defensive Mittelfeld #8 Davids und #6 Cocu konnte keinen Zweikampf gewinnen und sorgte für das große Schwarze Loch im holländischen Spiel. Davids wurde immer nervöser, verlor sich in Scharmüzel mit Ballack.

Vom gesamten holländischen offensiven Mittelfeld war nix zu sehen, überhaupt nix. #11 Van der Vaart oder die Außen #22 Zenden und #7 Van der Meyde. Nistelrooy verhungerte grausam.

Die Aufstellung schien mangelndes Gespür von Advocaat zu zeigen, die Auswechselungen zu Halbzeit schienen es teilweise zu unterstützen. Sneijder war ein Griff ins Klo. Vor zwei Wochen brillierte das Duo noch.

Allerdings kam auch #16 Marc Overmars rein, der einzige Oranje der durch Spiel und Körpersprache deutlich machte, dass er von Anfang an wusste, um was es ging.

Je dominanter Overmars wurde, desto stärker zogen sich die Deutschen zurück. Friedrich brauchte Hilfe von Hamann und Lahm — harhar — erlahmende Kräfte führten dazu das Frings zur Hilfe kommen musste.

Folge: Aufgabe des defensiven deutschen Mittelfeldes, die Holländer konnten sich festnisten.

Als Advocaat mit einem Geistesblitz #17 Van Hooijdonk reinbrachte, brach in der deutschen Abwehr die pure Panik aus. Hooijdonk gewann was-weiß-ich wieviele Kopfballduelle.

Das Tor der Oranjes war verdient. Wie Nistelrooy das Ding aber gemacht hat, von Wörns im Schwitzkasten genommen, während beide im Fallen sich in der Horizontalen befanden, den Ball Volley ins Tor reingeschossen, das war ganz, ganz, ganz große Klasse. Und da braucht mir auch keiner mit dem Flugköpper von Larsson zu kommen.

Nistelrooys Tor war ein ganz großes, was ich gleich neben Van Bastens 88er-Winkeltreffer setzen würde.

Das Entscheidende an diesem Spiel wird sein, was die Mannschaften daraus mitnehmen werden. Dass die Deutschen nun wieder erhobenen Hauptes durch die europäische Fußball-Landschaft ziehen können, geht klar. Aber ob sich die Holländer angesichts der Leistung wirklich so an den Ausgleichstreffer von Nistelrooy ergötzen können?

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp