Frankreichs Tor-Zirrhose

Was will man einem Trainer Raymond Domenech nach so einem Spiel wie dem gestrigen 0:0 gegen die Schweiz vorwerfen? Das ein Thierry Henry kurzfristig doch nicht fit für einen Einsatz ist? Das ein Trezeguet auch beste Bälle aus zehn Metern nicht an Zuberbühler vorbeischlenzen kann? Das ein Wiltord reihenweise beste Chancen auf den Torwart drischt?

Das sind jedenfalls die Spiele bei denen ein Trainer nicht von seinen fachlichen, aber von seinen Qualitäten der PR lebt. Ein Jürgen Klinsmann würde nach so einem Spiel auf Händen aus dem Stadion rausgetragen werden, ein als verkopft und egozentrisch geltender Intellektueller wird hingegen mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedet.

Wieder ein NullZuNull. Wieder keine Tore. Das “Stade de France” ist für Frankreich und Domenech derzeit verflucht. Der Frust ist groß, die direkten Konkurrenten Irland, Israel und nun die Schweiz haben in Paris jeweils einen Punkte geholt.

Das Presseecho spiegelt die den Frust der Zuschauer wieder. Die “L’Équipe” spricht von einem “Mangel an Persönlichkeit der nun anzudauern scheint“.

Trezeguets Gewissen wird in nächster Zeit hinreichend an ihm nagen, so dass wir von dem nichts mehr hinzufügen müssen. Aber seine schulbubenhafte Ausführung der Torchance in der 77ten Minute, eine Bewegung ohne Aggressivität, ohne Mut, wie generell die seiner Mitspieler, sind die logische Konsequenz eines laschen Mannschaftsspiels. Diese Mannschaft braucht noch zu lange um zu überlegen, zuviel Zeit bevor man agiert, ändert nicht seinen Rythmus. Der Ballträger bietet keine Lösungen. In einem Ozean an technischen Unzulänglichkeiten ist der Fernschuß zum bevorzugten Torversuch geworden, trotz eines ambitionierten 4-4-2.

Das Fatale an dieser Partie, laut L’Équipe: die Folgerung wenn man genügend Torchancen produzieren würde, wäre es nur eine Frage der Zeit bis die Tore fallen, haben sich mit dem Schweiz-Spiel als Trugschluß erwiesen. Der Strick ist um den Hals gelegt.

Dass man Frankreich noch nicht klinisch tot wähnt, hat viel mit der Ausgeglichenheit der Gruppe zu tun. Israels Last-Minute-Tor raubte den Irländer gestern einen sich geglaubten Sieg.

Nach dem Unentschieden der Schweizer ist die Gruppe 4 zu einem “Four-way-race” geworden: nach Verlustpunkten sind Irland, Israel, Frankreich und die Schweiz gleichauf, getrennt von einer Tordifferenz zwischen +6 und +2. Am Mittwoch gibt es Israel – Frankreich und Schweiz – Zypern.

Was kann ein Trainer wie Domenech gegen so eine Torseuche ausrichten? So unbeliebt er in der Öffentlichkeit ist, scheint seine beste Arbeitsplatzversicherung derzeit der finanziell klamme Verband und die mächtige Trainer-Gewerkschaftslobby rund um Aimee Jaquet zu sein.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp