Moin!

Ein Osterwochenende mit extrem viel Sport im Fernsehen liegt hinter mir. Ich musste mir an allen Tagen die Augenhöhlen mit dem Zeichnen von Animationsphasen am Rechner wegätzen lassen und liess daher den Fernseher, in direkter Sichtlinie knapp neben dem Rechner, permanent laufen.

Deshalb ausnahmsweise heute mal nur “alter” Kram der letzten Tage sowie nix aus den Zeitungen, die ich bislang schlichtweg noch nicht durchlesen konnte. Oder doch was aus den Zeitungen: das Interview von Felix Magath im dieswöchigen SPIEGEL ist exzellent, da es wunderbar die Sachzwänge eines Trainers vermittelt:

SPIEGEL: Mit dem schon zum Fehleinkauf abgestempelten Argentinier Martín Demichelis im Mittelfeld spielt Ihre Mannschaft seit Mitte Februar nicht schöner, aber effizienter. Warum dieser Stilwandel?

Magath: Mit der Hereinnahme eines defensiven Mittelfeldakteurs wurde das spielerische Moment nun mal zurückgefahren. Die Sache lief so: Ich habe zunächst versucht, für diese Mannschaft eine Lösung ohne einen defensiven Mann im Mittelfeld zu finden. Eigentlich wider besseres Wissen, denn ich hatte vorher immer mit so einem Mann vor der Abwehr gearbeitet, der sehr wichtig ist – auch für die Spieleröffnung. Es war also unwahrscheinlich, dass es ohne diese Position gehen würde.

SPIEGEL: Warum haben Sie es dann überhaupt probiert?

Magath: Aus atmosphärischen Gründen. Die Mannschaft ist hier so zusammengestellt, dass ich so viele offensive Mittelfeldspieler habe. Acht für eigentlich nur drei Plätze im Team. Solch ein Konkurrenzkampf ist für das Zusammenleben schwierig. Und zu viel Missstimmung drückt auf die Leistung. Also habe ich versucht, den Kampf zu entschärfen: Ohne einen Defensiven konnte ich an die acht Leute vier Mittelfeldplätze vergeben. Das funktioniert aber nur, wenn das spielerische Potential für ein solches Übergewicht sorgt, dass die Defensive entlastet wird.

SPIEGEL: Und nach mehr als einer halben Saison haben Sie festgestellt, dass das spielerische Potential Ihrer teuren Truppe nicht groß genug ist?

Magath: Es fehlt nicht das spielerische Potential. Wenn Sie nicht die richtige Balance haben, fehlt den Spielern die Kraft für die Offensivaktionen. Wir waren dann ja auch nicht so erfolgreich. Aber ich konnte es doch nicht nur einmal ausprobieren. Ich musste verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Spielern testen, und zwar jeweils zwei-, dreimal. In der Vorrunde konnte ich mir das erlauben. Aber vor den Achtelfinalspielen der Champions League und den Spitzenspielen gegen Werder Bremen und Schalke musste ich wechseln.

Das Presseecho auf die Leistung der Deutschen (Kicker) in Slowenien ist verheerend. Dort wo einst Jubel über Klinsmanns Experimentierfreudigkeit herrscht, bricht der Angstschweiß Bahn, dass Klinsmann 15 Monate vor der WM noch keine Stammformation gefunden habe. Ich halte dagegen, dass ich die Stammformation, von ein paar Abweichungen abgesehen, kenne:
Kahn – Lahm, Huth, Wörns/Merthesacker, Owomoyela – Frings, Ernst/Schneider – Schneider/Schweinsteiger, Ballack – Kuranyi, Klose/Asamoah.

Und um diese “gedankliche” Stammformation herum, experimentiert Klinsmann Alternativen, z.B. Friedrich als Innenverteidiger. Völlig legitim und wenn nicht jetzt, wann dann?

The Boat Race: Oxford – Cambridge
Ein überraschend lockerer Sieg vom favorisierten Oxford-Boot. Das Rennen war schon zur Halbzeit entschieden, als Oxford hinter Hammersmith mehr als eine Länge vorne lag und damit die Ideallinie für die letzte Kurve wählen konnte. Das Rennen war diesmal sauber, ohne Kontakt oder Hakeleien.

WM-Quali: Mexiko – USA 2:1
Das war doch mal ein putzig anzuschauendes Spiel. Die Mexikaner sind so etwas wie die “letzten Brasilianer” dieser Erde, immer einen Trick auf den Füßen um nicht nur den Ball am Gegner vorbeizubringen, sondern ihn richtig nass zu machen. Da trafen wirklich zwei Welten aufeinander: der kühl berechnende, taktische Fußball von Bruce Arena aus den USA und die Mexikaner, dessen argentinischer Trainer noch vor Halbzeit des Platzes verwiesen worden ist und dessen Spieler wie kleine Hunde wirkten, die von der Leine gelassen wurden und munter herumtollten.

Es war unterm Strich aber eine fast peinliche Vorstellung der Mexikaner. Was die vor dem Tor der US-Amerikaner versiebten, war sowas von haste-noch-nicht-gesehen. Dazu noch ein glänzend aufgelegter Keller…

WM-Quali: Brasilien – Peru 1:0
Ganz schwaches Spiel der Brasilianer, die sich anscheinend derzeit im Formtief befinden und sich einfach zu eine runden Leistung aufraffen können. Jetzt ein dünnes 1:0, letzten November eine Niederlage in Ekuador, im Oktober ein Heim-Unentschieden gegen Kolumbien, das wird langsam zur Serie. Behält man dann noch die extrem schwache Vorstellung der brasilianischen “B-Mannschaft” in der Copa America im Hinterkopf, die zwar gewonnen wurde, aber mit mehr als fragwürdigen Leistungen, dann schau’n mer mal wie das bei denen weitergeht…

Und Peru hat sich auch nur mit 11 Mann hinten reingestellt und harrte der Dinge aus, die da kamen. Pizarro mit, wenns hoch kommt, 2 Chancen.

WM-Quali: Bolivien – Argentinien 1:2
Auch hier ein eher schwaches Spiel, wobei Argentinien in der Höhenluft von La Paz mit einer völligen B-Elf antrat und ich echte Probleme habe im Kader irgendeinen bekannten Spieler zu entdecken (okay, Duscher und Abbondanzieri).

DEL-Viertelfinale
Die Hamburg Freezers haben Spiel 6 in Hamburg nach der Overtime mit 0:1 gegen die Frankfurt Lions verloren und sind damit draussen. Die gesamte Serie war eng und die Art und Weise wie das Spiel entschieden worden ist, war typisch. Schuß von halblinks, der Puck prallt gegen die Maske des wie Weltklasse haltenden Boris Rousson, Rousson kippt nach hinten ins Tor, der Puck prallt auf die Brust von Rousson und damit vermutlich auch hinter der Torlinie. Allerdings hätte der Schuß auf die Maske von Rousson bereits abgepfiffen werden müssen. Trotzdem ist der Sieg der Frankfurter nicht unverdient, die in der Overtime deutlich mehr gemacht haben, als die Hamburger.

Hamburg Freezers – Frankfurt Lions 0:1 nV (2-4, Frankfurt weiter)
Mannheim – Nürnberg 3:1 (4-2, Mannheim weiter)
Ingolstadt – Köln 1:3 (3-3)
Eisbären – Augsburg 5:1 (4-1, Berlin weiter)
Play-Down: Kassel – Wolfsburg 1:4 (3-3)

NCAA – College-Basketball Elite Eight
Aber was für Hammerspiele waren das am Wochenende? Drei der vier Viertelfinals gingen in die Verlängerung. Am spektakulärsten vermutlich die letzte Partie Michigan State – Kentucky 99:88 nach der zweiten Verlängerung.

Was in den letzten Sekunden der regulären Spielzeit abging, war nur noch der Wahnsinn. Beide Mannschaften waren sehr “streaky”, d.h. mal trafen sie alles von überall und dann gab es wieder Phasen wo nur Backsteine geworfen wurden.

Drei Minuten vor Schluß verlegte sich Michigan State bei einem 6 Punkte-Vorsprung nur noch auf das Verteidigen, ließ vorne die Uhr herunterlaufen und machte keine Anstalten mehr überhaupt irgendwie unterm Korb zu erscheinen. Stattdessen wurden zwei Sekunden vor Ablaufen der Playclock irgendwelche unmotivierten Würfe aus der Halbdistanz genommen. Kentucky konnte mit schnellen Spielzuügen abschließen. Dann 26 Sekunden vor Schluß nimmt Patrick Sparks einen Freiwurf der dem Team den Ausgleich bringen kann. Sparks hatte eine gute erste Halbzeit gehabt, wurde aber nach zwei Fouls kurz vor Halbzeit rausgenommen und konnte in der zweiten Halbzeit überhaupt nicht ins Spiel finden, verursachte Turnovers und warf schlecht. Und mit 26 Sekunden auf der Uhr verwarf er den potentiellen Ausgleich (72:73).

Michigan State kommt an den Ball, wird schnell gefoult, beide Freiwürfe werden verwandelt (72:75) als Kentucky mit 16 Sekunden auf der Uhr in Ballbesitz kommt. Zwei Auszeiten braucht es um den entscheidenden letzten SPielzug und den Dreier für die letzten 8 Sekunden noch vorzubereiten.

Unglücksrabe Sparks bekommt den Ball, zieht schlecht ab, der Ball prallt ab, Offensiv-Rebound von Azubuike der 6 Sekunden vor Schluß geistesgegegenwärtig ist um schnell hinter der Dreier-Linie zu rennen und noch aus der Umdrehung abzieht. Der Ball prallt 2 Sekunden vor Schluß vom Ring weit in die Mitte ab, wo wieder Sparks steht. Sparks springt anderthalb Meter nach hinten um hinter der Dreier-Linie zu sein und wirft mit zwei Zehnteln auf der Uhr, der Ball springt einmal vom Ring ab, springt zweimal vom Ring ab und dann durch, Dreier, oder? Tatsächlich rennen die Schiedsrichter zu den Videomonitoren um geschlagene zehn Minuten darüber zu beratschlagen ob Sparks beim Wurf hinter oder auf der Linie stand.

Alles was CBS an Vergrößerung und Aufnahmen anbieten kann, läßt ahnen, dass er die Linie nicht berührt hat, aber es war eine Millimeter-Entscheidung. Die Schiris gaben den Dreier und das Spiel ging in die Verlängerung.

Damit treffen sich nächstes Wochenende zu den Final Four in St.Louis aus den Top 25:
#3 North Carolina Tar Heels mit ihrem Offensiv-Feuerwerk (88:82 gg. #6 Wisconsin)
#15 Michigan State Spartans mit kontrolliertem Spiel und guter Defense (94:88 OT2 gg. #2 Kentucky)
#1 Illinois Fighting Illini (90:89 OT gg.#3 Arizona)
#4 Louisville Cardinals (93:85 OT gg #7 West Virginia)

Das Ganze am nächsten Wochenende (Sa/So und Mo/Di) auf PREMIERE und NASN.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Hm? Das Oxford-Boot lag vorne, und Cambridge hat gewonnen? Wer denn nun :-)

  3. Danke, ist hiermit korrigiert.

  4. Zum Magath-Interview:
    “Sachzwänge” klingt ein bisschen negativ, auch wenn du mit Sicherheit das richtige meinst. Letztlich sagt Magath mal offen, dass für einen Manager nicht nur entscheidend ist, ob jemand einen rechten Fuß hat. Es gibt sehr viele andere Dimensionen, die auch noch eine Rolle spielen. Und die Stimmung in der Mannschaft ist bestimmt nicht die unwichtigste.

    Eine nicht so gut besetzte, aber gut gelaunte Mannschaft spielt im Zweifel besser als eine besser besetzte, aber schlechte gelaunte. (Memento Madrid!) Und im Einzelfall kann’s aber auch mal andersrum sein, wie Magath erfahren musste. Management heißt eben, mindestens vier Gewichte so auszubalancieren, dass das Team im Gleichgewicht bleibt.

  5. Yep, du interpretierst meine Verwendung von “Sachzwänge” richtig. Im Prinzip ist mir diese Sorte von “mannschaftsinternem Management” schon klar.

    Aber erstaunt hat mich das Ausmaß dass sich in diesem Zitat ausdrückte: wider besserem Wissen hat sich Magath eine offensivere Einstellungen aufdrücken lassen, um die Heerscharen an offensiven Mittelfeldspieler ruhigzustellen. Dies geht über das normale Maß des “wir-lassen-durchrotieren-damit-jeder-mal-rankommt” hinaus. Dies rüttel an den grundfesten taktischer Philosophien die ein Trainer hat und zeigt eine verblüffende Facette von Magath.

    Der immer tyrannisch und introvertiert wirkende Egghead Magath hat einmal mehr seine (geistige) Flexibilität gezeigt. BTW: Gratulation auch an die Journalisten. Den Magath muss man erst dazu bringen tiefschürfende Statements abzugeben.