F1 in Melbourne: Formel 1 à la americaine

[Für die Spätaufsteher: der Eintrag ist bzgl. des Formel 1-Rennens in Melbourne reichlich mit Spoilern eingedeckt]

Das dritte Rennen der Saison und bereits das zweite des Jahres das für überdurchschnittlich viel Thrill sorgt. Wenn das so weiter geht, wird es diesen Sommer möglicherweise sogar einmal einen unterhaltsamen Grand Prix am Hungaroring geben.

Viel zum Spaß trugen die kühlen Temperaturen des australischen Herbst sowie eine Strecke bei, die während des gesamten Rennwochenendes kaum an Grip zunahm. Und Faktor drei: mangelnde Auslaufzonen sorgten dafür, dass fast jeder Ausrutscher zur Komplettzerlegung des Boliden führte, das Safety Car rausgeschickt werden musste, um den Wagen zu bergen und die Strecke von den Teilen zu säubern.

Viermal war das im Rennen der Fall, also knapp soviel viel wie man es von durchschnittlichen US-Rennsportveranstaltungen kennt…

Bereits vor dem Start sorgte Montoya für Unterhaltung, als er in der Warm-Up-Lap beim Einbiegen auf die Start/Ziel ausrutschte. Da aber Fisichella beim folgenden Startprozedere seinen Motor abwürgte und es eine zweite Warm-Up-Runde gab, durfte Montoya an seinen alten Platz fahren, während Fisico von hinten starten musste.

Das Rennen begann allerorten extrem angriffig, man wusste gar nicht wohin man gucken sollte. Allerdings ist Australien keine sehr verzeihende Strecke. Massa sah gleich vor der ersten Kurve eine Lücke die nicht da war und wurde von Rosberg und Klien im Sandwich genommen, einige Meter später fand sich Trulli an der Wand wieder, nach Berührung mit Coulthard. Nach Runde 1 waren also Trulli, Massa und Rosberg draussen und das Safety Car auf der Strecke.

Zwei Runden später bog das Safety Car wieder in die Boxengasse ein und diesmal währte das Bolidenglück bis zur 8ten Runde ehe das Safety Car wieder rausfuhr um die Trümmer von Christian Kliens Wagen beseitigen zu lassen, der unvermittelt beim Anbremsen ausgebrochen ist.

Dritter Auftritt des Safety Cars dann erst wieder knapp nach Rennhälfte. Wie erwähnt: Hauptthema des Rennens waren die Reifen die aufgrund des mangelnden Grips auf der Strecke und der Temperaturen nur wenig Haftung fanden. Dazu kam möglicherweise stellenweise heftige Windboen. Eingangs der Start/Ziel trug es die Wagen immer wieder weit raus. Sekunden nachdem Montoya mit Müh und Not seinen Wagen bei einem solchen Ausritt wieder unter Kontrolle bekam, erging es Michael Schumacher ungleich schlechter. Der blieb einige Meter länger auf den Kerbs und rauschte voll Karacho in eine Bodenwelle rein, die den Wagen aushob und direktemente gegen die Mauer knallen ließ. Der Ferrari verteilte daraufhin Karosserieteile über die halbe Start/Zielgerade.

Kaum war das Safety Car wieder drin, musste die Straße von den Resten von Liuzzis Toro Rosso gesäubert werden, den es aus ungeklärten Gründen in einer schnellen Kurve gegen die Wand haute.

Was im Vergleich zu den Vorjahren auffällt, ist die Ebenbürtigkeit der Wagen in der Anfangsphase. In den ersten 5-10 Runden geht es wirklich jeder gegen jeden. Es gab in Australien Situationen, wo Pulks von 7 Wagen in Dreierreihen nebeneinander um die beste Linie für die Kurven kämpfte. Insofern waren die Safety Car-Phasen anfangs unglücklich, weil sie just in solchen Kampfphasen reindengelten.

Mit Ausnahme von Jacques Villeneuve und den Super Aguris waren alle Teams mit Zwei-Stopp-Strategie unterwegs.

Es war ein Ausscheidungsrennen. Am Ende sind nur 13 Fahrzeuge angekommen. Am dramatischsten war der Ausfall von Jenson Button. Der lag an fünfter Stelle und hielt sich den extrem harmlos fahrenden Fisichella vom Leib, als ihm zirka 150m vor dem Ziel der Motor um die Ohren fliegt, er ausrollt und 30m vor dem Ziel stehen bleibt, während Fisichella, Villeneuve, Barichello und Speed sich die restlichen Punkte holten. Button hatte bis dato kein sehr aggressives Rennen gefahren.

Weiterer prominenter Ausfall, zirka 10 Runden vor Schluß: Juan-Pablo Montoya, dem es bei einem weiteren Ausritt über die Kerbs eingangs Start/Ziel die Elektronik zerriß. Montoya rollte auf der Start/Ziel aus. Montoya fuhr wie ein Teufel, überzog dabei aber einige Male und verlor dadurch Zeit und Plätze.

Sieger wurde Alonso vor Räikkönen und Ralf Schumacher. Alonso fuhr ein sehr souvränes Rennen. Er profitierte von den beiden letzten Safety Car-Phasen, als er zwischen sich und seinen Verfolgern zwei Midland-F1-Wagen legen konnte und daher in aller Ruhe den Restart gestalten konnten, während die Midlands den Rest des Feldes aufhielten. Aber insgesamt war bei Alonso nicht der Hauch von Blöße zu bemerken und Renault leistete sich in der zweiten Rennhälfte den Luxus die Drehzahl des Motors auf 18.500 zu begrenzen.

Räikkönen hatte ein unglückliches Rennen. Auch er zeigte sich sehr angriffig, hatte aber mit den “Umständen” zu kämpfen. Bis zum zweiten Boxenstopp hatte er Probleme mit einem wackeligen Frontflügel, verlor beim Austausch der Schnauze wertvolle Sekunden und bei den Restarts konnte er dank der Midlands nicht attackieren.

Ralle Schumacher mit Toyota auf Platz 3! Einerseits muss man konstatieren, dass die Toyotas mit einer gelungenen Modifikation nach Australien kamen. Man bringt jetzt auch bei kühlem Wetter die Reifen gut auf den Boden. Andererseits war der dritte Platz von Ralf Schumacher eher Ausdruck einer guten Strategie als einem Fight mit dem Messer zwischen den Zähnen. So einen richtig sensationellen Zweikampf gab es von Ralle nicht zu sehen, aber den dritten Platz holte er trotz des Handicaps einer Drive-Through-Penalty!

Wie gut ist die Modifikation wirklich? Schaut man sich die schnellsten Rennrunden an, fährt der Toyota immer noch 1,7 Sek. hinter der Musik mit, landet im Mittelfeld. Keine Ahnung ob Toyotas dritter Platz wirklich Substanz hatte.

Nick Heidfeld gab einen soliden vierten Platz, während beide Williams ausgeschieden sind. Rosberg nach Unfall in der ersten Runde und Webber kurz vor Rennhälfte mit Getriebeschaden.

Schaut man sich die Schnellsten Runden an, ist es erschreckend um wieviel (1 Sekunde) die Renaults und McLaren-Mercedes der Konkurrenz, inkl. Ferrari, vorausfahren.

Der Spruch des Tages kam von Rubens Barrichello, der sich via Funk über sein hakeliges Bremspedal beklagte: “I’m struggling like a pig.

Genauso wie auch dieser Eintrag in seine Einzelteile von Fakten und Geschichtchen zerfällt, so ging es auch dem Rennen. War aber trotzdem amüsant. In drei Wochen steht Imola an.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. “[Massa] wurde von Rosberg und Klien im Sandwich genommen”

    Der Satz bekommt von mir 2 *PFUI*s für die bildhafte Darstellung und 1 *Iiieeehh* für die Nahrungsmittelreferenz. ;-)

    Das Rennen dagegen bekommt von mir einee 5,4 in der A- und eine 5,9 in der B-Note. (zumindest bis es jemand schafft, mir das komische neuezeitliche Punktsystem beim Eiskunstlauf zu erklären)

  3. Kleine Anmerkung noch zu Jenson Button: Er hätte wohl noch mit dem Restschwung über’s Ziel rollen können, man hat ihm aber gesagt, er soll abstellen, denn so ist er im Rennen ausgefallen. Ansonsten hätte es durch den erzwungenen Motorwechsel nach Rennende dann im nächsten Rennen +10 gegeben.

  4. Premiere sichert sich Formel1 Rechte bis Ende 2007.

    Quelle:
    http://www.presseportal.de/story.htx?nr=810362&ressort=3

  5. Komisch, dass Premiere jetzt nur um 1 Jahr verlängert. Hängt aber vielleicht auch von der noch unklaren Situation für 2008 ab …