WM-Tach 6

[14h46] Äußere Bedingungen in Leipzig: 32 Grad, windstill. Damit Zeit in den anderen Eintrag rüberzugeben.

[14h43] Voronin wird ebenfalls von Anfang an dabei sein.

[14h35] Eben per offzieller Aufstellung bestätigt: Schevtschenko wird spielen, Raul wird auf der Bank sitzen.

[14h17] Günter Koch-Alarm: Er sitzt gerade bei BBC Five Live mit am Tisch (in Nürnberg) um über die ersten 14 Spiele zu reden.

[14h00] Hat das jemand kommen sehen? Bayerns Stürmerjoker Paolo Guerrero wechselt lt. dpa zum HSV (Vertrag bis Mitte 2008).

[13h56] Peter Heß bringt in der FAZ eine Analyse der deutschen Abwehrprobleme. Abseits aller Schwarzmalerei:

Das große Versäumnis liegt in der falschen Reaktion der Innenverteidiger, wenn das deutsche Mittelfeld ausgespielt ist. Anstatt sich sofort nach hinten, Richtung eigenen Strafraum fallenzulassen, verharren Mertesacker und Metzelder kurz hinter dem Anstoßkreis. Der ballführende Gegner hat so mehrere Möglichkeiten: ein Dribbling durch die Mitte, einen Paß in die Tiefe oder auf die Außenstürmer […]

Zögen sich die deutschen Innenverteidiger zehn Meter zurück, gäben sie den eigenen Mittelfeldspielern noch die Chance, den Ballführenden wieder einzuholen – ohne Ball ist man normalerweise schneller unterwegs. Zum anderen verringert sich die Gefahr, durch einen sogenannten tödlichen Paß durch die Mitte ausgehebelt zu werden. Da der Stürmer nun in Strafraumnähe den Ball erwarten muß, kommt der Torwart als Libero ins Spiel. Erfolgt der Steilpaß nicht zentimetergenau, kann Lehmann den Ball abfangen.

Es ist also gar nicht so viel, was dem deutschen Defensiv-Kollektiv noch fehlt. Und in vielen Situationen verhält es sich schon jetzt vorbildlich, vor allem dank der immensen Laufbereitschaft. Nun gilt es Automatismen zu entwickeln und die Konzentration über 90 Minuten aufrechtzuerhalten. Jetzt nervös zu werden und mit Umbaumaßnahmen auf die Abwehrlöcher zu reagieren wäre kontraproduktiv. Dann finge Klinsmann wieder von vorne an […]

So bleibt nur eine Möglichkeit: Fleißig trainieren und hoffen, daß dem Üben die Erkenntnis folgt. Und das Beste an der Situation: Keiner im deutschen Team unterschätzt den Nachholbedarf.

[12h35] Und ich will es im täglich Aufwasch nicht vergessen: Otto Pfister ist noch (Stand 12h35) Trainer von Togo.

[12h22] Wer an den ZDF-Tagen die fabulösen WM-Analysen von Jürgen Klopp versäumt, für den gibt es ein Surrogat in Form von Podcasts: der ZDF-Podcastservice stellt an jedem Abend einen Zusammenschnitt zur Verfügung. Leider nur knapp zweieinhalb Minuten, was kaum die gesamte Länge der Klopp’schen Wortmeldungen umfassen dürfte. Hier der RSS-Feed: http://zdf-wm-experten.podspot.de/rss

[12h17] Alle Tore der WM per Infografik nachverfolgen? Hier (via WM-Blog der NY Times).

Alle Tore der WM per Videoclip nachverfolgen? Hier (sorry, vergessen wo ich den Link aufgeschnappt habe).

[12h00] Tag 6 der Fußball-Weltmeisterschaft. Ende der ersten Runde mit den Spielen der Gruppe H und Beginn der zweiten Runde mit Deutschland – Polen.

Auch wenn Spanien und die Ukraine noch nicht gespielt haben, da später zwischen den Spielen nur jeweils eine Stunde Zeit ist, ist heute mittag die Chance zum Ziehen einer ersten Bilanz.

Eine unheimlich gelöste Stimmung im ganzen Land (sofern ich das anhan einer einzigen Großstadt, Hamburg, beurteilen kann). Was nicht nur am “Lecker Wetter” liegt.

Nimmt man die ersten Spiele, sind im Pott für den Weltmeistertitel: Deutschland, Argentinien, Niederlande, Italien, Tschechien, Portugal und Brasilien. Namen die fehlen: England. Kann man Weltmeister werden, in dem man nur eine Halbzeit lang Fußball spielt? Frankreich. Die Formkurve wirkt wie mit dem Linien von 2002 und 2004 weiter gezogen. Besondere Erwähnung: Portugal. Zuwenig gegen einen schwachen Gegner. Aber genau so haben sie auch bei der EM 2004 begonnen, mit bekanntem Ende (Finalteilnehmer). Daher für mich noch im Pott drin.

Die afrikanischen Mannschaften. 2002 gab es durch die Bank weg nur unansehnliche Leistungen der Teilnehmer Senegal, Tunesien, Nigeria, Kamerun und Südafrika, obwohl zumindest vier der fünf zu den ganz großen Fußballnationen des Kontinents gehören. Das unappetitlich defensive Senegal kam zwar bis zum Viertelfinale, aber das Aufatmen nach dem Ausscheiden gegen die Türken war groß.

Dieses Jahr stellen sich drei der fünf Teilnehmer (Elfenbeinküste, Ghana, Togo, Angola, Tunesien) anders da. Abstriche galt es allenfalls bei Angola zu machen, aber Togo und Ghana spielten ansehnlich flotten Fußball, und die Elfenbeinküste klopft vehement an der Tür der ganz großen Mannschaften, hat leider aber die falsche Gruppe (Argentinien, Niederlande) erwischt. In einer Gruppe B, D oder H würde ihr Schicksal ganz anders aussehen und mit den generell leichteren Gruppen E-H wäre ein weites Vorstossen in die Playoffs fast schon ein Selbstgänger.

So wie man überhaupt sagen muss: die Spiele sind sehr viel ansehnlicher als 2002. Für die negativen Highlights sorgten ausgerechnet europäische Größen wie England, Frankreich und Portugal. Aber nur drei Ausfälle bei 14 Spielen, das ist eine sehr gute Quote.

Kulturkampf. Die Spiele werden zwar in der Grundtendenz offensiv geführt, aber viele der großen Nationen haben nach einer Führung schnell auf Ergebnisverwaltung umgeschaltet: England, Argentinien, Niederlande, Portugal, Italien, Brasilien. Dem gegenüber stehen Mannschaften die über 90 Minuten hinweg angasen: Deutschland und Tschechien. Was bei den “Ergebnisverwaltern” durchweg auffiel: keiner hat sein Ergebnis wirklich souverän über die Runden gebracht (okay, Ausnahme vielleicht Niederlande) und stand mehrmals kurz davor den Ausgleich einzufangen. Die Spiele sind ohne Überraschungen geblieben, daher kann noch nichts über die “Comeback”-Qualitäten der “großen” Mannschaften gesagt werden und ist der Ausgang des “Kulturkampfes” zwischen den “Ergebnisverwaltern” und den “Vollgas-Mannschaften” noch offen.

Schiedsrichter. Ganz massiv über dem Niveau von 2002, irgendwo nahe der EM 2004. Auffällig ist auch, wie schnell sich die Spieler an die neuen Regelauslegungen angepasst haben. 1998 hat es noch ein Blutbad unter den Verteidigern gegeben, die mit der neuen Regelauslegung bzgl. des “Von-hinten-Grätschen” = Rot nicht zurecht kamen.

Elfmeter. Habe ich etwas vergessen oder gab es in 14 Spielen noch nicht einen einzigen Elfmeter?

Fernsehübertragungen. Einerseits schön dass mit sovielen Totalen gearbeitet wird, andererseits finde ich die Übertragungen aseptisch. Argentinien – Elfenbeinküste wird genauso abgefilmt wie Spanien – Slowenien 2002. Das muss nicht gleich in eine Orgien von Großbildaufnahmen von Zuschauern ausarten.

Fernsehübertragungen II. PREMIERE war anno 2002 ein recht großer Genuß. Die pure Geldnot brachte PREMIERE damals dazu nur zwei Kommentatoren direkt vor Ort zu entsenden, der Rest kommentierte aus den Containern im PREMIERE-Sendezentrum und entsprechend kurz angeboten waren die Vorläufe. Viertelstunde, halbe Stunde und gut war. Nun hat PREMIERE wieder mehr Geld und die Folge: zielloses Versenden von endlosen Sendeminuten, u.a. einer dreistündigen Mittagssendung mit einem Infogehalt nahe Null. Eine einzige zeitnahe Wiederholung der Spiele (in der Nacht). Sinnlose Bildoptionen wie der Multisignalkanal. Ein Aufgebot an teilweise schlechten Stars (Boris Becker) und das Fehlen von wirklich herausragenden Experten (der blaße Hitzfeld wird derzeit durch den kompetenten Daum und den wortgewaltigen Effenberg plattgemacht). Dazu Werbeblöcke, die länger als im Öffentlich-Rechtlichen zu sein scheinen. Bei PREMIERE scheint man es nicht zu merken, sondern zieht mit einer Schmerzfreiheit die immergleichen Spots seiner Eigenwerbung (PREMIERE Stars, Fußball-Angebot für die nächste Saison) durch, die an NASN erinnert. PREMIERE 2006: mehr Geld, aber an Niveau nur auf gleicher Augenhöhe wie die ÖRs.

Fernsehübertragungen III. Wer den Begriff “Schmerzfreiheit” nennt, muss auch RTL erwähnen.

Zeitungen. Mit der SZ ist es so eine Sache. Man muss über die Nachteile von Zeitungen gar nicht lange diskutieren, wenn die SZ in ihrer Montagsausgabe noch auf vier Seiten auf das Freitag-Vorabend-Spiel der deutschen Mannschaft eingeht, während längst sieben weitere WM-Spiele absolviert wurden. Aber davon mal abgesehen, der Sport- bzw. WM-Teil der Süddeutschen ist derzeit ein absoluter Kracher und locker den Preis der gesamten Zeitung wert. Da schreibt sich wirklich die Creme-de-la-Creme des deutschen Sportjournalismus (abzüglich einiger FAZ-Leute) tagtäglich die Finger wund. Ganz groß.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Tschechien würde ich nicht zu den Vollgas-Mannschaften zählen. Die haben die US-Amerikaner eigentlich machen lassen und hin und wieder einen schönen Spielzug dazwischen gepackt.

    Generell sollte man bei so einem Turnier bedenken, dass die Mannschaften ökonomisch spielen müssen. Wer 7 Spiele in vier Wochen erfolgreich überstehen will, kann nicht in allen Spielen Vollgas geben.

    Davon abgesehen würde ich Dir aber zustimmen (Na gut, Portugal würde ich nicht in den Pott packen, Deutschland eigentlich auch nicht) und: Schönes Fazit.

  3. In der engeren Auswahl für den WM-Titel sehe derzeit vor allem Brasilien, Argentinien und vor allem Holland. Wenn van Persie sich noch steigert, wovon ich ausgehe, dann sind die für mich Favorit. Deutschland lässt sich nach dem wenig aussagekräftigen Spiel gg Costa Rica noch nicht einschätzen, heute abend wissen wir mehr. Keine Chance sehe ich für Portugal, nach der schwachen Gruppe werden die im Achtelfinale von Argentinien oder Holland vernichtet.
    Die Ergebnisverwaltung ist ein Punkt, der mir auch unangenehm aufgefallen ist. Niemand versucht ernsthaft aufs zweite Tor zu spielen, was ich für völlig unnötig halte, zumal man damit schwache Gegner (wie Angola oder Ghana) unnötig stark macht.
    An die Schiri-Leistungen von 2002 erinnere ich mich nicht mehr, allerdings finde ich, dass grundsätzlich zu kleinlich gepfiffen wird. Frankreich-Schweiz mit 8 gelben für nichts, dabei jeden Ansatz eines Fußballspiels unterbunden. Immerhin aber keine groben Fehlentscheidungen abgesehen vom 1-0 von Japan gg Australien.

  4. Sehr schön zusammengefasst. Danke dafür!

  5. Ich würde bei den “Angasern” unterscheiden wollen – es gibt die, die einfach 90 Minuten (versuchen) Vollgas (zu) gehen (Deutschland), das z.T. auf höchstem technischen Niveau (Tschechien, durchaus auch Japan, trotz der sinnfreien Flanken, und die Afrikaner) und natürlich die Aussies, die einfach nur (very british indeed) volle Kraft gehen (dabei aber komplett die Außen außen vor lassen), bis der Herr mit der schwarzen Hose abpfeift.

    Die große Frage ist halt, ob das im Moment bei den Nicht-Angasern nicht einfach nur Kraft sparen für die Um-die-Wurst-Runden ist. Ich hatte bei Brasilien gestern das unterschwellige Gefühl, die wollten gar nicht mehr zeigen, auch, um den immensen Erwartungsdruck auszubremsen. Wobei man weder die tapferen Kroaten dissen noch vergessen sollte, dass man bei Parreira mit Ergebnisfußball rechnen musste.

  6. Ich hab die Engländer und die Holländer noch nicht gesehen, von daher bin ich mir nicht sicher. Weit vorne sind für mich Argentinien und Tschechien, wobei man abwarten muss, wie die mit dem Ausfall von Koller umgehen. Dann kommen Italien, Brasilien und Portugal, dann tatsächlich auch Deutschland. Aber ich traue den Deutschen nicht so viel zu, wenn sie auf eine beinharte Innenverteidigung wie die der Italiener, der Argentinier oder der Brasilianer treffen.

    Bzgl. Premiere: Das geht alles gar nicht. Premiere liefert jede Menge Gründe, warum man sich das Abo eigentlich sparen kann.

    – Das Bild ist schlechter als bei ARDZDFRTL, besonders im 16:9 Format
    – Das Portal funktuioniert nicht. Wie viele Premiere Zuschauer habe ich von denen einen Humax Fox (Kabel) bekommen. Angeblich für Premiere “optimiert”. Aber wohl nicht für das Sportportal. Denn wenn die den Feed aus dem Stadion ins Studio umschalten, landet der Zuschauer im Portal und darf sich über das Optionsmenü wieder in das Programm reinfummeln, dass er sehen wollte.
    – Sie zeigen tatsächlich mehr Werbung als die Öffentlich-Rechtlichen. Muss man sich mal vorstellen. Deswegen schaue ich alle Spiele ab 20.00 Uhr nur bei ARD/ZDF. Weil ich die bescheuerte Eigenwerbung nicht mehr ertragen. Was auch maßlos ärgerlich ist: 30 Sekunden bevor das Spiel angepfiffen wird, gibt es nochmal einen kurzen Werbebreak. Zum kotzen. Das machen die seit neustem auch bei der Formel Eins kurz vor dem Start und dabei war genau dieser Werbebreak damals der Grund, warum ich RTL nicht mehr ertragen konnte und ich mir Premiere zugelegt habe.

    Ich kann jedem, der mit dem Gedanken spielt sich das WM Ticket bei Premiere zu kaufen, weil damit die letzten Gruppenspiele alle live sehen kann, nur dringend davon abraten die 29 Euro auszugeben.

  7. Schöne Übersicht, obwohl ich finde, dass die Schiedsrichter insgesamt noch zu uneinheitlich pfeifen. Die neuen Regeln, die sich darauf konzentrieren, dass man hauptsächlich die Verletzungsgefahr der Spieler reduzieren will, finde ich gut, aber die Auslegung der einzelnen Schiedsrichter variiert mir noch zu stark. Bestes Beispiel: das japanische Tor (wie auch schon damals von dogfood angemerkt).

    Zu Premiere: einen Vorteil hat Premiere, der jedoch mitunter alles aufwiegen kann, was sie vermurksen: die 2. Tonspur, sei es mit Mexikanern, Franzosen oder der guten alten BBC.

  8. und Ecuador hat noch keiner auf dem radar ????