WM-Tach 19

[15h00] Portugal bat die FIFA um Gnade für Deco, sei doch seine Grätsche nur wegen dem unsportlichen Verhalten der Niederländer (Schiedsrichterball nicht herausgerückt) entstanden. Vergeblich. Die FIFA sah keine Handhabe.

Bei all der Korinthenkackerei die die FIFA in ihrem Regelwerk treibt (Trikots, gleichfarbene “Unterhosen”), ich kann nicht verstehen, wie ein derart grob unsportliches Verhalten wie das von Heitinga ungesühnt bleiben kann.

[12h52] Sollte MV in den letzten 10 Minuten Unsinn erzählt haben (ich sehe nur Stenger und Mertesacker über beide Ohren grinsen), ich habe es nicht gehört, da Kunde am Telefon.

[12h40] Es folgt ein minutenlanger Diskurs des ehemaligen Bildungsminister von Baden-Würtemberg zum Thema Nationalhymne, nationale Symbole etc…

Mayer-Vorfelder zum Thema ob er nicht irgendwann an Klinsmann gezweifelt habe: “Ich will mich nicht selber loben, das soll jemand anders machen…“, links von ihm bricht Harald Stenger vor Lachen zusammen.

[12h36] Mayer-Vorfelder: “snnrrrr snnrrrrrsnr… Unterschied wie …snrrr… Tag und Nacht …äh… also zuerst …snnnrrr… war die Nacht, dann …snnnnrrrr…. der …äh… Tag …snnrr…snnrrr…

[12h29] Nationalmannschaftsaudienz. Eigentlich war Oliver Kahn für die Pressekonferenz (siehe vorgestern, Stichwort “Sonnenschein geben”), aber er musste kurzfristig wegen Übelkeit absagen (höhöhö), so dass Per Mertesacker für die PK “nachnominiert” wurde.

Zuerst spricht jedoch Mayer-Vorfelder. Sofern er nicht verbal verunfallt, können wir uns die nächsten zwanzig Minuten mit anderem beschäftigen.

[12h06] Sehr schön: die FAZ hat sechs Persönlichkeiten des deutschen Fußballs zu dem deutschen Team und Jürgen Klinsmann befragt.

  • Peter Neururer, nach Eigeneinschätzung der am meisten verkannteste Trainer ever, hat nach all der Rhetorik aus dem Nationalmannschaftskreis offensichtlich einen Hals dicker als jeder Kragen.
    Zu Bierhoffs Bemerkung, dass die Bundesliga ihre Vorbereitung reformieren muss: “Oliver Bierhoff ist ein junger Mann, der in dieser Funktion noch nicht lange im Geschäft ist. Wenn er in einer euphorisierten Phase solch einen populistischen Mist erzählt, muß man ihm das nachsehen […]
    Was meinen Sie mit Methode? Es gab in den Gruppenspielen drei Siege gegen Mannschaften, die uns in allen Belangen unterlegen waren. Und es gab eine tolle Leistung gegen Schweden, im ersten Spiel, in dem wir gefordert wurden. Sonst habe ich noch nicht viel gesehen. Das ist nicht negativ gemeint. Aber was ist denn Großartiges passiert, was uns zum Jubeln veranlaßt, bis auf die Ergebnisse?
  • Thomas Schaaf, trocken wie immer, dezent skeptisch.
    Das wichtigste ist: Die Mannschaft dokumentiert, daß sie Jürgen Klinsmanns Weg mitgeht und weitergeht […]
    Er hatte neue, kritische Gedanken, hat einen neuen Weg eingeschlagen. Jetzt stehen wir im Viertelfinale. Jürgen ist sehr, sehr kritisch gesehen worden, alles rund um die Nationalmannschaft wird inzwischen sehr genau betrachtet. Aber ich finde, auch zu Recht: Jemand, der da reingeht und Bundestrainer wird, muß sich dem ganzen stellen.
  • Hans Meyer, triefend vor Doppelbödigkeit: “[Klinsmann] hat ein Konzept, er hat es mit viel Konsequenz und Standhaftigkeit durchgezogen […]
    Der Jürgen ist zum Glück nicht nur beratungsresistent, er ist auch resistent gegen all die Themen, die von außen konstruiert werden. […]
    Die Fitness ist nur eine Voraussetzung. Wichtiger ist, daß man Fußball spielt. Wichtiger vor allem für die Ausbildung. Das Schlimmste wäre, wenn nach dieser phantastischen Leistung bei der WM wieder jemand käme und das Physische über alles stellt. Wenn Gummibänder und Schnellkraftübungen und so weiter im Mittelpunkt stehen. Und nicht das Wichtigste: wie Jürgen Klinsmann Fußball spielen läßt. Das ist sein größtes Verdienst: daß mit ihm ein deutsches Team wieder herzerfrischenden Fußball spielt […]
    [Frage: Erkennen Sie einen Klinsmann-Stil] Ja, es gibt wenige Mannschaften, in denen die Handschrift des Trainers so deutlich erkennbar ist. Ich halte sehr viel von Herrn Eriksson, doch im Spiel der Engländer vermag ich keine Handschrift zu erkennen. Es ist dort nicht zu sehen, wie die Stars gemeinsam spielen. Bei uns ist es das.
  • Matthias Sammer, so diplomatisch, dass es schon belanglos ist.
  • Ralk Rangnick, auch kein uneingeschränkter Klinsmann-Fan (erinnert sei an die Diskussion um Odonkor oder Hitzlsperger): “Ich kenne einige Trainer, die sich schon länger mit neuen Methoden befassen. Daß wir im deutschen Fußball dem Trend hinterherhinken, das ist doch ein alter Hut und nicht erst durch Jürgen Klinsmann thematisiert worden.[…]
    Ich hoffe, daß die Spieler mit ihrem Trainer jetzt die nächste Hürde nehmen und traue ihnen sogar zu, gegen Argentinien zu gewinnen. Das hätte ich vor sechs Wochen nicht getan. Es gab über einen langen Zeitraum zu viele Spiele dieser Mannschaft, die ein zu ähnliches Muster hatten […] Das Selbstvertrauen kommt durch Spielweise und Kontrolle. Jetzt merkt die Mannschaft, daß sie ein Spiel kontrollieren kann.[…]
    Fußball ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Wenn du in Deutschland etwas verändern willst, dann stößt du meistens auf Widerstände, stärker als in anderen Ländern. Wir haben überall in Deutschland diese Trägheit. […] Die handelnden Personen sind bei uns schwer zu überzeugen. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die WM gut läuft für unsere Nationalmannschaft.
  • Karl-Heinz Rummenigge will es mal wieder nicht gewesen sein: Natürlich waren wir bei gewissen Themen manchmal anderer Meinung. Aber ich muß widersprechen, daß wir Probleme mit Klinsmann hatten: Wir gehörten zu den wenigen, die ihn gestützt haben.[…]
    Klinsmann hat alles richtig gemacht. Er hat es geschafft, alte Tugenden mit neuen Methoden aufleben zu lassen.

[9h14] Die französische Aufstellung ist noch nebulös. Der L´’Equpie liegen Informationen vor, das beim gestrigen Abschlußtraining in einem 4-2-3-1 gespielt worden ist. Also zurück zum System gegen Schweiz und Südkorea und zurück zu dem viel kritisierten Spiel mit nur einer Spitze?

Zidane und Abidal würden zurückkehren, Trezeguet und Silvestre auf die Bank. Malouda und Ribéry links und rechts als offensives Mittelfeld um Zidane herum. Aber als sicher gilt das alles nicht. Diese Dreier-Formation hat im Mittelfeld noch nie zusammen gespielt und Domenech zögert, entgegen seiner Gewohnheiten, die Bekanntgabe der Startelf lange hinaus.

Heute jährt sich übrigens das EM-Finale von 1984, als Frankreich Spanien schlagen konnte.

[8h54] 54 Spiele von 64 Spiele sind absolviert, ten to go.

Heute mal wieder etwas intensiver in die L’Équipe-Website gestöbert, nicht nur wegen der WM. Am Samstag fängt die Tour de France an und “rechtzeitig” dazu gibt es übelste Gerüchte über Jan Ullrich. Die lassen sich von außen schwer einschätzen. Eine bislang gerichtsverwertbare Beweiskette gibt es nicht, aber die Indizien lassen ein ungutes Gefühl zurück. Kurzfassung: beim derzeitigen “Aufräumen” der spanischen Radsportszene sind auch Codenamen aufgetaucht, die auf Jan Ullrich wie Faust auf Auge passen. Zudem soll ein spanischer T-Mobile-Fahrer einem anderen Fahrer gesagt haben: “wenn man mich dranbekommt, wird auch Ullrich stolpern”. T-Mobile wird sich daran messen lassen müssen, wie sie nun mit der Sache umgehen.

Im Zuge der spanischen Untersuchungen haben die Tour-Veranstalter übrigens gestern das Team Astana-Würth (vormals Liberty Seguros, Once) rund um Beloki, Jörg Jaksche, Serrano, Scarponi und Vinokourov ausgeladen. Für Vinokourov ein schwerer Schlag, da er T-Mobile verlassen hatte, um endlich bei der Tour auf Gesamtwertung fahren zu können. Astana, die unter ihrem vorigen Namen und ihrem Sportchef Manolo Saiz als Hauptauslöser der spanischen Dopingaffäre gelten, will nun vor den Internationalen Sportgerichtshof ziehen, um seine Teilnahme an der Tour einzufordern.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Es wurde nicht nur eine Akten mit dem CodeNamen “Hijo Rudicio” sondern auch eine mit roten Blutkörperchen angereicherten Blutkonserve die “Jan” (wie auf den Blutkonserven stand) am 1. Mai verabreicht worden sein. Eine weitere soll für den 20. Juni geplant gewesen sein.
    Der spanische T-Mobile Fahrer soll ausserdem Oscar Sevilla sein ;)

    Alles im allen glaub ich net unbedingt daran, dass es stimmt –> falls aber doch, dann wäre es der Supergau für den Radsport (wenn man die aktuelle Armstrong geschichte dazu nimmt).
    Schade ist es auf alle Fälle um die am samstag startende Tour :(
    Naja warten wir mal ab…

  3. Ist denn wirklich noch irgendjemand (der nicht die letzten 10 Jahre im ewigen Eis der Tundra verbracht hat) überrascht über diese “Enthüllungen”? Wenn man nicht gerade Hagen Boßdorf heißt, sollte einem eigentlich schon seit jeher klar sein, dass im Radsport rollende Pillendöschen den Sieg unter sich ausmachen.

  4. Zu Spanien-Frankreich:
    Ich bin echt gespannt! Besonders auf die Spanier, welche die bisherigen Spiele alle gut gespielt haben. Aber bei deren Geschichte würde ich es mich nicht wundern, wenn se heute Abend doch aussscheiden! ;)
    Allerdings finde ich die Mannschaft von den Franzosen dieses Jahr so unsympathisch und auch ihr Fußball langweilit nur vor sich hin, dass ich stark auf einen Sieg der Spanier hoffe.
    Wenn der Domenech wieder zur alten Formation zurück kehrt, sehe ich aber auch eher wenige Zweifel daran. Und selbst mit zwei Spitzen konnten mich die Franzosen gegen Togo weiß Gott nicht überzeugen. Wenn die heute Abend weiterkommen, dann nicht weil sie so gut waren, sondern weil die Spanier so schlecht waren und sich mal wieder bei einem großen Turnier selbst geschlagen haben!
    LOS SPANIEN!

  5. sollte einem eigentlich schon seit jeher klar sein, dass im Radsport rollende Pillendöschen den Sieg unter sich ausmachen.

    Ah, so einfach ist dass. Wusste ich nicht. Na, dann würde ich sagen: sperrt alle Radprofis in spanische, französische und italienische Gefängnisse, wo Doping zu den justiziablen Vergehen gehört. Schließt die NFL, NHL und MLB. Stampft die Leichtathletik ein. Kippt Gewichtheber in den nächsten Fluß.

    Da Fußballer eh alle irgendwann foulen, sollte man alle Fußballer bei der Gelegenheit auch noch gleich lebenslang sperren. Prophylaktisch.

    Ja, der Radsport hat ein tief im System verwurzeltes Problem. Pauschalurteile sind aber nicht hilfreich.

  6. Da Fußballer eh alle irgendwann foulen, sollte man alle Fußballer bei der Gelegenheit auch noch gleich lebenslang sperren. Prophylaktisch.

    Ausser Gary Lineker. Der hat bekanntlich in seiner Profikarriere nie eine gelbe (und auch keine rote) Karte bekommen.

  7. Der MV geht ab wie Sau. Jetzt platzt er gleich damit raus, dass nicht Klinsmann sondern er selber alle ‘Entscheidungen im Grunde getroffen hat und Klinsmann nur heute Nutznießer davon ist.

  8. @dogfood – ich glaube so arg war es gar nicht gemeint von NoteMe. Pauschalisierung lehne ich eigentlich bzgl. Doping auch ab, aber mittlerweile kommt es einem schon so vor, (wie du sagst), dass die gewinnen, die am cleversten sind. Sagen ja auch Fahrer, die es nicht geschafft haben, erinnere mich an einen Spanier, weiß den Namen nicht mehr, der sich körperlich zerstört hat und nun sozialhilfe braucht. Klar, der hat es nicht geschafft, will Geld machen, etc. Aber etwas wahres wird dran sein.
    Nur deshalb die Frage, warum sollte ein Ulrich da außen vor sein? Und ein Armstrong, der Hodenkrebs hatte, na ich halt den Mund…

  9. @dogfood zu Astana-Würth/TDF verhält sichs genau umgekehrt…: Laut cyclingnews hat die ASO (Tour-Organisation) das Astana-Würth-Team formell aufgefordert, nicht an der Tour teilzunehmen. Das Team ist Bestandteil der ProTour und kann nicht offiziell von der ASO ausgeladen werden (anders wars beim “zweitklassigen” Team Valenciana: Dem konnte die Wildcard durch die ASO entzogen werden.)
    Sollte das Team nicht zurück ziehen, würde die ASO den Fall vor dem CAS Sportgerichtshof bringen, um die Nicht-Teilnahme zu erwzingen :)

  10. @enrasen: auch an dich die Frage: wendest du die gleiche Verallgemeinerung auch auf alle anderen Sportarten an, die einen ähnlichen Ruf haben? Beispiele habe ich ja genannt. Wenn nein, warum nicht? Weil dort die Vertuschungen besser klappen? Wollen wir mal durchdeklinieren, wieviele Baseballer-Spieler in den letzten Jahren einen plötzlichen Herztod gestorben sind, im Vergleich zu Radfahrer?

    Die Mechanismen sind in den meisten Profisportarten identisch. Wer trotzdem Sportfan bleibt, muss entweder so etwas gezielt ausblenden oder die An-/Beschuldigungen differenzieren. Ich mache letzteres, weil ich mir sonst vermutlich nur noch Turmspringen und Pelota bleiben würde.

    @Emile: nicht “umgekehrt”. Ich habe in der Tat die Sache “verkürzt” dargestellt: die ASO kann niemanden direkt ausladen, aber zum unerwünschten Team deklarieren, in der Hoffnung dass es sich freiwillig zurückzieht. Wenn es das nicht tut, kann die ASO vor dem Sportgerichtshof gehen.

    Aber: Astana ist inzwischen von sich aus vor dem Sportgerichtshof gezogen, um Einspruch gegen den Wunsch der ASO zu erheben.

  11. Für einen ehemaligen Politiker ist M-V aber nicht wirklich auf Kameras “geeicht”. Zwar schön, daß er von der erhöhten Tribüne anscheinend die Journalisten direkt anschaute, aber für die Kamera sah es aus, als ob er den Blick senken würde.

    Ansonsten hat er nicht viel besonderes gesagt, nicht wirklich auf die Fragen geantwortet – man hat also nicht viel verpasst.

  12. Ist Ralf Rangnicks “Daß wir im deutschen Fußball dem Trend hinterherhinken, das ist doch ein alter Hut” bewusst doppelbödig oder nicht?
    :-)

  13. Krude Meldung:

    „Juve“-Manager stürzt aus dem Fenster
    Wollte sich Gianluca Pessotto, der neue Generalmanager des italienischen Fußball-Rekordmeisters, umbringen ?

    http://www.welt.de/data/2006/06/27/935133.html

  14. Hinter der Astana-Geschichte steckt einiges mehr an Gestrüpp und Minengräben als die aktuellen Verwerfungen vermuten lassen und als so eine Verkürzung darstellen kann. Das ist kein Vorwurf, das Dickicht ist wirklich nicht mehr so einfach zu durchschauen. Die ASO kann durchaus Teams ein- und ausladen – bei Communidad Valenciana hat sie das ja getan -, allerdings nur Teams, die nicht zum ProTour-Feld gehören. Da gibt es eine Absprache mit der UCI, die auch für Giro und Vuelta gilt, und für ein paar Klassikerrennen, die von den gleichen Veranstaltern mitorganisiert werden (Paris-Roubaix zum Beispiel).

    Die Organisatoren der drei großen Rundfahrten haben aber immer klargemacht, dass sie die ProTour eigentlich nur dulden und diese Regel als nicht wirklich bindend erachten. Am liebsten möchten sie alleine bestimmen, wer mitfahren darf und wer nicht. In der Richtung hat man auch schon mal die Fäuste spielen lassen mit der Ankündigung, ab 2007 aus dem ProTour-Kalender auszuscheren. Da geht es gar nicht mal so sehr um Doping (obwohl das im Moment natürlich das öffentlichkeitswirksamste Argument ist), sondern darum, wer die Vermarktung dieser Großereignisse kontrolliert.

    Hinter den Kulissen ist das ein Tauziehen zwischen verschiedenen Seilschaften in der Radsport-Community, die sich teils entlang verschiedener Rennställe, teils entlang nationaler Verbände (die Rivalität z.B. zwischen dem französischen und dem spanischen Radsportverband sitzt tief), teils alter Kumpel- und Wasserträgernetzwerke ausfaltet. Nur so nebenbei: Einer der Erfinder des ProTour-Konzepts ist Manolo Saiz, Gründer von Liberty/Astana und vor ein paar Jahren auch schon mal persona non grata bei der Tour.

    Wie tief die Verstrickungen sind, merkt man schon daran, dass UCI, Veranstalter und Mannschaften kaum selber mal in die Offensive gehen, um solche Vorwürfe aufzuklären, sondern meistens nur defensiv reagieren. Die spanischen Radfahrer haben am Wochenende die spanische Meisterschaft boykottiert, nicht aus Protest gegen die Dopingpraktiken anderer Teams, sondern aus Verärgerung über die Presseberichte darüber.

    Vorwürfe gegen Ullrich gabs ja immer mal, allerdings scheinen sie diesmal einiges brisanter zu sein. Man merkt an den offiziellen Reaktionen von T-Mobile, dass man das durchaus ernst nimmt und dass da wirklich so ein bisschen Panik ausgebrochen ist. Das klingt erst mal nicht nach rückhaltloser Solidarität für den eigenen Fahrer, sondern nach Offenhalten aller Optionen.

  15. Nicht zu vergessen die Rolle von Hein Verbruggen, der erst mal per se wie die Verbände aus Belgien und den Niederlande, nicht die große Rolle als Dopingaufklärer mimt und in seiner Funktion als UCI-Präsident auch eher Bremser war/ist.

    Man muss leider sagen, dass der Dopingkampf dort am erfolgreichsten scheint, wo der Antidopingkampf nicht mehr innerhalb der Sportverbände geregelt wird, sondern der Justiz überlassen wird, egal ob Frankreich, Italien, Spanien oder USA.

    Die Reaktion von T-Mobile klingt für mich erst mal nach “Zeit spielen”. Was wollen sie mit noch einer Erklärung von Seiten der Fahrer anfangen? Sind nicht artverwandte Antidoping-Erklärungen bereits Bestandteil des Mustervertrages für Fahrer bei der ProTour?

    Glaubwürdig wäre T-Mobile/Telekom erst, wenn sie ihre Vergangenheit bis zurück zur Riis-Ära aufarbeiten würden.

  16. @dogfood:
    Sicherlich war Heitingas Verhalten grob unsportlich, aber hierbei handelt es sich um einen Bruch ungeschriebener Regeln, den man m.E. nicht sanktionieren kann. Ausserdem ist Holland insgesamt durch den damit einhergegangenen Sympathieverlust mehr als genug gestraft.

  17. Der Terminus “Unsportliches Verhalten” für den lt. Fußballregeln eine Gelbe Karte gegeben werden kann (Regel 12), ist m.E. Gummiparagraph genug.

    Schon ein Aussage der FIFA, eine derartige Unsportlichkeit demnächst explizit ins Regelwerk aufzunehmen, wäre ein Statement. Stattdessen gibt es nur Kinderkacke wie “zu großer Weißanteil” bei den kroatischen Trikots oder Gelb wegen zu ekstatischem Torjubel.

  18. Gab es nicht vor ein paar Jahren mal eine Spielwiederholung, als in einer aehnlichen Situation ein Tor folgte? Europapokal? Ich weiss es nicht mehr genau, aber irgendwas war da….

  19. Klar spielt T-Mobile ein bisschen auf Zeit, die Tour startet ja auch schon am Samstag und mindestens bis dahin darf jetzt wirklich nichts mehr hochkochen. Die aktuellen Statements, z.B. im El País-Interview, klingen aber eher verunsichert, als ob man da auch intern nicht wirklich auf Augenhöhe miteinander kommuniziert.

  20. Aha, FA Cup 1999 war’s, Arsenal – Sheffield. Wenger als Trainer der Nutzniessermannschaft schlug Wiederholung vor. War also auf freiwilliger Basis und daher kein Praezedenzfall.

  21. @Claus: Ich kann kein Spanisch und kann daher noch weniger den Artikel der “El Pais” werten (an und für sich ein Qualitätsblatt, linksliberal, vergleichbar mit SZ).

    Angeblich soll die El Pais auch behaupten, dass die ASO erwäge, auch Jan Ullrich für die Tour zur “persona non grata” zu erklären. Da wage ich einmal die Behauptung: wenn es wirklich solche Überlegungen gibt, werden diese als erstes bei der L’Équipe durchsickern.

  22. Zum Radsport:

    Ich persoenlich kann mir den nicht mehr guten Gewissens ansehen — wann immer ich einem Fahrer die Daumen druecken will, kommt ein ungutes Gefuehl hoch, da der Sport ja doch eine starke “Dopingtradition” hat. Das Vorurteil (und genau das ist es), dass “die ja alle Betrueger sind” kriecht dann doch irgendwie durch die Hintertuer rein und versaut mir das Ganze. Schade eigentlich, aber ich habe ein paar mal zu oft Dopingbetruegern die Daumen gedrueckt, fuerchte ich (Abdoujaparov und Virenque, unter anderem…)

    So werde ich mir auch dieses Jahr die Tour nicht ansehen, obwohl ich den Sport an sich sehr interessant finde.

    Bei Baseball habe ich ein aehnliches Problem — ich tue mir schwer, bestimmte Spieler zu moegen, ebenso bei den Sprintern in der Leichtathletik.

    Werde wohl auf dopingsichere Sportarten wie Snooker und Hallenhalma ausweichen muessen….

  23. Wie wahr.

  24. Aktueller Status Quo, laut dpa: Ullrich darf vorerst wohl mitfahren, jedenfalls so lange nicht noch weitere Enthüllungen kommen.

    Zur Equipe: die ist zwar meist ganz gut informiert, aber auch gerne ein bißchen wählerisch mit ihren Veröffentlichungen zum Thema, dazu ist sie zu eng mit der Tour-Organisation verbandelt.

  25. @dogfood

    Ich befürworte weder die gezielte Kriminialisierung von Sportlern, noch die Einstampfung ganzer Sportarten, ich finde nur, dass man sich als Zuschauer nicht überrascht geben sollte, wenn in einer einschlägig bekannten Sportart neue Manipulationen bekannt werden.

    Radsportdopingnews vor der Tour de France schockieren mich da genauso wenig wie “saftige” Schlägerschwinger oder Sprinter, aber z.B. auch verschobene Boxkämpfe. Alles schon oft genug passiert, dass es Normalität ist.

    In wieweit das jetzt unfair gegenüber möglicherweise “sauberen” Sportlern ist, lässt sich sicher diskutieren, aber wieviele davon es, wenn überhaupt, unter den von mir genannten Siegfahren gibt, eben auch.

    .
    Aber noch etwas zum Thema Eigenbluttherapie: Ich persönlich fasse mir an den Kopf, wenn die Dopinghüter Methoden verbieten, die sie nicht nachweisen können. Sowas ist lächerlich und bringt niemanden weiter – zuerst sollte bitte mal ein Nachweis entwickeln, dann kann man über das Verbot reden.

    Auf der anderen Seite gibt es dann aber das heiss geliebte Asthma, dass nicht nur Jan Ullrich für seine Ausdauerspitzenleistung geradzu zu prädestinieren scheint, sondern auch bei Schwimmern, Läufern oder Wintersportlern den Erfolg garantiert.

    Mein persönlicher Standpunkt ist alles mit entsprechender Wirkung zu verbieten, wenn man es zuverlässig nachweisen kann. Darüber hinaus bin ich für die Abschaffung von Sondergenehmigungen jeglicher Art. Wer leistungssteigernde Medikamente medizinisch indiziert einnehmen muss, hat nichts im Leistungssport verloren.

  26. Peter Neururer, anscheinend auch so ein realistischer Troll wie ich…

  27. Gibt’s eigentlich díe Nationalmannschaftsaudienzen irgendwo zum “nach”-schauen? War heute leider unterwegs und konnte sie deshalb nicht verfolgen. :-(

  28. […]
    “We cannot start any disciplinary procedure against riders or teams on the basis of a newspaper report,” Carpani said. “If the secret of the investigation is lifted, we will be able to intervene, but not with the situation as it is now. We need concrete proof, and names, by the Spanish judicial authorities to have the legal basis for further action, including possible sanctions.”

    UCI president Pat McQuaid, who is in constant contact with Spanish authorities, regretted the current situation. “It is very frustrating for us in particular who want to do something, who want to sanction riders once they need sanctioning, and want to get rid of riders like this out of the sport, that at this moment in time our hands are tied behind our backs,” McQuaid told news agency AP at a conference in Paris on doping.

    (Quelle cyclingnews.com)

    Der Fisch stinkt vom Kopfe her, hat zumindest Uns-Angermann immer wieder gesagt. Ist zwar schade, dass für den Transfer in die Öffentlichkeit in Punkto Doping immer wieder der Radsport herhalten muss… WADA gegen UCI, UCI gegen ASO, ASO gegen CAS… und so verlaufen Ermittlungen immer wieder im Sand, oder rennen gegen die Wasserköpfe der Weltverbände; auch dass nicht unbedingt Alleinstellungsmerkmal des Radsports…

  29. heitinga sehe ich nicht so gravierend. wenn man sich die attacke von deco als reaktion auf sein angebliches fehlverhalten ansieht, haben die portugiesen absolut keine argumente. ich konnte mich an die situation nicht mehr genau erinnern, aber wenn man sich deinen live-post ansieht, war das doch eigentlich keine situation, in der ungeschriebene gesetzt hätten greifen müssen, in einem derart unfairen spiel und bei einem derart hässlich spielenden gegner erst recht nicht. war eine situation, die der schiri hätte klären können, hat er nicht, ende der geschichte.

  30. Sei mir nicht böse lieber Atterl, aber bitte vergleich dich nicht mit Herrn Neururer, den m.E. ekelhaftesten und überschätztesten Vertreter seines Berufsstandes. Ich weiß, man soll nicht fremde Sites vollflamen, aber bei diesem Widerling lass ich nicht mit mir reden.

    Nichts für Ungut,
    sternburg