Das Ende von Friede, Freude und Eierkuchen in Barcelona

Wie pion17 in einem Kommentar andeutete ist gestern beim FC Barcelona mit der Explosion des Stürmers Eto’o auf offener Pressekonferenz möglicherweise das Ende des schöngeistigen Fußballs in Barcelona eingeläutet worden.

Zur Vorgeschichte: nach einer vier Monate langen Knieverletzung kommt der Weltklasse Stürmer Eto’o nur langsam in Tritt. In der Vorwoche gab es seinen ersten, zehnminütigen Einsatz. Am Sonntag ließ ihn Frank Rijkaard auf der Bank und wollte ihn in der Partie gegen Santander in der 85ten Minute einwechseln. Eto’o ließ aber Rijkaard öffentlich auflaufen und weigerte sich eingewechselt zu werden. Seit diesem Eklat hat sich Eto’o von Mannschaft und Kraftraum ferngehalten. Carles Puyol soll ihn angeblich vor versammelter Mannschaft zur Rede gestellt habe. Während die Vereinsführung versucht hat, die Geschichte kleinzureden (Präsident Laporte: “Eto’o wollte sich nicht einwechseln lassen, da er sein Knie noch nicht für aufgewärmt genug hielt“)

Das französische Sportportal “Sport24” hat ein Interview mit Eto’o geführt (ich glaube eher, Sport24 gibt den Wortlaut der PK wieder, anyway), dass schon aufgrund der Wortwahl von Eto’o bemerkenswert ist. Ich gebe übersetzt und gekürzt wieder:

Ich möchte nichts zu der Geschichte vom Sonntag sagen. Wenn jemand etwas zu erklären hat, dann ist es Herr Rijkaard. Ihn muss man fragen. Ich habe nichts zu erklären. Wenn der Klub eine Erklärung haben will, dann kann der Klub eine Erklärung von mir bekommen. Aber nur der Klub […]

Ich bin derjenige der an die Mannschaft denkt. Diejenigen die jetzt die großen Sprüche ablegen, sind jene die an die Mannschaft denken sollten. Mich interessiert zuerst die Mannschaft und dann das Geld. Dieser Verdacht hat mich am meisten geschmerzt. [diese Bemerkungen soll angeblich auf Ronaldinho gemünzt sein …]

In der Umkleidekabine gibt es zwei Gruppen. Die um den Präsidenten [Laporta] herum und die um eine andere Person herum [vermutlich ist Laportas Gegenspieler Ex-Vize Sandro Rosell gemeint, der sich schon negativ über Eto’o geäußert hat] […] Ich befinde mich mitten in einem Krieg, der nicht der meine ist. Es gibt zwei Clans in Barcelona und ich muß die Zeche für diesen Krieg zahlen […] Das ist aber nicht das Problem. Allen die sich Sorgen um mich machen, möchte ich sagen, dass Verletzungen wieder vorbei gehen und ich zurückkommen werde. Was Schmerzen verbreitet, sind nicht meine Aktionen, sondern meine Tore und ich werde wieder Tore schießen […]

Ich höre alles und ich verzeihe alles, aber ich vergesse nie. Ich werde wieder Tore schießen. Als Rosell noch Chef bei Barca war, hat er mich nie gegrüßt und jetzt kommt er von hinten und verteilt Schläge unter der Gürtellinie. Wenn er was zu sagen hat, soll er mir es ins Gesicht sagen. Das ist ein schlechter Mensch […]

Das Erstaunliche am Vorfall vom Sonntag, ist die Behauptung der Leute, ich wollte nicht Fußball spielen. Das sind auch schlechte Menschen. Ich habe immer mit meinen Mannschaftskameraden trainiert, auch als ich verletzt war. Ich war immer für meine Mannschaftskollege da, ich kann erhobenen Hauptes in die Umkleidekabine gehen […]

Das einzige was mich interessiert, ist das was in der Umkleidekabine passiert, nicht das was draußen passiert. Wenn sie wissen wollen, was vorgefallen ist, fragen Sie Rijkaard. Ich werde nichts mehr sagen. Derjenige der die Presse in die Umkleidekabine läßt, ist derjenige der vor die Presse treten muss um sich zu erklären.

Eto’o fühlt sich also als Spielball in einem Machtkampf zwischen Laporta und Rosell und hält die Affäre rund um seine Nichteinwechslung für eine von Rosell inszenierte Story für die Medien, pisst aber gleichzeitig mutmaßlich Rijkaard (der ihm angeblich 30 Minuten Spielzeit versprochen haben soll) und Ronaldinho an.

Sandro Rosell war Vizepräsident beim FC Barcelona und in führender Funktion bei Nike Südamerika. Er gilt als Mann hinter den Transfers von Ronaldinho und Deco. Laporta und Rosell waren enge Freunde und brachten den FC Barcelona binnen zwei Jahre vom Abgrund der Insolvenz zur europäischen Vorzeigetruppe. Nach einem Zerwürfnis mit seinem langjährigen Freund Laporta legte er mitsamt vier weiteren Mitgliedern des Aufsichtsrats 2005 bei Barcelona alle Ämter nieder. Laporta wurde von der Gruppe vorgeworfen “nicht mehr derselbe zu sein” und autoritär zu herrschen.

Bereits im August deutete Eto’o in den Medien an, dass der Machtkampf zwischen Laporta und Rosell auch in die Umkleidekabine reingetragen wird. Eto’o, der als Laporta-Mann gilt, sprach von gesteuerten Inszenierungen mit denen Rosell Fans und Medien auf seine Seite bringen wolle.

Es ist noch nicht bekannt wie der FC Barcelona reagieren wird. Direkt nach der Pressekonferenz hat es ein kurzfristig anberaumtes Treffen zwischen Präsident Laporte und Trainer Rijkaard gegeben. Eine Suspendierung des erfolgreichsten Torschützen kann sich der ansonsten sturmschwache FC Barcelona nicht leisten.

Es wird spannend sein zu sehen, wie Rijkaard darauf reagiert. Es wird eine neue Facette von Rijkaard abverlangt.

Anderes

Christiano Ronaldo soll nach Infos eines Nationalmannschaftskameraden nach der Saison Manchester United verlassen.

Der FC Bayern verkündet die Verpflichtung von Schalkes Hamit Altintop.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Mal sehen, wann sich die Verpflichtung von Altintop für beide Seiten als Mißverständnis herausstellt.
    Wie jemand, der beim S04 in den letzten Monaten (IMHO zurecht) nur noch Ergänzungsspieler war, den Ansprüchen eines FC Bayern gerecht werden kann, ist für mich zweifelhaft. Über Altintops eigene Erwartung sich “zum Führungsspieler zu entwickeln”, kann ich auch nur den Kopf schütteln.
    Für mich steht Altintop neben seinen unbestrittenen technischen und kämpferischen Fähigkeiten auch für Hektik, Eigensinn und Abschlußversuche aus unmöglichen Situationen. Dass da alle sechs Monate mal ein Zaubertörchen wie gegen Milan herauskommt, tröstet wenig.

  3. Naja, aber die Transferpolitik von Bayern München ist in den letzten Jahren ohnehin ein wenig eigenartig geworden.
    Wechselweise werden große Namen erst angekündigt und dann wieder verworfen. Verpflichtet werden aber lediglich Spieler aus dem Bundesligamittelmaß. Wozu ich trotz seines Talents auch einen Schlaudraff zähle.

  4. @ T.S. Garp
    netter Nickname

    Mich freuts, immerhin wird dann zur nächsten Saison dann kein guter(sic!) Spieler auf der Position verpflichtet.

    Die Meisterschaft 2007/2008 ist offen!

    Ljuboja ist übers Wochenende suspendiert worden, auch sehr gut.

  5. Man wartet eigentlich nur darauf, dass der Heißluftgenerator aus München verkündet, er würde gerne Christiano Ronaldo holen – schließlich komme ja jeder Spieler zu den Bayern, den er wirklich will …

    Außer die besten Spieler der Ligakonkurrenten wegzukaufen haben die Bayern keinerlei Personalstrategie. Und da die Bundesliga im Gesamtbild mittlerweile schon zwei Stufen unter denen in England und Spanien anzusiedeln ist, kann das international auch nicht zu großen Erfolgen führen. Veraltete Taktik + mittelmäßige Spieler = Champions League Ende spätestens im Virtelfinale (denn dieses Jahr hat schließlich noch jede Mannschaft eine Chance gegen Real).

  6. Naja, andererseits wird der FCB zur Saison wohl einen enormen Aderlass (Scholl, Karimi, Deisler, Santa Cruz, Salihamidzic, evtl. Pizarro/Santa Cruz) zu verzeichnen haben. Da können die nicht nur für 100 Mio 5 Weltklassespieler einkaufen. Man muss auch ein bisschen in der Breite denken und da kommen Leute wie Schlaudraff oder Altintop doch eigentlich nur recht. Das sind welche, die man für billig oder lau einkauft, dann mal schaut wie sie sich entwickeln und die sicherlich mehr als gute Ergänzungsspieler abgeben.

    Noch dazu ist die rechte Seite ja relativ entblößt nächstes Jahr, da sowohl Görlitz als auch Sagnol eher nur rechte Verteidiger sind.

    Daher kann ich diese Art von Transfers schon verstehen, allerdings immer unter dem Vorbehalt dass dann auch noch etwas in Qualität investiert wird. MAn wird sehen ;)

    Zum Thema:
    Interessante Geschichte die da in Barcelona ins Laufen kommt. Ich hab mal von nem Kumpel eine super Dokumentation über Laporta und seine Truppe bekommen, in der man sie nach der Wahl ein Jahr lang begleitet hat. Da haben sich die Streitigkeiten schon angedeutet. Angetreten war man nämlich als ein Team aus gleichberechtigten Experten, von denen jeder eine Position bekleidet. Und dabei deutete sich dann eben schon im ersten Jahr an, dass Laporta einfach im Mittelpunkt steht, aufgrund seiner Rolle als Repräsentant der Truppe. Und gegen das, was da zum Teil in der Anfangsphase abgelaufen ist (Morddrohungen durch Anhänger des ehemaligen Präsidenten, tätliche Angriffe auf Laporta und seine Familie, etc), sind z.B. die Schalker Machtspielchen um Assauer reinster Kindergarten.

    Da ist es gar nicht so weit hergeholt, dass Eto’o von Krieg spricht…

  7. Ich traue Altintop durchaus zu in die Rolle von Salihamidzic zu schlüpfen.
    Und da er ausser Gehalt nix kostet kann man soviel nicht falsch machen bei dem Transfer.
    Wenn er sich in München nicht etablieren kann gibt man ihn mit Gewinn wieder ab.
    Das gleiche gilt auch für Schlaudraff. Egal wie er bei Bayern spielt 1Mio krigst du für den immer von irgendeinem Verein.
    Ich glaube Bayern hat zwei gute Transfers gemacht.

  8. Okay, Fenerbahce hat Schalke angeblich in den letzten Jahren häufiger mal Angebote gemacht, in diese Richtung wird man Altintop also immer los, sofern türkischer Nationalspieler bleibt.

  9. @Freddy7
    Wenn Altintop in die Salihamidzic Rolle schlüpfen würde, dann hätte er sich auf Schalke verstellt.

  10. Ich weiß gar nicht, worüber sich Eto’o so aufregt. Ich würd mich freuen, wenn ich auch nur für fünf Minuten für Barcelona spielen dürfte…obwohl Rijkard mich auch nicht nehmen würde, halte mich nämlich derzeit auch vom Kraftraum fern… ;-)

  11. Laut Kicker, die wiederum die spanische Zitung “AS” als Quelle angeben, wird Rijkard seinen Posten als Trainer zum Ende der Saison verlassen.

  12. Laut KICKER schreibt die spanische Sportzeitung “AS”, das Rijkaard nach Ende der Saison wg. “schwerer persönlicher Probleme” gehen wird.

    Natürlich sind entsprechende Publikationen mit Vorsicht zu genießen, da, siehe oben, evtl. bewusst lanciert.

  13. :-) Zweiter