All-Wright!

Ronald Wright hat den Gipfel seiner Karriere erklommen. Er galt als unattraktiver Boxer, als Defensiv-Spezialist, als Boxer der keine namhaften Boxer vor die Fäuste bekam und eher zufällig an den Weltmeistertitel im Super-Weltergewicht kam.

Spätestens heute nacht hat er die letzten Zweifler überzeugt. Zum ersten Mal seit 29Jahren ist der Titel der drei Box-Verbände in einer Hand. Wright hat mit 3:0-Richterstimmen verdientermaßen gegen “Sugar” Shane Mosley gewonnen.

Shane Mosley zeigte wieder einmal, das er ein eindimensionaler Boxer ist, der über eine exzellente Technik verfügt, aber wenn er im Laufe eines Kampfes am Ende seines Lateins angelangt ist, sich nicht zu helfen weiß.

Wright ist ein “Stinker” der angenehmen Sorte. Keiner der versucht durch Klammern und Unsauberkeiten den Gegner außer Rythmus zu bringen, sondern durch seine präzise Deckungsarbeit ein unbequemer Gegner ist. Er ist kein Knockouter, aber verschanzt hinter seiner Deckung ist er die zwölf Runden permanent nach vorne marschiert um immer wieder Konter zu setzen, während Mosley eben an dieser Deckung zerbrach.

Mosley konnte Haken, Uppercuts oder Körpertreffer versuchen, Wright hatte seine Hände an der richtigen Stelle. Mosley landete kaum Wirkungstreffer, während Wright in jeder Runde Hits setzen konnte.

Und gegen Mitte des Kampfes geschah das unerwartete: trotz seines unspektakulären Kampfstils, gewann Wright die Herzen der Zuschauer und es gellten “Winky, Winky”-Rufe durch die Halle. Für US-amerikanische Zuschauer, die immer “auf die Omme” sehen wollen, ungewöhnlich.

Quo Vadis? Mosley wurden wieder einmal mehr seine Limits aufgezeigt. Nimmt man den unverdienten Sieg gegen De La Hoya, ist Mosley der momentan überbewerteste Boxer. Man darf gespannt sein, wann sich das auch auf die Titelkämpfe und ihren Kampfbörsen auswirkt. Vielleicht kommt es nun doch zu einem dritten Kampf gegen De La Hoya.

Umgekehrt würde es mich für Wright freuen, wenn der ruhige Mann sich endlich eine Position erkämpft hat, in der auch er mal die großen Zahltage hat. Als nächstes könnte der Comeback-Kampf gegen den aus dem zweijährigen Ruhestand zurückkehrenden Felix Trinidad anstehen.

Im Vorkampf gewann im Schwergewicht “Baby Joe” Mesi nur knapp gegen Vasili Jirov (alle drei Richter sahen Mesi nur mit einer Runde vorne).

Es war eine Positionsbestimmung für beide Boxer. Mesi wird zum großen Boxer aufgebaut und bekommt immer schwerere Gegner vorgesetzt. Jirov wiederum ist nach der Verlust seines WM-Titels im Cruisergewicht ins Schwergewicht hochgeklettert. Kommentar: “Mit diesem Schwergewichtskampf habe ich mehr Geld (300.000US$) verdient als mit 2,3 Titelverteidigungen im Cruisergewicht“.

Der Kampf war sehr kurios. Jirov merkt man deutlich an, dass er sich in der Gewichtsklasse erst zurecht finden musste. Er sah fett aus, hatte ein Doppelkinn und am Körper wabbelte da einiges rum. Er wurde schnell müde, schlug kaum, war zu passiv, seine theoretisch bessere Technik kam überhaupt nicht zur Geltung.

Mesi bestätigte mich. Der Charismatiker hat Herz, ist aber kein Puncher und wirkt technisch unreif. Mesi hatte Jirov über acht Runden völlig unter Kontrolle, zeigte sich gut eingestellt und bot Variationen von Schlägen die erkennen liessen dass er viel und gut im Training gearbeitet hat. Aber zu mehr als Jirov zu erschöpfen reichte es nicht. Man hatte nie den Eindruck dass Jirov wirklich wankte.

Nach einer Kombination von 2-3 satten Schlägen durch Jirov, ging Mesi in der neunten Runde völlig überraschend zu Boden und wurde angezählt. Von diesem Punkt an kippte das Match völlig. Jirov bekam noch einmal Luft und witterte die Chance Mesi auszuknocken.

Mesi wiederum zeigte mehr Herz als Verstand und ließ sich auf einen offenen Schlagabtausch ein, obwohl er völlig fertig war. Statt zu Klammern und Jirov aus dem Kampffluss zu nehmen, liess er die Fäuste unten und versuchte Jirov selber auszuknocken.

In der zehnten und letzte Runde landete Jirov, den ich schon abgeschrieben hatte, verheerende, krachende Treffer. Ich sah später die Zeitlupen und muss sagen dass ich selten fünf, sechs derart feiste Wirkungstreffer gesehen habe, wie sie Jirov in Runde Zehn angebracht hat. Mesi musste zweimal zu Boden und der Kampf hätte nicht eine Minute länger dauern dürfen.

Dieser Kampf läßt mehr Fragen offen, als das er sie beantwortet.

Wer sich nach knapp dreißig Kämpfe in der Schlußphase eines Fights derart unklug verhält wie Mesi, dem fehlt es an entsprechende Boxintelligenz. Das hat nichts mehr mit mangelnder Erfahrung zu tun. Ich fürchte der weitere Weg von Mesi ist vorgezeichnet: als netter Sympath wird er weiter nach oben gepusht und viel zu früh WM-Kämpfe gegen die Großen bekommen, wo er verheizt wird und bald nicht mehr zu sehen oder zu hören sein wird.

Jirov sah acht von zehn Runden lang so aus, als wäre er im Schwergewicht völlig deplaziert, als wäre es eine unkluge Frustentscheidung nach der Niederlage gegen Tovey gewesen. Nichts stimmte, die Schläge waren schlapp, der ganze Bewegungsablauf wirkte ungelenkt. Aber das was er dann in den letzten zwei Runden rausgehauen hat, läßt ihm vielleicht doch noch eine Zukunft in der höchsten Gewichtsklasse geben.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp