Die gefühlte Bundesliga-Tabelle 2009/10, #21

Prolog

Ausgabe Nummer drei der gefühlten Bundesliga-Tabelle mit meinen Eindrücken vom Bundesliga-Wochenende. Dabei sortiere ich die Bundesliga-Teams ausschließlich nach ihren Spielen vom Wochenende – ein bewusst kurzsichtiges Stimmungsbarometer. Die zweite Spalte in der Tabelle gibt den Unterschied zur Vorwoche an, also sozusagen ein Gradmesser für die Stimmungsänderung.

21ter Spieltag

Gefühlte Tabelle, 2009/10, #21

1. 0 Bayern München
2. +12 Eintracht Frankfurt
3. +2 VfB Stuttgart
4. +14 Werder Bremen
5. -3 1. FC Köln
6. +9 1899 Hoffenheim
7. +7 FSV Mainz 05
8. +1 VfL Bochum
9. +2 SC Freiburg
10. -4 Bayer Leverkusen
11. -4 Schalke 04
12. -9 Mönchengladbach
13. -9 1. FC Nürnberg
14. -2 Hertha BSC
15. -8 VfL Wolfsburg
16. 0 Borussia Dortmund
17. -7 Hamburger SV
18. -1 Hannover 96

Wie in der Vorwoche nach dem Sturmlauf gegen Mainz, führen diese Woche die Bayern die Tabelle an. Der niedersächsische Emporkömmling wurde geohrfeigt und zwar schallend, das 1:5 hiermit aus der Erinnerung getilgt – da tritt dann auch die etwas schwunglose zweite Halbzeit in den Hintergrund – die in den Medien anscheinend eh absolut niemand bemerkt hätte, wenn nicht van Gaal sich vor den Mikros ausgekotzt hätte. Für die Medien ein Grund mehr ihm das als ebenso ehrgeizig wie arrogant auszulegen. Für mich eher ein Zeichen von Visionen und Zielstrebigkeit. Aber ich hab ja auch keine Ahnung von Fußball – ich kümmere mich schließlich nicht um Unterhosen und Leggings.

Eintracht Frankfurt wurde meiner Bezeichnung als launische Diva in der Vorwoche gerecht und nach dem enttäuschenden 1:2 zuhause gegen Köln, hat man diesmal ine inem furiosen Spiel in Dortmund etwas oberhalb der eigenen Gewichtsklasse zuschlagen können. Daneben wurden auch noch Fortschritte in der Integration von Altintop erzielt.

Die Top 3 schließt der VfB Stuttgart ab. Nach dem Sieg gegen Dortmund konnte man ein zweites sehr intensiv geführtes Spiel in Nürnberg gewinnen. Es schien so als würde man die Partie in der zweiten Halbzeit wegschmeißen, konnte aber nach dem Nürnberger Ausgleich nochmal einen Gang hochschalten. Binnen weniger Wochen ist aus den Stuttgartern ein scheinbar stabiles Gefüge geworden. Next Up: HSV.

Im Interview vor dem Freitagsspiel hatte Thomas Schaaf kein Bock etwas zu einer taktischen Umstellung sagen und ließ den Field Reporter mehrmals auflaufen., Aber Werder Bremen setzte auf eine defensivere Formation und ließ sachte eine Doppel-Sechs namens Niemeyer/Frings durchschimmern. Für Bremen ist der Sieg ein Sieg, egal ob der Tabellenletzte aus Berlin nun nicht an die Wand genagelt wurde. Eine der interessanteren Gesten des Wochenendes kam von Claudio Pizarro, der nach seinem Tor zu Thomas Schaaf rannte und seine Spieler herbeirief. Sollte es interne Probleme im Werder-Team geben, dann mit Sicherheit nicht zwischen Pizarro und Schaaf.

Köln, zuhause von 1:3 zurückgekommen, drei Tore geschossen – ohne Maniche und Podolski – und dabei eine spielerische coole zweite Halbzeit abgezogen. 13 Tore in den letzten fünf Spielen, im Vergleich zu den sieben Treffern in den 16 Spielen zuvor.

Auf Platz 6 und 7 kommen zwei Mannschaften mit so-la-la Siegen. Hoffenheim hat seine ersten beiden Tore der Rückrunde geschossen, aber der Gegner Hannover ist kein wirklicher Gradmesser und Ibisevic seucht weiter vor sich hin. Mainz holte sich einen Duselsieg gegen Gladbach und immerhin erste gute Spiele der beiden neuen Außenverteidiger Zabavnik und Fathi. Vorallem im Vergleich zum deftigen Spiel gegen Bayern hat man sich wieder berappelt.

Dahinter kommen vier Mannschaften mit “guten” bzw. “schlechten” Unentschieden. Bochum und Freiburg gegen stärker einzuschätzende Leverkusen und Schalke. Bochum hielt dem Leverkusener Druck Stand, kam mal wieder von einem Rückstand zurück und sah einen guten Einstand von Lewis Holtby. Freiburg spielte gut, aber wieder mit wenig Durchschlagskraft. Für Leverkusen war die Partie in Bochum das zweite Spiel wo man nicht so richtig in die Pötte kam. Es wird langsam wirklich zu einem Thema: für meinen Geschmack hat man sich in der Hinrunde in den Spitzenspielen zu häufig mit einem Unentschieden begnügt, wo der Gegner (z.B. der HSV) um eine Niederlage bettelte. Die artverwandte Laissez-Faire-Haltung wäre gegen Freiburg in den ersten 30 Minuten fast schiefgegangen und hat nun gegen Bochum Punkte gekostet. Schalke konnte auswärts wieder nicht siegen und zeigte eine laue erste Halbzeit. Man scheint derzeit stark von Farfan abhängig zu sein.

Gut gespielt, aber keine Punkte abgeholt, viele Torchancen versiebt – Mönchengladbach auf 12. Der “Absturz” um neun Plätze hat weniger etwas damit zu tun, dass sie nun schlecht gespielt hätten, sondern mehr mit dem über-spektakulären Spiel gegen Werder. Man setzt bei den Angriffen weiterhin auf das schnelle Umschalten und hohes Tempo. In der Spielanlage war weiterhin viel Gutes dabei. Diesmal hat halt nur das Ergebnis nicht gestimmt.

Nürnberg und Hertha auf den Plätzen 13 und 14. Nicht wirklich schlecht gespielt, aber auch nicht zwingend genug nach vorne, um das Spiel wirklich zu gewinnen. Stuttgart und Werder hatten vor den überraschenden Ausgleichstreffer jeweils das Spiel eigentlich eingetütet, konnten sich aber nach dem Ausgleich wieder in Front schießen.

Wenn man Wolfsburg letzte Woche konstatierte, dass sie defensiv stabiler standen, dann haben sie dieses Lob am Samstag mutwillig weggeschmissen. Köstner ist zumindest kein schnell wirkender Magath2.0. Die Bayern konnten sich leicht durchtanken und die Wolfsburger stehen damit wieder dort, wo sie bei Ernennung von Köstner standen. Nur dass sie sich jetzt auch noch populistisches Dieter-Hoeneß-Geschwätz über sich anhören müssen.

Was ist mit den Dortmundern los? Das zweite Spiel in Folge, in der die Defense wild aufgescheucht durch die Gegend rennt, weil der Gegner problemlos das Mittelfeld überwindet und die Abwehr beim Versuch den Raum im Mittelfeld gering zu halten, sehr hoch aufrückt. Ist Sven Bender bereits so wichtig geworden?

Zum Letzten Hannover 96 muss man nicht viel sagen. Das Schlimme ist das mangelnde Aufbäumen. Slomka ist offensichtlich noch nicht in Hannover angekommen, hat die Mannschaft massiv durchgeschüttelt. Gegen Hoffenheim waren sechs Positionen durch neue Spieler oder Rotationen neu besetzt.

Der Vorletzte ist der Hamburger SV. Das mag einige erstaunen, hat man doch auswärts ein 3:3 gespielt, was zwar nicht wie ein sagenhaftes Ergebnis aussieht, aber sich für Außenstehende nicht wie das zweitschlimmste Ergebnis anfühlen mag.

Tatsächlich ist es aber ein übles Ergebnis. Labbadias Arbeit wurde in Hamburg mit Argwohn betrachtet. Die letzten beiden Negativerlebnisse der letzten zwei Wochen wurden durch den Nistelrooy-Transfer und den Trochowski-Last-Minute-Treffer übertüncht. Diese gefühlte Niederlage (Wegschmeißen einer 3:1-Führung) ist aber der Anlaß für alle Labbadia-Kritiker endlich die verbale Flak-Munition aus dem Waffenkeller zu holen und die Kanonen schonmal auf Labbadia zu richten.

Das Köln-Spiel ist Anlaß um die latent seit Monaten vorhandene Unzufriedenheit ausbrechen zu lassen und der Spielplan des HSVs in den nächsten Wochen (mit Auswärtsspielen in Stuttgart, München und Leverkusen, gefolgt vom Heimspiel gegen Schalke) ist höllisch. Gelingt es Labbadia und dem HSV nicht schnell gute Resultate einzufahren, wird die Geschichte eine Eigendynamik bekommen, an deren Ende eine Entlassung von Bruno Labbadia stehen wird.

Die Frage ist: wie schnell. Und da gibt es nicht wenige Labbadia-Skeptiker die gespannt auf Bernd Hoffmann schauen. Der ehrgeizige HSV-Präsident hat mit den Kaderneuzugängen, zuletzt mit dem van Nistelrooy-Transfer, die Latte für Labbadia verdammt hoch gelegt Wenn Hoffmann bei diesem Kader Stagnation bemerkt, könnte Labbadia schneller rasiert werden, als allgemein erwartet.

Labbadia wird vorallem vorgeworfen zuwenig im Laufe eines Spiels einzugreifen und Korrekturen vorzunehmen. Ein Indiz sind seine Ein-/Auswechslungen die meistens eher zu spät als zu früh kamen. In der Hinrunde gab es die spektakulären Fehlgriffe mit zu späten Auswechslungen von Boateng und Demel, mit denen zwei Siege weggeschmissen wurde. In zahlreichen Spielen steht der HSV in der Schlußphase mit dem Rücken zur Wand und versucht verzweifelt einen Vorsprung über die Zeit zu retten. Dem HSV gelingt es nicht ein Spiel intelligent über die Zeit zu bringen. Die Hamburger haben bereits sieben von fünfzehn 1:0-Führungen in dieser Saison verspielt.

Nach dem Spiel gab Marcell Jansen ein in den Hamburger Medien viel beachtetes Interview. Es klang so als hätte Jansen nicht geahnt, was für Munition er da liefern würde, aber auf die Frage ob denn der Trainer nicht auf die Gefährlichkeit der Kölner bei Standards hingewiesen hätte, meinte Jansen sinngemäß: doch, Labbadia habe. Er habe sogar so häufig darauf hingewiesen, dass es zuletzt der Mannschaft aus den Ohren gequollen ist und man müsse sich schon fragen, ob manchmal weniger nicht mehr wäre. Auch das passt zum Bild dass sich über Labbadia aus Leverkusener Zeiten zeichnen läßt.

Labbadia und das Leverkusen-Syndrom. Willkommen.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Als Eintracht-Fan war ich natürlich nachdem Dortmund-Coup diese Woche sehr gespannt, wo man in der gefühlten Tabelle steht. ;)

    Wobei ich fairerweise Klopp frage, was er mit den 5 Offensiven von Beginn an bezwecken. Klar, die Eintracht würde defensiv auftreten und versuchen auf Konter zu spielen, aber direkt die komplette Offensive auf den Platz schicken und mögliche Alternativen bereits von Anfang an zu verfeuern? Was letzendlich ja auch der Fall war. Die Tore sind nach 3 Kontern gefallen (Ecke entstand aus einem Konter).

    Aus Frankfurter Sicht wäre es natürlich sinnvoll gegen Freiburg nachzulegen – was nicht einfach wird. Danach ist durchaus alles möglich, auch ein Sieg in Hamburg…. ;)

  3. @dortmund: das mittelfeld, bisher der grund für das auftrumpfen des bvb, hat unter den ausfällen gelitten: nicht nur, daß großkreutz die freie 6er-position neben sahin spielen mußte (und dabei gezeigt hat, daß er das nicht kann), le tallec, eigentlich als perspektivspieler geholt und zunächst nur für die amateure eingeplant, mußte kuba ersetzen und valdez auf der linken seite ran. das waren dann irgendwann zuviele spieler auf ungeliebten positionen.

  4. Louis van Gaal nimmt Uli Hoeneß die Arbeit weg und das ist gut so. Schön und gut, 3:1 gewonnen, 3 Punkte eingesackt. Darüber kann man ja erstmal nicht nörgeln, aber die Art und Weise, vorallem in HZ2, war schon extrem schlecht.

    In den letzten Jahren musste immer Uli oder Kalle auf die Bremse drücken, beide wurden regelmäßig von den Medien belächelt. Nun macht van Gaal das und ein Nickles fragt ihn, ob er das Ernst meint…

  5. @sunny: wen hätte klopp denn bringen sollen? auf der bank saßen noch hajnal, götze, tyrala an mittelfeldspielern. kehl dauerverletzt, bender ausgefallen, tinga ausgefallen, feulner ausgefallen. hummels hat er lieber wieder in die abwehr gestellt, nachdem das letzte woche ja nicht geklappt hat.
    es fehlten schlicht und einfach die alternativen. und auf 4-4-2 mit raute umstellen hätte auch nicht viel gebracht, weil sahin kein klassischer 6er ist.

  6. Gut das wusste ich nicht. ;) Bin auch nicht auf dem aktuellsten Stand was den BVB betrifft.

    Dennoch den Toren gingen auch einige individuelle Fehler vorraus.Die Frage stellt sch vielleicht auch, ob Dortmund nicht phasenweise über dem eigenen Limit gespielt hat? Die gleiche stellt sich aktuell auch für die Eintracht. Deswegen bin eigentlich nicht unglücklich, dass die Eintracht noch nicht auf dem Radar der Journalisten ist…

  7. mit sicherheit am oberen limit ihrer derzeitigen möglichkeiten, ja. bei einigen spielern ist noch luft nach oben, weil eben viele sehr jung sind (zuvorderst natürlich bender, schmelzer, hummels, subotic, obgleich die beiden letztgenannten schon wirken wie alte hasen), aber wohl erst in den nächsten jahren, vielleicht kommt aber auch noch ein einbruch.
    bei sahin weiß man nicht, ob der wirklich NOCH besser spielen kann – ich traue es ihm durchaus zu, aber das würde er dann wohl nicht mehr lange beim bvb tun.

  8. Sehe es nahezu wie Linksaussen und sunny. Dortmund hatte auch für deren Verhältnisse verdammt viele Ausfälle und Umstellungen. Da ist so eine Niederlage dann auch nicht mehr ganz so überraschend. Überraschend war für mich allerdings eine gewisse Behäbigkeit und Sättigung die ich im Spiel erkennen konnte. Ich meine Großkreutz und Hummels deuteten das nach dem Spiel auch an. Bis zur 65. Minute hatte ich das Gefühl das lief alles unter der Prämisse “läuft ja alles” und als Frankfurt dann endlich mal ein paar der Gefühlten 200 Chancen nutzte war man ganz überrascht.
    Was Klopp auch sagte, Dortmund muss wahnsinnig viel Aufwand rein stecken um ein Spiel zu gewinnen. Spiele wie gegen Hamburg oder Köln kannst du mit dem Kader und den Verletzten nicht jede Woche abliefern, sei es körperlich aber vielleicht auch psychisch. Letztlich ist aber überhaupt nichts passiert, wir haben immer noch 5 Punkte auf Platz 6 gut und nach oben hat eigentlich keiner ernsthaft geschaut.

  9. Kann auch nur zustimmen… inzwischen müssen Verantwortliche die Kritik übernehmen, weil ja in den Medien gerade das “beste bayern aller zeiten” angesagt ist… Blickpunkt Sport gestern hat ja schon fast das Triple vorweg abgefeiert… daß zB ein herr Demichelis zur Zeit noch schlimmer durch die Defensive irrt als letztes Jahr, wird geflissentlich übersehen.
    Grafite macht sich inklusive Elfer dreimal vor dem Bayerntor in die Hose… speziell nach dem 1:0 war das wirklich kein guter Auftritt des FCB.

  10. Ich kann den Sinn dieser Tabelle nicht ergründen und zweifel massiv an dem Fußballsachverstand des Vefassers!

  11. @tobi: “nach oben hat eigentlich keiner ernsthaft geschaut.”

    doch, so lange schalke da noch steht. oder um das interview von spox zu zitieren:
    barrios: aber die sonne ist weg. wann scheint wieder die sonne, nelson?
    valdez: wenn wir vor schalke stehen, lucas.

    ich fürchte aber, daß wird diese saison nicht mehr passieren.

  12. Keine Sonne mehr in Dortmund. Wie schön das Leben doch sein kann!

  13. Ach ja, Nelson und Lucas, die beiden Uhr-Malocher ausm Pott… :-)
    Ich präzisiere meine Aussage.
    Die CL war und ist nie ein ernsthaftes Ziel gewesen.
    Dass die blauen dann drüber stehen ist ein ärgerlicher Kollateralschaden, mehr aber auch nicht. Ich kann mit nem fünften Platz und Schlake auf drei besser leben als wenn wir wieder nur sechster werden und GE irgendwo da hinter.

  14. war schon ein schwacher spieltag – bis auf bayern und mit abstrichen die eintracht konnte keiner überzeugen; bezeichnend: stuttgart und bremen mit glücklichen siegen dahinter

  15. @tobi: klar, keine frage. erstmal will ich selber in den uefacup. was schalke macht, ist dann erstmal egal, so lange sie nicht meister werden.

  16. Re:BVB
    Das ist auch ein Muster bei Kloppo, dass der BVB – nach einem euphoriegestützten Start – einen kleinen Absacker am Anfang der Runde erwischt. War in der letzten Saison so (katastrophales 0-2 gegen Udinese in der Hinrunde, sieben sieglose Spiele in der Rückrunde vor der großen Siegesserie), und die Beinahe-Trainer-Debatte nach der Niederlage gegen Schalke diesen Herbst und 6 Punkten aus 7 Spielen dürfte ja noch in Erinnerung sein. Könnte an Trainingsmethodik liegen oder einer bestimmten internen Dynamik, ist von außen natürlich schwer zu sagen.
    Die Verletzungsproblematik finde ich im Moment eigentlich nicht so dramatisch (immerhin sind Abwehr und Sturm komplett), obwohl es ohne Enforcer im Mittelfeld natürlich nicht einfacher wird. Mein Eindruck war auch, dass das Team versucht hat, die Führung über die Runden zu bringen – aber das kann ja daran liegen, dass für ein energisches Nachsetzen Kraft und Konzentration gefehlt haben (und Frankfurt das gesamte Spiel enorm heiß war).
    Wenn sich der Verlauf der letzten Halbserien wiederholt, wird der Vorsprung auf Platz 6 nach den Spielen in München und Schalke vielleicht geschrumpft sein. Aber danach bleibt noch genug Zeit zur Stabilisierung – gestützt von einem günstigen Spielplan – , während die Konkurrenz aus dem Norden dann wieder Doppel- und Dreifachbelastungen stemmen muss.

  17. @neuronal: absacker ist schon zu hoch gegriffen, finde ich. seit der winterpause gabs vier spiele: etwas glücklicher, aber verdienter sieg in köln, beeindruckender sieg gegen den hsv, niederlage in stuttgart, deren ergebnis schlimmer aussieht als das spiel war, und nun das von ausfällen geprägte spiel gegen frankfurt, wo der gegner halt auch einfach einen guten tag erwischt hat – das letzte spiel ist im grunde der einzige ausrutscher. sollten nun niederlagen in münchen und auf schalke folgen, sind die auch nicht unerwartet.

    wie du sagst: platz 5 ist zu schaffen (je nach pokalfinale reicht ja vielleicht auch mal wieder platz 6) und mehr haben nur die größten optimisten erwartet.

    der kader ist nun mal auch eng gestrickt, zum einen aus finanziellen gründen, zum anderen, weil man ohne mehrfachbelastung eben auch nicht mehr braucht. wenn dann mal quasi alle spieler für eine bestimmte position ausfallen, ist das pech, nix weiter.

  18. Und da sage noch einer, hier würde immer nur über den HSV gequasselt :-) Denn obwohl dogfood dazu am meisten geschrieben hat, ist das in den Kommentaren ja bisher weniger das Thema.

    Ich habe auch nur zu ergänzen, dass nachdem ich gestern die genußvoll in den Zeitungen servierten Jansen-Äußerungen las auch mein erster Gedanke war: Oha, jetzt gehts also los mit dem “Leverkusen-Syndrom”.

  19. @millerntor: nun lass uns doch die kleine bvb-diskussion, der wird hier ja sonst weniger ausführlich gewürdigt.
    ich bin ja schon froh, wenn ich nicht in die fanforen muß.

  20. Ich lasse Euch doch, das war nicht negativ gemeint.
    Hab auch alles interessiert gelesen.

  21. @dogfood
    Ich muss dir hier inhaltlich mal widersprechen – oder zumindest die Faktizität dieser Aussage relativieren (angenommen, du machst dir den geäußerten Vorwurf zu eigen)

    Labbadia wird vorallem vorgeworfen zuwenig im Laufe eines Spiels einzugreifen und Korrekturen vorzunehmen. Ein Indiz sind seine Ein-/Auswechslungen die meistens eher zu spät als zu früh kamen. In der Hinrunde gab es die spektakulären Fehlgriffe mit zu späten Auswechslungen von Boateng und Demel, mit denen zwei Siege weggeschmissen wurde.

    Labbadias späte Auswechslungen kann man ihm genau so zu gute halten wie vorwerfen. Die Frage um den günstigen Zeitpunkt von Auswechslungen ist nach statistischen Indizien nämlich mit “am besten gar nicht” zu beantworten. Das Problem ist in jedem Fall, dass keine Ursache-Wirkung-Relation zwischen Auswechslung und Erfolg hergestellt werden kann: Beim sprichwörtlich “glücklichen Händchen” ist es tatsächlich Glück, dass der eingewechslte Spieler am Torerfolg beteiligt ist. Aber die wenigen Gelegenheiten, wo ein solcher Zufall entsteht, bleiben im Gedächtnis wegen ihrer Besonderheit lange haften und verschleiern darüber, wie viele langweilige Auswechslungen ohne spektakuläre Wirkung es gab. Umgekehrt, beim Pech natürlich genau so.

    Die Sonderfälle Boateng und Demel sind aus gruppenhierarchischer Sicht auch in meinen Augen Fehler des Coachingteams gewesen – der Chef entscheidet, wer raus muss, da kann er nicht auf die Mündigkeit der Spieler vertrauen, das kann man auch bei einem 30-Jährigen Lucio nicht.

    Aber grundsätzlich machen Auswechslungen nur Sinn, wenn sie für eine gezielte Veränderung der gruppentaktischen Vorgaben verwendet werden. So lange das Starterteam aber in der Lage ist, den Gegner zu kontrollieren und es keine großen taktischen Veränderungen des Gegners gibt, auf die man reagieren muss (oder gar schon in der ersten Halbzeit auf eigene Fehler in der taktischen Ausrichtung), ist es gerade kontraproduktiv, die Stabilität des Teamgefüges zu riskieren, indem man Änderungen vornimmt.

    Sieh es doch mal so – womöglich wäre ein verunsichertes Team durch einen früheren Wechsel im Mittelfeld noch instabiler geworden, hätte noch mehr Fehler produziert und dann sogar verloren. Ohne Wechsel weiß man wenigstens, was man hat. Mal abgesehen davon – welche taktische Veränderung und welcher dafür passende Spieler hätte denn eine echte Verbesserung der Stabilität bedeutet? Da ist die Bank jetzt nicht soo ergiebig.

    OK, für Rohzenal könnte auch der Masseur auflaufen, denke ich manchmal.

  22. Ich mag diese Tabelle immer mehr. Hertha stand bisher immer über dem Strich. Mehr will ich gar nicht.

  23. @erz_

    Aber ich muß doch reagieren, wenn ich merke, daß der Gegner mehr Spielanteile bekommt, wenn sich das Spiel in sofern verlagert, daß ich einen offensiven Spieler gegen einen defensiven Spieler austauschen muß.

    Das bedeutet meiner Meinung nach eine Auswechslung.

  24. @Nedfuller

    Natürlich gibt es Situationen, auf die man mit einer Auswechslung reagieren kann oder muss. Aber nicht, um des bloßen Aktionismus willen, damit man sich sagen kann, etwas getan zu haben.

    Dieses “einen defensiven Spieler einwechseln” ist nicht unbedingt ein passendes taktisches Mittel. Wenn zum Beispiel der Stürmer dafür zuständig war, mit Druck beim gegnerischen Spielaufbau den Pass auf die Außen zu forcieren, wäre es keine Stärkung, sondern eine Schwächung der Defensive, wenn man den Stürmer für einen weiteren Mittelfeldspieler austauscht, der dann erst hinter der Mittellinie wartet, weswegen die gegnerischen Außenverteidiger als Passempfänger weiter in die eigene Hälfte eindringen können. Da ist es die “defensivere” Variante, den Stürmer drauf zu lassen.

    Labbadia ist in dieser Hinsicht jedenfalls nicht von mangelnder Entschlussfreudigkeit geplagt, sondern viel mehr Überzeugungstäter, was das Durchspielen seiner taktischen Formation und Stammelf angeht. Zumindest glaube ich, mich da an ein entsprechendes interview mit ihm zu erinnern.

  25. @erz_

    Also Auswechseln um des Auswechseln willens ist für mich alles was nach der 88. Minute passiert (Ausser man führt knapp, dann will man Zeit schinden, die der Schiedsrichter ja eigentlich nachspielen soll, also auch eigentlich kein Zeitschindemittel).

    Klar, wenn der Stürmer erster Vertreidiger ist, dann fehlt einer in der Linie. Aber wenn der Gegner mehr Ballbesitz hat und ständig kontrolliert und gewollt die eigene Hälfte betritt, dann fehlt dort ein defensiver Spieler. Wenn der Gegner einen kontrollierten Angriff nach dem anderen lostreten kann, dann ist das taktische Konzept ja auch nicht aufgegangen, dann muß meiner Meinung nach der Trainer wechseln.

    Nehmen wir das Spiel gegen Köln. In der 50. Minute stand es drei eins. Wenn der Trainer meint, die Spieler auf dem Platz können sein taktisches Konzept weiter umsetzen, dann braucht er wirklich nicht wechseln. Nach dem zweiten Gegentor (unberechtigter Freistoß, also vielleicht nicht dem taktischem Konzept des Trainers anzulasten) kamen die Kölner immer mehr das Spiel in die Hand. In den letzen 10 Minuten 63% Ballbesitz. Ich finde da muß ich als Trainer eingestehen, daß ich die Defensive stärken muß. Und wer kommt in der 80.? Piotr Trochowski, von der Idee her ein offensiver Mann. Die Idee dahinter: Einer der den Ball vom eigenen Tor fernhalten kann. Betont wird hier kann, denn bewiesen hat er das in den letzten Spielen nicht. Meiner Meinung nach muß ein Spieler mit defensiven Stärken kommen.

  26. Labbadias Problem dürften aber eher nicht seine Auswechslungen sein. Sondern eher – eben ähnlich wie in Leverkusen – die falsche Ansprache an die Mannschaft. Das klingt nach schlechtem Führungsstil, wenn ein unter Labbadia eigentlich sehr gut spielender Jansen so zitiert wird.

  27. Kann man aber auch andersrum interpretieren: Jansen wird zu aufmüpfig ob guter Leistungen, während der Spielverlauf Labbadia ja recht gibt.
    Aber es stimmt schon, dass man bei atmosphärischen Störungen eher Labbadia in Verdacht hat zu besessen zu sein, als etwas anderes. Da hat das Leverkusener Nachtreten in dem Sinne was genützt, das es Labbadia jetzt noch nachhängt. Zumindest mehr als dass man in den Leverkusenern die undisziplinierte oder leichtsinnige Truppe sieht, die Labbadia glaube ich mal als Erklärung für den Rückrundenabsturz anführte.

  28. Ihm war die Truppe zu brav. Was dann auch wieder irgendwie ins Bild passt. Andererseits könnte an deiner Interpretation natürlich auch was dran sein.