“Gegenwart”-Journalismus

Die Gegenwart” ist ein inzwischen mehrfach ausgezeichnetes Online-Magazin über Medienjournalismus. Ausgabe 39 “Und jetzt – der Sport” beschäftigt sich … mit Sport. Dank an Heiko Hebig für den Tipp.

Anläßlich des nicht enden wollenden Sportsommer mit Europameisterschaft, Tour de France, Olympia und VW Polo-Cup in Oschersleben, hat “Die Gegenwart” nun Wolf-Dieter Poschmann, Michael Antwerpes (ZDF bzw. ARD), den philosphierenden Schriftsteller und Fußballnarr Klaus Theweleit und den Ex-Torhüter und Trainerdarsteller Toni Schumacher interviewt und Artikel über das Markenrecht Olympias, die Definition von Sport und Erwartungen einer Nation geschrieben.

Zwei Artikel haben es mir angetan:
Schluchten und Gräben zum Trotz” berichtet von einer neuen “Extremsportart” die ich so vorher nicht kannte. “Le Parkour” (PK) oder “Free Running” oder “Urban Freeflow“, das Hüpfen und Springen über Dächer und Treppen.

Öffentlich-rechtliche Athleten“, ein Interview mit jeweils identischen Fragen an den ZDF-Sportchef “Poschi” Poschmann und Michael Antwerpes, Sportchef des SWR.

Beide argumentieren überraschungsfrei und lavieren sich recht wirbellos durch ihr Tun. Poschmann lehnt es fast angewidert ab, wie die ARD-Kollegen bei der EM aus dem Wohnzimmer eines portugiesischen Nationalspielers zu berichten, wg. Privatsphäre: “Da ist die Gefahr des boulevardesken sehr groß.” Allen Ernstes, das war Poschmann der da gesprochen hat.

Michael Antwerpes stellt Anforderungen an Fußball-Kommentatoren: “Ich denke, dass ein Fußballkommentar in erster Linie sparsam sein soll. Das heißt, er soll ergänzende Informationen liefern und nicht das Bild zuquatschen. Er soll nicht das beschreiben, was man ohnehin sieht.” Gemessen an der Kommentatoren-Auswahl von EM, Tour und Olympia scheint Herr Antwerpes Einfluß minimal zu sein.

Poschmann zur gleichen Frage: “Die Presseresonanz spiegelt hingegen auch klare Interessenslagen wieder. Seien es persönliche Verbindungen oder auch kommerzielle Aktionen. Es gibt ja häufiger Zusammenarbeiten zwischen Sendeanstalten und Verlagshäusern, so dass man für bestimmte Zeitungen schon vorbelastet ist.” Dazu muß man als Beck Background wissen, das Kerner auf Kollegen Beckmann einen mitunter auch öffentlich ausgetragenen dicken Hals hat, weil jener angeblich für seine Talkshow eng mit der BILD-Zeitung zusammenarbeiten und mit Vorabinfos anfüttern soll, auf dass diese bereits vorher publizitisch das Feld für Beckmann vorbereiten kann (siehe ZEIT 08/04).

Interessant auch Antwerpes Stellung zum Thema ARD-Sponsoring von Team T-Mobile und Jan Ullrich. Probleme mit journalistischem Ethos und Standard einer öffentlich-rechtlichen Anstalt? “Ich denke, dass man als größtes deutsches Medienunternehmen in Deutschland Werbemöglichkeiten nutzen können muss. Man muss allerdings auch deutlich trennen können, zwischen dem, was auf der einen Seite an Werbung passiert durch die „Eins“ und auf der anderen Seite, was in Interviews und durch die Berichterstattung passiert. Dass das schwer ist, das gebe ich gerne zu. Ich kann mir auch vorstellen, das von außen der Eindruck entstehen kann, dass das so nicht funktioniert. […] Was Hagen Boßdorf angeht: Es ist seine Privatangelegenheit, wie er das macht.

Wasch mir den Pelz, mach mich aber nicht naß. Die ARD als stinknormales Medienunternehmen. Reden wir mal vor der nächsten Gebührenerhöhung noch mal drüber.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp