Der “Neue” stellt sich vor

Für das Freundschaftsspiel im Iran am Wochenende wurde erstmals auch Thomas Hitzlsperger nominiert. Klinsmann verdient ein Lob, weil er offensichtlich auch außerhalb des Tellerrandes Bundesliga einen Blick auf die in der Premiere League spielenden deutschen Profis (Huth, Lehmann) geworfen hat.

Hitzlsperger gab in der Dienstagsausgabe der SZ ein Interview das ihn als guten Beobachter auszeichnete, der sich 2-3 Gedanken mehr über sein Job macht. Angefangen von “Nominierung, wie geht das?” (“Ich glaube, der Trainer hatte meine E-mail-Adresse noch nicht, er hat mich persönlich angerufen. Ich war überrascht. Ich wusste ja gar nicht, wie das mit einer Nominierung funktioniert. Ich hatte gedacht, dass man da vielleicht erst im Videotext nachschauen muss.“)

Schön die Analyse des englischen Fußballs:

Hitzlsperger: […] Die enorme Stimmung in den Stadien treibt dich beispielsweise ständig nach vorne, die Fans verlangen einfach die Attacke. […] Jeder gewonnene Einwurf, jede Ecke wird hier fast so bejubelt wie ein Tor.

SZ: Warum ist das so?

Hitzlsperger: Weil traditionell nicht Ballbesitz, sondern Raumgewinn die oberste Priorität hat. Die meisten englischen Trainer fordern, dass man in der gegnerischen Hälfte spielt; das Grundbestreben ist, den Gegner zu dominieren, ihn weit vom eigenen Tor zu halten.

In der Vergangenheit haben britische Mannschaften deswegen die Bälle hoch und weit nach vorne geschlagen. Aber die technische und taktische Qualität ist mittlerweile so gut, dass man die Vorgabe mit Kombinationen und sauberem Passspiel erfüllen kann.

[…] Wenn sich Abstiegskandidaten am Strafraum verschanzen, nimmt man ihnen das nicht so übel. Aber nur, weil sie nicht anders können. Grundsätzlich ist vorsichtiger Fußball in der Tat verpönt – defensive Taktik heißt auf Englisch nicht umsonst „negative tactics“.

SZ: Wieviel Anteil hat die großzügige Regelauslegung der Schiedsrichter an der Attraktivität des englischen Fußballs?

Hitzlsperger: Einen sehr großen. Das Spiel kann nur schnell werden, weil es weniger unterbrochen wird. Und wo schnell gespielt wird, werden automatisch mehr Fehler gemacht, so kommt es zu mehr Torszenen.

SZ: Hat Bayern-Trainer Magath Recht, wenn er die oft zu kleinlichen Entscheidungen in der Bundesliga kritisiert?

Hitzlsperger: Das kann ich aus der Ferne nicht gut beurteilen. Ich weiß nur, dass die Schiedsrichter in England sehr hart an sich arbeiten und in vielen Videoanalysen immer wieder schauen, wie man noch mehr laufen lassen kann, wie man das Tempo noch mehr forcieren kann. Der Vorteilsregel wird eine sehr große Bedeutung beigemessen. […]

Auch der Umgang mit den Spielern ist ein ganz anderer. In Deutschland reden die Trainer viel mit Dir, und wenn den Spielern etwas nicht passt, wird viel diskutiert. Es war alles manchmal ein bisschen anti-autoritär, oder sagen wir: kommunikativer. In England wird nicht diskutiert. Da parierst du. Sonst gibt es Ärger, richtigen Ärger.

Das SZ-Interview von Raphael Honigstein steht zur Gänze derzeit auf der Website der SZ: http://www.sueddeutsche.de/sport/archiv/1/index.html/sport/weltfussball/artikel/562/40522/3/article.html

Es ist natürlich ein mitunter idyllisches Bild das Hitzlsperger da vom offensivfreudigen Premiere League-Kick schreibt, das in den letzten Jahren aber immer mehr “Schrammen” bekommen hat, durch den Einzug europäischer Taktierer wie Houillier, Benitez und Mourinho, die nicht wirklich aus der Abteilung “Attacke” kommen. Ich gebe zu, ich bin immer noch angepisst über den wirklich miesen, ergebnisorientierten Kick von Chelsea.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp