Live aus dem Herrenklo: das Ligaradio

Ich bin heute nachmittag im Büro geblieben, trauerte meinem zur Reperatur eingeschickten iBook nach und kam daher nicht umhin die Bundesliga via irgendeinem Audiostream zu verfolgen. Die Bundesligaberichterstattung der ARD pflegt ja immer rudimentärer zu werden, also bin ich auf die Idee gekommen, das “Ligaradio” auszuprobieren, welches von der DFL und der Bundesliga themself angeboten wird.

Das Ligaradio hat den Vorteil dass es eine oder zwei Partien in voller Länge anbietet und ab kurz vor halb vier eine Konferenzschaltung zu allen Partien bietet.

Hört sich doll an, gell? Ich habe dann auch prompt zur Konferenzschaltung gegriffen.

Mir ist dann Punkt 15h30 alles an Kohlenhydraten aus dem Mund gefallen. Zwei witzelnde Kommentatoren die – der Akustik nach zu urteilen – in einem Herrenklo mit sieben Monitoren sassen (oder standen) und abwechselnd vom Monitor ein Spiel nach dem anderen durchkommentierten. Die Stadionkulisse wurde als Endlosschleife vom Band eingespielt und Tore wurden in der Regel anhand der Wiederholung im Fernsehen “live” kommentiert, während das Stadion-Atmo-Band gerade an der Stelle der Fan-Gesänge angelangt waren. Doch dann wurde auch schon mit einem Kalauer zum Kollegen übergeleitet, der sich das nächste Spiel vornahm.

Wir schreiben das Jahr 2005, die Bundesliga will demnächst allen Ernstes 1 Milliarde Euro für ihre Rechte haben und an Audiostream bietet sie nicht mehr als die Kalauer Bros. die von der Mattscheibe vor Endlos-Atmo-Konserve das Spiel herunterrasseln. Shame on you. Gebt den ARD-Rundfunkanstalten die kompletten (non-exklusiven) Rundfunkübertragunsgrechte, laßt die klassischen Fußballsender wie WDR2 und Bayern 1 ran. Aber verschont uns mit euren Billigimitaten. Mit solchen Produkten macht sich die Bundesliga lächerlich. Und Werner Hackmann hat kleine Eier.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Angesichts der Diskussionen über Radio-Übertragungsrechte ist sowas echt ein Witz. Kann für Bundesliga-Übertragungen sehr das Berliner InfoRadio empfehlen…

  3. Die Bundesliga macht sich einfach nur noch lächerlich. Nicht nur, dass die gezeigten sportlichen Leistungen eher Mittelmaß denn Spitzenklasse sind, solche Pommesbudenangebote sind für eine “Profiliga” unter aller Granate. Ich mag mir nicht vorstellen, wie ein mögliches eigenes “Bundesliga TV” aussehen würde.

    1 Milliarde sind für mich übrigens der Witz des Jahres.

    Einfach mal einen Blick über den Großen Teich werfen, lernen und sehen was man besser machen kann. Dann klappts auch mit ein bißchen mehr Kohle.

    Auch wenn ich die Amis wenig leiden kann, von Sportunterhaltung, und dazu gehört mehr als ein bißchen Klicker-Klacker-90-Minuten-Gewurschtel, verstehen sie erheblich mehr als “Hackmanns-Vorgartenzwergverein”.

  4. Unglaublicher Artikel. So fundiert und hintergründig. Interessant, dass mehrere zehntausend Fans an jedem Wochenende diese Übertragung einschalten, die im übrigen nicht vom Klo kommt – vielleicht wären mal taugliche Lautsprecher am Rechner angebracht. Die Reporter sind übrigens sehr erfahrene Journalisten, die hauptberuflich bei namhaften TV-Sendern arbeiten. Über die Art der Produktion wird offen gesprochen, die Hörer wissen, dass es sich um eine Produktion aus einem Studio handelt. Aber natürlich – Andere können es immer viiiieeeel besser. Bitte, los: Demo-CD an die DFL – und schon ist der neue Job da!

  5. Fundiert? Hintergründig? Dazu gehen Sie bitte drei Häuser weiter, zum Kicker oder der FAZ…

    Zehntausend? Ist es das “Eßt mehr Scheiße”-Argument, denn Millionen von Fliegen können sich nicht irren? Wenn die Herren so grandios sind, dann haben sie ja nichts zu befürchten, dann sag ich doch: gebt die kompletten Internet- und Rundfunkrechte frei und laßt den freien Markt entscheiden, wessen Streaming-Angebote besser angenommen werden: Ligaradio oder die Streams der ARD…

    Zehntausend? Echt beeindruckend. Ich kann aus der hohlen Hand vier deutschsprachige Blogs aufzählen, die täglich minimum zehntausend Besucher haben, und zwar ohne dass da ein Ligaverband mit einem dreistelligen Millionen-Volumen dahintersteckt. Und wir können gerne meine Besucherzahlen mit denen des Ligaradios vergleichen und in Relation zum hineingepumpten Geld und Aufwand setzen… Es hat schon seine Gründe warum das Ligaradio im ersten Anlauf gegen die Wand gefahren ist.

    Was hat eine Produktion aus dem Studio damit zu tun, dass der Ligaverband dem “Sender” noch nicht mal eine Leitung mit den jeweiligen Stadionatmos spendiert, trotz Kooperationspartner PREMIERE?

    Muss man eine peinliche Stadion-Daueratmo fahren um so zu tun als ob? Nur weil ich Paris mag und nicht permanent hinfahren kann, muss ich doch nicht meine Wohnung mit einer Phototapete zukleistern? Da hilft es auch nichts offen zuzugeben: “Freunde, nicht dass ihr glaubt ihr wäret in Paris, das ist meine Wohung”.

    Freut mich dass die Reporter so erfahrene und prägnante Journalisten sind, dass ihre Namen dir heute nacht entfallen sind…

    Wenn du mal hören willst wie man mit relativ wenig Aufwand Live-Berichterstattung produziert, empfehle ich dir Sonntag abends mal ESPN Radio zu hören…

  6. ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass etwas besseres gibt als ard-fussball :) kommt immer gut und klar rüber, livestream nutze nich auf grund aschmallband leider nicht… ^^

  7. bundesliga.de war anfangs auch viel besser. da war zu jedem bundeligaspiel ein hörfunkreporter und ein tickermensch vor ort, die 90 min übertrugen. Die übertragungen wurden damals von altus media ag produziert. leider sind die pleite.

    Seinerzeit gabs wirklich gute übertragungen. erinner mich noch an das spiel, in dem schalke meister der herzen wurde. war seinerzeit stark kommentiert worden, weiss aber nicht mehr von wem.