1. FSV Not 05 – Elender SV

Aus verschiedenen Gründen konnte ich die letzten Heimspiele des HSVs entweder gar nicht oder nur in Konferenz sehen. Während der HSV bei den Auswärtsspielen unter meiner Beobachtung durchaus ansprechend spielte, wurden die Heimspiele (Hannover, Gladbach) mit schöner Regelmäßigkeit von den Medien verrissen. Dieses 0:0 in Mainz könnte sich wie eines dieser “Heimspiele” angefühlt haben.

Abgesehen von einem Viertelstündchen zum Ende der ersten Halbzeit, war es eine unterirdische Partie von beiden Seiten. Verunsicherung galore.

Wenn beide Mannschaften positives aus der Partie herausziehen wollen:

Der FSV Mainz 05 stand extrem diszipliniert und kompakt. An vorderster Front liefen zwei sich “Stürmer” nennende Abfangspieler auf der Mittellinie als erste Abwehrkette gegen den HSV herum. Elf Mann in der eigenen Hälfte. Kein Raum zum Atmen für den HSV. Mainz unterm Strich auch mit mehr und besseren Torchancen durch Konter und Standards. Die erste Halbzeit wurde von Mainz leichtfertig abgegeben, weil viele Pässe schlecht nach vorne geschlagen wurde und Edu ein Garant für Ballverlust war.

Der HSV kann Spurenelemente Hoffnung schöpfen, weil nach und nach immer mehr “Stammspieler” in die Elf zurückkehren. Wicky als 6er, Reinhardt als zweiter Innenverteidiger. Mathijsen spielte trotz Nasenbeinbruch und ohne Maske 90 Minuten durch. Das war ein sehr kraftvolles, in sich ruhendes Defensivdreieck. Die ausgepumpten Fillinger und Feilbeil konnten ausruhen. Aber ansonsten?

Ein sehr gurkiges 0:0 das letztendlich eher den Mainzern helfen sollte, da die Verbesserung zur Vorwoche sichtbarer war. So gut sie defensiv standen, beißen sich noch einige Vereine die Zähne an ihnen aus.

Beim HSV muss man aber derzeit auf pures Glück hoffen. Ja, die Mainzer waren schwer zu spielen, aber es wurde spielerisch auch nichts herausragendes versucht. Keine Tempowechsel, beide Flügel so gut wie tot, alles drängt zur Mitte, altbekannte Symptome wie ein Jarolim, der jeden, wirklich jeden Angriff verschleppt. Standards die weiterhin von van der Vaart getreten werden, obwohl sie null Gefährlichkeit ausstrahlen. Nicht existente Zielstrebigkeit Richtung Tor. Ein Tor in fünf Spielen.

Auf der einen Seite kehren einige Verletzte in die Mannschaft zurück und geben dem Team Ruhe. Eben Reinhardt und Wicky.

Auf der anderen Seite müssen Spieler durchgeschleppt werden, weil es keine Alternativen geben. Atouba, angeschlagen mit Leistenproblemen, brachte heute so wenig nach vorne wie noch nie und war auch in der Defensive ein Unruheherd. Stets unsicher wenn er hinten angespielt wurde. Damit lag der gesamte linke Flügel brach. Trochowski rückte in der zweiten Halbzeit entnervt in die Mitte, hinter dem aufgerückten van der Vaart.

Klingbeil zeigte in der ersten Halbzeit, warum er eigentlich keine Existenzberechtigung als rechter Außenverteidiger im modernen Fußball hat. Notlösung, als Kämpfer, ist er jemand der mit seiner Rustikalität Zeichen setzen kann. Aber neben Reinhardt und Mathijsen? Nach hinten stand er annehmbar, erfüllte seine Rolle. Da gilt weiterhin: kaum was zu mäkeln am fleissigen Klingbeil. Aber ich glaub er hat nicht einen einzigen Pass nach vorne an den Mann bringen können. Das war angesichts eines indisponierten Atouba auf der anderen Seite, tödlich für den Spielaufbau. Er wurde zur Halbzeit gegen Fillinger ausgewechselt, der mehr versuchte, nach vorne etwas stärker aber glücklos war und nach hinten mehr Probleme als Klingbeil hatte.

Van der Vaart versucht vieles, steht aber immer noch nicht im Zentrum des Hamburger Spiels. Van der Vaart ist ein Zeichen für die Probleme des HSVs, das grundsätzlich Raumaufteilung und Laufwege nicht zu stimmen scheinen, so selten er von seinen Mitspielern gefunden wird.

Sanogo wirkt hoffnungslos überspielt, hat wohl auch eine Fußverletzung. Seine Ballsicherheit, seine Fähigkeit den Ball anzunehmen und abzuschirmen, sind weg. Der einzige Grund für Doll ihn auf dem Feld zu lassen, ist a) schwache Konkurrenz, b) Kopfballstärke.

Nächster Halt FC Bayern München. Vielleicht die Wende. Endlich eine Mannschaft die vielleicht mehr Raum lässt, sich nicht so verschanzt. Aber mehr Hoffnung kann der HSV aus dem Mainz-Spiel nicht saugen. Das Ultimatum des Bernd Hoffmanns läuft. Bis zur HSV-Vollversammlung am 11ten Dezember wird nichts geschehen. Aber wo und wie bis Weihnachten die große Wende kommen soll, die eine arbeitsplatzerhaltende Maßnahme für Thomas Doll bedeutet, weiß ich auch nicht mehr. Der HSV wirkt durch die letzten Wochen wie in seine Einzelteile auseinandergefallen. Ich hab den HSV bis zur Winterpause eigentlich schon abgehakt.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. also imo keine chance auf eine wende gegen bayern, die spielen in einer anderen welt als der hsv, bei dem überhaupt nix zusammenläuft. das is wirklich erschreckend wie unglaublich schlecht die in jedem einzelnen mannschaftsteil auftreten.

  3. auffällig finde ich, wie extrem sich die ständig wechselnden formationen auf das kombinationsspiel auswirken. gerade im mittelfeld finden so gut wie keine staffetten statt, da speziell jarolim keinem seiner mitspieler so recht über den weg zu trauen scheint.

  4. Jarolim ist leider wirklich ein Trauerspiel (das gerade eine Vertragsverlängerung mit heftiger Gehaltsaufstockung bekommen hat), ich hab bei ihm immer das Gefühl, dass wenn er mal einen freien Mann erspäht, er lieber zu ihm hindribbelt, anstatt einfach mal den Ball alleine auf die Reise zu schicken. Bzw. wenn er angespielt wird, verschleppt er mit Absicht, um den Gegner herankommen zu lassen. So kann er wieder zum Dribbling ansetzen, dass er oft genug verliert (er zieht auch kaum noch Freistöße) und wenn er es doch gewinnt, ist er danach dennoch so unter Druck, dass er nur noch den einfachstmöglichen Pass spielen kann, ergo zur Seite oder nach hinten. Seine Stärke, die extrem fleißige Arbeit nach hinten, ist beim aktuellen HSV ungefähr gar nichts wert, da sie nur nützt, wenn Hamburg mal führen würde.

    Ich bin als HSV-Fan noch nie so ratlos gewesen wie zur Zeit. Einziger minimaler Hoffnungsschimmer: mein bester Freund ist Stuttgart-Fan und noch vor wenigen Monatenn habe ich mit ihm Telefonate geführt wie mit einem Frischgetrennten, viel Schweigen, viel “Da kann man im Moment gar nix machen, einfach warten, die Zeit heilt alle Wunden etc.” von meiner Seite. Und heute, richtig, ich rede nicht mehr mit ihm, wer will als nun-selbst-Trauernder schon mit eine Frischverliebten reden …

  5. Am nächsten Samstag hat der HSV das einfachste Spiel der Saison. Das ist eine der 1.427 ungeschriebenen Fussballregeln die in über 40 Jahren Bundesliga aufgestellt wurden, Man kann gegen Bayern in dieser Lage nur gut aussehen. Der HSV steckt in einem tiefen Dilemma. Wird Doll entlassen oder geht von alleine, müssen Beiersdorfer und Hoffmann auch gehen! Das ist so sicher wie das Armen in der Kirche. Der HSV muss Umdenken. Ansprüche sind nicht mehr zu erfüllen, es geht so wie die Mannschaft spielt und aufgestellt ist ums nackte Überleben. Es geht jetzt darum Punkte zu sammeln gegen den Abstieg!!!!!!!!!!!!!!! Die 0 muss erst stehen und das spielerische kann erst kommen wenn der Gegner nieder gekämpft wurde (siehe Hertha vor 3 Jahren, als Hans M. die Mannschaft übernommen hatte). Die Frage stellt sich für mich: kann Thomas D das überhaupt erkennen oder ist er vielleicht Betriebsblind? Sicherlich hat er die Mannschaft vom 18.Platz nach oben geführt! Aber nach oben führen aus dem Sumpf und selbst in den Sumpf geraten und wieder rauskommen ist doch scheinbar schwieriger.
    Aber nun wird die Fussballregel 927 zutreffen “nach so einer Scheißsaison kann man nur gestärkt rausgehen”, weil absteigen wird der HSV nicht!

  6. @Pats.Herrmann
    -> seit wann schreibt udo lattek hier unter verdecktem namen?

  7. @Jan
    -> seit wann kann udo lattek schreiben? wenn er in der lage wäre nen stift zitterfrei in den händen zu halten, dann bräuchte es doch die taktiktafel-magneten nicht … ;)

  8. Als ich 1975 Trainer bei Bayern München war, da hatten wir auch so ‘ne Situation, da haben der Uli Hoeness, der Paul Breitner und ich uns zusammengesetzt und gesagt, “So geht’s nicht weiter! Die Leitwölfe müssen den jungen Spielern sagen wo’s lang geht!”, und prompt sind wir wieder Deutscher Meister geworden!

  9. Ganz nett auch das Porträt der BBC über den HSV, gerade auch was die “recent form” angeht.
    http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/europe/6160894.stm

  10. Mein Lieblingssatz aus dem o.g. Artikel:

    “Ones to watch: More like the ones who are watching…”

    Und wenn man sich dann die Verletztenliste anschaut die hier aufgeführt wird, dann dürften das, mit Ausnahme von v.d.V., die einzigen Leute sein, die man in England so kennt.