Gedopter Bonds, fauler Hull und Geld-stinkt-nicht-A-Rod

Es kann für den Baseball eine lange Offseason werden. Das Thema Doping kommt nun mit Vehemenz wieder aus den Löchern gekrochen, allerdings gestern abend nicht in Form des überfälligen “Mitchell-Reports” – der dieses Jahr erscheinen soll und von dem erwartet wird namentlich Dopingsünder in der MLB zu nennen, sondern in Form einer Anklage von Barry Bonds, dem 43jährigen Batter der dieses Jahr den ewigen Home Run-Rekord geschlagen hat.

Von den US-Medien gestern als Breaking News vermeldet (und von PTI mit einer seichten Sondersendung bedacht), wird Barry Bonds in vier Fällen des Meineides und in einem Fall der Behinderung der Justiz angeklagt.

Die Anklage bezieht sich auf Aussagen die Barry Bonds 2003 vor einer Federal Grand Jury zum Doping gemacht hat. Grand Jurys sind in den USA – neben dem Staatsanwalt – ein zweites Organ das überprüfen kann, ob in einem Strafverfahren genügend Beweise vorliegen um Anklage zu erheben. Diese Grand Jurys tagen unter dem Ausschluß der Öffentlichkeit, die Protokolle werden unter Verschluß gehalten und die Aussagen können normalerweise nicht vor Gericht verwendet werden.

Barry Bonds hat im Dezember 2003 just vor so einer Grand Jury unter Eid über Doping aussagen müssen. Die Protokolle seines Verhörs sind ein Jahr später durchgesickert und im San Francisco Chronicle veröffentlicht worden. Bonds sagte damals aus, dass er nur Nahrungsergänzungsmittel und Leinsamenöl gegen seine Arthritis von BALCO bekommen habe.

Bonds verneinte vor der Grand Jury seinen persönlichen Trainer Greg Anderson für Dopingsubstanzen bezahlt zu haben und die Einnahme von Steroiden und Wachstumshormonen, obwohl bereits damals ihm schriftliche Dokumente vorgelegt wurden, die seinen Namen trugen und Eintragungen in Andersons Kalender die auf unkoschere Zahlungen von Bonds hindeuten.

Die Anklage richtet sich nun gegen diese Aussagen von Bonds. Der Staatsanwaltschaft liegen ausweislich der Klageschrift positive Dopingbefunde aus jener Zeit gegen Bonds vor. Ein Faksimile der Anklage liegt als PDF vor und nennt die konkreten Falschaussagen von Bonds:

  • Barry Bonds behauptet sich nie mit Greg Anderson über menschliche Wachstumshormone unterhalten zu haben und nie welche von Greg Anderson bekommen zu haben.
  • Bonds behauptet vor 2003 von Anderson nie Steroide bekommen zu haben (konkret geht es um 2000 und 2001)
  • Bonds behauptet im Dezember 2001 kein Testosteron von Greg Anderson bekommen zu haben
  • Bonds behauptet von Greg Anderson oder Personen aus seinem Umfeld keine Injektionen bekommen zu haben

Die Medien diskutieren die Starrköpfigkeit von Bonds. Fälle wie Jason Giambi haben gezeigt, wie wenig man sagen muss, um noch davon zu kommen und von der Öffentlichkeit Absolution zu erhalten. Die Aussagen vor der Grand Jury können normalerweise nicht als Belastungsmaterial in Strafverfahren herangezogen werden, außer in Fällen der Strafvereitelung und des Meineides und genau in diese Falle ist Bonds reingestampft. Bonds hätte also vor der Grand Jury ruhig ausplaudern können.

Rechtsexperten stellen sich auf längere Gerichtsverhandlungen ein, denn Bonds Anwälte haben in den letzten Jahren immer eine kompromisslose Konfrontationsstrategie gefahren. Bonds drohen bis zu 5 Jahren Gefängnis für jedes der Meineide und bis zu 10 Jahren für die Behinderung der Justiz, also summasumarum 30 Jahre Gefängnis, auch wenn dieses unwahrscheinlich erscheint, da Bonds noch nie straffällig geworden ist.

Für die MLB stellt sich wieder die Frage, wie man mit einem Barry Bonds umgehen wird. Die Anklage legt den Verdacht nahe, dass sehr konkrete Beweise auch aus dem Jahr 2001 vorliegen, als Bonds mit 73 Home Runs den Home Run-Rekord für eine Saison brach. Die Strategie von Bud Selig war bislang immer eine des Aussitzens. Die Frage nach der Hall of Fame stellt sich vermutlich sowieso erst in 5 Jahren (falls Bonds jetzt mit dem Spielen aufhört).

Bonds schlug in diesem Jahr den Home Run-Rekord von Hank Aaron und hat nun 762 Home Runs auf seinem Konto. Alex Rodriguez (“A-Rod”) ist 11 Jahre jünger und liegt bei derzeit 518 Home Runs.

Lange Zeit sah es so aus, als würden die Yankees nach dieser furchtbaren Saison einigen Ballast abwerfen, u.a. in Form von A-Rod, der in New York nicht populär ist und auch nicht fest im Team verankert zu sein scheint. Nach Saisonende zog A-Rod eine Option die den Vertrag mit den Yankees erst einmal beendete. A-Rods Agent Scott Boras versuchte daraufhin exorbitante Summen von MLB-Clubs abzurufen. Boras wurde für die Art und Weise wie er das “Opt-Out” von A-Rod gehandlet hat, von den Yankees zur persona non grata erklärt.

Seit einigen Tagen hat sich der Wind gedreht: A-Rod und die Yankees sind sich, an Scott Boras vorbei, wieder näher gekommen und es scheint auf eine Vertragsverlängerung hinauszulaufen. Die Rede ist von einem neuen 10-Jahres-Vertrag der in der Gesamtsumme bis auf 300 Millionen US$ eskalieren könnte. Die Rede ist aktuell von einer Garantiesumme von 275 Millionen US$ sowie einem umfassenden Marketingplan der Yankees, sollte A-Rod im Laufe der nächsten 10 Jahre an den Home Run-Rekord von Bonds herankommen. Es ist die Rede davon, dass A-Rod im Falle des Erreichen eines neuen Home Run-Rekords zusätzlich 25 Millionen US$ bekommen könnte.

Dieser Passus im Vertragswerk muss recht subtil ausformuliert werden, da die MLB keine Prämien für das Erreichen bestimmter statistischer Werte erlaubt. Deswegen ist von der Beteiligung A-Rods an gemeinsamen Marketingmaßnahmen im Falle des Rekordes die Rede.

Um den Bogen mit Bonds zu schließen: es bleibt ein großes Fragezeichen wie sauber Alex Rodriguez wirklich ist. Einer der Dampfplauderer in Sachen Doping, der ehemalige Spieler Jose Canseco hat im Sommer ein Buch angekündigt, in dem er über Rodriguez “auspacken” will, ohne konkret zu werden, was er gegen Rodriguez vorliegen hat.

Keiner traut Brett Hull

Unter der Woche gab es im Front Office der Dallas Stars größeres Stühlerücken, dem der General Manager Doug Armstrong und Team President Jim Lites zum Opfer fiel.

Diese Aktionen vom Teambesitzer Tom Hicks dürften vom Motiv geleitet sein, dass sich für die Dallas Stars mit einem alternden Mike Mondano langsam das window of opportunity für den Stanley Cup schließt. GM Doug Armstrong versuchte es letzte Saison mit der Brechstange und gab Talente und Draft Picks zugunsten von zwei Veteranen ab und wurde mit einem Ausscheiden in der ersten Playoff-Runde “belohnt”.

Anscheinend ist Tom Hicks nun der Kragen geplatzt, nachdem man aus den letzten 10 Spielen nur 3 Siege herausholen konnte und in der Western Conference hinter Chicago und Columbus nur Mittelmaß ist. Team President Jim Lites wurde in die Marketing-Abteilung abgeschoben, während sein Nachfolger Jeff Cogen in gleicher Funktion von Hicks’ anderem Club, den Texas Rangers (MLB) kommt.

Die eigentliche Überraschung ist die Personalie Brett Hull. Der Star wird gemeinsam mit Les Jackson General Manager der Stars werden.

Das Echo in der US-Presse und US-Blogosphäre ist verheerend. Soviele Sympathien Brett Hull für seine offene Sprache genießt, scheinen ihn die meisten Leute für viel zu faul für diesen Job zu halten. Ich habe Hull zu seiner aktiven Zeit nicht intensiv verfolgt, habe aber seine Auftritte als Experte im Fernsehen genossen. Ist da was dran, dass er zu faul für den Job ist?

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Es könnte sein, dass Greg Anderson geplaudert hat und sich daraus die überraschende Klage gegen Bonds herleitet.
    Anderson wurde just gestern nach über einem Jahr Beugehaft freigelassen.
    Bud Selig hat in einem Brief gegenüber MLB.com angedeutet, dass je nach Sachlage die Rekorde von Bonds gelöscht werden könnten.
    Also von der Seite alles wie gehabt, abwarten und teetrinken.
    Die amerikanische Presse glaubt nicht, dass die Verhandlungen von A-Rod mit den Yanks an Boras vorbeigelaufen sind. Boras gilt als der beste Agent in der Szene und ist seit langem mit A-rod zusammen. Niemand kann sich ernsthaft vorstellen, dass er bei den Gesprächen nicht dabei war.

  3. “Die amerikanische Presse” geht davon aus, dass die Gespräche zwischen A-Rod und den Yankees von zwei Investment-Bankern eingefädelt worden sind. A-Rod spricht sich immer noch mit Boras ab, aber die Gespräche, zuletzt bei Steinbrenners am Mittwoch in Florida, fanden nicht im Beisein Boras’ statt. Erst jetzt, wo die Rahmenbedingungen stehen, gibt es wieder offizielle Gespräche zwischen Boras und den Yankees.

    Ich wäre überrascht wenn die Anklage gegen Bonds wirklich nur auf Aussagen von Anderson fußen würde. Die Klageschrift spricht dezidiert davon, dass man positive Dopingtests von Bonds habe.

  4. Zu Brett Hull: als Spieler war er der Mann mit dem tödlichen Hammer. Meist stand er gerade im Power Play immer an einer bestimmten Stelle auf dem Eis und hat dann abgezogen. Weder spielerisch, noch läuferisch ist er (mir) als Aktiver durch übermäßigen Aufwand aufgefallen. Er war eben einfach ein begnadeter Torjäger, der es gar nicht nötig hatte, anders zu spielen. Ob man daraus aber auf “Faulheit” schließen kann, wage ich mal zu bezweifeln. Und wenn er es wäre: warum sollte er dann ein GM-Posten annehmen? Ausgesorgt hat er doch eh schon lange…