Bubbles hassen Wildkatzen – 6 Tage bis Selection Sunday

Es ist die Endphase der Conference-Spiele im College Basketball. Bevor am nächsten Sonntag die NCAA (US-Hochschulsport-Verband) die 65 Teilnehmer der March Madness festlegt, stehen in 30 der 31 Conferences die Playoffs an. Die großen, wichtigen Conferences fangen erst in dieser Woche an, mit den Finals am nächsten Wochenende. Die kleineren Conferences, die Mid Majors sind bereits dieser Tage dabei, ihre Finals auszutragen. Es ist Championship Week.

Wer sich ausführlich über das Prozedere des größten Basketball-Turniers der Welt informieren will, wie sich das Teilnehmerfeld zusammenstellt etc…, den verweise ich auf einen älteren Blogeintrag.

In Kurzfassung: an der Saison beteiligen sich 334 Colleges aus 31 Conferences. Für die 65 Teilnehmer umfassenden landesweiten Playoffs (March Madness) qualifizieren sich die 31 Conference-Meister (per automatic bid), sowie 34 Teams die von einem Komittee am nächsten Wochenende mit einer Art Wildcard versorgt werden (at-large bid). Das Komittee geht dabei nach Spielstärke, Zahl der Siege in der Saison, Schwere des Spielplan, Auswärtssiege, Momentum (Zahl der Siege im Februar und März) und ähnliches. Es gibt keine Formel um die At-Large-Teams vorherzusagen, die das Komittee am Sonntagabend (dem “Selection Sunday“) in einer einstündigen Sendung bekanntgeben wird. Nur ein Bauchgefühl.

Es wird viel spekuliert, wer die Teams sind, die diese Wildcard bekommen. Bei einigen Teams ist es klar, aber andere sind auf der Kippe, die sogenannten Bubble Teams. Chaotisch wird es, wenn in den Conferences überraschend ein sonst schwaches Team Meister wird. Dann werden die Großen aus der Conference vom Komittee mit einer Wildcard ausgestattet und die Chance dass die Bubble Teams noch an eine der 34 Wildcards kommt, verringern sich.

Und genau dies ist bereits am Sonntag passiert.

Championship Week

SoCon – Southern Conference

DAS Drama der Conference Week fing bereits am Sonntag an. Die Lieblings-Cinderella Davidson Wildcats mit dem fassungslos guten Stephen Curry hat es am Samstag im Viertelfinale gegen Appalachian State bereits eng werden lassen, ehe Stephen Curry nach Foul Trouble in der ersten Hälfte, in der zweiten Hälfte aufdrehte. 43 Punkte für den Tag, 13 der letzten 15 Punkte von Davidson für den 84:68-Sieg.

Der Schock kam aber im Halbfinale gegen Charleston (Drittplatzierter der Southern Division). Bumm. Raus. 52:59 verloren. Curry “nur” mit 20 Punkten, 5 von 18.

Seitdem ist in den USA eine Diskussion losgetreten, ob Davidson sich eine Wildcard, also ein at-large bid verdient hätte. Wenn man den Faktor Curry rausnimmt, einer der 2-3 besten Spieler derzeit im College, sprechen die Zahlen nicht für Davidson.

1-4 gegen Teams aus den RPI-Top 100 (RPI = Formel die die Siege in Relation mit der Stärke des Gegners setzt). Der beste Sieg: ein 3-Punkte-Sieg gegen WVU. Immerhin gab es nur gegen Purdue eine schwere Klatsche, während die Niederlagen gegen Duke, Oklahoma und Butler sich in Grenzen hielten.

Nur 6-4 in den letzten 10 Spielen, darunter zwei Niederlagen gegen Charleston, einmal gegen Citadel und einmal Butler. In der RPI nur an #73 platziert, im Strength of Schedule (Schwere des Spielplan) nur an 165. Jerry Palm von collegerpi.com, einer Website die sich mit dem Zahlenmaterial rund um College Basketball beschäftigt, beantwortete eine Journalistenfrage per SMS in drei Worten: “Out. No Case.

Die Coaches der Mid Majors springen für Davidson in die Bresche: der Charme der March Madness liege Jahr für Jahr in der Cinderella-Story. Der Trainer von Charleston argumentierte nach seinem Sieg ellenlang für Davidson statt seines Teams: Stephen Curry und Davidson haben die SoCon erst in die Öffentlichkeit gebracht. Wenn er erklären würde, in welcher Division er spielt, sagte er nur: “in der gleichen wie Davidson“.

The Big Lead:

While Davidson obviously doesn’t have a strong case … if the bubble choices are Stephen Curry, Providence, Cincinnati, Creighton, Ohio State, Northwestern, Temple, or South Carolina … wouldn’t you rather see Davidson play? Once you’re done pondering that one, let the Curry-NBA debate begin.

Einer der besten College Basketball-Schreiberlinge überhaupt, Mike DeCourcy von SportingNews, versucht mit Ratio den Fall Davidson zu verargumentieren:

The Davidson Wildcats do not need sympathy.

They do not need charity.

They only need justice […]

Davidson’s at-large case amounts to this: its regular-dominance of the Southern Conference; its 8-4 mark against non-league opponents (including a victory over N.C. State); and a solid performance against tournament-caliber teams (including a victory over West Virginia and narrow loss at Oklahoma).

The Wildcats finished with a 25-7 mark against Division I opponents. Only 17 teams have won more games […]

Although the Wildcats have a single top-50 victory, that exceeds the total for Siena; matches South Carolina, Utah State, and San Diego State; and is only one short of Florida, Miami, Auburn and Rhode Island. And all had more opportunities […]

Davidson is three games under .500 against the top 100 (1-4), but Providence is six games under (6-12).

Dazu sollte man auch im Hinterkopf haben, das DeCourcy seit drei oder vier Jahren zu jenen Journalisten gehört, die im Februar von der NCAA eingeladen werden, um an einer Pseudo-Selection-Sunday-Veranstaltung teilzunehmen und die Denke der Komittee-Mitglieder kennenzulernen. DeCourcy weiß also wie sie ticken und wie sie hinter verschlossenen Türen nächsten Sonntag argumentieren und das Zahlenmaterial kneten werden.

DeCourcy erwähnt interessanterweise einen Namen, der seit Sonntag öfters im Zusammenhang mit Davidson fällt: Providence. Providence ist ein Bubble-Team aus der Big East und steht bei vielen gerade noch drin. Providence wird erst morgen in die Big East-Playoffs eingreifen und es dort überraschenderweise mit DePaul zu tun haben, die gegen Cincinnati gewonnen haben. Providence hat sich einige schwere Klatschen gegen Top 25-Material einfangen müssen. Wenn jetzt Providence auch noch sein erstes Big East-Playoff-Spiel verlieren würde…

Chattanooga Mocs – Charleston Cougars 80:69
Auch wenn Chattanooga als Erster der Northern Division “nur” auf den Dritten der Southern Division traf, war Charleston mit seiner Bilanz von 26-7 klarer Favorit. Chattanooga hatte nach der Verletzung von Goffney und einem schweren Spielplan einen mißratenen Start in die Saison: 0-5, 1-7 und 4-10 die Bilanz nach 5, 8 bzw 14 Spielen. Chattanooga ging nur mit 17-16 ins Conference Finale.

Sogar noch stärker als bei Davidson hängt das Wohl und Wehe von Chattanooga und Charleston von den Dreiern hab. Beide sind in den Top-10 an Dreier-Versuchen. So atypisch das Spiel begann – beide Mannschaften versuchten in den ersten zehn Minuten aus der Halbdistanz zum Erfolg zu kommen – so verlief das restliche Spiel in Wellenform ab, je nachdem wie heiß gerade die Dreier-Quote bei den Mannschaften war. Zur Halbzeit 34:34. Nach acht Minuten Backstein-Produktion von Charleston zu Beginn der 2ten Hälfte, lag Chattanooga 20 Punkte vorne, ehe Charleston mit vier Dreiern und einem Tip-In binnen drei Minuten auf 6 Punkte verkürzte. Chattanooga reagierte seinerseits mit einem 10:3-Lauf und daran änderte sich bis zum Ende des Spiels nicht mehr viel.

Sehr wenig Defensivarbeit und sehr wenig Rebound-Arbeit von beiden Teams – kein Wunder, da der Ball bereits 30 Fuß vor dem Korb in der Luft ist. Wilde Würfe, selten ausgespielte Shot Clock. Das Leben für Chattanooga in der March Madness dürfte nicht lang sein. Chattanooga dürfte mit dem record von 18-16 glasklarer Kandidat für ein #16-Seed oder sogar das Play-In-Game für den letzten Platz sein.

CAA – Colonial Athletic Association

(Acht Bundesstaaten entlang der Ostküste, von Massachusetts bis runter nach Georgia)

Virginia Commonwealth Rams – George Mason Patriots 71:50
Es war im Vorfelde ein nicht ganz erwartete Verlauf der CAA-Playoffs. Die #11 Towson Tigers haben zuerst #6 Drexel und dann #4 Northeastern aus der Championship geschmissen, ehe sie im Halbfinale an #2 George Mason scheiterten (48:56).

Damit trafen dann im Finale wie erwartet zwei potentielle March Madness-Cinderellas aufeinander. George Mason (GMU) hat mit seinem Auftritt 2006 den Mid Major-Hype losgetreten, als man als erstes Mid Major bis in die Final Four kam (dabei schlug man die #6 Michigan State, #3 UNC, #7 Wichita und #1 UConn). Ein Jahr später war es Virginia Commonwealth (VCU) die in der ersten Runde den Dauerfavoriten #6 Duke aus der March Madness räumte. Letzte Saison versaute man sich eine Teilnahme durch eine überraschende Niederlage gegen William & Mary im CAA-Halbfinale.

Vieles was man 2007 bei VCU gesehen hat, wird man auch in der 2009er-Variante erkennen. Die Spielphilosophie des jungen Trainers Anthony Grant ist unverändert – vieles definiert sich über Geschwindigkeit. Anders aber George Mason, die außer Coach Jim Larranaga nichts mehr mit den 3Pts-Shooter von damals zu tun haben. Larranaga setzt inzwischen auf Defense, auf das Zulassen von nur wenig Punkten und großen Fleischbrocken in the paint.

Beide Mannschaften haben keine Saison hinter sich, die für ein at-large bid berechtigen würde. VCU statistisch dezent besser mit immerhin drei Siegen gegen Mannschaften aus dem RPI-Bereich 51-75. George Mason nur 0-2. Es gibt also nur mit dem Sieger ein Wiedersehen am Selection Sunday.

Das Spiel war eigentlich ratzfatz gegessen. Das Vorhaben von George Mason keine Punkte zu zulassen, ging komplett daneben, weil Monroe und Birdsong sich unterm Brett als Komplettausfälle erwiesen und von VCUs F #1 Larry Sanders in Schutt und Asche gelegt wurden. Larranaga reagierte und brachte den Freshman #22 Morrison, der aber einige Minuten brauchte bis er sich auf Sanders einstellte. VCU mit einer 30:19-Führung zur Halbzeit. Sanders dominierte hinten und vorne: 12 Rebounds, 4 Blocks in der ersten Halbzeit. 20 Rebounds, 7 Blocks, 18 Punkte übers Spiel.


(c) NCAA, CAA, ESPN

George Mason sollte sich von diesem kompletten Kollaps seiner Forwards nicht mehr erholen, kam nicht auf mehr als 14 Punkte heran. Kaum Rebounds unterm Brett von VCU (32:10 Rebs für VCU), schlechte Wurfausbeute von nur 30%, unglaublich viele Fangfehler bei Pässen und passenderweise nur 7 Assists.

Das Elend von George Mason fiel nicht vom Himmel, sondern wurde durch VCU provoziert: schnell auf den Beinen, permanent am Mann, den Gegner in Traps reintreiben und immer eine Hand am gegnerischen Ball dran.

Hinsichtlich der March Madness muss es aber für VCU besorgniserregend sein, dass neben Sanders (18Pts) nur Maynor (25Pts, Spieler des Jahres in der CAA) eine zweistellige Punkteausbeute hatte.

MAAC – Metro Atlantic Athletic Conference

(Vier Bundesstaaten im Nordosten der USA)

Niagara Purple Eagles – Siena Saints 70:77
Platz 1 und 2 aus der regular season der MAAC trafen auch im Championship-Final aufeinander. Während aber der Meister der regular season Siena sich in den Playoffs locker gegen Canisius (77:52) und Fairfield (80:65) durchsetzte, war Niagara nach einem Sieg gegen Marist (79:50) im Halbfinale gegen Rider auf einen Wunderwurf angewiesen, um sich in die Verlängerung zu retten. Tyrone Lewis anderthalb Sekunden vor Schluß mit einem Wurf aus fast 30m. Nach doppelter Overtime setzte sich Niagara 93:89 durch.

Das Spiel entwickelte sich anfangs erwartungsgemäß: Niagara konnte sich gegen das etwas kleinwüchsigen Siena durchsetzen. Aber es war auch Niagara, die Mitte der ersten Halbzeit Siena wieder ins Spiel brachten, als sie in einer kurzen Schwächephase 10 Turnovers produzierten. 33:33 zur Halbzeit. Gut für Siena, bedenkt man dass ihr angeschlagener Schlüsselspieler #41 Habrouck nicht ins Spiel fand.

Niagara sollte auch in der zweiten Halbzeit nicht ins Spiel zurückfinden. Viele Turnovers, kaum ein Dreier ging rein, einfach Ableger wurden versiebt.

Stattdessen wurden sie von Siena mit den eigenen Waffen geschlagen. Siena richtete sich an der eigenen Leistung auf, holte plötzlich viele Steals (12), zeigte mit dem bubihaft aussehenden #22 Rossiter Präsenz am Brett (14Rebs, 16Pts) und Habrouck wachte auf. Nach 2 Punkten in der 1ten Halbzeit, ließ er 17 weitere in der 2ten Halbzeit folgen. Das Spiel wurde nicht mehr eng. Niagara kam eine Minute vor Schluß nochmal kurzzeitig auf 5 Punkte ran, aber strahlte keine Gefährlichkeit aus.


(c) NCAA, MAAC, ESPN

Siena ist damit in der March Madness und das kleine College 200km nördlich von New York hofft auf eine Wiederholung des letzten Jahres, als man in der ersten Runde überraschend #4 Vanderbilt mit 83:62 schlug.

Niagara wird sich keine Hoffnungen auf ein At-Large-Bid machen dürfen. In ihrer Bilanz 26-8 stehen keine hochrangige Siege. RPI 51, SoS 165

Ivy League

Die Ivy League stellt einen Sonderfall unter den 31 Conferences dar. Diese Conference aus dem Nordosten der USA mit den Eliteschulen wie Yale, Havard, Columbia University oder Princeton, kürt ihren Meister ohne Playoffs, sondern nimmt den Tabellenführer aus der regular season.

Wie im Vorjahr sind es wieder die Cornell Big Red. Bilanz 21-9 (11-3 Ivy League). RPI 114, Strength of Schedule 284. Nur 0-4 gegen die RPI-Top 100 (aber 4x auswärts). Viele sehen in Cornell einen #15-Seed.

(Liste der Conference-Champs und laufenden Playoffs natürlich nicht komplett, sondern nur soweit Auge und Streams reichen… – to be continued -)

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Davidson muss draussen bleiben.
    Wenn ich bedenke dass meine Canes nicht ins Feld kommen weil alle Davidson und Curry sehen wollen bekomme ich das Kotzen. Davidson spielt in einer confrence die man wenn man Qualität hat im Vorbeigehen gewinnt. In der ACC sieht das ganz anders aus. Ich würde für Davidson votieren, wenn es in der Confrence 3 oder 4 ernstzunehmende Gegner gäbe. Da kann man halt im Halbfinale mal ausscheiden. Sollte man als Number one seed ins Feld ziehen und in der ersten Runde ausscheiden kann man auch nicht sagen: Wir gehören ins Turnier also lasst uns weiter mitspielen. So was ist halt Pech. Davidson hat sich aus meiner Sicht an der falschen Stelle eine Niederlage geleistet.

  3. Ich will aber Curry sehen! Durch ihn bin ich letztes Jahr überhaupt erst in Richtung NCAA gestoßen worden. Gibt ja auch dieses Jahr wieder kostenloses Livestreaming nehme ich an oder?

  4. @Pedda: Sieht so aus.

    http://mmod.ncaa.com/

  5. Genau das meinte ich. Danke kai!