Wetten, dass…?

Auch dreieinhalb Tage nach Bekanntwerden nach der Affäre “Hoyzer” ist es schwer aus den Sud von Informationen den die einzelnen Medien veröffentlichen, ein komplettes, widerspruchsfreies Gesamtbild zu zeichnen.

Ausgangspunkt der Vorwürfe ist die DFB-Pokalbegegnung Paderborn – HSV gewesen. Zwei Elfmeter, eine rote Karte gegen den HSV, der nach einer 2:0-Führung 2:4 unterlag.

Bereits damals fiel vielen die abartigen Leistungen vom Schiedsrichter Hoyzer auf, Stefan Beinlich kolportierte bereits damals die Aussage, das Hoyzer zu Paderborner gesagt haben soll “Spielt ruhig so weiter, denn Rest mache ich für euch”. Der HSV legte beim DFB schriftlich Protest ein. Aus einem Abendblatt-Artikel vom August 2004:

Tragisch war für den angeschlagenen HSV in Paderborn: Das Spiel lief gut, bis der 24-jährige Schiedsrichter Robert Hoyzer aus Berlin die Regie in dieser Pokal-Partie übernahm. Dieser Unparteiische, der innerhalb von nur wenigen Monaten den FC St. Pauli zweimal krass verpfiffen hatte, durfte es nun auch dem HSV zeigen, dass er es nicht kann. Was Robert Hoyzer in Paderborn sah und pfiff, war ein Skandal – eine glatte Sechs.

Erschwerend: der halbstaatliche Wettanbieter Oddset hat sich nach dem Spiel ebenfalls an den DFB gewandt und von merkwürdigem Wettverhalten auf dieses Spiel berichtet.

Der DFB sah sich die Geschichte kurz an, sah aber keine Anhaltspunkte zum Einschreiten.

Der Auslöser

Die Sache geriet erst Anfang Januar wieder ins Rollen. Anscheinend in Reaktion auf die Manipulationsvorwürfe vom November, RWO – Aue, traf sich der DFB am 10ten Januar mit verschiedenen Wettanbietern für ein klärendes Gespräch. Dabei trugen die Wettanbieter den Fall Paderborn – HSV vor und der DFB startete seine Ermittlungen.

Die Problematik Hoyzer scheint bei den Wettbüros kein Unbekannter zu sein. Laut WELT hat ein österreichisches Wettbüro einem Strohmann von Hoyzer ausgerichtet, dass keine Wetten mehr von ihnen angenommen werden.

Die Medien widersprechen sich inwieweit Hoyzer direkt gewettet hat, oder nur Stroh- und Mittelsmänner daran beteiligt waren.

Was?

Im Mittelpunkt der Ermittlungen rund um Hoyzer stehen sechs Spiele (2x 2te Liga), wahrscheinlich nicht zuletzt aufgrund des Wettverhaltens. An einem der Spiele ist Hoyzer nicht direkt beteiligt gewesen. Minuten vor Anpfiff RWE – Köln (22.10.) soll er einen befreundete Assistenten des Gespanns rund um den Berliner Manuel Graefe angerufen haben und ihn gebeten haben in seinem Sinne zu pfeifen. Der Assistent hat schnell aufgelegt. Hoyzer selber hat zeitgleich ein anderes Spiel (Ahlen – Burghausen) gepfiffen haben und versuchte möglicherweise eine Dreierwette zu gewinnen (Tagesspiegel).

Unterdessen liegen BILD und dem ebenfalls im Springer-Verlag erscheinendem Hamburger Abendblatt Informationen aus der “Berliner Szene” vor, wonach noch mehr Offizielle als nur Hoyzer beteiligt sein sollen.

Konsequenzen

Die Wiederholung des Pokalspiels scheint ausgeschlossen aber seit heute läßt der DFB eine Hintertür für die Wiederholung von Ligaspielen offen. Aber selbst um die Spiele wird es Streit geben, denn der DFB hat bislang die Partie St.Pauli – Osnabrück nicht in seine Ermittlungen einbezogen, obwohl Osnabrück durch einen umstrittenen Foulelfmeter und Platzverweis gewonnen hat. Unterm Strich hätte St.Pauli 4-6 Punkte mehr und wäre zwischen den Plätzen 4 und 6 und in Schlagweite zu den Aufstiegsplätzen.

Spannend wird es zu sehen sein, wie der DFB den HSV handlen wird. Denn hier hatte der DFB nun alles auf der Hand um bereits im August eingreifen zu können: formaler Protest des HSVs, Spieleraussage und Aussage eine Wettanbieters.

Der von Hoyzer am 22.10. antelefonierte Assistent soll ebenfalls dem DFB das Vorkommnis gemeldet haben (Tagesspiegel). Reaktion des DFBs ist nicht bekannt.

Es stellt sich auch die Frage nach der Schiedsrichterbeurteilung. So soll zwar der DFB bereits vor den Vorwürfen ein Auge auf Hoyzer wegen vieler Fehlentscheidungen geworfen haben, aber war es evtl. zu spät? Hoyzer pfiff vorallem Regionalliga, wo wohl keine Schiedsrichterbeobachtung stattfindet.

Auch die Schiedsrichter-Gilde selber muss sich hinterfragen. Es muß frühzeitig Leute gegeben haben, die es geahnt haben, z.B. seine Assistenten. Medien kolportieren, das diese immer lustloser an der Seitenlinie wirkten, auch Kollegen Hoyzers immer arrogantere Auftritte wahrgenommen haben. Der KICKER will bereits im Spätsommer 2004 gehört haben, dass Hoyzer in Berliner Zocker-Kreisen verkehrt.

Der DFB will ferner endlich mit Wettanbietern ein “Frühwarn-System” aufbauen, das frühzeitig bei merkwürdigen Wetteinsätzen Alarm schlägt.

In den ausländischen Medien, zumindest in England und Frankreich, ist der Wettskandal kein Thema.

Links

Hamburger Abendblatt, Interview mit einem Profi-Wetter.

FAZ-Schwerpunkt “Schiedsrichterskandal

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Es kommt nicht viel, aber gemeldet wird es schon:

    BBC Sport: German ‘match-fixing’ ref resigns

    Meistens aber in den Uebersichten ueber den Europaeischen Fussball versteckt:

    Guardian (ganz unten die letzten Absaetze)

    Independent (letzten zwei Absaetze)

    Die Tabloids lese ich nicht, daher kann ich dazu nichts sagen.

  3. Was mir Sorge macht, ohne Herrn Hoyzer vorzuverurteilen:
    Gestern hat er sich mit seinen Dementis ZIEMLICH weit aus dem Fenster gelehnt. Er hat außer einem normalen Dementi auch seine Liebe zum Sport, die Sorge seiner Eltern um ihr Kind (eben ihn) und die Liebe seiner Freundin zu ihm mit dem Fall verknüpft. So äußerte er sich wenigstens in den Nachrichten auf Pro 7.

    Sollte sich herausstellen, dass er tatsächlich so gewettet und manipuliert hat, wie es ihm vorgeworfen wird, hätte er sein Leben auch ganz privat noch gründlicher zerstört, als das dann ohnehin der Fall sein dürfte. Wir wissen ja, was passieren kann, wenn einer der deutschen Öffentlichkeit sein Ehrenwort, ich wiederhole: sein Ehrenwort gibt, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe haltlos sind.

    Ich hoffe, der junge Mann weiß, was er tut, und wird gut beraten.