“Wir wollen keine kommerziellen Zwecke errichten!” – SPONSORs SportsMedia Summit 2012 (4) (Update)

[Update Di 7h37: am Montag erschien eine erste Fassung, die aufgrund eines fehlerhaften HTML-Tags nach einem Drittel abgeschnitten wurde – ist nun korrigiert -dogfood]


Unter weiter geht es in der Berichterstattung zum SPONSORs SportsMedia Summit vor knapp zehn Tagen in Düsseldorf. Nach der Eröffnungsveranstaltung auf der Hauptbühne splitteten sich die Anwesenden in zwei Tracks in kleineren Konferenzräumen in der ersten Etage auf.

Ich entschied mich für den Track “Sport & Recht”. Der Track-Titel klang wenig satisfaktionsfähig, aber dahinter verbargen sich die Schwerpunkte “Smart-TV” und “eGaming” und der einleitende Vortrag der Kanzlei CMS Hasche Sigle zeigte die rechtliche Dimension auf.

Bei Smart-TV handelt es sich um eine neue Kategorie von Fernsehern, die derzeit als nächster Wachstumsmarkt der Elektronikbranche gehypt werden, nachdem das 3D-Land inzwischen schon sehr abgebrannt zu sein scheint.

Smart-TVs können sich (z.B. via WLAN) ins Internet einklinken und bieten auf einer speziellen Oberfläche die Möglichkeit mit einer simplen Fernbedienung Apps zu starten – wobei die Technik in den Fernseher recht schwachbrüstig daherkommt und in der Performanz nicht vergleichbar mit Smartphones oder Tablets ist.

Technisch gesehen besitzen die meisten Smart-TVs Betriebssysteme z.B. für Mobile oder Tablets wie z.B. Android oder Linux und die Apps sind meistens mit HTML, Javascript und CSS produziert, zusammengehalten von einer Gerätehersteller-spezifischen Entwicklungsumgebung. Wird eine App gestartet, startet sie mit dem App-Code im Fernseher, um dann Inhalte und Daten über das Internet nachzuladen.

Bei den deutschen Bundesligaklubs ist z.B. Bayern München ganz weit vorne, die im März zusammen mit der Telekom für Samsung-Fernseher eine App produziert haben, die aber grosso nichts anderes macht, als fcb.tv aus dem Internet zum Fernseher durchzuschleifen, inkl. News und Liveticker. Dieses Durchschleifen des Web-Contents in Apps ist ein vielfach gewähltes Konzept – auch beim VfB Stuttgart, der seit Ende Mai mit einer solchen App draußen ist. Ein Repräsentant des Dienstleisters Netrange MMH aus Hamburg sprach von Apps als im Grunde genommen nur eine Form einer “für den Fernseher optimierte Website” – die Website als kleinster gemeinsamer Nenner um daraus die zahlreichen unterschiedlichen Plattformen zu bedienen.

Der Hype um Smart-TV wird derzeit auch dadurch verstärkt, das IKEA mit einem solchen Fernseher (“Uppleva“) in Kürze in den Markt einsteigen wird – für roundabout 800,– Euro.

Es gibt Marktbeobachter die mit den Einstieg von weiteren branchenfremden Herstellern rechnen – nur die wenigsten großen TV-Hersteller produzieren selber. Stattdessen wird die Fertigung an andere Betriebe ausgelagert – Stichwort Foxconn und Apple. Daher ist der Einstieg von IKEA kein so großer technologischer Sprung, sondern vorallem das Einkaufen von Produktion und Marketing plus Spurenelemente von Design.

Und so wurde auf der Veranstaltung auch über das Interesse von Mercedes Benz an den Einstieg in den TV-Markt oder zumindest Set-Top-Markt spekuliert. Der Nutzen? Die Bindung zum Kunden auch außerhalb des Autohauses aufrechterhalten. Über eine Mercedes Benz-Set-Top-Box bekommt man ein Bein in das Wohnzimmer des Kunden. Das Portal der Box (sozusagen der “Home-Screen”) kann als Marketing-Vehikel dienen. Weiter denkbar wären das gelegentliche Verschenken von PPV-Filmen oder warum auch nicht von Bundesliga-Übertragungen – für treue Mercedes-Kunden. In so einem Szenario dürften auch die Seh- und Nutzgewohnheiten an so einer Box ausgewertet werden… Frägt sich ob es wirklich zwingend ein kompletter Fernseher oder eine Set-Top-Box sein muss, oder ob sich die Damen und Herren Autohersteller nicht mit auch mit einer App begnügen könnten…

Der Vertreter von Netrange MMH sieht nach nur 9 Monaten die Nutzungsdauer von Smart-TV-Portalen schon bei zirka 20 Minuten pro Tag (zum Vergleich: Fernsehnutzung: dreieinhalb Stunden). Tendenz stark steigend.

In dem Zusammenhang mit dem Sport, ergibt sich aus dem Aufkommen von Apps, u.a. in Smart-TVs interessante Konsequenzen was die Verteilung der Rechte auf Plattformen angeht.

Aus Sicht der Bundesliga-Klubs hat die DFL in der neuen Ausschreibung diesen Part etwas deutlicher angesprochen als es bislang der Fall war. Die einzelnen Bundesliga-Klubs haben bislang und werden weiterhin das Recht haben, eigenständig ihre Bundesliga-Spiele On Demand zu verwerten (“Individual-Vermarktung”).

Die On Demand-Spiele dürfen nicht vor Abpfiff des betreffenden Spiels (also z.B. erst ab Samstag 17h30) gebracht werden. Die Klubs dürfen für komplette Spiele auf das gesamte Archiv zurückgreifen, allerdings dürfen nie mehr als zehn Spiele gleichzeitig On Demand verfügbar sein und pro Tag darf nicht mehr als ein Spiel neu hinzukommen (und entsprechend ein anderes Spiel aus der Verfügbarkeit gestrichen werden). Die Spiele dürfen ferner nur kostenpflichtig den Nutzern zur Verfügung gestellt werden – wobei nach Ansicht der Kanzlei CMS Hasche Sigle das Kartellrecht der DFL verbietet, einen Mindestpreis festzusetzen, so dass die Klubs theoretisch ihre On-Demand-Spiele auch für einen Cent anbieten könnten.


Der Schritt von “Smart-TV” zum Thema “eGaming” ist kein großer, da für eGaming der Bereich der Apps sehr wichtig ist – ergo auch auf Smart-TVs mit einem wachsenden eGaming-Markt gerechnet wird.

Die DFL vermarktet auch den Spielemarkt in Zentralvermarktung. Die fünf großen Pakete in diesem Bereich sind in diesen Wochen wieder an Electronic Arts gegangen, die damit exklusiv auf sämtliche Daten und Lizenzmaterial aller Bundesligisten zugreifen und verwerten können.

Weniger bekannt ist aber, dass wie bei den TV-Rechten unterhalb dieses “All-Inclusive-Pakets” von den Klubs die Individualvermarktung betrieben werden darf. In Deutschland dürfen im Rahmen dieser “kleinen” Pakete nicht mehr als drei Klubs sich zusammen tun – um Konkurrenz zum “All-Inclusive-Paket” zu vermeiden. Das erklärt z.B. warum bei Konamis Pro Evolution Soccer 2012 (lt. Wikipedia) nur zwei Bundesliga-Klubs voll vertreten sind (die “Vize-Edition” mit Leverkusen und Bayern, 2011 waren es noch Bayern und Werder).

Für die Bundesligavereine schafft die Individualvermarktung beim “eGaming” neue Erlösmöglichkeiten durch Apps oder Browser-Games. Dabei können diese Spiele entweder verkauft werden, durch Sponsoring/In-Game-Werbung oder durch In-App-Payments finanziert werden – oder auch alles zusammen. Aus dem Prinzip “Farmville” lassen sich leicht entsprechende Managerspiele für die Vereine ableiten. Auf dem SportsMedia Summit wurde z.B. der BVB für seinen “BVB Fantasy Manager” ausgezeichnet. Auf dem Track selber war Alexander Jobst von Schalke 04 einer der Vortragenden und wies dezent darauf hin, das Schalke mit dem baugleichen (sprich: vom gleichen Produzenten lizensierten) Spiel einige Tage eher als der BVB auf dem Markt gewesen sei.

Alexander Jobst wurde in seinem Vortrag nicht müde zu betonen, dass es natürlich nicht um Kommerz um jeden Preis gehe, sondern man immer authentisch beim Image des Vereins bleiben müsse. “Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund”, “Erhöhung des Involvements der Fans und Stärkung der Bindung” – ach ja, und: “werthaltige Plattform für Sponsoren” und Verzahnung der Vereinsaktivitäten in den neuen Medien mit den Sponsoren und Partnern. Aber immer daran denken: “Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“.

Die Definition die Jobst für die Marke “Schalke 04” gab, war aber so allgemein und Bullshit-Bingo-esk, dass die entsprechenden Attribute auch für 10 andere Bundesligisten zutreffend sein dürften: “Fans”, “Tradition” und “Erfolg” – weiter aufgeteilt in “Leidenschaft”, “Regional, National, International”, “Treue und Zusammenhalt”, “1904, Parkstadion, Glückauf-Kampfbahn”, “e.V.”, “Gelsenkirchen”, “Morgen: Jugendarbeit”, “Heute: Profiabteilung”, “Gestern: Schalker Kreisel”.

Aus der sehr bekannten Marke “Schalke 04” und entsprechenden Sympathiewerten plus Wachstumsmarkt Computerspiele (“Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“) ergab sich für Schalke 04 die Überlegung erste Schritte in den Spielemarkt zu versuchen. Als erster deutscher Verein kam man im Januar 2012 mit einer Lizenz eines Spiels des Herstellers “From the Bench” auf dem Markt, dem FC Schalke 04-Fantasy Manager – sowohl für Facebook als auch iPhone. Erfolg: über 50.000 Downloads und “signifikante Erträge” im mittleren, fünfstelligen Bereich (“Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“).

Man ahnt das man das Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft hat. Nutzerzahlen und Umsätze (“Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“) in Spanien und der Türkei seien deutlich höher und die Attraktivität für Sponsoren und Partner würde mit wachsenden Nutzerzahlen noch weiter steigen (“Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“). Man sieht diesen Bereich als langfristiges Investment für einen Zeitraum von 4-5 Jahre an.

Die nächste App ist auch schon in der Pipeline: “Die Fanliga” von Project Zebra, bei dem das Prinzip ihres Erfolgsspiels “Bunker Buster” auf Schalke 04, Deutschland und Fans übertragen wird. Im Rahmen des Tracks sprach auch der Mitbesitzer von Venista Ventures und Risikokapitalist des Spieleherstellers Project Zebra, Oliver Wimmeroth, über die App-Entwicklung. Betitelt unter “Ortsgebundene Apps – und was der Sport daraus machen kann“, war es halb ein Verkaufsgespräch eines Investmentsgeber und halb die Entstehungsgeschichte der Fanliga-App – aber nichts über die Besonderheit von ortsgebundenen Apps im Speziellen.

Das Interessanteste am Vortrag war, wie auch schon bei den Vorträgen zu Smart-TV, das Betonen wie wichtig die Nutzerdaten sind (“Data is value” – Wimmeroth).

In diesem Sinne:
Kommerzielle Zwecke stehen im Hintergrund“.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Richtig schick find ich HbbTV, wenn es richtig gemacht ist .

    Das Problem bei dem ganzen ist …
    – Die meisten Leute scheitern schon am WLAN für ihren Fernseher
    – Bei einigen Modellen ist vieles gar nicht defaultmäßig aktiv (HbbTV,LG).

    Habe erst am Wochenende meinen Kumpel gezeigt, was eigentlich mit seiner Kiste möglich ist.
    LG hat zum Beispiel einen MediaLink-Adapter zum PlexMedia-Server.
    Da ging die Kinnlade runter, als die Filmposter der ganzen Filme, die auf der Laptop-Platte liegen auf dem Fernseher auftauchen.

  3. @dogfood
    Irgendwie kapiere ich die Brücke von “Wir wollen keine kommerziellen Zwecke errichten!” zum Text nicht. Fehlt da evtl. noch Text?

  4. Ja! google reader zeigt einen viel längeren Text als die Webseite in Firefox!

  5. Danke für den Hinweis. Ich hatte den Einbettungscode des Videos falsch auskommentiert und WordPress hat daraus ein öffnendes Kommentar-Element ohne schließendes Kommentar-Element gemacht: also den kompletten Text ab Video abgeschnitten.

  6. das IKEA-Ding hat das Potential, richtig groß zu werden. In Zeiten, wo sich die technischen Eigenschaften der Geräte kaum noch groß voneinander unterscheiden ( LED, irgendwas mit +400hz, 1080p, WLAN, USB, 3xHDMI, CI+-Slot, NET-TV, und so weiter ) und irgendwelche hochpreisigen Spielereien allenfalls für eine kleine Anzahl Geeks interessant sind, macht so eine all-in-one Lösung Sinn.
    Und tatsächlich habe ich mich im IKEA schon mehrfach gefragt, warum ich den passenden Fernseher für mein TV-Möbel nicht gleich auch dort kaufen kann. Geht ja bei weisser Ware auch, Kühlschränken, Herden, Spülmaschinen, etc.
    Also ein durchaus konsequenter Schritt, zumal die logistischen Voraussetzungen ideal sind. Es gibt eine straff durchorganisierte Supply Chain, bei der es im Grunde egal ist, ob ich Fernseher oder Billy-Regale beschaffe, und ein weltweit vorhandenes Händlernetz.
    Interessant wäre es jetzt noch, zu erfahren, wer die Hardware montiert, aber das wird sicher auch noch rauskommen.

  7. Dafür war im RSS-Feed nix von dem Video zu sehen :-)

    War also in jedem Fall gut nochmal drauf hinzuweisen heute morgen.

    Jetzt kann ich mir endlich was unter Uplever vorstellen… Tiwie!

  8. RE: Smart-TV

    Was mich ziemlich nervt, ist das magere App-Angebot, was auch daran liegt, daß die meisten Herrsteller noch eigene Süppchen kochen, Apps somit Anpassungsaufwand mit sich bringen. Verstärkt wird der Mangel zum Teil durch länderspezifische Einschränkungen, was die Verfügbarkeit betrifft. Bei einigen Sachen reicht es da, die Ländereinstellung zu ändern, bei anderen nicht.
    NHL Gamecenter fällt laut einem Beitrag im LG-Forum wohl zu letzteren.
    Da bei mir ein TV-Kauf ansteht und ich den Gedanken mag, mit möglichst wenigen zusätzlichen Geräten am Fernseher auszukommen, habe ich mal beim Support angefragt. Hier die Antwort:

    We have no updates regarding smart TVs in Europe yet. Please check our website in September.

    Thanks,

    NHL Support

    Vielleicht tut sich also zur nächsten Saison was. Der Empfang per Xbox Live wird dann ja auch möglich sein. Und falls dem so ist, dann hoffentlich nicht mit ausschließlicher Unterstützung neuer Geräte oder Hersteller-Exklusivität.