Großreinemachen beim VfB Stuttgart. Für wen?

Das Modell Wolfgang Wolf und Marek Mintal von Nürnberg nach Stuttgart kann wohl inzwischen ad acta gelegt werden.

Es überrascht wie lange der VfB für die Trainersuche braucht. Nicht angenehm für den nächsten Coach, denn unterdessen wird im Kader aufgeräumt. Kevin Kuranyi folgt – je nach Lesart – entweder dem Lockruf des Geldes oder wurde einmal zu häufig vom Stuttgarter Präsidium angepinktelt. Hakin Yakin kehrt zurück in die Schweiz und Imre Szabics geht zum 1.FC Köln.

Damit hat der VfB endgültig sich von der Magath-Ära verabschiedet. Mit Kuranyi geht die zweite (Lahm) von vier Schlüsselfiguren (Hildebrandt, Hinkel) für den damaligen Aufschwung von Bord. Es spricht nicht für die Instanzen des Vereins, das einst Konstanz angekündigt wurde, aber immer wieder Schritte getätigt worden sind, um das Fundament des von Felix Magath Aufgebauten abzureißen. Das fing schon mit der Wahl von Mathias Sammer als Nachfolger an, dem alles nachgesagt wurde, nur nicht Aufbauarbeit von jungen Talenten.

Man kann es sich im Falle von Kuranyi leicht machen und das Motiv für den Wechsel im Penikunären suchen. Ich weise aber darauf hin, dass es beim Wechsel von Kuranyi einige Parallelen zum damaligen Wechsel von Magath gibt und Ursachen auch im Präsidium und Management zu finden sind.

Bereits zum Ende der Saison hat sich Kuranyi über mangelnden Rückhalt aus dem Verein beschwert. Laut Stuttgarter Zeitung sagt er nun:

In den letzten Wochen kam nicht ein Anruf vom Präsidium. Keiner hat mir gezeigt, dass man mich halten will. Das hat mich sehr enttäuscht

Erinnert sei an “Magaths Tag der Abrechnung“, in der er in einem Interview mit der SZ ein halbes Jahr vor seinem Wechsel dem Präsidium das Menetekel an die Wand gemalt hat und es nicht reagierte.

Und um die Sache mit dem Lockruf des Geld zu relativieren, sagt Kuranyi – nicht ungeschickt – dass der VfB mit diesem Transfer (7 Mio EUR) mit einem Schlag mehr Geld einnimmt, als der VfB dem Kuranyi bislang jemals als Gehalt gezahlt hat.

Man ahnt dass der nächste Trainer des VfB in ein Vakuum reinkommt, dass er zunächst selber mit Struktur und Vision füllen muss.

Nur wer dieser Trainer ist, ist noch offen. Der am häufigsten gehandelte Name ist Walter Schachner vom Grazer AK, mit dem man bereits letztes Jahr in Verhandlungen stand. Aber gerade deswegen hätten die Verhandlungen mit ihm schnell über die Bühne gehen müssen. Was ist das Problem? Fordert Schachner zu viel? Zu viel Geld? Zu viel Macht? Oder ist Schachner nur Plan B?

Laut WELT werden derzeit zwei weitere Namen in die Runde geworfen. Eine “kleine” Lösung namens Trond Sollied vom FC Brügge. Belgischer Meister geworden, offensivfreudig, in Europa begehrt.

Und eine große Lösung namens Giovanni Trapattoni, den Staudt angeblich favorisieren soll.

Oh je, Trapattoni… Ein netter, manierlicher, älterer Herr. Aber wie der VfB darauf kommt, das Trapattoni in sein Profil passt? Zum einen ist Trapattoni ein Reisender. Nun hat er auch beim FC Porto, trotz Titelgewinn, seine Zelte vorzeitig wg. Heimweh abgebrochen. Das Thema sollte den Bayern nur zu bekannt sein…

Zum anderen ist Trapattoni ein guter Verwalter. Er kann auf Bestehendem sein eigenes System aufsetzen (zumindest meistens. Beim ersten Anlauf mit den Bayern hat es nicht geklappt, die 4er-Kette wurde zugunsten des Liberos Matthäus aufgegeben). Aber er ist keiner der in Zeiten des Umbruchs vorangeht und “Folgt mir!” sagen kann.

Und einen Trapattoni zu nehmen, nachdem das zahlende Volk die Spieler u.a. wegen ihrer defensiven Ausrichtung ausgepfiffen hat…

Die Lösung Trapattoni wäre die Entscheidung des VfB das Stil über Konzept geht. Wenige Wochen nachdem mit Sammer ein “konzeptfreier” Trainer entlassen worden ist, erweist sich der VfB als sehr schmerzfrei.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Trap war doch bei Benfica, oder?

  3. @tierpfleger: hast recht.
    Die damaligen Bayernspieler haben später immer noch vom Training Traps geschwärmt. Ich glaube aber auch, das der italienische Catenaccio vom schwäbischem Publikum so sehr gewünscht wird wie eine Übernahme von Mercedes durch Fiat.

  4. Hallo,

    ziemlich schlecht und oberflächlich recherchiert. Da fällt der Fehler mit Porto schon gar nicht mehr ins gewicht. Sammer wurde nicht entlassen weil er Defensivfussball spielen liess, sondern weil er Konzept-und Systemlosen Defensivfussball spielen lies. Dazu kommt Lahm war KEINE der Säulen, da schon von vornherein feststand das er gehen würde. Hleb als eine der Säulen zu unterschlagen lässt auch nicht gerade auf Sachverstand schliessen und Magath warf dem Verein vor das kein richtiger Manager da sei. Die, die da waren und mittlerweile einen guten Job machen, hat Magath persönlich geschasst. Magath hat mit seinen Transfers, die er unbedingt wollte ca. 5 Mio (Yakin und Centurion)verbraten. Dann aber immer noch neue Transfers gefordert. Und das zu einem Zeitpunkt als schon feststand das er demnächst zu den Bayern wechseln wird. Ausserdem, das der Autor einer Rotznase (in dem Alter sind ALLe nur Rotznasen, ich wars auch), die Kompetenz über die Arbeit in einem Klub zu urteilen zuspricht, macht mich schon stutzig.

    Ciao BarFly

  5. Re: Lahm/”da schon von vornherein feststand das er gehen würde

    Lahm war zwar ausgeliehen, aber Stuttgart hoffte Bayern von einem Kauf zu überzeugen, nicht zuletzt weil Bayern seinerzeit noch die Option Tobias Rau hatte. Rau war der Grund weswegen Lahm überhaupt erst ausgeliehen wurde. Erst zeitgleich mit den Vertragsverhandlungen wg. Magath zeigte sich, dass die Bayern auf eine Rückkehr von Lahm hohen Wert legen würde, nicht zuletzt weil sich schon andeute, dass Rau wohl keine Lösung für die linke Abwehrseite werden würde und Magath Lahm hochgebracht hatte.

    Re: Hleb
    Ja, Hleb habe ich unterschlagen, was aber u.a. auch dadurch herrührte, das Hleb zwar von Magath gefördert wurde, aber Hleb seine VfB-Premiere vor Magath erlebte. Wie allerdings auch Hildebrandt. Und wenn Hleb verkauft wird, wären es drei von fünf “Säulen”, was den Umbruch noch größer erscheinen ließe.

    Re: “Magath warf dem Verein vor das kein richtiger Manager da sei
    Das auch. Wärst du aber dem Link “Magaths Tag der Abrechnung wird kommen” gefolgt, hättest du anhand der dort aufgeführten Zitate lesen können, dass die atmosphärischen Störungen eben sich nicht nur auf das Manager-Problem bezogen, sondern ganz konkret auf Handlungen des Präsidiums und die zögerlichen Vertragsverhandlungen mit ihm.

    re: “Die, die da waren und mittlerweile einen guten Job machen, hat Magath persönlich geschasst.

    Meinst du Briehm und Schneider? Die Behauptung dass sie einen “guten Job” machen, ist nicht unumstritten. Immerhin gab es nun innerhalb kürzester Zeit Knatsch mit Kuranyi und Hildebrandt. Dann noch die mit lautem Getöse geplatzen Verhandlungen mit Uli Hoeneß, der dem VfB damals Vertrauensbruch vorwarf und zu Schneider sagte, er wisse nicht, ob Schneider noch etwas im Verein zu sagen habe.

    re: “Defensivfußball”
    Ob die Zuschauer nun wegen “konzeptionslosem” oder einfach nur “normalem” Defensivfußball sauer sind, werden wir feststellen, sollte “Trap” kommen. Ich wage die Behauptung dass in der Post-Magath-Ära die Zuschauer nicht die Kehrtwende Richtung Defensive haben wollten, sondern iommer noch “young guns” die aufs Tor bolzen.

    Sicher verklärt da beim gemeinen Zuschauer die Erinnerung so einiges, denn auch Magath ließ nicht an 360 tagen im Jahr Pressing und schnellen Kombinationsfußball spielen. Und auch Magaths Endphase in Stuttgart war spielerisch nicht funkensprühend.

    Aber genau das sind die Schwierigkeiten mit denen ein Trainer auch umgehen muss und wenn ein “Dickschädel” wie Sammer für solche Resentissements nur ein “Leck mich am Arsch” über hat, muss er sich nicht wundern, wenn der Stöpsel plötzlich gezogen wird.

  6. Dieser Verein, dem seit 1978 seit den Zeiten der Förster-Brüder und Hansi Müller meine Sympathien gehörte, war noch nie in der Lage systematisch einen Aufbau zu betreiben und dauerhaft Erfolg zu erzielen. Man baut immer wieder was auf, aber wie kleine Kinder reißt man dann hirnrissigerweise alles wieder ein. Wenn ich denke welche Superspieler schon alles da waren: Die drei von oben, Buchwald, Klinsmann, Bobic, Balakov, Kuranyi und so weiter. Und was sprang raus: Deutscher Meister 1984 und 1992 (da aber nur weil die anderen nicht wollten !) und Deutscher Pokalsieger 1997. Aus diesem Verein wird nie was werden. Meine Freundschaft, die seit 27 Jahren andauerte, ist seit der letzten Saison beendet. VFB ade !!!