Fußball Shots: Nur 48 Stunden

Jan-Christian Müller von der Frankfurter Rundschau macht auf einen “Kollateralschaden” des Einzugs der fünf Mannschaften starken Armada der Bundesliga in den UEFA-Cup aufmerksam.

Fünf Mannschaften für den Donnerstags-Termin (und mit Abstrichen auch Mittwochs-Termin). Fünf Mannschaften die sich selbst um die TV-Vermarktung und der wenigen Übertragungstermine kümmern und kämpfen müssen. Und nicht zuletzt fünf Mannschaften die am darauffolgenden Bundesliga-Spieltag erst am Sonntag und nicht bereits 43 Stunden später am Samstag spielen wollen.

Mit anderen Worten: seit Mitte der Woche ist die ärmste Sau im Lande der DFL-Terminplaner Götz Bender.

Strukturwechsel

Als Giovanni Trapattoni vom VfB Stuttgart verpflichtet wurde, wurde viel über seine defensive Einstellung diskutiert. Für den Beobachter wurde der VfB zu einem der spannendsten Experimente der Saison.

So gesehen erfüllt Trapattoni die in ihn gesetzten Erwartungen. Allerdings nicht in dem er eine defensive Taktik gegen den Willen der Spieler und Zuschauer durchprügelt. Mit Beginn der Bundesliga hat Trapattoni ein ganz anderes Faß aufgemacht und Zvonimir Soldo, die Stuttgarter Leitfigur auf die Bank gesetzt.

So putzig Trapattoni auch spricht, er ist nicht unbedingt der gehaltvollste Redner und man muss raten, ob er gerade wieder wild irgendwelche Begriffe aus der deutschen Sprache vor sich hin assoziiert oder doch etwas mehr dahintersteckt.

Im Falle von Zoldo steckt mehr dahinter und das macht das Experiment Trapattoni und Stuttgart noch interessanter.

Trapattoni ist nicht einfach nach Stuttgart mit der Mission gekommen, erfolgreich zu spielen oder der Mannschaft eine Taktik zu überstülpen, sondern die Mannschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern. Bereits nach dem ersten Spiel radebrechte er, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, bezüglich Soldo, dass die Mannschaft nicht so weitermachen kann wie bisher, wie unter Sammer, sondern neue Impulse braucht. Und die Herausnahme von Soldo hatte weniger mit der Person oder dem Spieler Soldo zu tun, sondern mit Hierachien und Statik.

So wie bei Mutter Natur auf abgebrannten Wiesen und Feldern eine neue Flora und Fauna entsteht, reißt Trapattoni der Mannschaft das “Herz” Soldo raus und baut darauf, das – von ihm kanalisiert – neue Strukturen entstehen.

In der FAZ wird in “Denkmalstreit statt Denkmalpflege” Trapattoni zitiert:

„Das ist wie ein kleines Erdbeben”, sagt Trapattoni und fordert eine „neue Mentalität”, weil sich andere Spieler nicht hinter einer Führungsfigur wie Zvonimir Soldo verstecken dürften. Deshalb, so macht Trapattoni deutlich, sitze der Kapitän draußen. Es müsse auch ohne den „Vater” gehen. Soldo sei nämlich so etwas wie ein übermächtiger Vater in Stuttgart. „Die Spieler hier haben die Tendenz, sich unterzuordnen. Wenn dann eine Führungsfigur wegbricht, können sie nicht mit dieser Situation umgehen.”

Der Erfolg von Trapattoni wird nicht davon abhängen ob die neuen Spieler wie Tomasson und Grönkjaer das Machtvakuum besetzen können, sondern inwieweit die Schlüsselspieler der bisherigen Mannschaft ihre verständlichen Ressentiments gegen die Aktion Trapattoni überwinden können und sich der neuen Situation stellen, oder ob sie in eine Art Grundsatzopposition fallen, die Konzepte von Trapattoni ablehnen und alle Ansprachen vom einen Ohr zum anderen durchrauschen lassen.

Trapattonis Ambitionen könnten bei entsprechenden Niederlagen sehr schnell einer Realpolitik weichen.

Auf der Meta-Ebene ist Stuttgart momentan das spannendste Team in der Liga. Heute nachmittag gegen Bremen.

(Weiterer Link: WELT, Hat-Tip “Indirekter Freistoß“)

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp