Am Tag vor der Rückrunde

Pünktlich mit Ende der Winterpause hat sich der Winter in Deutschland angemeldet. Sogar in Hamburg liegt Schnee. An unberührten Stellen dürfte das ein guter Zentimeter sein. Folge: es gibt die erste Spielabsage: eines der Freitagsspiele Augsburg – Paderborn ist abgesagt worden und soll nun am Dienstag nachgeholt werden. Damit gibt es am Freitag nur zwei Spiele, u.a. Kölns Auftritt in Burghausen. Der 1. FC Köln ist in Sachen “Wechselwirkung” zwischen Trainer und Mannschaft derzeit sowieso eine der interessantesten Mannschaften, zumal Christoph Daum sehr schnell von einer Eskalationsstufe zur nächsten schreitet. Ich bin gespannt wieviel Daum noch im Köcher hat, nachdem er nun bereits nach drei oder vier Spielen das Mittel der öffentlichen Mannschaftsbeschimpfung gezogen hat. Da brauchen andere Trainer 17 Spieltage und eine Winterpause zu.

Die Hamburger Gazetten machen heute mit der “Wutrede” vom HSV-Trainer Thomas Doll auf, der gestern erstmals seine Contenance außerhalb geschlossener Türen verloren haben soll und seine Spieler auf dem Platz eine halbe Stunde lang zusammengestaucht hat. Die Hamburger Morgenpost spricht davon, das Doll “die Düse geht”. Das Hamburger Abendblatt will aus Spielerkreisen gehört haben, dass der Auftritt für “ganz stark” befunden wurde. Wenn Spieler semiöffentlich die Ohrfeigen an die eigene Adresse als ganz starke Aktion des Trainers bezeichnen, hat Doll wirklich ein Autoritätsproblem. Wenn z.B. ein Uli Hoeneß zuschlägt, hinterläßt er ein Blutbad, aber keine Claqueure.

Die Verunsicherung nach der Pleite gegen Bayern ist gewaltig. Ich habe mit einigen HSV-Fans gesprochen. Denen geht vor dem Bielefeld-Spiel, um den Ausdruck wieder zu gebrauchen, mächtig die Düse. Alle haben die gleiche vernichtende Beurteilung: alle haben vor der Winterpause die Hoffnung auf das Trainingslager gesetzt, dass alles wieder richten sollte. Das Bayern-Spiel und der blaße 2:0-Sieg gegen Altona 93 Mitte der Woche lassen aber ahnen, dass nicht eine einzige Baustelle erledigt ist.

Das läßt vielen das Messer in der Tasche aufgehen und eine Trainerentlassung von Thomas Doll dürfte in den nächsten Wochen sehr viel besser zu vermitteln sein, als noch vor Weihnachten. Trotz aller Probleme die ein so später Trainerwechsel nach sich zieht.

Benny Lauth ist auf Leihbasis nach Stuttgart abgegeben worden, Tomasson ist zu Villareal gegangen.

Michael Horeni greift in der FAZ auf, was ich vor zwei Wochen zum FC Bayern schrieb. Die Headline sagt alles: “Was wollen die Bayern eigentlich?”

Erstmals klingt auch Kritik an Hoeneß durch. Horeni erwähnt die interessante Zahl, dass der FC Bayern in den letzten fünf Jahren ein Transferminus von 90 Mio EUR erwirtschaftet habe (zum Vergleich: Werder = 3 Mio minus), weil die Bayern ihre Spieler erst mit Vertragsende ziehen lassen und dann meistens ablösefrei.

Das ist nicht per se problematisch, da der FC Bayern sich dieses finanziell leisten kann und dies auch grundsolides Handeln verrät. Die Frage ist aber, ob der FC Bayern sich dadurch nicht auf Flexibilität raubt, um auf dem Spielermarkt zu agieren.

Horeni macht als eigentlichen Schwachpunkt aus, dass Trainer, Manager und Vorstandsvorsitzender keine gemeinsame Vision haben. Felix Magath hält sich komplett aus den Diskussionen raus, während Hoeneß, Rummenige und Beckenbauer sich uneins sein sollen. Die Plaudertasche Beckenbauer wird bei 30 Mio EUR für Hargreaves schwach und würde ihn am liebsten in ein Taxi nach Manchester setzen. Die teilweise unrealistischen Namen die in der Öffentlichkeit gestreut werden (Ribéry) lassen ebenso steigende Verunsicherung erahnen, wie der mißglückte Hoeneß’sche Publicity-Stunt in Sachen Schlaudraff:

Die Handlungen waren zuletzt symbolische Akte. „Selten habe ich so hartnäckig an einem Transfer gearbeitet“, sagte Hoeneß über die Verpflichtung von Jan Schlaudraff im Dezember. Er wollte nicht, dass Werder den Stürmer bekommt. „Das musste schon einmal gezeigt werden“, sagte der Manager. „Schlaudraff tut mir leid. Wenn ich lesen müsste, dass man mich nur geholt hat, um Werder eins auszuwischen . . .“, spottet der ehemalige Bayernprofi Torsten Frings von Tabellenführer Werder im „Kicker“ über die Bayern-Transferpolitik.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Pfui deibel, Herr Hoeneß!!!

    Shame on you!!!

    Da muss endlich ein fähiger Mann her!

    Hoeneß ist ein Relikt aus alten Tagen

  3. aus dem FAZ-Artikel:
    >

    “Ich bin hier nur der Felix und mache meinen Job, also lasst mich in Ruhe”
    schwach schwach schwach

  4. Gibt es eigentlich irgendeinen europäischen Spitzenklub, in dem sich der Trainer derart aus strategischen Entscheidungen raushält? Das war mal vielleicht bei Real der Fall, Stichwort “Die Galaktischen” oder ist jetzt ein Teil des Problems bei Chelsea (wobei Mourinho sich nicht freiwillig raushält)

  5. Gerade der Trainer verörpert doch eigentlich eine Vision, die dann vom Management mit umgesetzt werden muss, bei der Auswahl, bzw. Anschaffung der Spieler. Darum spricht man doch vorher mit einem Trainer, um seine Vision zu hören.

    Aber beim FCB hat wohl nur Beckenbauer eine Vision. Und die lautet: “Topstar einkaufen!” “Messi”!

  6. Naja, das ist Ansichtssache. Man sieht ja auch oft, dass wenn ein Trainer entlassen wird, der Nachfolger einen Gutteil der Mannschaft aussondert. Dass man also einseitig abhängig wird von den Trainervisionen ist auch keine Alternative.

    Nichtsdestotrotz sollte der Trainer eine Vision haben, diese mit der Vereinsführung in Einklang bringen, und dann die passenden Spieler holen. Diese geteilte Vision fehlt bei den Bayern und bildet gerade im Rückblick auf die Zeit mit Hitzfeld einen Kontrast.

  7. enrasen@ Messi! Kostet der nicht mind. 150 Mio.?

  8. @Pats: Egal wieviel der kostet, dem würde der Franz den ganzen weg von Barcelona bis nach München den Schw….. lu……. ! Dafür würde er als Mäzen dienen und seine eigene Tasche öffnen, vielleicht sogar adoptieren, dann geht es ohne Ablöse, wenn der Papa ruft.?! Was Rummenigge dazu sagt wissen wir ja. Vielleicht aber dann, wenn Nike den Bayern 1.000 Mio €uronen für 5 Jahre bietet…..!