Was ist mit den deutschen Junioren los?

Was ist das Problem der deutschen Junioren-Nationalmannschaften, dass neben der U19 (bei der EM vor einigen Wochen) nun auch die U17 regelmäßig nach einer Stunde kräftemäßig kollabiert, wackelt und wankt?

Die U17 bei der momentanen WM im ersten Spiel gegen Kolumbien: 3:1 geführt und in der 87ten den Ausgleich bekommen. Die Mannschaft heute gegen Ghana: 3:0 geführt, in der zweiten Halbzeit binnen weniger Minuten zwei Treffer kassiert und in den Schlußminuten ein heiteres Tontaubenschiessen der Ghanaer durchgemacht, inklusive eines Lattentreffers 10 Sekunden vor Abpfiff.

Die U19 bei der EM: den Anschlußtreffer beim 3:2 gegen Russland in der 90ten bekommen. Den Ausgleichstreffer zum 1:1 gegen Frankreich in der 72ten bekommen. Beim furiosen Spiel gegen Serbien den zwischenzeitlichen Ausgleich per Eigentor in der 90ten erzielt. Gegen Griechenland den Siegtreffer zum Ausscheiden in der 90ten bekommen.

Beängstigende Serie.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Nett, selbiges dachte ich mir im gleichen Wortlaut beim 2:3 der Ghanaer.

    Ich frag mich das im Grunde schon seit der U19 EM und es hört hier ja nicht auf. Gegen Kamerun müssen sie im Ende noch dankbar sein, nicht verloren zu haben.

    An der Kondition allein kann es meiner Meinung nach nicht liegen und ich bezweifel, dass die Qualität der Einzelspieler so mangelhaft ist, dass es dauernd so ausgeht. Was ich mir so gedacht habe: Vielleicht fokussiert man sich seit Klinsmann ZU stark auf die Offensive. Dieser Philosophiewechsel bei den Juniorenteams hin zu Risikobereitschaft, dem Suchen von 1-gegen-1 Situationen und dem permanenten Einsatz offensiver Außenverteidiger mag vielleicht dazu geführt haben, dass den Jugendlichen dann die Kraft und auch die Lust an der Defensivdisziplin flöten geht. Man darf ja nicht vergessen: Die Jungs kriegen diese Art von Spiel mittlerweile seit 3 bis 4 Jahren vermittelt und das prägt sich ein, es sind ja noch keine Profis.

    Dabei herausgekommen sind zweifellos schön anzusehende Spiele aller Juniorenteams, feine Offensivtechniker wie Kroos, Boateng, etc. aber leider halt auch massig Gegentore in den großen Turnieren und Blackouts in entscheidenden Momenten.

    Vielleicht hat man bei aller Begeisterung schlicht vergessen, dass erfolgreicher Fussball auch mit enormer taktischer Disziplin zusammenhängt. Dies zeigen ja die Teams aus Spanien, Frankreich und Argentinien immer wieder.
    Vielleicht hat man ja auch eine regelrechte Paranoia vor zu großer taktischer Disziplin entwickelt, wo doch momentan in Deutschland alles so schön und offensiv ist…

    Nur eine Mutmaßung. Aber aus meiner eigenen Erfahrung mit Juniorenteams weiss ich, dass es schwer ist mit Jugendlichen gleichzeitig schön offensiv und erfolgreich defensiv zu arbeiten.

  3. Man darf auch nicht vergessen, Junioren sind wesentlich anfälliger für kleine Begebenheiten während eines Spieles. Noch mehr als bei den Erwachsenen sind hier Ergebniskorrekturen von 3:1 auf 3:2 Anlass zu Hektik, die Spieler verlieren aufgrund mangelnder Erfahrung schneller den Überblick, wollen ihre Fehler übereifrig korrigieren.

  4. … und dazu gehört auch, ein Spiel wirklich bis zum Ende konzentriert durchzuspielen – sprich: eine Führung bis zum Schluss zu verwalten. Dazu gehört auch Routine, die Jugendliche natürlich noch nicht haben. Das zu trainieren, ist (glaube ich) recht schwer.

  5. Naja, bei anderen Nationen klappt es aber auch und das nicht nur punktuell. Ich glaube einfach, man hat so enormen Nachholbedarf gehabt in den letzten Jahren, dass da auch einiges auf der Strecke geblieben ist. Man hat jahrelang gesagt “Ausbildung ist wichtig, wir brauchen wieder technisch starke Offensivspieler” und jetzt heisst es unter Sammer auf einmal “wir brauchen Siegermentalität und Erfolgsdenken bei den Jungs”. Das passt einfach noch nicht. Die kommen noch aus der Zeit in der man Strassenfussballer nachbilden wollte und sollen jetzt auf einmal wieder durch Verwalten Punkte holen. Das beisst sich einfach. Möglich, dass es aber mit der Zeit besser wird und man mittlerweile eine Balance gefunden hat, aus der heraus sich ein gutes Mittelding entwickelt.

  6. Mir gefällt diese Diskussion über den Jugendfußball in Deutschland. Gottseidank scheinen wir ja nun überwiegend Spieler in den aktuellen Jahrgängen zu besitzen, die, wie noch vor nicht allzu langer Zeit, das Spielgerät primär als ein feindliches Objekt betrachteten. Die beiden Matches der deutschen U17 in Süd-Korea habe ich auf Eurosport angeschaut. Mir sind dabei zwei Dinge aufgefallen. Erstens schienen die Gegner körperlich robuster zu sein. Das deutsche Team versuchte diesem Manko mit technischen Fertigkeiten zu begegnen. Dabei ging aber die Interaktion aller Mannschaftsteile verloren und es schlich sich zwangsläufig eine gewisse Nervosität ein. Bezeichnend dafür das Missverständnis zwischen dem deutschen Torhüter und seinem Abwehrspieler, das zum Anschlusstreffer der Kolumbianer führte. Auch die ghanaischen Distanzschüsse, überwiegend doch recht gefahrvoll, waren, in meiner Interpretation, Ausdruck des größeren Durchsetzungswillens (klappt es nicht filigran, kommt die Brechstange zum Zuge) der afrikanischen Spieler.
    Der zweite Aspekt, und hier grüßt Joachim Löw, ist das mangelhafte Tackling der deutschen U17-Abwehrspieler. Unzählige Chancen der beiden Gegner, und ich rede ausschließlich von den Spielen des deutschen Teams in Süd-Korea, wurden durch Fehleinschätzungen im Abwehrverhalten ermöglicht. Beispielgebend der Ausgleich der Kolumbianer, als ein deutscher Spieler sich (zum wiederholten Male) beim Kopfball verschätzte.
    Generell denke ich aber auch, dass das Begehen von Fehlern für jugendliche Sportler eine wichtige Erfahrungskomponente darstellt. Eine temporeiches Spiel, und Kolumbien und Ghana haben ja einen mächtigen Druck ausgeübt, beinhaltet einige individuelle Fehler. Auch im Seniorenbereich (siehe E vs D am vergangenen Mittwoch).
    Und, je mehr Fehler im Jugendbereich geschehen umso größer ist eventuell die Chance frühzeitig entgegen zu wirken. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Trainer wie Heiko Herrlich, stellvertretend für viele andere Coachs, jenes pädagogische und taktische Fingerspitzengefühl besitzt, die jungen Fußballer, die ja in diesem Alter vermutlich auch schon Jungunternehmer sind) einprägsam zu unterstützen und ihnen nicht mit (den Fußballlehrerseminaren der Sporthochschulen sei Dank) rustikalen Attitüden entgegnet. Und eine erfolgreiche, sprich auf den Gewinn von Meisterschaften, konzentrierte Jugendarbeit muss sich ja nicht nahtlos im Seniorenbereich fortsetzen. Spanien und Portugal scheinen sich bezüglich ihrer Nationalteams in einem iberischen Lamento nicht zu gewinnender Europa- und Weltmeisterschaften zu bewegen. Oder ist es der Fluch der Erfolge im Jugend- und Juniorensektor?
    Grundsätzlich erfreue ich mich an der offensiven Spielweise der deutschen Jugendteams. Das ist doch schon einmal ein angenehmer Umstand. Was mir missfällt, ist das rhetorische Postulat, das mittlerweile jedem Turnier vorausgeschickt wird: “Wir wollen den Titel”. Bei diesen offensiven Aussagen, gerade im Jugend- und Juniorenbereich, gilt es zuvor genanntes zu beachten. Und die natürlich mangelnde Erfahrung und Konstanz von jugendlichen Sportlern, ist eine Unwägbarkeit, die viele Variable beinhalten kann.

  7. Sagt mal, ist es im Jugendbereich nicht besser, nach 3:0-Führung noch 3:4 zu verlieren als professionell 1:0 zu gewinnen oder 0:1 zu verlieren? Weil man die in dieser Situation nötige Routine als Profi sowieso noch lernt?
    Ich meine, unsere Jugendauswahlspieler wurden in der Vergangenheit doch zwar immer Profis, aber aus überragenden Jugendspielern wurden bei uns eher selten auch nur gute Erwachsene. Und das lag bestimmt nicht daran, daß sie einen Vorsprung nicht gut verwalten konnten…

  8. Aber vielleicht ist es die Abgezocktheit die ihnen fehlt? In Vorbereitungsturnieren und -spielen gewinnen sie ja mit Leichtigkeit gegen die anderen “großen” Teams, spielen ohne Gegentore und mit z.T. deutlichen Ergebnissen. Und sobald die Turniere losgehen fangen die Leichtsinnsfehler an.

    Das sieht mir dann doch verdammt nach der Unfähigkeit mit Druck umgehen zu können aus. Vielleicht werden deswegen eher selten gute Erwachsene draus? Eventuell sind auch deswegen Defensivtalente eher Mangelware als Offensivspezialisten, die sich ja bei den Turnieren austoben können während die Verteidiger hinten die Hütte voll bekommen.

  9. Die Begründung ist für mich nachvollziehbar. Deshalb hat der DFB ja auch, so wurde berichtet, einen Psychologen nach Süd-Korea mitgenommen. Auch in der Bundesliga, i.e. Bremen, sollen diese Unterstützungen angeboten werden.
    Korrektur: Natürlich muss es heißen: “… scheinen wir ja nun überwiegend Spieler in den aktuellen Jahrgängen zu besitzen, die nicht mehr, wie noch vor nicht allzu langer Zeit, das Spielgerät primär als ein feindliches Objekt betrachteten.” Es kommt auf das NICHT MEHR an.

  10. Da wärs heute doch beinahe schon wieder in die Hose gegangen…Alter Schwede war das haarig.