WM2010-Heft: Planète Foot

Planète Foot Mai-Juin 2010

3,90 EUR (Frankreich, Deutschland: 5,60 EUR), 148 Seiten DIN A4

Kaufargument: A4-Mannschaftsposter aller Teams

Es wird laut, es wird lärmend: die Ausgabe Mai/Juni des französischen Magazins Planète Foot beschäftigt sich ausschließlich mit der WM. Von der Aufmachung dachte ich zuerst, ich hätte es mit der französischen Variante der Bravo Sport zu tun. Aber abgesehen vom schreiend lauten Layout, gibt sich das Heft nicht ganz so pubertär. Die knapp 6 Anzeigen im Heft sprechen nicht zwingend ein junges Publikum an: keine AXE-Werbung in der ein Deoroller zum Zauberstab eines Jungen zur Anziehung weiblichen Fleisches wird. In Frankreich erscheint das Magazin in der nicht so prallen Auflagenzahl von knapp unter 55.000 Exemplare (Schnitt 2009), Tendenz fallend. Vom Verlag habe ich noch nie etwas gehört und alle Webadressen die ich per Google auftreiben konnte, verweisen auf leere oder gesperrte Websites.

Die Heftstruktur ist schnell erklärt: die Teams (ja, alle Teams!) sind nach Gruppen sortiert (ja, alle Gruppen!) und bekommen zwei bis vier Seiten spendiert. Großes Bild, Teamportrait, einige Statistiken und 24 Köpfe aus dem Kader. Jede Gruppe wird mit einer Doppelseite zu den Stars der jeweils vier Mannschaften abgeschlossen.

In der Heftmitte gibt es jeweils ein A4-Poster einer der 32 WM-Teams. Vorne im Heft gibt es eine Doppelseite belangloser Kurznachrichten (Zwei französische Komiker, Omar et Fred, bereiten eine inoffizielle WM-Hymne vor) und eine Liste der WM-Schiedsrichter und WM-Stadien.

Yup, das war es dann schon. Das ist in der Tat genauso, karg wie es sich anhört. Bezeichnend für das Heft: die komplette Ausgabe wurde von nur drei Autoren runtergerissen: Chefredakteur Fréderic Lesmayoux, Stellvertretender Chefredakteur Roger Lewis und Reporter Mathieu Delattre. Auch nicht schlecht: eine Drei-Mann-Redaktion von der zwei Leute Chefredakteur sind.

Da wundert es nicht, dass das Versprechen auf dem Cover “Die 32 Teams auf dem Prüfstand” inhaltlich nicht erfüllt wird. Von “Prüfen” oder “Werten” kann nicht die Rede sein. Viel mehr versucht der ein- bis zweispaltige Text nur kurz das Ambiente vor der WM zu beschreiben. Das machen die drei Jungs recht clever. Selten das man das Gefühl hat, dass sie komplett daneben liegen würden (“der charismatische Joachim Löw“). Bei einigem hat man das Gefühl: jo, das ist als Beschreibung der Mannschaft fürs einminütige Lesen auf dem Klo gut getroffen. Bei anderem ziehen sie sich rechtzeitig ins Nebulöse zurück

Zum Beispiel bei Deutschland, dem Aufmacher der Gruppe D: “L’Ombre d’un doute” – Schatten eines Zweifels. Roger Lewis konzentriert sich auf zwei Facette. Der plötzliche internen Stimmungsumschwung nach den fehlgeschlagenen Vertragsverhandlungen von Löw & Co. mit dem Deutschen Zwanziger Bund läßt die Mannschaft mit einer latenten Unsicherheit in das Turnier gehen. Diese Unsicherheit würde durch einen Generationswechsel verstärkt werden: etablierte Kräfte wie Metzelder und Frings seien von der neuen Garde unter Druck gekommen und letztendlich geopfert worden und es gäbe zahlreiche Wackelkandidaten im Team – sei es verletzungsbedingt wie Rolfes, sei es aus disziplinarischen Gründen wie Kuranyi.

Frankreichs Mannschaft sei zuhause nicht besonders hoch im Kurs stehend und verunsichert dank des unbeliebten Trainers Domenech und zahlreicher alter Kämpen wie Henry, die im Klub ihre herausragende Stellung verloren haben. England sei sehr euphorisch, aber durch die Bridge/Terry-Geschichte mit möglichen Belastungen im Binnenverhältnis.

Auf den hinteren Plätzen tut es dann ein Griff in die Klischeekiste – wie z.B. bei Japan (“Herrscher des asiatischen Kontinents“, “spielen mit der Quirligkeit von Heuschrecken” ) oder handgeschnitzte Fakten aus der Béla Réthy-Karteikärtchen-Manufaktur (“Neuseeland hat das teuerste Mannschaftshotel sämtlicher Teilnehmer“).

Kein völliger Fehlgriff und inhaltlich etwas nahrhafter als das Sonderheft von Transfermarkt. Aber die Netto-Textmenge bei diesem 148-Seitenheft dürfte so bei 20 Seiten liegen. Der Rest geht an Bildern, Postern, Tabellen und Statistiken drauf. Also nichts für Leute die länger anhaltenden Lesestoff suchen.

Ach ja. Oben erwähnte Omar et Fred mit “Bleu, blanc, rouge” – im Video schlagen sie sich leider etwas unter Wert.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. “In der Heftmitte gibt es jeweils ein A4-Poster einer der 32 WM-Teams.”

    “Kaufargument: A4-Mannschaftsposter aller Teams”

    Also pro Ausgabe ein Team, und welches das ist, entscheidet der Zufall? Oder ein Poster mit allen 32 Teams? Oder 32 Poster mit je einem Team in jedem Heft?

  3. Äh, das war nicht als Kritik gemeint, sondern als echte Frage. Weil ich es nicht ganz begriffen habe.

  4. Naja, ich denk mal da hat dann einfach jemand auf den 16 Innenseiten jeweils die Mannschaftsphotos gedruckt, oder? Poster in A4 (also Heftgröße), da wär’ ein einzelnes von einer zufälligen Mannschaft nicht sehr sinnvoll, scheint mir.

  5. @Trainer Baade
    pro Team eine Seite = 32 Seiten.