Eine Frage des Charakters

Ich möchte gar nicht großartig auf das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Türkei eingehen. Es war schlecht, es war unansehnlich und nimmt man drei der letzten vier Spiele zusammen, Niederlande, Slowakei und Türkei, so wird einem ob des Rückschritts gegenüber des Confed-Cups ganz blümerant.

Aber noch viel mehr als das Gewürge auf dem Platz, nervt der nun einsetzende Beschuß in den Medien. Und was da nicht inzwischen alles aus den Löchern gekrochen kommt. Wie fertig der Rudi Assauer inzwischen ist, belegen seine in der FR abgedruckten Aussagen:

Assauer hingegen kritisiert grundsätzlich die Anwendung amerikanischer Trainingsmethoden. Er habe nichts gegen neue Methoden, doch müssten sie “dem Fußball dienen”. Er habe seine Zweifel, ob das Übungsprogramm des Instituts “Athletes Performances” aus Tempe, Arizona, unter Leitung von Mark Verstegen dies täte. “In den USA werden ganz andere Sportarten professionell betrieben. Wir haben genügend Fachleute im Land.” Klinsmann sei “doch allen Dingen gegenüber aufgeschlossen, warum dann nicht den Leuten bei uns, die sich hier auskennen?” fragt Assauer rhetorisch. Der Schalker Manager sagt, er könne “nur vermuten, dass das Trainingsprogramm der Amerikaner mit ein Grund ist, warum die Spieler nicht nur im Türkei-Spiel nicht sehr spritzig wirkten”.

Das muss man sich auf dem Mund zergehen lassen: “In den USA werden ganz andere Sportarten professionell betrieben. Wir haben genügend Fachleute im Land.” Das ist inhaltlich derart indiskutabel, das man sich wundert warum diese Aussage von Assauer in dieser und ähnlicher Form in zahllosen Zeitungen abgedruckt wird, selbst in solchen die bis dato nicht auf Krawall gebürstet waren.

Als Klinsmann antrat und mit seinem Reformeifer ein Feuer entfachte und sich erste Erfolge erspielte, wurde er als Zukunftshoffnung hochstilisiert, wie in Deutschland Reformen durchgesetzt werden können. Klinsmann als Gegenbeispiel zur politischen Lethargie.

Jetzt läuft es schlecht und es setzen die gleichen elenden Zerredungsprozeße von Seiten der Medien ein, wie in der Politik. Einziger Unterschied: Sabine Christiansen heißt Jörg Wontorra und trinkt im DSF.

Ich könnte kotzen.

Nein. Ich tue es.

Ein weiteres Beispiel wie die Mechanismen funktionieren, ist Christian Wörns. Wenn Christian Wörns nicht nominiert wird, dann nicht weil er schlechter als die anderen Abwehrspieler ist, sondern weil er in der letzten Woche den Charaktertest nicht bestanden hat. Anstatt die sportliche Herausforderung anzunehmen und sich via Leistungen in Bundesliga und Nationalmannschaftstraining wieder reinzuspielen, hat sich Wörns in die ihm entgegengestreckten Mikros ausgeheult und beklagt das er qua Status als Altershirsch dabei sein müsste. Dumm nur, dass Wörns in den Spielen gegen Holland und Slowakei kein Jota besser als seine zig Jahre jüngeren Abwehrkollegen war und trotz Alters soviel Autorität versprüht wie feuchtes Toastbrot.

Ein drittes Beispiel für Charakter ist Bayer Leverkusen und Rudi Völler. Am Wochenende wurde die Entscheidung zur Trainerfrage gefällt: Michael Skibbe wird es.

Rudi Völler ist ein Instinktfußballer und ein Instinktmanager/-trainer gewesen. Noch mehr ist er aber ein harmoniesüchtiger Mensch, weswegen er häufig den Weg des geringen Widerstandes geht. Und der hieß in der Trainerwahl, nach einigen Absagen, Michael Skibbe, sein treuer Gehilfe zur Nationalmannschaftszeiten.

Nun kann man sich über die Qualitäten von Michael Skibbe streiten, noch mehr ist es aber die Absage von Bayer Leverkusen an Glamour und europäische Spitzenklasse. Ein blasser Trainerverwalter statt Morten Olsen.

Krasser könnte der Unterschied im Wirken zwischen Jürgen Klinsmann und Rudi Völler nicht sein.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Wie man Assauers Kritikansatz um einiges fundierter und damit glaubwürdiger formulieren kann, zeigt Olaf Kortmann im Hamburger Abendblatt. Kortmann war Volleyball-Trainer und arbeitete seinerzeit auf Vereins- und Nationalmannschaftstrainer mit ähnlichen Motivationsmethoden wie Klinsmann jetzt.

    Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann, das ist meine Beobachtung der vergangenen Monate, manövriert sich mit seinem teilweise naiv anmutenden Arbeitsstil in Auseinandersetzungen, die ihm und dem deutschen Fußball sieben Monate vor Beginn der WM schwer zu schaden drohen. Auch ich habe die leidvolle Erfahrung als Volleyball-Bundestrainer machen müssen: Du kannst nicht, – nur weil du glaubst, tolle Ideen zu haben -, mit Gewalt etwas gegen andere Leute durchsetzen. Du mußt alle mit ins Boot holen! Und in das gehören die Bundesligatrainer […]

    in zentraler Punkt für mich in dieser Diskussion bleiben Klinsmanns US-Fitnesstrainer. Ihr Engagement ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Kollegen in der Bundesliga, sondern der gesamten deutschen Sportwissenschaft und Physiotherapie. Etwas Neues um des Neuen willen zu machen, nur um modern zu sein, halte ich weder für sinnvoll noch effektiv. […]

    Was Klinsmanns Fitnesscoaches exerzieren, zum Beispiel die Übungen mit Therabändern zur Stärkung der seitlichen Beinmuskulatur, wird an deutschen Unis seit Jahrzehnten gelehrt. Daß diese Methoden bisher kaum Eingang ins Fußballtraining fanden, steht auf einem anderen Blatt.

    Und für Laktattests muß ich keine Experten aus den USA einfliegen. Der Hamburger Professor Klaus-Michael Braumann verfügt in diesem Bereich, als einer von mehreren Kapazitäten in Deutschland, über gut zehn Jahre Erfahrung – in enger Zusammenarbeit mit Vereinen der Fußball-Bundesliga. Klinsmann müßte sich nicht um Rückendeckung für seinen Weg sorgen, hätte er das hierzulande vorhandene Know-how von Beginn an eingebunden. Die Bundesligatrainer würde ihm dann sogar bei der Kontrolle der Hausaufgaben unterstützen.

  3. Also ich habe im Sportstudio dem Herrn Daum gelauscht… seine Kritik fand ich sehr plausibel. Keine Harmonie im Spielsystem und die Frage: “Woher kommt’s?”

  4. Was ich mich allerdings frage ist, ob die paar Tage Training bei der Nationalmannschaft überhaupt so viel ausmachen? Es kann doch nicht mit den amerikanischen Konditionstrainern zusammenhängen, daß Kuranyi in der Champions-League für Schalke sich den Hintern aufreißt, rennt und nach hinten arbeitet als ob es kein Morgen gäbe, und in der Nationalmannschaft eine Lethargie sondergleichen an den Tag legt.

  5. @Martin:
    Gute Frage!
    Ach, amüsieren wir uns über das Lügenblatt und den Rest, heute: “Klinsi nur noch Krisi.”

  6. Ät Martin:
    Ich formulier mal kurz, was ich vermutlich im Laufe des Tages mal ausführlicher schreiben werde (Ist das Eigenwerbung? Ist das erlaubt?):
    Die paar Tage Training bei der Nationalmannschaft machen es nicht aus. Also liegt’s am Training in der Bundesliga.
    Schaut man dann nicht nur auf die NM, sondern auch auf das Abschneiden der Bundesligisten in den internationalen Wettbewerben, liegt der Verdacht nahe, dass in der Bundesliga nicht gut genug trainiert wird, um Spieler dazu zu qualifizieren, international mithalten zu können.

  7. @Stefan: Jo, passt schon, kannst auf dein Blog hinweisen. Kannst auch in den Kommentaren eine Link zu deinem Eintrag posten (bzw. Trackback setzen).

    Ich glaube nicht dass es grundsätzlich am Training der Bundesliga liegt. Ich habe einfach mal die Hybris zu glauben, dass eine Niederlage gegen die Slowakei nicht an einer evtl. schlechteren Qualität der Bundesliga-Trainer im Vergleich zu slowakischen Trainern liegt.

    Ich kann es nicht erklären. Ich dachte so bei mir, das auffällig ist, das alle Spieler während des Confed-Cups gerannt sind wie die jungen Götter, aber bei den spärlich besuchten Freundschaftsspielen in der Slowakei und der Türkei unter dei Räder gekommen sind. Doch dann erinnerte ich mich, dass es ja auch das Spiel in Rotterdam gibt und wenn ein junger Spieler nicht bei einem Spiel gegen die Niederland in Rotterdam motiviert ist, wann dann?

    Schaue ich mich im europäischen Ligafussball um, sehe ich derzeit sehr häufig eher lethargische Leistungen, siehe z.B. Bayern. Die einzigen die gut drauf sind, sind die Clubs die knapp einen Monat früher mit der Saison angefangen haben, weil sie schon UICup hinter sich bringen mussten, z.B. der HSV.

    Im Zuge der Türkei-Niederlage wird alles nun an der Abwesenheit von Ballack festgemacht… nur das Ballack gegen Holland, Südafrika und der Slowakei da war und nicht wirklich überragte.

  8. Was die Nationalelf im Grunde doch schon seit Jahren bietet, ist nur ein Spiegelbild dessen, was in der Bundesliga passiert.
    Die Diskussion um die mangelnde Auswahl an Spielern, die Nationalelf spielen dürfen aufgrund der Staatsangehörigkeit,ist zwar alt, aber meines Erachtens ein Hauptgrund.

    Als die Regelung der 3 Ausländer pro Team aufgrund der Öffnung der Grenzen gekippt wurde, war Deutschland Weltmeister, die Bundesliga anerkannt,nach Italien die Spitzenliga in Europa.
    Wen haben wir in unser gnadenlos überschätzten Bundesliga denn noch, der wirkliches Weltniveau besitzt? Ballack, van der Vaart vielleicht. Lucio, Kahn, selbst Tomasson hat bei Milan mehr Bank gedrückt als gespielt.

    Die Schwemme an mittelmäßigen Ausländern in der Liga selbst in der Spitze ist überdimensional hoch. Man schaue nach, wer nach England, Spanien oder Italien wechselt. Solche Spieler sind für die Bundesliga nicht zu bezahlen. Und wer spielt als deutscher Nationalspieler heute noch im Ausland? Der 2. Torhüter. Huth will ich nicht als Nationalspieler bezeichnen.
    Die Weltmeister von 1990 spielten zum großen Teil in Italien und haben sich da entsprechende Härte geholt.

    Was ich nicht verstehe, ist, warum nicht mehr deutsche Spieler wirklich in den Vereinen spielen. Sind sie zu teuer, sind junge Spieler zu wenig ehrgeizig? Als Stuttgart gezwungen war, Geld zu sparen hats doch funktioniert. Heute sind sie in der Tabelle schlechter plaziert als zu Magaths Zeiten und haben vor der Saison mit Ausnahme von Hitzlsperger Verpflichtungen getätigt, die in anderen Ländern auf der Bank saßen (Tomasson, Grönkjer, Luboja) oder in irgendeinem Scheichtum Millionen in den Arsch gesteckt bekamen. (Carevic) Das kanns doch nicht sein.

    Ferner schaue man sich die Bundesligatabelle doch mal an. In der Abwehr drückt der Schuh in der Nationalelf. Der erste Deutsche Innenverteidiger spielt in Dortmund, die sind 9. Wörns und Metzelder. Davor kein einziger. Und danach an einer Hand abzuzählen. Woher also nehmen wenn nicht stehlen? Ismael hätte man haben können, will man aber nicht. Warum nicht? Wörns hats doch bewiesen über Jahre, das er nicht internationale Spitze verkörpert.

    Und diese Mittelmäßigkeit, die die Bundesliga auszeichnet, wirkt sich logisch auf die Nationalelf aus. Selbst die so hoch angesehenen Podolski oder Schweinsteiger oder Deisler, die beim Confed-Cup so stark waren, haben doch nicht mal eine (!) vernünftige Bundesligasaison hinter sich gebracht. Von der Verteidigung ganz zu schweigen. Das kann punktuell mit Begeisterung mal funktionieren, aber über einen längeren Zeitraum fehlt die Konstanz. Woher soll die aber auch kommen.

  9. Nunja,

    meiner Meinung nach kann man die Vorgehensweise der Medien im Verbund mit dem Nationalträhnerteam (die Anlehnung an ‘gähn’ ist gewollt :)) allein schon daran erkennen, dass nun mittlerweile Jagd auf 16- bis 18-jährige Spieler gemacht wird (Beispiel Sahin vom BVB), damit man endlich wieder eine Berechtigung hat, den Begriff der “jungen Wilden” anzubringen, da dieser ja in puncto NM inflationär benutzt wurde. Soviel ‘junge Wilde’, wie da nun spielen, hatte wohl zuletzt Hannibal auf dem Weg über die Alpen. Aber ob der eine Taktik für ne WM gehabt hätte? Ich hab da Zweifel.

    Würden sich also die Medien (uns zwar ausnahmslos ALLE) auf eine realistische Betrachtung der Lage reduzieren, wäre es sicher für alle Beteiligten einfacher.

    So aber wird die Mannschaft zwischen der Sensationsmeldungskonkurrenz und dem Schlagwortabtausch der Dampfplauderer am Mikro und den Tintenspritzern in ihren Redaktionen zerrieben.

    Gut, das die handelnden Personen (in vorderster Front Beckmann, Kerner usw. usf.) sich erkennbar für wichtiger halten als das, über das sie berichten sollen.

    Natürlich haben auch mir die o.a. 4 von 5 letzten Spielen keineswegs gefallen – aber ich habe auch den Confed-Cup gesehen. Und wenn die Mannschaft in ihrer momentanen Besetzung doch zumindest zuhause ordentlich kickt – so what, die WM ist ja nun zum Glück nicht in der Slowakei ;)

    Quervergleiche zur Politik erben sich immer – man kann das Land genauso schlechtreden wie die NM – man muss aber nicht.

    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, ich schreib übrigens zum 1. Mal hier – sollte es hier Usus sein, sich irgendwo vorzustellen, so möge man mich es bitte wissen lassen :)

  10. Solange es günstiger ist, einen Tschechen, Slowaken oder Spieler anderer Nationalitäten für 300.000 Euro in die Bundesliga zu holen, statt 1 Mio Euro in die Ausbildung eines eigenen deutschen Jugendspielers zu stecken bleibt das Problem bestehen und wird sich sogar noch weiter verschlimmern.

    Um in diesem bereich ein Umdenken zu erzwingen scheint mir leider ein Supergau nötig.

  11. Ich bleib einfach mal bei meiner Meinung, dass die Nationalmannschaft nicht besser spielen kann, als die Bundesliga sie lässt und dass das durchaus mit dem Training in der Liga zusammenhängt.
    Die Slowakei war nicht besser als wir, nur engagierter. Aber das hat gereicht. Eine lauffreudige und taktisch gut geschulte (und diszipliniert spielende) Mannschaft hätte dort vermutlich gewonnen. Abgesehen davon, dass ich jeder Mannschaft und jedem Spieler einen schlechten Tag zugestehe und auch so ein Spiel verloren gehen kann.
    Nur gibt es diese Probleme ja nicht erst seit dieser Saison. Genau genommen nicht einmal seitdem Jürgen Klinsmann Bundestrainer ist. Klinsmann hat durch die Umstellung auf ein schnelles, risikobereites und laufintensives Angriffsspiel zu Beginn seiner Amtszeit über diese Probleme (für die er nichts kann) hinwegtäuschen können. Jetzt holen sie ihn ein.
    Ich erinnere mich an eine Aussage von (ausgerechnet) Andi Möller aus seiner Zeit bei Juve Anfang der 90er. Angesprochen auf das Dolce Vita in Italien antwortete er sinngemäß, er habe noch nie soviel trainiert wie in Italien. Dort gäbe es vormittags die übliche Trainingseinheit wie in Deutschland und am Nachmittag versammle sich die Mannschaft zru Taktikschulung vor dem Videorekorder oder dem Flip-Chart. Jeden (!) Nachmittag! In der Bundesliga ist meistens um 12:00 Uhr Feierabend (oder erst um 15:00 Uhr Arbeitsbeginn).
    Und deshalb hängen wir taktisch hinterher. Früher wurde das über die größere körperliche Fitness ausgeglichen, aber in dem Bereich sind die anderen inzwischen auch mindestens gleichwertig, vermutlich sogar besser.
    Dazu passt dann auch die Aussagen von Christoph Daum, dass in Deutschland bis vor 8 Jahren (1997!) noch mehrheitlich Manndecker ausgebildet wurden, keine Innenverteidiger.

  12. Das versteh ich nur bedingt. Borussia Dortmund als Beispiel hat diesen Gau erlebt oder steckt mittendrin. In den letzten Jahren ist dieser Verein des öfteren in der A-Jugend sehr stark gewesen. Zum Beispiel Deutscher Meister von 1994-1998. Ich wüsste gerne wo die heute spielen? Das Alter müsste Mitte zwanzig sein bei den Beteiligten. Und statt auf solche oder heutige Jugendspieler konsequent zu setzen, wird ein Spieler aus der 2. (!) holländischen Liga verpflichtet. Kann mir keiner erzählen, das das nicht anders geht.
    Der SC Freiburg hat seit Jahren ein Jugendinternat. Trotzdem bildeten das Gros dieses “Ausbildungsvereins” Spieler aus Georgien oder Schwarzafrika. Ein Iaschwili hat in 147 BL-Spielen als Stürmer satte 29 Tore geschossen. Wow. Bekommt das kein Deutscher hin?
    Was ich sagen will, Geld in die Jugend wird gesteckt, der Ertrag ist nur erbärmlich. Gerade im Alter um Mitte 20 ist verschwindend gering Potenzial in der Liga.

  13. die kritik daums war völlig berechtigt:
    zuerst wird alles gehypt und der naiv-dümmliche optimismus von klinsmann als allheilbringend thematisiert (gerade im vergleich zum angeblichen politischen stillstand), skeptik an training, präsentation und vorallem der rotation ist jedoch nicht zu vernehmen.

    Spielt die mannschaft dann so schlecht wie in den letzten spielen, geht das geschrei los und sämtliche akteure der zweiten reihe geben ihren dummen senf dazu. Dass kaum einer der spieler internationale oder gar welklasse hat, will wohl niemand hören, genausowenig wie man nur durch optimism nie eine überdurchschnittliche mannschaft aufbauen wird. kommt einem aus der bundesliga sehr bekannt vor.

    trotzdem, so gravierende taktische mängel sind in erster linie dem trainer zuzurechnen.

  14. Ich habe keine Ahnung wie die Arbeit von Trainern wie Funkel, Lienen, Skibbe, Schaaf oder Fach konkret aussieht, aber ich warne davor immer wieder die Klischees vergangener Zeiten rauszuholen. Bei den Trainern ist längst eine andere Generation als Mitte der Neunziger zu Werke: Magath, Rangnick, Doll, Rapolder.

    Das Problem der aktuellen Diskussion in den Medien ist ja diese Unschärfe. Die lautesten Protagonisten haben nur begrenzt Ahnung von der aktuellen Situation. Ein Lattek blubbert seit Jahren das gleiche, ein Beckenbauer ist seit Wochen kreuz und quer durch die Welt unterwegs, will aber das Rumoren in der Bundesliga vernommen haben, obwohl dass bei den Bayern eher Betätigungsfeld von Rummenigge ist, ein Assauer beschwert sich über zu schweres Training vor dem Wochenende, obwohl die Spieler sagen, es hätte nur eine 45-Minuten-Einheit Konditiontraining in Istanbul stattgefunden.

    Bemerkenswert ist die Stille der Bayern (Beckenbauer zähle ich nicht dazu, da er kaum noch was mit dem Tagesgeschäft zu tun hat). Würde mich nicht wundern, wenn Hoeneß bei all dem Geschwätz in den nächsten Tagen der Kragen platzt und er Klinsmann, Bierhoff und Löw zur Seite springt.

    Ich fordere einfach mehr Gelassenheit. Ich sehe einen Zusammenhang der Leistungen mit dem frühen Saisonzeitpunkt. Und viel ändern kann man eh 9 Monate vor der WM nicht, also sollte man die Nationalmannschaft unterstützen.

  15. Ät kurtspaeter: Das würde dann halt bedeuten, dass zwar viel Geld in die Jugendarbeit gesteckt wird, die Trainingsarbeit aber trotzdem nicht gut genug ist. Oder vielen der jungen Spieler schlicht der Wille fehlt, immer noch besser werden zu wollen. Aber das kann ich nicht direkt beurteilen.

    Mir fällt nur ein Verein ein, wo ein gestandener Bundesligatrainer die Jugend trainiert. Das ist Bayern München (Hermann Gerland). Bei vielen anderen Vereinen sind das (Versorgungs- und Einstiegs)Posten für ehemalige, verdiente Spieler.

    Aber selbst Bayern bringt zwar einige Bundesliga-Profis hervor (mindestens die Hälfte davon spielt heute bei uns in Köln, deshalb weiß ich’s: Wessels, Lell, Sinkala, Feulner), nur wirklich gut ist da keiner von. Alles braver Durchschnitt, Wessels vielleicht mal ausgenommen, der spielt knapp überdurchschnittlich. Und selbst einen Schweinsteiger lobt niemand wegen seiner taktischen Fähigkeiten.

  16. Aber gerade in Köln sieht man im Moment das Problem der Jugendarbeit wieder eklatant.
    Ein Patrick Helmes, sicher noch lange kein gestandener Spieler in der Bundesliga, wird in der Jugend in Köln als zu schlecht befunden und in der A-Jugend wieder nach Siegen zurückgeschickt. Da wird er dann Torschützenkönig der Regionalliga und für viel Geld muss er wieder gekauft werden.
    Hätte man dieses Geld sinnvoller investieren können und sich die Früchte der eigenen Arbeit abholen können? Das Risiko kann doch ein Verein wie Köln, Freiburg oder Bielefeld eingehen. Weil abgestiegen sind die auch mit anderem Personal aus anderen Ländern zur Genüge.

    Was wird aber nebenbei in einer Mannschaft wie dem FC gemacht? Szabisc (Bank Stuttgart), Madsen (in Wolfsburg gescheitert, in Bochum eine gute Saison, dann abgestiegen), werden ihm erstmal vor die Nase gesetzt. Tore nach 8 Spieltagen, Helmes 2, Madsen 0, Szabisc verletzt 0.
    Zu schweigen von grandiosen Einkäufen wie Tököli letztes Jahr.Das raff ich einfach nicht. Sportlich und vorallem kaufmännisch ist das doch absoluter Irrsinn. Vielleicht setzt sich Helmes am Ende ja mal durch.

  17. Letzter Kommentar für heute, aber schöne Diskussion:

    ät Dogfood: Die Arbeit von Lienen, Funkel und Rapolder habe ich mir in Köln hin und wieder angeguckt. Bei den anderen kann ich halt nur das Ergebnis auf dem Platz beurteilen (und selbst das manchmal nur mit der eingeschränkten TV-Sicht). Ob ich dann mit meiner Beurteilung immer richtig liege, weiß ich nicht. Ich glaube aber trotzdem, das ich recht habe. Und in den vergangenen Jahre habe ich jede Bundesliga-Mannschaft mindestens einmal live gesehen. Das ist über 90 Minuten und das ganze Feld betrachtet oft sehr, sehr erbärmlich.
    Wenn ich mir dann Spiele und Training meiner Neffen angucke (laufen, dehnen !!!, Ball führen) und dann im Urlaub auf Teneriffa da dem Jugendtraining zugucke (Passen, kombinieren, schießen) sehe ich halt Unterschiede. Ob’s daran liegt?

    Etwas mehr Gelassenheit wäre allerdings vonnöten. Generell.

    Aber was mich an der Diskussion viel mehr nervt: Es geht überhaupt nicht um Fußball, sondern um das Drumherum. Wahrscheinlich auch ein Grund, warum ich jetzt so auf Taktik und Trainingsarbeit rumreite. Das ist wenigstens Fußball.

    ät kurtspaeter:
    Über den Unsinn, den der FC so hin und wieder veranstaltet könnte ich stundenlang schreiben. Helmes allerdings wurde ausgemustert, weil er zu klein war. In Siegen ist er dann in einem Jahr 15cm gewachsen (Landluft oder so) und hat den Sprung ins Regionalligateam geschafft. Über Szabics kann ich gar nichts schreiben, eben weil er verletzt ist. Madsen hingegen treibt mich auf der Tribüne in den Wahnsinn. Was für ein kompliziert-ineffektiver Spieler! Tököli verdränge ich gerade, aber vermutlich war der Wechsel nach Nikosia ein zypriotischer Entschuldigungsversuch für den gescheiterten Werbe-Deal.

  18. @ Stefan, würde mich interessieren: beschreibe mal deine Eindrücke von Uwe Rapolder. Ist er wirklich so “anders”?

  19. ät Dogfood: Mach ich morgen. Könnte etwas länger werden. Bin nämlich selber noch unschlüssig.

    Nur kurz ein Nachtrag zur Kölner Jugendarbeit: Ich könnte noch darauf hinweisen, dass wir Podolski und Sinkiewicz aus der eigenen Jugend hoch geholt haben. Aber dann muss ich auch dazu sagen, dass es kein deutscher Trainer war, der den Mut dazu hatte. Sondern mit Marcel Koller ein Schweizer, der längst wieder entlassen ist.

  20. Die Frage nach dem Warum

    Bevor ich hier selbst was dazu schreibe verweise ich auf den hervorragenden Beitrag bei allesaussersport.de: Eine Frage des Charakters. Stefan von der Südtribüne hat sich schon eifrig dazu geäussert. Und die Comments sind auch ein Muss. …

  21. So, jetzt die Eindrücke von Rapolder.

    Vorweg: So anders ist er nicht. Ich glaube, da hat einfach mal ein Trainer über den Bundesligatellerrand geguckt, was international gemacht wird, hat das übernommen und schafft damit in Deutschland ein “System Rapolder”.
    Es gibt einiges, was ich an ihm schätze. Als Kölner mögen wir natürlich so einen eloquenten, weltmännisch daherkommenden und charmant plaudernden Silberfuchs lieber als einen knötterigen Niederrheiner wie Funkel.
    Vor allem aber mag ich es, wenn ein Trainer eine klare Vorstellung vom Spielsystem hat. Rapolders bevorzugtes 4-2-3-1 bietet einer nominell weniger gut besetzten Mannschaft (wie Bielefeld, wie Köln) Möglichkeiten mitzuhalten. Es ist sehr flexibel, sehr kompakt, verlangt allerdings körperliche Fitness, weil über Tempovorstöße und Pressing die gegnerische Abwehr überspielt werden soll, bevor sie sich formiert hat. Ob es zur Mannschaft passt s.u.?
    Sein Training, sofern ich es bisher mitbekommen habe (seltener vom kiebitzen, meist vom vorbeijoggen am Trainingsgelände), legt viel Wert auf Spielsituationen (anders z.B als bei Funkel, der vornehmlich Standards trainieren ließ). Die Intensität ist hoch, er kann ähnlich wie Stevens sehr lautstark werden. Seinen Ausbruch in Richtung Anthony Lurling, nachdem der im Training einen Ball in einer Angriffssituation vertändelte, habe ich bei mir im Blog schon einmal erwähnt. Weil’s so schön war, wiederhole ich es: “Anthony! Forward Players are shooting goals! SHOOTING GOALS! FUCKING MUSCHI!”
    Auch seinen Einschätzungen der Spieler kann ich einiges abgewinnen. Von derartigen Ausbrüchen abgesehen, sind die immer sehr fußballorientiert. Nix mit “Der muss mal Gras fressen” o.ä. Die Begründung, warum er Patrick Helmes so wenig spielen lässt, teile ich vielleicht nicht unbedingt, kann sie aber nachvollziehen: “Im Vergleich zu Madsen ist er schwächer, wenn er mit dem Rücken zum Tor angespielt wird. Das ist für unsere Spielweise aber sehr wichtig.”
    Warum aber mit Voigt (ok, ein grobschlächtiger Spieler) und Achenbach vor der Saison beide Linksverteidiger abgegeben wurden, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Noch viel weniger, wenn dann im Spielbetrieb von 4-2-3-1 auf 3-3-3-1 umgestellt wird, weil ein Linksverteidiger fehlt.
    Auch habe ich meine Zweifel, ob Podolski (der – Mannschaftssport hin oder her – der herausragende Spieler des FC ist) und 4-2-3-1 so kompatibel sind. Als Spitze ist er verschenkt (weil er sich gerne fallen lässt, da auch seine Stärken hat, aber dann eben als Anspielstation vorne fehlt), als zentraler offensiver Mittelfeldspieler auch. Einzige Lösung wäre es die vier Offensiven als Raute rochieren zu lassen, wie Stevens es in der vergangenen Saison ein paar Mal gemacht hat. Mal sehen, was Rapolder sich da einfallen lässt. Und auch mal sehen, wie das System gespielt wird, wenn die ganzen Verletzten wieder zurückkommen. Bisher begründet er die Systemwechsel, durchwachsenen Spiele und Ergebnisse immer damit, dass er keine Möglichkeit hatte, sein System mit der Mannschaft einzustudieren.
    Deshalb sind das hier auch nur ausführliche, aber erste Eindrücke. Ein echtes Fazit kann ich noch nicht ziehen. Ich möchte ihn aber gerne weiterarbeiten sehen (das war bei Funkel und Stevens anders).

  22. Moensch, Kinners, wo bleibt denn bei Euch das positive? Bei so viel Gemecker kann das alles nichts werden.

    Nehmt Euch mal ein Beispiel an England: Laut der Presse hier eigentlich alles Weltklassespieler, Favorit fuer die WM ist das Team sowie. Ueber so Kleinigkeiten wie Niederlagen gegen Nordirland (einhundertnochwasster der Weltrangliste), muehsame Elfmetersiege gegen Oesterreich (sind die noch in den Top 100?) und dass Weltklassespieler Michael Owen bei Newcastle (die seit ungefaehr 1958 nichts mehr gewonnen haben) anheuern muss, ja ueber sowas kann man doch mal gnaedig hinwegsehen.

    Ausserdem ist sowieso der Schiri schuld.

  23. Aber die Engländer lieben es ja auch zu verlieren. :-)
    (Warum sonst laden die uns zum Abschiedspiel des ollen Wembley ein und lassen sich von Hamann (HAMANN!!!) abschießen?)

  24. 5-1….

  25. Dogfood schrieb:

    Schaue ich mich im europäischen Ligafussball um, sehe ich derzeit sehr häufig eher lethargische Leistungen, siehe z.B. Bayern. Die einzigen die gut drauf sind, sind die Clubs die knapp einen Monat früher mit der Saison angefangen haben, weil sie schon UICup hinter sich bringen mussten, z.B. der HSV.

    Lethargische Leistung von deutschen team stimmt, aber doch wohl am wenigsten von Bayern. Der FCB is der Verein in Deutschland bei dem am intensivsten trainiert wird und bei denen am meissten auf Kondition gesetzt wird. Welches deutsche Team kann sonst noch so nach 70 minuten rennen und den nötigen Druck aufbauen? Werder verschenkt entscheidene Siege in der Schlußphase, Schalke schafft das nötige Tor nicht weil sie schon zu ausgelaugt sind. Hamburg kann in der Tat besser mithalten als andere Teams. Aber schon aleine im DFB Pokal hat man gesehen, dass sie von Kräften her im Endeffekt den Bayern unterlegen waren.

    Das Training deutscher Vereine suckt einfach und das spiegelt sich natürlich auf die NM ab, weil die meissten unserer Kicker ja auch in der Bundesliga spielen. Deutscher Fußball war nie schön, sondern immer Arbeits- und Kampffußball, wenn nun aber die Fitness nicht mehr ausreicht und dazu taktisch zu wenig gearbeitet wird mit den Spielern gehts abwärts. Umso trauriger das die Zusammenarbeit zwischen Nationalcoach und Bundesliga-Trainern so schlecht ist..

  26. der HSV war platt, weil es das letzte spiel der hinrunde, nach über 30 pflichtspielen war. das konnte man bereits in den HSV-spielen zuvor beobachten. das hat wenig mit magath’schen training zu tun.

    mit “lethargisch” meine ich nicht generell kampfkraft in den letzten 20spielminuten, sondern das sich aufraffen und ein spiel noch drehen. und zwar mit druckvollem spiel und nicht durch einen “lucky punch”. und so etwas hat man von den bayern kaum gesehen, öfters hingegen von werder und dem HSV.

    und genau diese mangelnde fähigkeit nochmals ein schräubchen höher zu drehen, hat den bayern in der letzten saison in der champions league das genick gebrochen und könnte es auch dieses jahr machen.