ARENA-Bundesligakonferenz revisited

Inzwischen fange ich an die Sportsbars der Umgebung abzuklappern und so bin ich gestern zum ersten Mal seit zwei Bundesligaspieltagen wieder in den Genuß der ARENA-Bundesligakonferenz gekommen.

Die letzten zwei Bundesligaspieltage seit meinem Umzug in die digitalsenderlose Wohnung, verbrachte ich mit der Bundesliga-Konferenz der ARD-Radiosender (konkret MDR Info). Es ist nicht wirklich ein taugliches Surrogat, auch wenn z.B. MDR Info ab 15h15 fast ausschließlich beim Fußball bleibt. Aber die Reporter vor Ort sind größtenteils profillos, schildern in einer farblosen Sprache das Geschehen auf dem Rasen und bringen kein Jota über die eigentliche Ballaktion hinaus.

Ich bin seit diesem Wochenende angenehm überrascht, wieviele Kneipen und Cafes inzwischen Fußball zeigen. Nun sind Eimsbüttel und das Schanzenviertel zwei szenelastige Viertel zwischen meiner Wohnung und meinem Büro, aber selbst für das Freitagsspiel, ohne Beteiligung des HSVs, war es kein Problem in den Vierteln ein Plätzchen zu finden.

Die Kneipen/Cafés an denen ich gestern nachmittag ab 15h30 vorbeigelaufen bin, waren allesamt gut gefüllt. Mich verschlug es gestern aufgrund seiner großen Räumlichkeit, ins Café Estrella in der Weidenallee.

Das Café Estrella war gestern eine große (und so gesehen: “nutzwertige”) Ausnahme, denn es zeigte nicht die Einzeloption mit dem HSV-Spiel gegen Hannover, sondern die Konferenz.

Es war interessant zu beobachten wie immer wieder die Passanten an der großen Fensterfront beim Erblicken der Leinwand im Café stehenblieben oder zumindest den Kopf verdrehten.

Zur Konferenz: mit “frischen” Augen nach einigen Wochen Abstinenz betrachtet, ist die ARENA-Konferenz klar und deutlich der Radiokonferenz überlegen. Man kann im einzelnen über die Qualitäten der Kommentatoren noch diskutieren und über den einen oder anderen hadern, aber mir hat JEDER einzelner mehr Spaß gemacht, als das was ich in den letzten Wochen im Radio serviert bekommen hatte.

Man hat auch den Eindruck dass die Kommentatorenriege wesentlich eingespielter ist, als noch in den ersten Spieltagen, als teilweise verheerende technische Schwierigkeiten beim Produktionsteam der DFL Sportcast die Reporter teilweise recht nackt auf ihren Kommentatorenplätzen sitzen ließen.

Einer der Kommentatoren war mal wieder, wie erwartet, der “Spalter”. Im Café kannte man nur einen Kommentator per Namen: Günther Koch, womit ein Kalkül von ARENA aufgehen könnte. Ähnlich wie seinerzeit Werner Hansch bei SAT.1, läßt man die Kritiker sich an Koch/Hansch abreagieren, aber der Bekanntheitsgrad von ARENA mehrt sich mit jedem Artikel.

Obwohl man Günther Koch derzeit auch Unrecht tut. Gemessen an seinen Start in den ersten Wochen, fand ich seinen gestrigen Auftritt so weit zurückhaltend, dass ich gelegentliche sprachliche Ausritte (Einwurf Koch, vorm Elfmeter glaub ich: “Das ist Mnari. Der ist ein gläübiger Muslim”) unter “Ja, soisserhalt” akzeptiere. Das ist jedenfalls schon eher das, was ich unter einer Reportage/Kommentierung verstehe. Koch gibt dem Spiel mehr Platz. Aber Kochs größtes Problem dürfte inzwischen die Schublade sein, in der er steckt.

Man kann nur appellieren, dass die Leute einerseits mit offenen Ohren hinhören und Veränderungen erkennen. Koch stabilisiert sich hoffentlich weiter und liefert vielleicht irgendwann mal ein ganz großes Spiel ab. Wie er aktuell in Einzelspielen klarkommt, kann ich nicht beurteilen.

Die Verbesserungen lassen sich nicht nur an Günther Koch ablesen. Auch Dirc Seemann kommentierte in Cottbus stark verbessert.

Frank Buschmann und das Spiel HSV – Hannover gaben mir Rätsel auf. Buschmann verkaufte das HSV-Spiel als gutklassig und nach der Halbzeit sogar als heißer denn Frittenfett und doch schien die Regie bei ARENA eine andere Meinung zu besitzen, denn die Zahl der Schaltungen nach Hamburg kamen mir dünn vor und heute schreibt der Tagesspiegel auch von einer eher mauen Vorstellung.

Auch bei den Einblendungen hat ARENA (oder Sportcast?) inzwischen gewerkelt. Zwar scheint man immer noch keine Statistiken einzublenden (oder ich habe gerade Leute auf der Straße angegafft), aber man blendet nun desöfteren eine Ergebnisübersicht ein. Das mag für Zu-Hause-Gucker nicht sinnvoll erscheinen, hilft aber in einer Sportsbar, wo man auch noch andere Sinneseindrücke handlen muss (“Nein, ein VANILLE Macchiato!“, “Wieso gibts die Cola ohne Zitrone? Zwei Euro um mir eine 0,2l-Flasche ins Glas zu kippen, halt ich für übertrieben“).

Wenn etwas aus der gestrigen Übertragung abfiel, dann war es die Halbzeitshow. Meine Fresse, im ARENA-Plaste-Zelt scheint die Redaktion alle Hoffnungen auf Oliver Welke zu konzentrieren, auf dass er es mit seinem Interviewgast irgendwie schafft zirka achteinhalb Minuten zu überbrücken und dabei auch noch Substanz rauskommt. Gestern ging es völlig schief, weil Olli “Dittsche” Dietrich kein Stand-Up-Comedian ist, der aus dem Hüftgelenk pfannenfertige Ein-Satz-Gags liefert, oder kein dem Alkohol zusprechender Ex-Manager ist, der mit einer launigen Bemerkung ganze Aufsichtsräte in den Untergang zieht, sondern zum langweilenden HSV-Fan wurde.

In den Konferenzübertragungen ist ARENA jetzt auf gleicher Augenhöhe mit PREMIERE, je nach eingesetzter Kommentatorenriege. Aber die Halbzeitshow sieht derzeit noch nach orangenem Kirmeszelt mit Diskobeleuchtung aus. Für neun Spieltage Anlauf, eine eher schwache Leistung für die Halbzeit, vorallem wenn man bedenkt mit wieviel Personal (Field Reporter, Reporter Einzelspiel, Reporter Konferenz (obwohl der vermutlich schon an der Spielzusammenfassung schnippelt)) man in den Stadien ist.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp