Screensport Zwo: US-lastig

Willkommen in den Weiten der Sportmedien elektronischer oder papierner Natur. Heute eine dezent US-lastige Ausgabe, nicht aber Frankreich und Tunesien ignorierend…

MLB und Streams

“MLB at Bat 2011”-App für iPad

Bob Bowman, Chef der MLB-Tochter Major League Baseball Advanced Media, die binnen der letzten Jahre zu einem der größten Dienstleister rund ums Streaming geworden sind, spricht in einem Interview mit All Things Digital über das Business.

Einige Kernaussagen:

  • Nach 1,5 Millionen Abonnenten im Vorjahr (ich nehme an, dass die Besitzer der reinen MLB-App für 16 US$ auch als “Abonnenten” geführt werden, nicht nur die 99US$/129US$-Abonnenten), werden für diese Saison 2 Mio Abonnenten angepeilt.
  • Man rechnet damit, dass diese Saison 45 bis 50% der Zugriffe über mobile Plattformen erfolgen werden. Sponsoringerlöse über diese Plattformen sei diese Saison eine angenehme Überraschung gewesen.
  • Ja, Fragmentierung der Android-Plattform stellt ein Problem da, weswegen nur eine begrenzte Zahl an Plattformen (immerhin 11) unterstützt werde.
  • Auch der viel spekulierte Qualitätsunterschied zwischen iPhone/iPad- und Android-User existiert aus Sicht eines Dienstleisters: “The iPhone and iPad user is interested in buying content – that’s one of the reasons they bought the device. The Android buyer is different. It’s a great phone–make no mistake about it. But if you really want first rate digital content on a device, your first look will probably be an iPhone [or iPad]
  • RIM/Blackberry zählt zu den treuen Partnern und man wird folgerichtig auch Playbook noch diese Saison unterstützen.
  • Man kann mit den 30% die Apple als Transaktionsgebühr nimmt, leben – hoffe aber darauf dass diese irgendwann sinken wird.

Rinder-TV

Logo Longhorn Network

ESPN hat Name und Logo des neuen TV-Senders für die University of Texas (UT) vorgestellt, das Longhorn Network. Die Farben sind die traditionellen Farben und das Longhorn-Rind Maskottchen und Emblem der College Sport-Teams der Universität.

Letztes Jahr erhielt die Universität im Rahmen der Umstrukturierungen der College Football-Conferences von der Big 12 die Erlaubnis seine Medienrechte selbst zu verwerten und einen eigenen Sender aufzuziehen – sofern das jeweilige Spiel nicht landesweit übertragen werden würde. Die anschließende Ausschreibung von UT gewann ESPN, die 20 Jahre lang insgesamt 300 Mio US$ an UT zahlen (minus eine Marge für Vermittler IMG Sports), um den Sender zu produzieren.

Das Programm soll nicht nur Sportereignisse, sondern auch Campus-Nachrichten und Vorlesungen übertragen.

TV-Rechte

Conference USA

1995 gegründet, mit 12 Schulen vorzugsweise aus dem Bible Belt kommend.

Die Stärke der Conference (C-USA) ist der College Football mit halbwegs namhhaften Teams wie Marshall, East Carolina, Houston, Tulsa, Tulane oder UTEP. Im College Basketball machte in der umstrittenen “Calipari-Ära” nur Memphis auf sich aufmerksam.

Im Football kommt der C-USA strategische Bedeutung bei, da deren Spiele das namhafteste Angebot an sonst dünnen Werktagen wie Dienstag und Mittwoch sind.

ESPN ./. Conference USA – Passend zu den Langhorn-Sender: ESPN hat die College Sport-Conference Conference USA verklagt. Im Januar haben die Conference USA und FOX Sports Media Group den Abschluß eines neuen TV-Vertrages vom Sommer 2011 bis Sommer 2016 bekanntgegeben, gültig u.a. für College Football und College Basketball und für die Sender Fox Sports und FX (einem Kabelableger von FOX). Mit angeblich 43 Mio US$ soll der Vertrag doppelt so hoch dotiert sein, wie der vorige 5-Jahres-Vertrag mit ESPN (21,9 Mio US$).

Nach Ansicht von ESPN besass der aktuelle, auslaufende Vertrag eine Klausel nach der ESPN noch ein Gegenangebot zum FOX-Angebot hätte abgeben dürfen. Außerdem wähnte man sich mit der Conference USA schon längst handelseinig, ehe die Conference die überraschende Wende fuhr. ESPN hat nun auf einen Schadensersatz von 21 Mio US$ geklagt oder eine Vertragsverlängerung zu den vereinbarten Konditionen. Qu: ESPN

Leichtathletik – Laut SPIEGEL sollen ARD & ZDF für die kurzfristig doch noch erworbenen TV-Rechte der Leichtathletik-WM “weniger” als 3 Millionen Euro gezahlt haben. Sollte die Zahl stimmen, sind die IAAF und ihre Rechteagentur komplett eingeknickt, nach dem ursprünglich noch für die WM 2011 und 2013 zusammen 17 Mio Euro aufgerufen wurden. Klar, die Notwendigkeit für Sponsoren und Athleten die Sportart im Free-TV zu zeigen, ist nachvollziehbar. Aber es wird spannend sein, wie die IAAF für die nächsten TV-Rechte von diesem Dumping-Preis runterkommt…

Puls4 – Die neu erworbenen CL-Rechte (österreich-exklusiv von Sommer 2012 bis Sommer 2015) gelten auch für online & mobile. Auch ohne österreichische Beteiligung hat der Sender freie Wahl zwischen der Übertragung eines Dienstags- oder Mittwochsspieltag. Qu: Standard 

UEFA – Die UEFA wird mit der Vergabe der TV-Rechte für die EM 2012 und EM 2016 in Frankreich in eine zweite Runde gehen, nach dem die Angebote der ersten Runde nicht befriedigend waren. Es lagen zwei Gebote vor: zum einen von einer Bietergemeinschaft der Privatsender TF1 und M6 und zum anderen vom öffentlich-rechtlichen France Television.

Diese Entwicklung zeichnete sich bereits seit einigen Monaten ab. Es wurde gerüchtelt das TF1 und M6 zusammen nur noch die Hälfte der 2008er-EM anbieten wollten, angeblich 50 Mio Euro, während die UEFA 100 Mio Euro vorgeschwebt haben soll. Die UEFA hat kurzfristig aber die TV-Rechte für 2012 mit den TV-Rechten für 2016 (EM in Frankreich!) zusammengebündelt: wer eines der vier Pakete für die EM 2012 kaufen will, muss eines der drei Pakete für die EM 2016 kaufen. Canal+ hat in der ersten Runde nicht mitgeboten.

Kleinkrieg um kleine Aufkleber

Einer der Bieter, der Privatsender M6 aus der RTL-Familie, hat eine juristische Auseinandersetzung mit dem französischen Fußballverband (FFF) angestrengt. Letzte Woche wollte M6 als übertragender, französischer Sender nach dem Länderspiel Luxemburg – Frankreich Interviews mit Spieler und Trainer führen. Der Verband wollte aber diese Interviews nur hinter Plexiglas-Wände mit Sponsorenaufklebern tätigen – u.a. mit Aufkleber des TV-Konkurrenten TF1. M6 weigerte sich und bekam keine Interviews. Bereits im September 2010 kam es zu einem ähnlichen Vorfall nach dem Spiel Bosnien-Herzegowina – Frankreich. M6 schickte damals einen Protestbrief an den Verband. M6-Senderchef Nicolas de Tavernost will nun vor Gericht ziehen.

Tavernost argumentiert das die UEFA-Richtlinien zwar vorsehen, dass sich Spieler und Trainer den TV-Sendern für Interviews zu stellen haben, aber die Richtlinien keinen Pflicht vorsehen, diese vor bestimmte Werbewände durchführen zu müssen.

Der französische Verband stellt sich auf dem Standpunkt, dass dies schon immer so gewesen sei und sieht sich aufgrund der “Gegenseitigkeit” im Recht: schließlich habe man beim Hinspiel in Frankreich die Luxemburger auch Interviews vor luxemburgische Werbewände führen lassen. Also dürfe man beim Rückspiel in Luxemburg französische Interviews vor französische Werbebanden führen. Außerdem habe die FFF Verpflichtungen gegenüber ihren Sponsoren. (Ich weiß, mich überzeugt die Argumentation auch nicht).

Dabei dürften auch zwei Nebenkriegsschauplätze eine Rolle spielen. M6 stört sich am Sponsor TF1. TF1 ist aber für die FFF einer der wichtigsten und ältesten Sponsoren und der Sender war alles andere als glücklich, in den letzten Jahren einige TV-Rechte für die Auswärtsspiele der französischen Nationalmannschaft an M6 verloren zu haben.

Der andere Nebenkriegsschauplatz lautet Laurent Blanc und Bordeaux. M6 ist Besitzer der Girondins de Bordeaux. Schon bei der Art und Weise wie die FFF an den damaligen Girondins-Trainer Laurent Blanc herangetreten war, um über eine Nachfolge von Domenech zu sprechen, war man in Bordeaux nicht glücklich und schob einen Teil des Absturzes in der Rückrunde 09/10 auf die Avancen der FFF zurück. Trotz bestehenden Vertrages ließ Bordeaux ihn ziehen, sprach aber schon damals davon, dass man noch einen gut habe, bei der FFF.

Zeilensport

The Blizzard – Endlich denke ich auch mal daran, den Link unterzubringen: The Blizzard (theblizzard.co.uk) ist an die Öffentlichkeit gegangen. Ein englischsprachiges, intellellele intellal intellektuelles Fußballmagazin das künftig vierteljährlich erscheinen soll. Es ist ein Projekt unter der Obhut des britischen Journalisten Jonathan Wilson (bekannt u.a. vom Guardian, Sports Illustrated, als Buchautor und Fußball-Globetrotter). Autoren sind bekannte Namen wie Gabriele Marcotti, Philippe Auclair, Raphael Honigstein, Michael “Zonal Marking” Cox oder Scott Murray.

Eine 190 Seiten-starke Nullnummer des The Blizzard ist als PDF auf der Website erhältlich. Diese kann gegen einen Geldbetrag den man nach Gusto ins Eingabefeld eingibt, heruntergeladen werden (“pay-what-you-like“).

Die reguläre erste Ausgabe soll ab Juni erscheinen und wird es auch auf Papier erscheinen. Der empfohlene Preis beträgt pro Ausgabe 11,30 Euro plus Portokosten (5 Euro nach Deutschland) – allerdings gilt auch hier “pay-what-you-like“.

Sportfans & MedienLaut Economist arbeitet das Medien-Beratungsunternehmen Innovation an einer neuen Sportzeitung im europäischen Raum. Interessanter fand ich ein Zitat aus dem Artikel über Sportfans:

Three years ago ESPN, a TV sports giant, commissioned a study in which American sports fans were followed around by researchers. They found fans consumed about twice as much media in an average day as other young men. They watched more television, listened more to the radio, checked for news on their mobile phones more often—and spent more time reading newspapers. Often, the growth of one news source comes at the expense of another. In sport that is not always the case.

Mark Cuban (ja, der Besitzer der Dallas Mavericks) über ESPN und den Verlust der Nachrichtenhoheit dank Twitter: Does ESPN.com have a twitter problem? 

Kurz und Schmerzlos

Liverpool – Aufgrund des Nachhakens von GUARDIANs Digger hat Liverpool die Besitzverhältnisse hinter den Kulissen etwas transparenter gemacht.

Demnach ist die Fenway Sports Group (FSG) Alleinbesitzer des Fußballvereins. An der FSG halten eine Reihe von Investoren Anteile, aber nur zwei besitzen mehr als 10%: John Henry und die New York Times Company (ja, die Mutter der NY Times).

Thomas DiBenedetto, der derzeit eine Übernahme der AS Roma versucht, hält keine substantiellen Anteile und kann damit nicht mit der UEFA ins Gehege kommen bzgl. der möglichen Einflußnahme auf mehrere Vereine.

Tunesien – Das BRL.TV-Blog der Tageszeitung Le Parisien beschreibt einen Nebeneffekt der Revolution in Tunesien: den Kollaps der einheimischen Fußballliga.

Aufgrund der “Jasmin-Revolution” hat die Liga ihren Spielbetrieb vorübergehend einstellen müssen. Folge: der hochverschuldete Staatssender (18 Mio Euro Defizit) sieht sich nicht mehr in der Lage ohne Spielbetrieb weiter Gelder an die Liga zu zahlen: 3,5 Mio Euro pro Saison und für Liga 1 und Liga 2 zusammen.

Ein Kompromissvorschlag des Senders – Zahlung von 2 Mio Euro, 2x First-Choice pro Spieltag und vorzeitiges Vertragsende bereits diesen statt nächsten Sommer – wurde von der Liga abgelehnt. Der Spielbetrieb wird Mitte April wieder aufgenommen. Ob und wer die Spiele überträgt ist unklar. Der tunesische Fußballverband bemüht sich kurzfristig panarabische/magrebinische Privatsender für die Liga zu interessieren.

Reaktionen

  1. Wo kann man Kommentare eingeben?

    Nach elf Jahren habe ich die Kommentare im Blog mangels Zeit für Kommentarverwaltung geschlossen. Es kann noch kommentiert werden. Es ist aber etwas umständlicher geworden.

    1. Das Kommentarblog http://allesausseraas.de/, aufgezogen von den Lesern @sternburgexport und @jimmi2times
    2. Sogenannte „Webmentions“ mit einem eigenen Blog. Siehe IndieWebCamp
  2. Ich kann den MLB iPad App mit dem Sky iPad App vergleichen, und der MLB App hat einen entscheidenen Vorteil. Der funktioniert! :-)

  3. @Scott
    ganz so einwandfrei läuft MLB TV leider auch nicht, speziell am gestrigen Abend gab es erhebliche Probleme als mehr als 10 Spiele gleichzeitig liefen, egal ob über iPad od. apple TV, erst als der Großteil der Spiele beendet war und nur noch 2-3 liefen, gab es wieder ein wirklich vernünftiges Bild.
    Kann aber sein, dass auf Grund der derzeitigen kostenlosen Aktion der Andrang doch zu groß war?
    Aber alles in allem geb ich dir natürlich recht, kein Vergleich zur SkyApp!

  4. Besteht eigentlich auch eine Möglichkeit den ESPN College Player auf iPhone/iPad zum laufen zu kriegen? Gibts ne App, die das kann? Ist dahingehend irgendwas von ESPN geplant? Hab beim ersten Suchen nix gefunden :-(

  5. In Frankreich besitzen also Fernsehsender Fußballclubs. Weird.