Sportblogger-Beitrag des Jahres 2010
Bei Trainer Baade findet derzeit eine Abstimmung für den Sportblogger-Beitrag des Jahres 2010 statt (wo u.a. meine Bundesligavorschau nominiert wurde)
Die elf nominierten Beiträge sind mitsamt kleinerer Anmerkungen vom Trainer höchstpersönlich, bei Trainer Baade gelistet “Sportblogger-Beitrag des Jahres 2010”. Gehet hin und kürt euren Lieblingsbeitrag.
Was bisher geschah: Im August gab es eine Bundesliga-Vorschau in drei Teilen: Teil 1 (Platz 18 bis 13), Teil 2 (Platz 12 bis 8), Teil 3 (Platz 7 bis 1). Rechtzeitig(?) vor der Rückrunde werfe ich noch einmal ein Blick auf die Vorschau und versuche mich an Re-Justierung einiger Einschätzungen. Und die ist im dritten Teil – Stichwort “Stuttgart”, “Schalke”, “Werder” dringend nötig. Also Papiertüte aufgesetzt und ans Werk…
Kleingedrucktes: Im folgenden arbeite ich mich an den Platzierungen meiner Vorschau ab – auch wenn es schon beim ersten Team sehr schmerzt. Die angegebenen Kader stellen eine Art “Depth Charts” dar, die sich einerseits aus den 17 Spielen der Hinrunde entwickelt hat, andererseits auch schon einige Neuzugänge berücksichtigt. Es geht aber nicht darum wirklich jeden Spieler aus dem Kader zu berücksichtigen. Deswegen fehlen einige Spieler.
7. FC Schalke 04
FC Schalke 04
- Ist: Platz 10
- Taktik: 4-2-2-2, 4-4-2/Raute, 4-3-1-2
- Tor: #1 Neuer
- RV: #22 Uchida/#28 Moritz/#32 Matip
- IV: #21 Metzelder/#4 Höwedes/#14 Papadopoulos/#5 Plestan
- LV: #13 Schmitz/#3 Escudero/#2 Sarpei
- DM: #12 Kluge/#10 Rakitic/#14 Papadopoulos/#32 Matip/#28 Moritz
- OM: #17 Farfan/#18 Jurado – #18 Jurado/#10 Rakitic/#9 Edu/#27 Deac
- Angriff: #25 Huntelaar/#7 Raul
Felix Magath wiederholt sein Wolfsburg-Rezept. Durch eine große Zahl an Transfers den Konkurrenzdruck erhöhen, viele Spieler ausprobieren und nur die “Überlebenden” bleiben. Praktizierter Darwinismus mit überschaubarer Spieler-Halbwertszeit.
… schrieb ich dereinst im August und behielt recht. Magath hat die komplette Mannschaft gegenüber der Vorsaison entkernt und das hat Schalke erst einmal nach unten gerissen.
Schaut man sich die Aufstellungen an, so gibt es einen Break beim 11ten Spieltag. Mit dem 3:0 gegen St. Pauli hat er seine Grundordnung gefunden und ging über zum Feintuning. Bis zum 11. Spieltag hat Schalke 1 Sieg, 6 Punkte und 10:17 Tore eingefahren. In den 7 Spielen danach waren es 5 Siege, 16 Punkte und 15:7 Tore. Rechnet man diesen Trend für die Rückrunde hoch, werden es 61 Punkte. Mit dieser Punktzahl hätte Schalke letzte Saison Platz 3 erreicht.
Der Break zwischen 10ten und 11ten Spieltag, war die Umstellung von Raute zum 4-2-2-2. In den Spieltagen davor schaffte es Magath bereits die Viererkette “zu finden”, weil sich Schmitz als Links- und Uchida als Rechtsverteidiger etablieren konnten. Metzelder groovte sich in die Bundesliga ein.
Magath brauchte nach dem 11ten Spieltag noch ein paar Experiment um die passende Doppelsechs zu finden (Kluge + Rakitic bzw. Moritz, nachdem Jones aus dem Kader befördert wurde). Aber für Magath stand nun nach vielen Experimenten das Gerüst fest. Bezeichnend: in den letzten drei Spielen im Dezember startete Schalke mit der exakt gleichen Startelf. Magath hat schneller als ich dachte, zu seiner Formation gefunden. Magath und seine Methoden gefallen mir nicht. Aber im Endergebnis hat er schneller eine belastbare Formation zusammenbekommen, als z.B. Veh und Reinhardt.
Nicht klar ist, wie stabil dieses Gerüst ist. Uchida wird die ersten Wochen fehlen. Sowohl Moritz als auch Höwedes zeigten in der Hinrunde auf rechts Probleme (es wird wohl rechts auf Matip hinaus laufen). Dazu kommt dann das Problemkind Farfan, den es wegzieht, obwohl er auf links eine überragende Saison gespielt hat (2 Tore, 5 Torvorlagen). Ich bin noch nicht von der Tiefe auf allen Positionen bei Schalke überzeugt.
Re-Tipp: Gibt es keine Verletzungsprobleme, ist ein Europa League-Platz drin.
6. VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
- Ist: Platz 13
- Taktik: 4-2-3-1, 4-4-2/Raute, 4-3-3
- Tor: #1 Benaglio
- RV: #19 Pekarik/#20 Riether/#16 Johnson
- IV: #34 Kjaer/#3 Friedrich/#43 Barzagli/#17 Madlung
- LV: #4 Schäfer/#16 Johnson
- DM: #20 Riether/#13 Hasebe/#7 Josue/#17 Madlung/#8 Kahlenberg
- OM: #15 Ziani/#13 Hasebe/#24 Dejagah – #28 Diego – #14 Cigerci/#11 Cicero/#8 Kahlenberg
- Angriff: #18 Mandzukic/#23 Grafite
Steve McClaren hat die Mannschaft noch nicht zu fassen bekommen. Taktisch kam der Bruch mit der Verpflichtung von Diego zum zweiten Spieltag. McClaren begab sich erst einmal auf der Suche nach einer richtigen Formation und schwankte zwischen 4-2-3-1, 4-3-3 (mit Diego vorne im Zentrum) und schließlich, was ihm alle gleich gesagt hatten, ein 4-4-2 mit Diego als Rauten-Zehner. Doch nicht nur damit klemmt es. Sowohl Grafite als auch Dzeko sind bzw. waren Stürmer die gerne von außen oder den Halbpositionen kommen und die Abstimmung mit Diego wollte einfach nicht klappen. Tendenziell darf McClaren wieder zwei Schritte zurückgehen, denn sein fester Sturmbestandteil Dzeko wurde verhökert und nun muss er Mandzukic als Grafite-Partner aufbauen. Für mich überraschend hat Wolfsburg nun auch Ben Khalifa nach Nürnberg verliehen (mit Rückhol-Option im Sommer). Wenn ich es der VfL-Website korrekt entnehme, besitzt Wolfsburg nur noch zwei nominelle Sturmspitzen? (Dejagah ist für mich kein Stürmer) Kann das wirklich sein?
Große Unsicherheit zeigt McClaren auch bei den Diego-Adjutanten. Hasebe, Josue und Cigerci? Josue per Kapitänsbindenentzug zwischenzeitlich enteiert. Dejagah und Riether ausprobiert? Oder links dann doch Kahlenberg? Cicero bis auf weiteren vom Erdboden verschwunden.
Wenn weiter oben Magath als Paradebeispiel gilt, wie jemand aus einen Haufen von Spielern ein Gerüst extrahiert, so ist McClaren – aus was für Gründen auch immer – der Magath-Antipode. Freundlich, aber ratlos.
Das dritte Problem scheint für McClaren noch schwerer zu lösen zu sein: die charakterlichen Probleme. Keine Mannschaft verpennt derart Spielphasen wie die Wolfsburger. Immer wieder wird nur für 20 oder 40 Minuten ins Spiel investiert. Halbzeiten werden verpennt, Vorsprünge abgeben, Rückstände eingefangen. Auch das ist letztendlich ein Indiz dafür, dass McClaren es noch nicht geschafft hat, Hierarchien in der Mannschaft aufzubauen.
McClaren ist für mich eine der Trainerenttäuschungen dieser Saison und es spricht nicht viel dafür, dass ihm in der Rückrunde noch ein Riesensprung gelingen wird – wie ich ihn z.B. Schalke zutraue.
Ein Detail könnte McClarens Glück oder Unglück werden: der Abgang von 10-Tore-Dzeko. Der von den Klubentscheidern zum Kapitän ernannte Stürmer, wirkte im Laufe der Hinrunde immer isolierter – mit dem Höhepunkt seiner Antiperformance gegen Werder auf und neben dem Platz. Dieses Gift ist mit seinem Abgang weg. Aber meine Fresse … wirklich nur zwei Stürmer? In einem 4-4-2? Kann eigentlich nicht sein.
Re-Tipp: Der Riesensprung bleibt aus. Platz 10 oder leicht drunter (ich habe den Tipp im letzten Moment etwas nach unten korrigiert, als ich heute von der Ben Khalifa-Ausleihe erfuhr)
5. Werder Bremen
Werder Bremen
- Ist: Platz 14
- Taktik: 4-2-3-1, 4-4-2/Raute, 4-2-2-2/Egal, Hauptsache Wesley.
- Tor: #1 Wiese/#5 Wesley
- RV: #8 Fritz/#41 Schmidt/#5 Wesley
- IV: #11 Prödl/#29 Mertesacker/#4 Naldo/#5 Wesley
- LV: #3 Pasanen/#16 Silvestre/#3 Pasanen/#5 Wesley
- DM: #8 Fritz/#6 Frings/#44 Bargfrede/#20 Jensen/#5 Wesley
- OM: #44 Bargfrede/#14 Hunt/#7 Arnautovic/#5 Wesley/#10 Marin/#6 Borowski
- Angriff: #24 Pizarro/#7 Arnautovic/#19 Wagner/#9 Avdic/#10 Marin/#5 Wesley
Und nochmal mit den Tipp daneben gehauen. Werder mit seinem größten Kollaps seit … äh … wow.
Bei allen Verletzungsproblem die Werder phasenweise hatte, hat man einige Baustellen ignoriert und an anderen Stellen nicht adäquat den Kader vertieft. In der Hinrunde kam dann alles Schlechte zusammen.
Nicht gelöstes Linksverteidigerproblem, Naldo-Verletzung, formschwacher Mertesacker und Fritz, formschwaches defensives Mittelfeld, formschwache Offensive die zu sehr von Pizarro und den Launen der anderen Protagonisten abhing. Wie ein Böller, dessen Luntenlänge Schaaf und Allofs überschätzt hatten und der ihnen nun mitten in der Hinrunde um die Ohren geflogen ist.
Schaaf hält eigentlich zumindest einige Puzzleteile zu Lösung in der Hand, konnte sie aber aufgrund von Verletzung noch nicht alle gleichzeitig einsetzen. Schreibt sich die Hinrunde weiter, könnte die Viererkette schnell an Stabilität gewinnen durch die “Entdeckung” Schmidt auf der Rechtsverteidigerposition und Pasanen auf links, der zuletzt die solidere Lösung als Silvestre war. Vielleicht erholt sich auch ein Silvestre wieder, nachdem er in der Hinrunde nach erschreckend schwachen Spielen irgendwann Mannschaft und Publikum nicht mehr vermittelbar war.
Für die defensive Stabilität von Werder ist die Arbeit im Mittelfeld unheimlich wichtig. Schaaf baute lange auf Frings als einzigen Sechser innerhalb der Raute oder auf Bargfrede als Frings-Partner. Bargfrede fiel aber in der Hinrunde in ein Loch und es brauchte eine Zeit bis Schaaf in Fritz eine etwas überraschende, aber funktionierende Lösung fand. Sie half vorallem auch Fritz wieder zu einer guten Form zu finden.
Zeichnet sich in der Defensive eine Lösung ab, so herrscht in der Offensive blanke Ratlosigkeit – außer dem Fakt das Pizarro gebracht werden muss, sobald er imstande ist, auf zwei Füßen geradeaus zu laufen. Wo und wie nun Hunt, Marin oder Arnautovic vorne spielen, scheint kein Unterschied zu machen. Dazu ist ihre Tagesform zu schwankend. Wagner ist als Stürmer vermutlich erst einmal verbrannt. Als Neueinkauf versucht sich nun Avdic.
Der interessanteste Mann der Hinrunde war #5 Wesley. Der unbekannte Brasilianer, den Werder nach einigen Wochen Eingewöhnungszeit einfach irgendwohin im Kader hinschmeißen konnte und der immer eine gute Leistung ablieferte – egal ob im Mittelfeld vorne links oder ob Rechtsverteidiger.
In der Schlußphase der Hinrunde sah Werder für mich mit der Doppelsechs deutlich solider aus. Die Tendenz für das Hoffenheim-Spiel soll Richtung Raute gehen. Gefällt mir nicht.
Re-Tipp: Ich glaube das Werder die Defensive so weit wird abdichten können, dass substantiell weniger Gegentore kassiert werden. Ich glaube aber nicht daran, dass Werder stark in der Offensive wird zulegen können. Eher dezent unterhalb Platz 10.
2. Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
- Ist: Platz 1
- Taktik: 4-2-3-1, 4-3-2-1
- Tor: #1 Weidenfeller
- RV: #26 Piczszek/#25 Owomoyela
- IV: #4 Subotic/#15 Hummels
- LV: #29 Schmelzer
- DM: #8 Sahin/#22 S.Bender/#31 Götze/#5 Kehl
- OM: #31 Götze/#16 Kuba – #23 Kagawa/#7 Lewandowski/#10 Zidan – #19 Großkreutz/#31 Götze
- Angriff: #18 Barrios/#7 Lewandowski
Kraftvoller Fußball, agressives Mittelfeld-Pressing, energiegeladene Spieler, denen zum Ende der Hinrunde der Akku langsam aus ging. So weit, so bekannt.
Das was den Dortmundern auf europäischer Ebene abging, konnten sie in der Bundesliga ausspielen: eine mentale Stärke mit der sie sich auch aus schwierigen Situationen befreien konnten. Den “Bürgerkrieg” gegen Podolski und Köln gewann man mit 2:1 per Last-Minute-Treffer von Sahin. Gegen Hannover lieferte man sich 30 Minuten lang in der zweiten Halbzeit einen offenen Schlagabtausch – ehe man mit dem 2:0 für den Genickbruch sorgte (4:0-Sieg). In Freiburg holte man nach einer komplett verpennten ersten Halbzeit gegen aggressive Freiburger ein 2:1. Gegen Gladbach drohte gegen immer stärkere Fohlen der Ausgleich, ehe man mit dem 3:1 in der 77ten für den Genickbruch sorgte (“Ein Genickbruch war doppelt, den Punkt müssen wir wieder abziehen”). Mit starken 20-30 Minuten gegen Werder ein 2:1 rausgeholt.
Eine richtige Antiperformance zeigte man nur am ersten und letzten Spieltag. An den 15 anderen Spieltagen konnte man sich selbst aus der Scheiße rausspielen. Das ist für die viertjüngste Truppe der Liga eine starke Leistung.
Die Frankfurter Rundschau verkürzt das von Klopp zur Rückrunde ausgegebene Motto auf “Auf der Autobahn Gas geben und nur auf die Schlaglöcher achten“. Klopp wird auch diese Message an seine Jungs kommunizieren können, die Jungs werden ihm blind folgen und deswegen wird man sich auch von etwaigen Schlaglöchern wie Leverkusen nicht schocken lassen. Der Vorsprung von 10 Punkten auf Mainz und Leverkusen ist so immens, dass der BVB sich diese Souveränität leisten kann.
Das einzige wirklich beängstigende Schlagloch ist für mich der Kader, der an einigen Stellen zu dünn oder unausgeteste erscheint. Während Klopp nach vorne durch gelegentliche Rotationen ein bißchen Varianz und Tiefe reingebracht hat, ist nicht klar, wie gut der BVB Ausfälle von Sahin und den beiden Innenverteidigern kompensieren könnte (“Ein Schlagloch war doppelt, auch hier müssen wir einen Punkt abziehen”).
Re-Tipp: gibt es keine längeren Ausfälle des Dreiecks Subotic, Hummels, Sahin läuft es auf die Meisterschaft hinaus.
2. Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
- Ist: Platz 3
- Taktik: 4-2-3-1, 4-2-2-2, 4-3-2-1
- Tor: #1 Adler
- RV: #24 Kadlec/#2 Schwaab/#27 Castro
- IV: #5 Friedrich/#4 Hyppiä/#3 Reinartz
- LV: #27 Castro/#24 Kadlec
- DM: #23 Vidal/#6 Rolfes/#3 Reinartz/#14 Balitsch/#8 Bender/#13 Ballack
- OM: #18 Sam/#8 Bender – #10 Renato Augusto/#23 Vidal – #7 Barnetta/#31 Jörgensen
- Angriff: #19 Derdiyok/#9 Helmes/#11 Kießling
Geschichte wiederholt sich. Ende letzter Saison hatte Leverkusen die zweitwenigsten Niederlagen, aber elf Punkte Rückstand auf den Meister Bayern. Heuer hat Leverkusen mit Dortmund die wenigsten Niederlagen, aber 10 Punkte Rückstand auf den Herbstmeister.
Man lässt zuviele Punkte liegen, weil man Spiele verdaddelt und Unentschieden zulässt, wo andere Mannschaften den Killer (“Genickbruch“) geben und die Spiele einnetzen. Die Zahl der geschossenen Tore (zweitmeisten) läßt ahnen, dass es vorallem die Defensive verbockt.
Wo in der letzten Saison Hyppiä für Erfahrung und Stellungsspiel gelobt wurde, fallen in dieser Saison häufiger seine Bolzen in Form von Langsamkeit auf – gepaart mit dem nicht gerade wendigen Manuel Friedrich…
Im defensiven Mittelfeld verdient sich Vidal bei Beobachtern in dieser Saison Höchstnoten. Sowohl gegen Hoffenheim als auch gegen Köln fiel aber auf, dass das defensive Mittelfeld Vidal mit Reinartz bzw. mit Rolfes sich im Laufe des Spiels immer tiefer reindrücken und die Verbindung zu den offensiven Mittelfeldspielern ließen. Die Gegentore waren nur eine Frage der Zeit.
Bei allen Bestnoten: da scheint es bei Leverkusen noch zu hapern. Ist Ballack die fehlende Ingredienz? Ist sein Leadership oder gar seine Tempoverschleppung für Leverkusen notwendig?
In der Offensive konnte man die Verletzung von Kießling Mitte September gut auffangen. Heynckes reagierte schnell und stellte vom 4-2-2-2 auf ein 4-2-3-1 um, anfangs noch mit Vidal offensiv im Zentrum. Erst einen Monat später wanderte Vidal ins defensive Zentrum. Die 4-2-3-1-Formation profitierte von einer guten Form von Sidney Sam und mitsamt Renato Augusto und Barnetta hat Leverkusen viele und agile Anspielstationen beim schnellen Umschalten – sofern die Mannschaft sich nicht zu tief reindrücken lässt.
In der Rückrunde könnte der Kader zu einer Baustelle werden. Wie sortiert man das Mittelfeld, wo Vidal, Rolfes, Ballack, Balitsch, Bender und Reinartz um zwei bis drei Plätze spielen? Was macht man mit Derdiyok, Helmes und Kießling? Stellt man wieder auf 4-2-2-2 zurück und opfert einen offensiven Mittelfeldmann? Vorallem Helmes scheint nicht in das schnelle Angriffssystem der Leverkusener reinzupassen – ist aber mit 5 Toren aus 10 Spielen mit Abstand effizientester Stürmer.
Die Rückrunde liegt durch die zurückkehrenden Langzeitausfälle irgendwo zwischen Qualitätssteigerung und Pulverfass.
Re-Tipp: Platz 3.
2. VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
- Ist: Platz 17
- Taktik: 4-2-2-2
- Tor: #1 Ulreich
- RV: #2 Degen/#21 Boulahrouz/#27 Celozzi/#14 Funk
- IV: #5 Tasci/#17 Delpierre/#6 Niedermaier/#21 Boulahrouz/#4 Bicakcic
- LV: #3 Molinaro/#15 Boka
- DM: #35 Träsch/#8 Kuzmanovic/#20 Gentner
- OM: #7 Harnik/#13 Gebhart/#35 Träsch – #15 Boka/#26 Didavi
- Angriff: #18 Cacau/#29 Pogrebnyak/#9 Marica/#7 Harnik
Statt Platz 2 nur Platz 17. Fast die maximalstmögliche Spanne des Daneben-Liegens. Der Witz ist, dass ich eigentlich in der Einschätzung zum VfB Stuttgart genügend Sollbruchstellen nannte, weswegen dem VfB der Laden um die Ohren fliegen könnte. Aber ich vertraute auch den erfahrenen Christian Gross und dem Umstand dass eine derart solide mittlere Achse wie die des VfBs einfach nicht so schlecht spielen konnte, wie sie gespielt haben.
Der Witz ist: sieht man einmal von einigen Verletzungen ab, die vorallem die Defensive erwischte, bedienten sich sowohl Gross, als auch Jens Keller und Bruno Labbadia beim gleichen Personal. Nicht immer alle gleichzeitig, weil z.B. in der Innenverteidigung ibis Mitte Dezember mal Tasci, mal Delpierre fehlten.
Drei der vier Verteidiger sind mit Tasci, Delpierre und Molinaro gesetzt. Die Doppelsechs wird aus Träsch, Gentner und Kuzmanovic zusammengestellt. Im offensiven Mittelfeld läuft es auf Gebhart und Boka hinaus und Cacau bekommt Pogrebnyak, Harnik oder Marica als Sturmpartner. Labbadia arbeitet mit dem gleichen Gerüst wie Gross.
Dafür dass eigentlich sechs der sieben Mann in der Defensive (inkl. Torwart) Stammspieler waren, präsentierte sich der VfB in den beiden Spielen gegen die Bayern unverständlicherweise sie Stummfilm-Slapstick. Ich hab eigentlich nur noch auf das Einspielen der Benny Hill-Musik gewartet.
Die Offensive (32 Tore, drittmeisten Tore) ist noch nicht einmal schlecht. Vier Stürmer treffen, Gentner und Kuzmanovic bringen aus dem Mittelfeld Torgefahr. Das könnte auf einigen Positionen (Mittelfeld vorne links) besser sein, aber das ist weitaus mehr als man vom Tabellenvorletzten erwarten kann.
Unter Keller galt auch das Menschliche als großes Problem. Zu wenig Kommunikation untereinander, zuviel Egotrip, zu wenige Leader … “Menschenführung” gilt nicht unbedingt als die ganz große Stärke von Labbadia.
Ausgerechnet Labbadia soll nun also die Defensive abdichten. Ich kann mich aus Labbadias Hamburger Zeit an keine nachhaltigen Eindrücke der Defensive erinnern, außer in Labbadias Endphase das Defensivverhalten, beginnend mit der Doppelsechs, zunehmen vogelwilder wurde. Die Innenverteidigung wurde dabei auch durch die Hamburger Eigenart verbrannt, das seit der Kreidezeit kein Außenverteidiger in der Lage ist, Flanken zu verhindern.
Re-Tipp: Das Spielermaterial der Stuttgarter ist – wenn es verletzungsfrei bleibt – zu gut für einen Abstieg. Die Defensive sollte zusammenfinden. Die Punkteabstände sind aber groß. Die Stuttgarter werden daher irgendwo zwischen Platz 10 und Platz 13 landen.
1. Bayern München
Bayern München
- Ist: Platz 5
- Taktik: 4-2-3-1
- Tor: #35 Kraft/#1 Butt
- RV: #21 Lahm
- IV: #5 van Buyten/#28 Badstuber/#2 Breno/#44 Tymostchuk
- LV: #30 Gustavo/#26 Contento/#23 Pranjic/#4 Braafheid
- DM: #17 van Bommel/#31 Schweinsteiger/#30 Gustavo/#39 Kroos/#16 Ottl/#23 Pranjic
- OM: #10 Robben/#25 Müller/#8 Altintop – #25 Müller/#39 Kroos/#31 Schweinsteiger – #7 Ribéry/#11 Olic
- Angriff: #33 Gomez/#18 Klose
Der FC Bayern hat, wenn alle und alles fit ist, eine dolle Mannschaft, die nahezu ganz Europa auseinandernehmen kann. Meine Einschätzung zur Hinrunde, dass die Bayern der Konkurrenz um Lichtjahre davoneilen würden, entstand auch unter dem Eindruck der Saisoneröffnung gegen Wolfsburg.
Aber wehe einige Spieler haben Aua. Dann verengt sich das Potential des FC Bayern immer stärker auf nur knapp Überdurchschnittliches.
Das fängt mit dem Wegfall der Anarchisten Robben und Ribéry an, die mit ihren Laufwegen und Dribblings notwendig sind, um massierte Gegner auseinander zu ziehen und geht weiter mit einem Mann wie Olic, der mit seiner fassungslosen Laufbereitschaft ebenfalls so eine Waffe darstellt, mit dem Gegner aus einem massierten Zentrum weggeführt werden.
Zweiter Faktor ist eine Defensive die sich diese Saison überwiegend formschwach zeigt und zu individuellen Fehlern neigt. Die Laufwege der Viererkette sehen teilweise so aus als würden Lahm & Co. “Blinde Kuh” spielen.
Die Konsequenz ist kein kompletter Kollaps, aber das dezente Wegbrechen von einigen Spielen, die man letzte Saison gewonnen hätte. Unterm Strich hat man in der Hinrunde nur vier Punkte weniger als vor einem Jahr gesammelt. Diese Hinrunde sieht aber deswegen fatal aus, weil Dortmund mit einer fast perfekten Saison enteilt ist (14 Punkte) und weil man die Bayern diese Saison weiter wähnte, nachdem die Hinrunde 2009/10 stark von Gewöhnungsschwierigkeiten an van Gaal durchsetzt war. Mit einem fast unveränderten Kader hatte man mit einen flüssigeren Start gerechnet.
Was auf dem Radar zur weiteren Beobachtung gehört, ist das Verhalten der Bayern bei der 0:2-Niederlage bei Schalke 04. Sich zwei Dinger aus dem Nichts heraus einzufangen, passiert. Aber wie sich die Bayern nach dem 0:1 haben hängen lassen, war ungewohnt. Ähnliches gab es in Kaiserslautern und in Gladbach (wo man aber noch einen Ausgleich in der 84ten erzielte) zu beobachten. Umgekehrt konnte man die Partie in Hoffenheim noch in letzter Minute für sich entscheiden.
Wird sich diese psychologische Tendenz verschärfen, wenn die Bayern-Elf sich verjüngt (van Bommel, Demichelis, Butt raus, Gustavo, Kraft rein)?
Der FC Bayern hat auch fernab des Fußballfeldes mit den Wortmeldungen von Uli Hoeneß und der Kraft-Inthronisierung durch van Gaal für viel Unterhaltung gesorgt. Auch wenn sich alle Protagonisten phasenweise wieder ganz lieb haben, hat sowohl Hoeneß’ sky90-Auftritt als auch die Kraft-Ernennung von van Gaals Gnaden eine Sollbruchstelle aufgezeigt, über die der Verein und van Gaal immer wieder stolpern werden. Wer hat das Sagen? Der Trainer mit seiner kurz- und mittelfristigen Perspektive oder das Management mit seiner langfristigen Perspektive? Wenn so ein Torwart wie Manuel Neuer auf den Markt ist, ist es für einen Trainer opportun gegen die Vereinsführung anzuarbeiten um “seinen” Mann durchzusetzen? Selbst wenn man Kraft zur neuen Nummer 1 machen will: was bezweckt der Trainer mit der Art und Weise der öffentlichen Bekanntgabe zu Beginn des Trainingslager? Hier wurden alte Rechnungen beglichen. Wenn da nicht noch neue Rechnungen aufgemacht werden…
Re-Tipp: Wenn Robben und Ribéry weniger als eine Handvoll Spiele ausfallen, wird Bayern Zweiter.