Hamburg Sea Devils – Frankfurt Galaxy
Zum letzten Heimspiel der Hamburg Sea Devils in dieser Saison, verschlug es mich dank zweier Freikarten in die AOL-Arena.
Überhaupt die Freikarten. Wir wollten die Freikarten an der Kasse vor dem Stadion abholen und stellten uns an, als wir von der Seite angequatscht wurden und und Fremde zwei Freikarten in die Hand gedrückt haben. Im Vorfeld war zu lesen, dass der HSV seinen Dauerkartenbesitzern je zwei Karten schenkte. Im Stadion waren relativ wenig Zuschauer mit Fan-Utensilien zu sehen. Zudem gab es Blöcke (wie z.B. den Eckblock neben den Galaxy-Fans) die in der ersten Halbzeit brechend voll waren, in der zweiten Halbzeit aber nur noch zu einem Drittel gefüllt.
Im Stadion wurde im 4ten Viertel eine Zuschauerzahl von 30.528 angegeben. Das klang glaubwürdig. Der oberste von drei Rängen war komplett abgesperrt und Teile des untersten Ranges auf der Nordseite waren für das Feuerwerk abgesperrt. Halbgefüllte AOL-Arena? Ja, kann man so sagen.
Aber: im Gamebook heißt es, Stand Samstag abend:
Paid Attendance: 30528
So wie die Freikarten hinterhergeschmissen worden sind und das Verhalten in einigen Blöcken war, glaube ich nicht an 30.500 zahlende Zuschauer. Ob der HSV die Sea Devils wirklich für ihre Dauerkartenbesitzer-Karten bezahlt oder es ein “Naturalien-Deal” zwischen den Sea Devils und dem Stadionbesitzer HSV ist, kann ich nicht beurteilen.
Einige Pressemeldungen sprechen von einem Zuschauerrekord für ein Hamburger Football-Spiel… Na ja, die German Bowl 1999 zwischen den Hamburg Blue Devils und den Braunschweig Lions wurde im Volksparkstadion vor 30.400 Zuschauer ausgetragen. Keine Ahnung wie es dort mit Freikarten zuging und Axel Gernert war ja auch niemand, den man alleine mit der Buchführung alleine lassen wollte… Mal sehen ob die Sea Devils im Laufe der nächsten Tage ihre Zahl nach unten korrigieren.
Die Konstellation des Spiels bot sich für einen Rekordbesuch auch an: vor dem vorletzten Spieltag führte Galaxy mit 6-2 und dahinter die Sea Devils und Köln mit 5-3. Bei einem Hamburger Sieg und einer Kölner Niederlage hätte Hamburg sich vorzeitig für die World Bowl qualifiziert.
Aber es kam zu einem Raketenstart der Frankfurt Galaxy. Die ersten drei Drives konnten die Frankfurter zu Touchdown verwandeln. Frankfurt setzte auf die Shotgun-Formation und kurzen Pässen von 7-8yds Länge die über die gesamte Spielfeldbreite verstreut wurden.
Hamburg nicht ganz so effizient. Man konnte sich bei Frankfurt bedanken, das man im Spiel gehalten wurde, z.B. durch mehrere gute Kickoff-Return. Hamburg begann seine ersten beiden Drives an Frankfurts 12 und Frankfurts 43.
Im Laufe des zweiten Viertels reagierten Hamburger besser auf das Kurzpass-Spiel und konnten ihrerseits aufholen. Mit kurzen Pässen und Laufspiel über die #22 wurde versucht die Drives am Leben zu erhalten um dann mit tiefen Pässen auf die #11 und #19 tief vorzustossen. Mit einer zum TD retourniert INT gelang Hamburg vier Minuten vor der Halbzeit die erste Führung im Spiel: 24:21.
Im dritten Viertel plätscherte das Spiel etwas vor sich hin. Wenig First Downs. Frankfurt versuchte wiederholt tiefe Lücken in der Hamburger Secondary auszuloten statt mit dem Kurzpassspiel weiter zu machen. Folge dieser Hopp oder Top-Taktik: Frankfurt war im dritten Viertel nur drei Minuten auf dem Spielfeld. Das dritte Viertel geht nach einem Abtausch von Field Goals 27:24 zugunsten der Sea Devils aus.
Dann das Geschenk der Hamburger an die Frankfurter. Im ersten Spielzug des 4ten Viertels wird Hamburgs QB Bramlet gesackt und fumblet den Ball. Galaxy kommt an Hamburgs 30 in Ballbesitz und kann drei Minuten später per TD sich mit 31:27 in Führung bringen.
Doch sollte das 4te Viertel ansonsten ein Viertel der Gastgeschenke werden. Zum ersten Mal nach Halbzeit gelang der Galaxy ein richtig langer und feiner Drive, doch nach etwas mehr als 6 Minuten und 62yds setzt Lloyd einen 30yd-FG an den linken Pfosten.
Mit 2:23 auf der Uhr versuchen die Sea Devils sich im Rennen um die World Bowl zu halten. Und QB Bramlet läßt sich Zeit, bekommt nur kurze Paßspielzüge angesagt, teilweise auch Laufspiel, als 55 Sekunden vor Schluß die Erlösung in Form eines sensationellen 50yd-Pass auf #19 Maxwell kommt. Hamburg geht 34:31 in Führung.
Dann folgt die kurioseste Szene des Spiels, von der ich bis jetzt nicht weiß, was den Spieler geritten hat. Die Hamburger machen den Kickoff, der bis in die gegnerische Endzone fliegt. Frankfurts Birmingham fängt den Ball … und wirft ihn nach links zu einem Mitspieler an die 20yd-Line. Ein lupenreiner Passwurf!
Doh!
Ist das erlaubt? Nicht das ich wüsste, aber ich war mir bis zum Schiedsrichtersignal nicht sicher. Der Schiedsrichter gab in der Tat ein Illegal Forward Pass und das ist in der Endzone nunmal ein Safety.
Und das verstehe ich nicht. Wie kommt Birmingham auf die Idee einen Pass zu werfen? Das ein Pass nicht erlaubt ist, darauf kann man als Football-Profi kommen. Wieso ist er nicht einfach auf die Knie zum Touchback gegangen? Ein Safety für Hamburg, 48 Sekunden vor Spielende ist der schlimmste Bolzen den ein Galaxy-Spieler hätte anstellen können. Nicht nur dass die Hamburger außerhalb der 3-Punkte-Distanz kamen. Nach einem Safety kommen die Hamburger im Ballbesitz… Unglaubliche Szene und mir ein absolutes Rätsel was in dem Kopf von Birmingham vorging.
Der Endstand dank des Safetys 36:31 für Hamburg und das dürfte Kölner Blut endgültig in Wallung bringen. Hamburg kommt auf ein Punkteverhältnis von +51 und kann sich dank dieses Safetys vor den Kölner schieben (+50). Wenn das stimmt was deutsche Presseagenturen schreiben und nfleuropa.de in seinem “Kalkulator” vorrechnet, gilt die Punktedifferenz als Tie Breaker. Damit wäre Hamburg direkt für den World Bowl qualifiziert, während am letzten Spieltag Frankfurt und Köln im direkten Duell den zweiten Teilnehmer untereinander ausmachen würden. Frankfurt und Köln nehmen sich gegenseitig die Punkte weg und Hamburg kann nicht schlechter als Platz zwei stehen. Es scheint wohl nur ein klitzekleines Szenario zu geben, wonach sich Köln UND Frankfurt qualifizieren könnten und die Hamburger rausfliegen: Hamburg müsste verlieren und Frankfurt – Köln Unentschieden spielen.
Dank des Safetys von Birmingham. Ich gehe erstmal meinen Kopf mit Seife auswaschen, vor lauter sinistren Gedanken die ich gerade habe.
Zu den Rahmenbedingungen: Das Drumherum wie z.B. Parkplätze war sehr gut organisiert, nicht zuletzt weil in der benachbarten Colorline Arena Justin Timberlake auftrat. Die Restauration war etwas karg. Der erste Eismann kam erst in den Schlußminuten in den Block. Überbrückung von Halbzeit und TV-Auszeiten war okay.
Nicht nachvollziehbar ist für mich, das NASN eine derartige Gelegenheit versäumt um seinen Sender zu promoten. Abgesehen von einem zweimal auf der Anzeigentafel abgespielten, akustisch nicht verständlichen Filmchen, war nichts von NASN zu sehen. Man besitzt NFL-Exklusivrechte, man zeigt den World Bowl und überbrückt die Zeit bis zum NFL-Herbst am Ende des Monats mit der CFL, aber verpasst es 30.000 potentielle Abonnenten anzusprechen.