Tour 2007, #4: Villers-Cotterêts – Joigny
[17h57] Ich lese gerade Jan Ullrichs Anmerkungen zum L’Équipe-Interview auf seiner Homepage. Bin ich zu spitzfindig oder haben die deutschen Medien eine sich ankündigende Sensation überlesen?
[Ich] werde zu meinem Wort stehen und Euch Fans meine ausführliche Meinung zu den Ereignissen des letzten Jahres mitteilen […] ich werde mein Wort in den nächsten Wochen einhalten.
“In den nächsten Wochen”? Will Jan Ullrich “in den nächsten Wochen”, also nach der Tour anfangen zu reden? Oder vestehe ich ihn da miss?
[17h48] Das Interesse an dieser Etappe scheint bei den Franzosen nicht groß zu sein. Der L’Équipe-Ticker macht schlapp, meldet mir nich die anderen Plätze im Sprint und auch bei RMC begnügt man sich mit den Namen Hushovd und beschäftigt sich mit dem Sturz von Rémy Di Gregorio zu beginn des Nachmittags, der auf den Ellenbogen gefallen ist und während der ganzen Etappe versuchte Anschluß an das Peloton zu gewinnen.
Die Etappe: Hushovd vor Hunter/BAR und Freire/RAB.
Hushovd dank der Zeitgutschrift auf Platz 2 der Gesamtwertung, 29″ hinter Cancellara.
[17h40] Pünktlich zum Sprint sind die beiden ARD-Streams weggebrochen. Bereits zuvor hinkte der Windows Media-Stream auf den Schlußkilometern knapp 1km hinter dem Real Stream her.
Thor Hushovd/CA gewinnt die Etappe relativ problemlos, unangefochten von den Konkurrenten mit großen Namen.
[17h36] Das Feld rauscht heran. Noch 2km. Es wird der Massensprint.
[17h34] Auch die eher langgezogenen, breiten Straßen verunmöglichen Ausreißversuche. Noch 4km.
[17h31] Die Ausreißer sind eingeholt. Ein Kreisel wird zur Beschleunigung genutzt. Die Mannschaften bereiten den Sprint vor, halten das Tempo hoch um Ausreißversuche zu minimieren.
[17h30] 7km zu fahren. Knees und Flecha trennen nur noch 100m vom Feld. Dabei fährt das Peloton gerade nicht wirklich Höchstgeschwindigkeit, fährt als fette Wulst um die langgezogene Kurve der gut ausgebauten Bundesstraße.
[17h28] Ausreißversuch von Sprick, gefolgt vom aggressiven Knees und Flecha, die versuchen die wenigen Sekunden wieder auszubauen. Aber nach einer Minute geben sie auf. Sehen das Feld hinter sich. Einige Sekunden später ein neuer Versuch, wieder Knees, der nicht aufgeben will.
[17h26] Die Ausreißer dürften bald die Beine hängen lassen, denn auf diesen Straßen müsste der Blickkontakt bald hergestellt sein. Im Feld sieht es bunt aus. Viele Mannschaften vorne.
[17h25] Der Vorsprung nun unter 30 Sekunden und etwas mehr als 10km zu fahren, auf einer gut ausgebaut Straße, allerdings mit wenig Schutz vor den Winden.
[17h12] RMC erzählen gerade von einem neu erschienenen Buch eines Ex-Radsportlers “From Lance to Landis” von David Walsh, u.a. mit einer Episode: als Armstrong auf der Tour 2004 gehört hat, das Landis das Team Discovery gen Phonak verlassen würde, hat er aus Rache alle Blutbeutel von Landis im Klo runtergepült, damit Landis in der Tour schlecht abschneiden würde.
Eine Episode die allerdings mehr der Belustigung der Hörer dient, als Fundamentalkritik gegen Dopoing ist.
[17h09] Der Vorsprung rutscht gen 50s. Knees/Milram fährt einige Meter vorneweg, während der sportliche Leiter von Chavanel bei RMC sagt, dass es keinen Sinn macht für die Ausreißer noch irgendwelche Aktionen zu starken. Das Peloton wäre zu nahe dran.
[17h07] Noch 25km und noch knapp 60s Vorsprung. Alles spricht wieder für einen Massensprint. Der ARD-Stream bricht wieder mehrmals zusammen. Wie gut dass ich aber trotzdem schon mal volle GEZ-Gebühren für meine Bürorechner zahle, während die ARD ihre Kapazitäten erst noch ausbauen muss.
[16h57] Die eingeblendete Statistik ist interessant. Bei den Ausreißern beteiligen sich Sprick und Chavanel, die beiden Franzosen, relativ wenig an der Führungsarbeit.
[16h54] Es geht langsam ans Eingemachte des heutigen Tages. Noch 33km und etwas über 90 Sekunden Vorsprung. Nach den beiden Bergwertungen steht fest das Augé das Bergtrikot behalten kann.
Das Peloton scheint zu Beschleunigen. Das Feld schlängelt sich wie ein Finger um die Kurven. Der Rückstand bleibt aber recht stabil.
[16h48] SPIEGEL Online bringt eine dpa-Meldung wonach Jan Ullrich über das Interview nicht begeistert ist. Auf seiner Homepage erklärt er, dass er unglücklich über den Zeitpunkt ist (ich habe es gestern erwähnt, aber die meisten deutschen Medien haben es unterschlagen: das Interview wurde am Tag des Zabel/Aldag-Geständnisses gemacht, ist also einige Wochen alt) und unglücklich über einige Übersetzungen und Formulierungen.
Unser Mitgefühl gilt dem unverstandenen Jan Ullrich (Hat Tip: Jens).
[16h42] Eben wurde die Kathedrale von Sens eingeblendet. Sens ist die nächstgrößere Stadt in der Nähe und dort wo meine Großeltern Einkaufen gingen. Liegt an der normalen Bahnlinie Paris – Dijon – Lyon. Die Kathedrale stellt eines der wenigen Highlights der Stadt dar. Ansonsten gibt es nicht viele alten Bauten. Sehenswert ist aber wie die Stadt teilweise zwischen dem Fluß Yonne und den Abhängen kleiner Berge einklemmt ist, was teilweise ein faszinierendes Panorama ergibt.
[16h37] Die Tour ist derzeit ungefähr 110km, 120km von Paris entfernt und noch in der “Pendlerzone” der Metropole. Mit dem Schnellzug fährt man eine Stunde, mit der Regionalbahn anderthalb Stunden. Der Hausbau hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Während es früher vorallem alte Leute waren, die sich zum Ruhestand ein Haus gebaut haben, sind es immer mehr junge Familien die in der nächsten Großstadt oder in Paris arbeiten.
Eine Nebenwirkung: die kleinen Lieferwagen der Metzger, Fleischer, Bäcker oder Obst-/Gemüsehändler, die früher noch mehrmals die Woche kamen und eine Viertelstunde mit Hupen und Glockengebimmel anhielten um in den Straßen ihre Waren an die Einwohner zu verkaufen, haben alle ausnahmslos dicht gemacht.
Stattdessen fährt man nun 10-20km mit dem Auto um in den nächsten Hypermarché seine Wocheneinkäufe zu machen.
[16h34] 48km zu fahren, 1’55 Vorsprung. Das Feld nutzt die volle “Breite” der Straße aus (es fahren also zwei Fahrer nebeneinander). Das erklärt warum der Vorsprung der Ausreißer derzeit wieder stabil bleibt.
Gerade packt es einen Cofidis-Fahrer im Feld in den Straßengraben, wie um zu unterstreichen, dass die Straßen wirklich nicht breit sind.
[16h32] Die kleinen Dörfer haben es sich hingegen zu eigen gemacht, den Verkehr nach Kräften zu verlangsamen. Selbst in Tausend-Seelen-Dörfer gibt es nun überall Einbahnstraßen um den Verkehr im Zickzack durch das Dorf zu leiten und an jeder Gieskanne wird ein Stopp-Schild aufgestellt.
[16h30] Ich hab mal den ARD-Stream zugeschaltet. Diese schmalen Landstraßen auf denen die Fahrer nun unterwegs sind, sind nur bei wohlwollender Auslegung so breit, dass zwei Autos vorbeipassen. Es schnürt einem die Kehle zu, wenn die Verwandten mit Tempo 80-90 durch die kurvigen Straßen heizen, im Gottvertrauen darauf, dass sie jeden Knick kennen und wissen um welche Uhrzeit wo Autos zu erwarten sind.
Gerade das ländliche Frankreich ist durchzogen mit solchen Straßen. Kein Vergleich mit Deutschland und seinen Pfosten und Leitplanken.
[16h27] Es geht gen zweiter Bergwertung, knapp 50km noch zu fahren und der Vorsprung der fünf Ausreißer wird auf unter 2 Minuten gedrückt.
[16h07] Die Tour ist nun im Département Yonne (Autokennzeichen: 89). Die Städte Thorigny-s-Oreuse und Voisines, durch die die Tour gleich durchfährt, bilden mit dem Dorf meiner Großeltern ein Dreieck von knapp 5km Größe.
Hinter Voisines fährt die Tour über/unter der Autobahn A5 durch, die eine Art Parallelautobahn zur A6 Paris – Lyon darstellt. Diese Autobahn ist erst 4-5 Jahre alt. Die Autobahn führt knapp 300m am Haus meiner Großeltern vorbei und hat den alten Weg zum Wald hinterm Haus abgeschnitten. Ein Teil der riesigen Weizenfelder wurde für eine Autobahnraststätte und einer Polizeistelle plattgemacht.
Es ist nicht laut. Es ist nicht mehr als ein Grundrauschen was man bei offenen Fenstern im Haus hören kann. Jedesmal wenn ich im Gästezimmer im ersten Stock aus dem fenster schaue, nach Südost, auf die Autobahn die durch die Hügel und Feldern reinschneidet und hinter den Kuppen Richtung Villeneuve verschwindet, sehe ich kaum Verkehr. Egal ob tagsüber oder abends, ob wochentags oder am Wochenende. Nicht mehr als zehn bis zwanzig Autos pro Minute.
Die Autobahn war aberwitzig lange geplant worden. Knapp 20 Jahre. Sie wurde dann irgendwann auf Eis gelegt, weil just im Dorf meiner Großeltern auf dem Grund der geplanten Autobahn eine alte römische Siedlung entdeckt wurde, die erst ausgegraben und abgetragen werden musste, was locker 4-5 Jahre gedauert hat.
Die Autobahn hat also den Waldweg nordöstlich von meinen Großeltern abgeschnitten. Im Süden ist es die TGV-Linie Paris – Lyon die die Radfahrer heute auch noch passieren werden, die den Weg abschneidet. Wo man einst “querfeldein” in die nächstgrößere Stadt, 6km entfernt, Sens, gehen konnte, muss man heute eine von zwei Unter- bzw. Überführungen nehmen. Die TGV-Trasse ist vollständig eingezäunt.
Seit des Baus der TGV-Trasse und der Autobahn fühlt es sich irgendwie “beengt” an.
[15h51] Zitat vom Motorrad-Reporter Fred, RMC: “Beeindruckendes Bild. Hinter der Verpflegungsstelle stehen knapp sechzig Fahrer am Straßenrand und pissen.”
[15h41] Es gab übrigens gestern im Fernsehen einen Vorgeschmack dessen was den Zuschauer in den Bergen erwartet, wenn irgendein Held den Rest des Feldes in Grund und Boden fährt…
Der US-Amerikaner Tyson Gay hat gestern in Lausanne bei kühlen Bedingungen unglaubliche 19″78 herausgelaufen und bereits in der Kurve locker 5m Vorsprung auf die namhafte Konkurrenz herausgelaufen. Die 19″78 waren locker herausgelaufen, auf den letzten 10-20m nur noch ausgetrudelt.
Das war ein derartiger Klassenunterschied, das ich nicht umhin kam und ans Urinröhrchen und Blutprobe denken musste.
Es ist ein erster Vorgeschmack auf die Ratlosigkeit gegenüber solcher athletischer Dominanz, wie sie es wohl auch bei dieser Tour auf den Bergen geben wird. Man wird sich mühsam Indizien suchen müssen, wie z.B. die Durchschnittsgeschwindigkeit und die Leistung in den Etappen davor und danach, um sich seinen Reim drauf zu machen. Gleichzeitig kann man nicht negieren, dass es auch mal “übermenschliche Leistungen” oder den “Hungerast” geben kann.
[15h34] Kurz zum Renngeschehen.
4te Etappe, 193km, hügelige Landschaft im Burgund. Aktuell 90km noch zu fahren. Es führt eine 5köpfige Ausreißergruppe mit 3min44:
Sylvain Chavanel/COF
Matthieu Sprick/BTL
Gorka Verdugo/EUS
Juan Antonio Flecha/RAB
Christian Knees/MRM
Die Gruppe ist nach knapp 35km ausgerissen, auf der Abfahrt hinter der ersten Bergwertung. Der Vorsprung ist wohl nie auf mehr als 4min angestiegen, da mit Chavanel ein potentieller Spitzenreiter bei den Ausreißern dabei ist und CSC soll bislang drauf geachtet haben, dass da nichts anbrennt.
[15h18] So, mit dem Einstieg in die Rundfunkreportage von RMC bin auch ich drin.
Im Vergleich zu der gestrigen Ausgabe der L’Équipe, bot die heutige Ausgabe recht wenig Stoff. Stoff kommt dagegen vom ZDF in Form einer Pressemitteilung, die auf einen Beitrag im gestrigen Heute Journal hinweist. Darin deckte Reporter Hermann Valkyser schlampige Dopingkontrollen bei der Tour auf. Radfahrer die zur Dopingkontrolle aufgerufen wurden, konnten danach längere Zeit sich ohne Beobachtung auf die Kontrollen vorbereiten. Ein Verstoß gegen die Richtlinien der WADA (eien Art Welt-Anti-Doping-Behörde), die besagen dass die Personen ab der Benachrichtung unter Beaufsichtigung bleiben muss.
Kurios dass das ZDF für die Veröffentlichung dieser PM 16 Stunden gebraucht hat. Presseecho heute: gleich null.
In die gleiche Kerbe haut in einem STERN-Interview Richard Pound, WADA-Chef, aus dem die Netzeitung heute mittag zitiert. Pound hat ein ähnliches Problem wie Prof. Werner Franke. Wer permanent mit maximaler Lautstärke “Feurio” ruft, dem wird sehr schnell keiner mehr zuhören. Pound hat sich z.B. letztes Jahr in Kanada verbrannt, als er voreillig der NHL des Dopings beschuldigte.
Pound hat aller Wahrscheinlichkeit nach recht, wenn er davon ausgeht dass in der NHL gedopt wird. Dummerweise stand er mit leeren Händen da, hatte keine Beweise, keine Untersuchungsergebnisse und so war es ein leichtes für die NHL-freundlichen Medien Pound als Kläffer bloßzustellen, der nur spielen will. Inhaltlich mag Pound recht haben, aber sein Verhalten war in dieser Medienwelt unclever.