SuperBowl XLI: Countdown minus 3

Schlechte Nachrichten für Zuschauer in den USA: der Lingerie Bowl, die Halbzeitunterhaltung auf einem Kabelsender, ist für dieses Jahr abgesagt worden. Lingerie Bowl IV zwischen Dallas Desire und NY Euphoria. Die SUN hat hat die Meldung Mitte dieser Woche noch nicht mitbekommen.

Aus Sicht von Uni Watch können heute die Colts gewinnen (drei von vier ganz in weiß spielenden Teams haben bisher den SuperBowl geholt) oder die Bears (schickeren Jerseys, Stutzen, Schuhe und Coaches).

In ihrem “richtigen” Blog hat Uni Watch Hinweise erwähnt, dass demnächst in der NFL unfangreichere Logo-Kosmetik ansteht. Die Logos der Dolphins und Chargers sollen ebenso überarbeitet werden, wie das NFL-Logo.

Ehe die Fins-Fans einen Herzinfarkt bekommen: die NFL neigt dazu die Teamlogos eher behutsam zu verändern.

Die “NY Deaily News” berichten vom europäischen (besser: englischen) Unverständnis für Football.

PS: die Handball-WM scheint ein sehr lokales Ereignis zu sein. Hier in Hamburg war nichts zu merken, nicht der Hauch von Hupkonzert oder fiebrige Nachbarn.

SuperBowl XLI: Countdown minus 4

Ich gehöre auch zu jenen die auf den Colts-Bandwagon gesprungen sind. Wenn ich mir verschiedene Szenarien durch den Kopf gehen lasse, sehe ich eigentlich nur ein Szenario, welches zugunsten Chicagos ausgehen könnte:

Lovie Smith setzte auf einen Überraschungsangriff, lässt QB Grossman im ersten Viertel 1-2 tiefe Pässe werfen, mitten ins Herz der verblüfften Colts-Secondary. Eine frühe 7 oder 14 Punkte-Führung. Manning und seine Receiver verkrampfen, den Bears gelingt es viel Zeit durch Laufspiel wegzunehmen und sich mit Field Goals über die Zeit zu retten.

Ich kann mir schon vorstellen, das Lovie Smith die Nüsse hat, so etwas zu riskieren. Das Grossman so früh im Spiel zwei Bomben gelingen, liegt schon am Rande meines Vorstellungsvermögen (auch wenn die Colts-Defense nicht wegen ihres Pass Rushings gefürchtet ist), … aber gut: Apotheken und Pferde und so. In K #9 Robbie Gould vertrauen? In dieser Saison noch kein FG über 50yd versucht. bei 40-49yd immerhin 12 von 14.

Gut, ein mögliches Szenario.

Für wahrscheinlicher halte ich es aber, dass das Spiel von der extremen Vorsicht der Indianapolis Colts gekennzeichnet wird. Vorsicht. Nichts riskantes. Keine Turnovers produzieren, für die die Bears-Defense bekannt sind… Ich glaube nicht, dass Manning die vermeintlich schwachen Safeties austesten wird.

Ich halte die Colts-Defense für effektiver im Stoppen des Bears-Laufspiel, als die Bears-Defensive im Stoppen von Raumgewinn für die Colts. Ich wage daher die Prognose: es wird heute mehr FGs als TDs zu sehen geben.

Das Laufspiel mit dem Duo Jones/Benson wird im ersten Versuch im Keime erstickt, der Ball muss in den 2ten und 3ten Downs Grossman in die Hand gedrückt werden und der wird mit einem Compl% von 40% spielen. Die Colts bedanken sich für die gute Feldposition und rüben ein Field Goal nach dem anderen ein.

Sollten die Colts mit 10 oder mehr Punkten vorne liegen, können die Colts sich nur noch selber schlagen.

SuperBowl XLI: Countdown minus 5

Die Pundits … äh … “Analysten” … sind sich fast einig: 18 zu 6 Experten sehen einen Sieg der Colts.

Don Banks: Colts 13 Punkte vorne
Chadiha: Colts +4
Demasio: Colts +7
Peter King: Colts +6
Michael Silver: Colts +14
Dr. Z: Colts +10
Tim Layden: Colts +3
Gil Brandt: Colts +10
Vic Carucci: Colts +14
Len Pasquarelli: Colts + 4
John Clayton: Colts +10
Chris Mortensen: Colts +7
Gary Horton: Colts +7
Ron Jaworski: Colts +10
Mike Golic: Colts+8
Joe Theisman: Colts +11
Mel Kiper Jr: Colts +14
Merril Hoge: Colts +14

KC Joyne: Bears +4
Eric Allen: Bears +4
Scoop Jackson: Bears +3
Bill Simmons: Bears +3
Jeremy Green: Bears +3
Wojciechowski: Bears +1

Noch eine andere Prognose ist nicht uninteressant. Sonniges Miami? Haha.

Unter der Woche gab es in einer anderen Ecke von Florida einen Tornado mit entsprechenden Verwüstungen. Der Wetterbericht von heute mittag sagt für Miami eine Regenwahrscheinlichkeit von 40% voraus. Seit heute Mitternacht ist es zu vereinzelten Regenschauern gekommen. Temperaturen bei 20 Grad. Je mehr es regnet, desto eher sollte es den Bears entgegen kommen.

SuperBowl XLI: Countdown minus 6

Der Super-lativen Bowl ist auch hinsichtlich der TV-Übertragungen eine Rekordveranstaltung. Equipment so teuer, dass es jeden gebührenfinanzierten Sender die Tränen in die Augen treibt. Super-SloMo-Kameras die teilweise mit 300 Bildern pro Sekunde arbeiten. Die SpiderCam bzw. CableCam über den Köpfen der Spieler: ein 115.000 US$-teures Sony-Fabrikat. Über 50 Kameras von CBS. Knapp 500 CBS-Mitarbeiter am Werk.

Auch NFL Films werden mit über 20 Mitarbeitern zugegen sein. Die Besonderheit: sie nehmen das Spiel noch auf 16mm-Film auf und sind inzwischen Kodaks größter Kunde für 16mm-Film geworden.

Und doch: am Ende kann alles Hi- und Lo-Tech für’n Arsch sein:

Aagaard is impressed with the amount of cool stuff out there to cover the big game. But, he observed, there are also obvious limitations.

“You still have to find time to get some of these elements in properly [without] missing any snaps,” he said, noting the need to balance technology requirements against, for example, the pace of quarterbacks who favor no huddle offense. “Half of our equipment is useless if Peyton Manning gets to the Super Bowl.”

Mehr über den Aufwand, Details über das verwendete Equipment bei Ars Technica und TV Technology.

SuperBowl XLI: Countdown minus 7

Superbowl sind natürlich auch immer die “Super Bowl Ads”, die fabulös teuren Werbespots.

Hier einige Websites wo man die Werbespots wird vermutlich sehen können:
iFilm (mit Makings Ofs und Previews)

iFilm mit den 2006er Spots
iFilm mit den 2005er Spots
iFilm mit den 2004er Spots
iFilm mit den 2003er Spots
iFilm mit den 2002er Spots

MSNBCs Test Pattern mit Liveblogging über die Werbespots

MSNBCs lässt Zuschauer die Spots bewerten.

SuperBowl XLI: Countdown minus 8

So richtig übern Weg trauen auch die Wettbüros dem Spiel nicht und geben sehr konservative Lines: Indy 6,5 bis 7 Punkte vor mit einem Over/Under zwischen 47,5 und 48.

Die zentrale Figur des Spiels wird QB Peyton Manning sein. Die letzten Playoff-Spiele, auch die aus den Vorjahren, haben gezeigt, wie sehr er den Ring will und wie sehr er dabei verkrampft. Deutlich wurde das in den ersten beiden Runden in diesem Jahr, als die Colts nicht wegen, sondern trotz Manning gewonnen haben. Und wenn es nicht die zweite Hälfte gegen die New England Patriots gegeben hätte, in der sich Manning und Brady gegenseitig die Bälle um die Ohren geworfen haben, hätte man von Manning als Belastung reden müssen.

Während die Bears einfach nur opportunistisch zu spielen scheinen, also konservativen Football spielen und einfach die Schwächen der Gegner ausnutzen, sind die Colts durch wesentlich mehr Täler gegangen und haben sich jedesmal am eigenen Schopf aus dem Schlamassel gezogen. Das läßt sie reifer wirken, besser vorbereitet auf den Superbowl.

Ein Grund für die Langeweile die im Vorfeld von diesem Superbowl verströmt wird, sind die beiden Headcoaches, die sich sehr ähneln. Tony Dungy und Lovie Smith haben quasi die gleichen Wurzeln. Smith war Assistent von Tony Dungy bei den Buccs. Beide gelten als Vertreter eines modernen, spielerfreundlichen Coachings. Sie sind höfliche, freundliche, konfliktscheue Menschen, was aber im Gegenzug dazu führt, dass sie blaß sind, dass ihre Charaktere in der Öffentlichkeit keine Brüche oder interessante Facetten zeigen. Dungy und Smiths ähneln Ned Flanders bei den Simpsons. Nett solche Nachbarn zu haben, falls mal abends das Mehl ausgeht. Aber für den gepflegten Kneipengang nimmt man lieber den Nachbarn ein Stockwerk tiefer.

Weil Tony Dungy aber nun schon etwas länger Headcoach ist (seit 1996 bei den Bucs, seit 2002 bei den Colts), hat sich zu ihm zumindest etwas mehr Stoff angesammelt. leider alles Stoff, die Dungys vorsichtigen Charakter bestätigen. Aufgrund Dungys gelebtes Phlegma waren seine Teams nie Comebacker. Umso erstaunlicher nun das 18-Punkte-Comeback in dem AFC Championship Game. Auch eine Dungy-Marotte: er neigt dazu beschissene Challenges zu wählen.

SuperBowl XLI: Countdown minus 9

Was die deutsche Presse (bzw. auf deren Websites lesbar ist) über den Superbowl:

Die WELT, Stefanie Boewe: “Gewalt verkauft sich noch besser als Sex

Doch dass den am Sonntag in Miami ausgetragenen Super Bowl XLI […] rund eine Milliarde Fernsehzuschauer verfolgen werden […] liegt weniger am strategischen Anspruch. Spektakulärer wirken die mitunter brutal durchgeführten Spielzüge rund um den Football; ganz nach dem Motto “sex sells, violence sells better” – Gewalt verkauft sich noch besser als Sex.

Und wenn man Physis mit Gewalt verwechselt, glaubt man auch dass die XFL eine dufte Idee gewesen ist.

Dafür passen sich die Mannschaften den Bedürfnissen an. Zahlreiche Regeländerungen haben das Spiel immer schneller werden lassen. Für die Protagonisten blieb das nicht ohne Folgen. Denn mit dem Tempo steigt das Verletzungsrisiko.

Welche Regeländerungen sollen das sein? Die zusätzlichen Auszeiten durch die Challenges? Die strenger ausgelegten Regeln bei Tackles mit dem Helm voran? Die strengeren Regeln bei der Pass Interference? Die Geldstrafen für zu harte Tackles am Quarterback? Schnelleres Spiel? Ja. Durch Regeln? Nein. Eher durch “Athletik” und möglicherweise effizienteren Umgang mit Zeug im Graubereich zwischen Medikamenten und Dopingmitteln.

Die WELT hat übrigens auf ihrer Website seit Anfang November eine US-Sport-Ecke “Crunchtime” mit 1-2 Artikeln pro Woche.

Frankfurter Rundschau, Wolfgang Hettfleisch “Verabredung mit dem Schicksal

Einige Experten bezeichnen es als das größte “mismatch” in der Geschichte des Superbowls. Hier Peyton Manning, der Spielmacher der Indianapolis Colts, Inhaber diverser Rekorde der National Football League und schon zweimal zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Dort Rex Grossman, der Quarterback der Chicago Bears, von den eigenen Fans noch immer misstrauisch beäugt und ohne echten Rückhalt bei Fachleuten und Journalisten.

Na ja. Mit “Mismatch” würde man eher ein Spielerduell bezeichnen, bei denen sich zwei Spieler direkt gegenüber stehen. Groß gewachsener Receiver gegen einen zwergenwüchsigen Cornerback, der gerade sein zweites Football-Spiel des Lebens macht.

Die Teams selber sind, das zeigen auch die Wettquoten, kein übermäßiges “Mismatch”. Da erinnere ich mich an den verheerenden Superbowl vor zwölf Jahren San Francisco 49ers gegen San Diego Chargers 49:26, wo bereits die Wettbüros die 49ers mit 14 oder 17 Punkte vorne sahen.

Tagesspiegel, Matthias B Krause: “Beistand von Engeln
Tagesspiegel, Matthias B Krause: “Nach einem langen Weg

Tony Dungy kann sich noch genau daran erinnern wie es war, als er in den Sechzigerjahren in einer Kleinstadt in Michigan aufwuchs: „Wir haben den Super Bowl angeguckt und nie wirklich einen schwarzen Coach gesehen. Wir haben nicht einmal darüber nachgedacht, dass wir das eines Tages werden könnten.“ An diesem Sonntag steht Dungy nun selbst mit den Indianapolis Colts als erster schwarzer Headcoach im Finale der National Football League. Sein Gegenüber im Super Bowl in Miami ist Lovie Smith mit den Chicago Bears, ebenfalls ein Afro-Amerikaner.

In den USA trägt der diesjährige Superbowl auch den (inoffiziellen) Beinamen “Negrobowl I”. Der erste Superbowl mit zwei schwarzen Headcoaches. “Negro” läßt mich zusammenzucken. Einer meiner Lieblingsfilme ist “Wer die Nachtigall stört – To kill a Mockingbird” von 1962, ein verstörender Südstaatenfilm über Rassismus und Vorurteile in einer Kleinstadt. Als vor einigen Jahren die NY Times ihr Archiv an Filmkritiken geöffnet hat, habe ich mir auch die damals in der NY Times erschienene Filmkritik durchgelesen. Die dort gewählte Sprache, in einer Ostküstenzeitung, in einem Intellektuellenblatt, diese permanente Verwendung von “Negro” hat mich nochmals nachhaltig verstört. So wie jetzt der Ausdruck “Negrobowl”.

Tagesspiegel-Weblog Heimvorteil, Jörg “Leodator” Leopold: “Super Bowl XLI: Pregame-Show mit Thunder-GM Joe Cealera

Berliner Zeitung, Matti Lieske “Kühlschränke auf den Schultern

NZZ, Rod Ackermann “Purzelbäume bis ins Weiße Haus

Zur Debatte steht beim Kampf zwischen den zwei Mannschaften aus dem Mittelwesten – just 300 Kilometer Autobahn trennen Chicago und Indianapolis – der alte Grundsatz, wonach mit der Offensive zwar Spiele gewonnen werden, mit der Defensive aber Meisterschaften. Tatsächlich sind es mehr als zwei Jahrzehnte her, dass ein eindeutig offensiv orientiertes Team einen Final gewann (die Los Angeles Raiders in der Super Bowl XVIII). Ob es den Colts und ihrem brillanten Quarterback Peyton Manning gelingt, die beinharte Verteidigung der Bears zu knacken? Jene Einheit von jungen, hochmotivierten Mannen, die eisern entschlossen ist, den ersten NFL- Titel seit 1985 nach Chicago zu bringen?

Dem Szenario der «defense wins!» entgegen steht die Virtuosität von Peyton Manning […]

Das greift m.E. zu kurz, weil die Colts gerade in der Defense in den Playoffs ein neues Gesicht gezeigt haben.

SZ, Christoph Leischwitz “Die wichtigsten Spieler beider Mannschaften
SZ, Diashow zum Superbowl

SPIEGEL Online, Daniel Killy “Seichtigkeit des Seins
Ah, der SPIEGEL mal wieder mit seiner handelsüblichen Kodderschnauze. Football according SPIEGEL Online:

Auf vielen Superbowl-T-Shirts prangt das Konterfei von Colts-Quarterback Peyton Manning. Sein Gegenüber von den Bears ist auf den bunten Hemdchen Brian Urlacher. Der ist aber nicht Quarterback, sondern Linebacker, das heißt Abwehrspieler. Ein Motiv, das eine deutliche Sprache spricht. Wenn schon die Devotionalienhändler den Spielmacher der Bears nicht für T-Shirt-würdig befinden, wie sieht es dann um die Chancen der Bears aus?


Der Blogger Nr.1 des Handelsblatt, normalerweise für Netz- und Mediengeschichten, aber auch ein bißchen Sport zuständig, ist nach Miami geflogen. mehr in “Indiskretion Ehrensache“.

Und natürlich ist auch der New Yorker Journalist Jürgen Kalwa in seinem Blog “American Arena” näher an der Sache dran.

Ich lege auch nochmal den hiesigen Blogeintrag über das NFL-Spiel in London ans Herz, wo sich inzwischen in den Kommentaren eine spannende Diskussion über das verhältnis zwischen NFL Europa und der lokalen Football-Bundesliga entwickelt hat.

SuperBowl XLI: Countdown minus 10

Unveränderter Gefühlszustand: ich werde mit dem Superbowl heute nicht warm. Zehn Stunden bleiben mir noch, um mir das Spiel schmackhaft zu machen. Das ist keine rationale Sache. Ich fürchte dass sich das Image der Mannschaften und Spieler bei mir zu tief eingefressen hat.

Ich bin durchaus für giftige, defenselastige Mannschaften zu haben, brauche aber ein gewissen Pep bei. So wie bei den Steelers à la “Blitzburgh”. Chicago hat eine gute Defense, ist aber keine Ausnahmeerscheinung. Anders als Pittsburgh, atmet diese Mannschaft auch nicht den Geist früherer Jahre. Sämtliche Vergleiche z.B. mit den Ditka-Jahren, scheinen arg an den Haaren herbeigezogen zu sein.

Die Indianapolis Colts schmecken für mich nach Kunststoff. Ich mag deren Halle nicht. Ich mag die Trikots nicht, ich mag den Archie Manning-Masterplan nicht “Wie erziehe ich meine Söhne dass irgendeiner von denen das vollendet, was ich nie geschafft habe: den Superbowl zu gewinnen“. Peyton Manning und Marvin Harrisson holen zwar Rekorde ohne Ende, aber besitzen das Charisma des Hamburger Telefonbuches, Ausgabe 2002/2003, Band I, A bis K.

Noch zehn Stunden damit ich mir ein langes Aufbleiben schmackhaft machen kann.

(bitte gedanklich das Soundlogo von “24” einfügen)

Mein ist die Rache: Pittsburgh Penguins und Montreal Canadiens

So öd und langweilig die Bundesliga heute nachmittag war (abgesehen von der Schlußphase in Berlin), so fertig war ich mit den Nerven bereits um 15h, nachdem ich mir eine Aufzeichnung des NHL-Spiels am Donnerstag angesehen habe, Pittsburgh Penguins – Montreal Canadiens. Diese Partie macht die Übertragung des Montreal – Pittsburgh-Spiels diesen Sonntag (20h NASN) zur ultimativen Pflichtveranstaltung. Das Spiel am Donnerstag war reines Playoff-Eishockey. Intensiv, spannend und kraftvoll. Das war in der Mellon Arena nicht gefrorenes Wasser, sondern gefrorenes Adrenalin.

Die Pittsburgh Penguins sind trotz der unendlichen Querelen um die Zukunft der Franchise, so etwas wie die Mannschaft der Stunde. Sie sind inzwischen in die Playoff-Plätze gerutscht und liegen dort vier Punkte hinter Montreal auf Platz 6.

Die Tonalität des Spiels wurde gleich beim ersten Face-Off gesetzt: Montreals #40 Maxim Lapierre stach mit dem Stock Pittsburghs Über-Star #87 Crosby in den Magen. Das Spiel wurde zwar sofort unterbrochen, aber es gab kurioserweise keine Strafe. Neues Face-Off, wieder stehen sich Crosby und Lapierre gegenüber. Nun ist es Crosby der Lapierre mit dem Stock aushebelt und zu Fall bringt. Wieder drücken die Refs beide Augen zu und lassen das Spiel laufen.

Es war klar: die Canadiens wollten aggressiv zur Sache gehen und den Star der Penguins physisch einschüchtern. Ebenso klar: die Penguins waren gefordert ihrerseits gegenzuhalten Von diesem Zeitpunkt lief Lapierre als Zielscheibe für die Rachegelüste der Penguins herum. Man musste Angst haben, dass die junge, unerfahrene Truppe es überreißt. Sie fingen sich viele Strafen ein, die jedoch die Canadiens, eines der besten Power-Play-Teams in der Liga, nicht ausnutzen konnten. Es waren die Penguins die das letzte Überzahlspiel des Drittels zu einer 1:0-Führung nutzen konnten.

Im zweiten Drittel wurde die Temperatur nochmals erhöht. Nachdem die Penguins keine klare Aktion gegen Lapierre nehmen konnten, bekam Pittsburghs #20 Armstrong einen klaren, sauberen Hit auf Montreals Star #11 Saku Koivu, der gegen die Bande katapultiert wurde und danach einige Sekunden brauchte um all seine Gehirnzellen vom Eis aufzusammeln. Das rief natürlich die Mannschaftskollegen von Koivu auf dem Plan und Wachhund #44 Souray schmiß sich auf Armstrong und zettelte eine Prügelei an. Während Armstrong zwar die Handschuhe auszog, aber am Boden liegend nur die Arme in einer Abwehrhaltung hielt, drosch Souray weiter auf Armstrong ein. Die Strafe war drakonisch: zwei plus fünf plus zehn plus zehn Strafminuten gegen Souray. Souray also aus dem Spiel geschmissen und die Penguins mit einem siebenminütigen Überzahlspiel. Die Canadiens konnten sich nicht mehr einkriegen, denn zumindest die Hinausstellung per doppelter 10-Minuten-Strafe war für sie unverständlich.

Im Überzahlspiel brauchten die Penguins knapp drei Minuten ehe sie mit einem Distanzschuß von ##55 Gonchar auf 2:0 erhöhen konnten. Das Überzahlspiel der Penguins ging aber aufgrund der vierfachen Strafe gegen Souray noch weiter. Die Canadiens konnten ihren Ruf der Mannschaft mit den meisten Unterzahl-Toren gerecht werden, aber ein weiterer Schlagschuß von Gonchar in den Schlußsekunden des Überzahlspiels brachte das Spiel auf 3:1. Montreal gelang der Anschlußtreffer zum 3:2

Und was man nicht für möglich hielt: das Spiel legte im dritten Drittel noch mal an Tempo zu. Die Penguins gingen 4:2 in Führung nach einer traumhaften Kombination von Armstrong, Talbot und Christensen auf engstem Raum, teilweise hinterm Tor.

Wieder konnten die Canadiens mit einem Unterzahltor den Anschluß schaffen zum 4:3. Die Canadiens erhöhten in den letzten fünf Spielminuten minütlich die Schlagzahl. Ich musste mehrmals auf die Spielstandanzeige gucken um mich zu vergewissern, dass Montreal wirklich nicht in Überzahl war. Es sah wie ein Power Play aus. Die Penguins schmissen sich in die Schüsse und Fleury packte unglaubliche Saves aus. Die Canadiens schossen aus allen Rohren und wurden zweieinhalb Minuten vor Schluß mit dem Ausgleich belohnt.

In der Overtime ging es genauso intensiv weiter. 100 Sekunden vor Ende der Overtime musste die Blue-Line-Option Nr. 1 der Penguins Gonchar auf die Strafbank. Die Penguins verteidigten sehr passiv, aber Montreal fand keine Lücke.

Es kam zum Shootout, welcher 2:1 für die Penguins ausging.

Das waren 65 Minuten ganz großes Eishockey. Spielerisch war es Offenbarung mit etlichen hochkarätigen Schüßen, mehreren Pfosten- und Lattentreffern und guten Goalies. Psychologisch war es ein Thrill zu sehen, wie die Mannschaften versuchten ihre Stars zu beschützen oder zu rächen.

Ich gehe davon aus, dass nach dieser Partie etliche Rechnungen noch nicht beglichen sind. Nur drei Tage nach dem Spiel, geht es nun am Sonntag in Montreal weiter und die Canadiens werden mit Sicherheit versuchen sich an den Penguins für die Schiedsrichterentscheidungen schadlos halten. 20h00 NASN, Broadcaster: CBC.