Die Mär vom besten Kommentator

Quotenmeter bringt das Resultat einer Telefonumfrage von TV Today. Demnach ist die Hitliste der “besten” EM-Kommentatoren:
1/ Kerner – 39%
2/ Beckmann – 20%
3/ Rethy – 8%
4/ Simon – 4%

Es fängt bereits mit dem Adjektiv “bester” an. Die Masse wird nie über “bester” entscheiden können.

Im Falle der EM beispielsweise: je nach Spiel sahen zwischen 15 und 24 Millionen Zuschauer zu. Normale Fußballspiele bei ARD und ZDF ziehen zwischen 4 und 8Mio Zuschauer. D.h. während der EM sind weitaus mehr als die Hälfte der Zuschauer keine Stammfußball-Gucker.

Wieviele von diesen, werden wissen ob der Kommentator von “vorgestern” Bela Rethy oder Yopi Kerner gewesen ist?

Wieviele von diesen werden sich an den “Top-Spiel”-Kerner, der eine eigene Talkshow hat und in Werbespots auftritt, erinnern und wieviele an Bela Rethy, der außerhalb von Live-Übertragungen nur samstäglich bei Zusammenfassungen im Sportstudio zu hören ist? Wieviele Länderspiel-Kommentierungen werden versehentlich den bekannteren Kerner + Beckmann zugeschlagen?

Das richtige Adjektiv für diese Telefonumfrage wäre “populärster” oder “bekanntester”. Mit Sicherheit nicht “bester”.

Tschechen das Finale verrehhagelt

Was ging schief?

Wenn wir die 115te Minute im Mikroskop betrachten, dann fällt auf das zwei Tschechen den Torschützen Dellas zum Ball hochspringen lassen. Mittenmang dabei: Ujfalusi, der HSVer, nicht der einziger Aussetzer den er sich in der Deckungsarbeit leistete.

Aber das tschechische Problem lag woanders, lag in der Offensive. Nicht nur, aber auch der Ausfall von Nedved (“Nedviet”, “Metwit” O-Ton Kerner) nach knapp einer halben Stunde.

Ein psychologischer Schock und der Ausfall der zentrale “Nabe” im Mittelfeld. Von da an schienen die Tschechen ihre Ordnung zu verlieren, mit einem Koller der sich die Bälle von weit hinten holen musste und sich im Aufbau-Spiel viele Fehlpässe leistete, mit einem Baros der plötzlich nur noch Einzelaktionen versuchte. Von kaum einen anderen Spieler ging wirklich Torgefahr aus.

Am Bezeichnendsten die Torchance von Koller nach “doppelten” Doppelpaß mit Rosicky. Bereits Rosicky hatte völlig freie Schußbahn, hätte durchmaschieren können, stattdessen passte er an den etwas überraschten Koller zurück, der alle Mühe hatte den Ball noch zu treffen und zentral freistehend einen Meter neben das Tor schoß.

Zwei Indizien zeigten, dass die Tschechen nicht im entferntesten diesen leisen, dauernden, zermürbenden Druck wie gegen die Dänen aufbringen konnten.

Da waren zum einen die Griechen, die konditionell nicht in dem Maße ans Limit gehen mussten wie gegen Frankreich. Es gab nicht einen Krampf. Es wurde von den Tschechen gar nicht erst versucht Fehler in einer evtl. müden griechischen Abwehr auszuloten.

Zum anderen war das versteinerte Gesicht von Trainer Karel Bruckner, der schon nach einer Stunde mit völlig verkniffenen Gesicht da saß. Er ahnte dass die Tschechen das Spiel nicht mehr in der Hand hatten. Warum Bruckner nicht viel früher als in der 115ten Minute Marek Heinz eingewechselt hat, erschloß sich mir nicht.

Es war keine attraktive Partie, so wie man überhaupt sagen muss, dass die beiden Halbfinals in Sachen spielerischer Qualität weit hinter den 2000er-Semifinals zurückgeblieben sind.

Die Diskussion um “attraktive” oder “veraltete” Taktik ist aberwitzig. Rehhagel hat aus dem ihm zur Verfügung stehenden Material das optimale gemacht. Optimaleres kann ein Trainer nicht machen.

Und eines darf auch nicht vergessen werden: nimmt man die Torchancen, so ist der griechische Sieg nicht unverdient. In der Verlängerung gab es nur Hellenisches zu sehen.

Bye-Bye Nash

Dirk Nowitzkis bester Freund, Steve Nash verläßt die Dallas Mavericks und geht zu den Phoenix Suns. Nash erhält von den Suns einen Vertrag über sechs Jahre und 65Mio US$.

Die Mavs hatten die Chance dem Suns-Angebot ein eigenes gegenüberzustellen, wollten aber nur 45Mio US$ bieten.

Mavs-Besitzer Mark Cuban hatte zuvor in seinem Blog nur eine Bleibe-Garantie für Nowitzki abgeben wollen.

Damit fallen die Suns aus dem Kobe-Byrant-Poker raus. Unklar ist es was es für Dallas und eine Verpflichtung von Shaq bedeutet. Während mit Nash ein Großverdiener von der Payroll geht und Platz schafft, geht damit auch ein Spieler der Bestandteil eines Trades mit den Lakers hätte werden können.

UI-Cup auf PREMIERE

PREMIERE zeigt ab diesem Wochenende alle UI-Cup (Pokal der Verlierer zur Qualifikation für den Verlierer-Pokal)-Spiele der Bundesligisten.

In der anstehenden zweiten Runde greift am Samstag Wolfsburg ein.

Sa., 3.7. 15h15: Wolfsburg – FC Thun, PREMIERE Sport 1
So., 11.7. 16h45 FC Thun – Wolfsburg, PREMIERE Sport 2

Thun ist der Tabellensechste aus der Schweiz.

Wolfsburg muss ohne seine besten Argentiniern (Quiroga, D’Allesandro) antreten, die alle übern großen Teich bei der “Copa Americana” um Ruhm und Ehre bolzen, ohne EM-Teilnehmer (Brdaric, Petrov), Verletzte (Präger, Maric) und Gesperrte (Thiam, Klimowicz) antreten. Beim nächsten Verletzten muss wahrscheinlich Gerets himself sich zum Grätschen einwechseln.

Sollte übrigens Wolfsburg gewinnen, stehen dank ausgeklügelter Auslosung in 2 Wochen zwei Nord-Derbies gegen den HSV an.

TCH-GRE: 129 Jahre Kompetenz

Gerontologen-Treffen an den Trainerbänken: der 64jährige Weltmann Karel Bruckner trifft auf den 65jährigen Ballonseide-Intellektuellen Otto Rehhagel. Letzterer kommt seit Tagen in den hiesigen Medien vorallem als “letzter Deutscher”, “ein Deutscher” u.ä. vor.

#15 Milan Baros hat es in der gestrigen Vorberichterstattung der ARD gut auf den Punkt gebracht: wichtig ist es die Ruhe zu bewahren und einen Treffer zu erzielen.

Die Tschechen sind den Griechen in allen Belangen aber so etwas von haushoch überlegen und einen Rückstand werden die Hellenen nie und nimmer zu einem Sieg umbiegen können.

Das die Tschechen technisch europäisches Spitzeniveau haben, ist eine Erkenntnis die einem spätestens seit dem Freundschaftsspiel-Sieg in Frankreich vor einem Jahr dräuen könnte. Was mich aber überrascht, ist die Leichtigkeit mit der sie auch mit psychologisch nicht einfache Spielsituationen fertig werden. Lange einem Tor gegen Lettland hinterhergerannt. Einen 0:2-Rückstand gegen Holland umgedreht. Ein Larifari-Spiel gegen Deutschland gewonnen. 60 Minuten seelenruhig dänischen Beton aufgebohrt.

Die Tschechen haben zu viele Waffen. Die Griechen sind in den letzten 15Minuten einer jeden Partie immer böse in die Klamotten gekommen, haben sich einschnüren lassen und den Ball nur noch rausgebolzt. Eigentlich haben die Griechen schon alleine deswegen keine Chance.

Für Rehhagel gibt es eigentlich nur ein Rezept. Das machen, was seine Griechen am besten können: den Stinker spielen. Den Tschechen den Rythmus nehmen, das Spiel zerstören, irgendwie in die Köpfe der Tschechen dringen, dort den Keim von Angst, Hektik und Panik einsetzen und dann gedeihen lassen.

Was die Griechen brauchen, ist ein Tor. Das ist nicht unmöglich, die tschechische Abwehr ist der Schwachpunkt der Elf. Sobald aber die Tschechen in Führung gehen, ist das Spiel gegessen.

Die Tschechen erscheinen mir spielerisch zu mächtig, zu variantenreich, psychisch zu robust als dass es keinen klaren Sieg für die Tschechen geben kann.

FIA: Mosley hört auf

Heißer Sportnachrichtentag, ich komme nicht mehr mit dem Schreiben nach…

Der FIA-Chef Max Mosley wird sich nach elf Jahren im Oktober zurücktreten.

Nach Insider-Informationen von “F1 Racing” soll Mosley in seinem Rücktrittsschreiben explizit Ferraris Jean Todt als Nachfolger gewünscht haben.

Mosley ist in den letzten Monaten und Jahren immer mehr zwischen den Fronten geraten. zuletzt hat das FIA-Veto eine bereits beschloßene Reform des Qualifying-Modus überraschend verhindert.

Durch diverse Reformen und Reformvorschläge hat sich Mosley auch nicht unbedingt Liebkind bei den Herstellern gemacht.

Sein Rücktritt kommt ungünstig, da ich noch nicht glaube dass seine Reformen für 2008 in trockenen Tüchern sind und das bereits im Oktober das letzte Wort in Sachen Geschwindigkeitsreduzierung gesprochen sein wird.

Zudem steht zu befürchten an, das mit Jean Todt ein sehr “regel-konservativer” Mann ans Ruder kommt, der nicht massiv sich für Reformen ins Zeug legen wird. Eine Nominierung von Todt käme einer Kampfansage an die “britischen” Teams gleich. Frank Williams und Ron Dennis würden mit giftgrünem Kopf durch die Gegend laufen.

Schalkes Dortmund: Pleite bis zur Rosette

Am Dienstag fand eine Mitgliederhaupftversammlung des FC Schalke 04 statt, auf der auch die aktuellen Geschäftszahlen vorgestellt wurden.

Was soll man sagen? Wiewohl es geräuschloser als beim BVB zugeht, hat Schalke ähnliche finanzielle Probleme wie der verhasste Rivale an den Backen, was man angesichts der Aufnahme der Schächter-Anleihe und der Einkaufspolitik ahnen konnte.

Die Fakten wie sie sich darstellen:
– Umsatzrückgang 2003 um 20%
– Bilanz 2003: -20 Mio EUR Miese gemacht, mit Tricks auf 4Mio runtergerechnet
– Gesamtschulden: 100Mio EUR, ohne Arena
– Personalkosten für 2004: 38Mio EUR

Dabei sind die Zahlen, ganz wie beim BVB, mit Hilfe bilanztechnischer Tricks geschönt worden. So wurde das alte Parkstadion aus der Rechnung rausgenommen und als frischgegründete Tochtergesellschaft wieder reingenommen, diesmal mit dem Grundstückswert von 15Mio.

Die Arena, eine weitere von insgesamt 14 Töchterunternehmen, scheint sich derzeit nicht zu rentieren, da es zuwenig Großveranstaltungen gibt. Was Schalke gemacht haben soll: sie stopft die Schulden der Arena in dem sie der Tochtergesellschaft einen Kredit gibt (derzeit 6 Mio) und diesen Kredit als positive Zahl in die eigene Bilanz einführt. (Siehe David-Posting, SCFV-Forum, 29.6., 14h23)

Neben der bekannten 75Mio-Schächter-Anleihe 2003, musste man eine weitere Anleihe über 10Mio aufnehmen, um “Frischgeld” zu haben, nach dem frühen Scheitern in Pokalen und schlechten Abschneiden in der Liga. Und dem Wüten auf dem Transfermarkt. laut SZ hat Schalke seit 1999 60Mio EUR auf dem Transfermarkt ausgegeben, aber nur unglaubliche 2Mio eingenommen!

Derzeit soll Assauer etliche Spieler wie Sauerbier in Europa anbieten, aber ohne Erfolg.

Die 2003-Bilanz wird, ähnlich dem Dortmund-Modell, erstmals unter Verschluß gehalten.

Eines wird angesichts dieser katastrophalen Zahlen klar: Schalke unternimmt den gleichen Ritt auf der Rasierkling, wie der BVB in den Vorjahren. Wenn diese Saison nicht die Championsleague-Quali erreicht wird, riskiert der Laden zu implodieren.

Material: SZ vom 29ten Juni, Kicker.de -1-, -2-, Schalker SCFV-Forum

Hitzfeld nicht Bundestrainer!

Tagesschau.de meldet gerade, dass Hitzfeld das Angebot des DFBs abgelehnt hat.

Nachtrag, Statement bei Sport1.de: “[…] ich bin derzeit nicht in der Verfassung, die nötig ist, der deutschen Nationalmannschaft bis zur WM 2006 weiterzuhelfen – so, wie ich das unbedingt für nötig halte”, so Hitzfeld über seine Entscheidung.”

Nachtrag 2: Ist damit die Schlacht um den DFB-Präsidenten Mayer-Vorfelder eröffnet? Hat Mayer-Vorfelder die Verhandlungen sabotiert um seinen Buddy Christopher Daum durch zu drücken? Oder begibt sich Hitzfeld aus der Schußlinie, in Deckung und wartet den Königsmord an Mayer-Vorfelder ab?

Die EM scheint auch nach Sonntag noch nicht in Gänze zu Ende zu gehen.

Gleichschaltung

Liebe SZ und Frankfurter Rundschau, wenn weiterhin prominente Teile eures Sportberichterstattung identisch sind, weil es anscheinend mit Elmar Brümmer nur einen deutschen freien Mitarbeiter für Formel 1 gibt und ein Collina-Portrait nur von Ralf Itzel geschrieben werden kann, wozu braucht es dann euch überhaupt noch?

Advocaat Diaboli

Halbfinale POR – NED 2:1

Es schien schon seit Wochen wie ein Menetekel an der Wand geschrieben zu sein: Coach Dick Advocaat wird bei einem Scheitern der Niederlande der Sündenbock Numero Uno sein.

Und mit was? Mit Recht. Advocaat wankte wie angeschossen von Spiel zu Spiel. Sein Verhalten glich dem eines Bundesligatrainer in den letzten Tage vor seiner Entlassung. Wenn aus Ratlosigkeit oder Hypersensibilität selbst allerkleinsten Indizien als Belege herangenommen werden, um die Mannschaft noch einmal zu verändern, nicht unähnlich Santini bei den Franzosen.

Seit der Vorbereitung hat Advocaat keine Stammelf gebildet. Nach dem letzten Vorbereitungsspiel wurde die 4-4-2-Taktik komplett umgeschmissen, Rückkehr zum 4-3-3. Während des Turniers kam es zu keiner Ruhe im Kader, es wurde wild gewechselt. Overmars oder Robben, Overmars oder Van der Meyde, Van der Meyde oder Makaay, Seedorf oder Van der Vaart, was ist mit Snijder, der eine gute Vorbereitung spielte? Wieso die Demontage eines Edgar Davids? Das Thema liesse sich endlos fortsetzen. Scolari implementierte mit einem Axthieb nach dem Griechenland-Spiel eine neue Struktur, die dann Bestand hatte.

Keiner der vorher so ausgezeichnet spielenden jungen Oranjes konnte in der EM auch nur ansatzweise internationale Klasse zeigen (von Robben gegen Schweden abgesehen)

Das holländische Umfeld ist ein schwieriges. Öffentlichkeit und Experten haben hohe Erwartungen und die Spieler ein Ego von hier bis zum Mittelmeer und tragen immer wieder Kleinkriege in das Team rein. Advocaat scheiterte, weil er den holländischen “Augiasstall” nicht ausmistete.

Vielleicht war sogar das Schweden-Spiel der Killer für Holland. Eine mäßige Leistung gegen einen limitierten Gegner. Glaubten die Oranjes das Spiel gegen Portugal mit der gleichen Kühle und Reserviertheit angehen zu können?

Es gab keinen Spielfluß, Nistelrooy verhungerte jämmerlich und versuchte mit unfairem Einsatz und Schwalben rauszuholen, was spielerisch nicht rauszuholen war. Ein Overmars, dem kein Beobachter ein Spiel über 90 Minuten zutraute, wurde zur Halbzeit gegen Makaay ausgewechselt. Jener bekam weniger als keine Bälle und lief bis in die eigene Hälfte um an die Bälle zu kommen.

Im Stadion müssen sie vermutlich in der Mitte den Rasen neu auslegen, denn die Oranjes “vergaßen” mit ablaufender Spieluhr die Flügel. Was Reizinger und Van Bronckhorst — doch, beide waren anwesend — war Alibifußball.

Die Portugiesen haben das gemacht, was sie machten mussten: von der ersten Minute an Feuer ins Spiel reintragen. Unverständlich die Entscheidung von Scolari mit Pauleta zu starten und Nuno Gomes nicht zu bringen, da ist Scolari dann doch eigen.

Keine Mannschaft hat sich im Laufe des Turnieres so dramatisch von Spiel zu Spiel gesteigert wie der Gastgeber. Das läßt sich am Mittelfeld festmachen, wo Maniche, Deco, Figo, Ronaldo und Costinha ihre Rollen und Laufwege inzwischen kennen. Sie rochieren alle munter miteinander und beschwören die Hölle für einen Deckungsverband herauf, der nie weiß, wer jetzt wo spielt. Nicht auszudenken, wenn sie jetzt vorne auch noch einen — Achtung, Haßkappenwort — Knipser hätten.

Ein Portugal-Tschechien-Endspiel ist die logische Konsequenz aus dem seit 19 Tagen Gebotenen.