Die Verspätung der Vorschau ist auch eine Chance. Eine Chance klammheimlich Opportunismus einfließen zu lassen und an der Reihenfolge zu drehen. Sei es, weil wieder irgendwelche Hünen des D.Hoeneß- oder Magath-Kalibers das Buttosozialprodukt kleinerer Pazifikinseln in neue Spieler anlegen oder sei es, weil einige der ersten Auftritte einfach nicht ignoriert werden können.
Ich hatte eigentlich vor, aus den Stuttgartern mein dark horse zu machen und zum Geheimfavoriten für Platz 2 zu erklären. Nun jaaaaaaaa … – mehr weiter unten. Dortmund wäre mein nächster Kandidat gewesen – aber die Art und Weise wie sie sich von Leverkusen haben zerlegen lassen, plus Umstellungen in Sachen Offensive lassen mich auch hier zweifeln. Leverkusen traue ich trotz ich trotz einer gewitzten Vorstellung Platz 2 nicht wirklich zu.
Diese drei Teams – Stuttgart, Dortmund, Leverkusen – liegen aber für mich so eng beieinander, dass sie hinter den Bayern die restlichen 2-3 Champions League-Plätze unter sich ausmachen werden. Die anderen Teams hingegen…
7. FC Schalke 04
Felix Magath wiederholt sein Wolfsburg-Rezept. Durch eine große Zahl an Transfers den Konkurrenzdruck erhöhen, viele Spieler ausprobieren und nur die “Überlebenden” bleiben. Praktizierter Darwinismus mit überschaubarer Spieler-Halbwertszeit.
Auch das eine Wiederholung des Wolfsburg-Rezeptes: zuerst wird eine defensiv gut stehende, abwartende Mannschaft aufgebaut und dann an den Stellschrauben der Offensive gedreht, um mit Konterfußball die Tore zu machen. Schalke hat aber andere Rahmenbedingungen als Wolfsburg und Felix “Allmighty” scheint in Gelsenkirchen an seine Grenzen zu stoßen. Bei Transfers muss er jetzt finanzielle Rahmenbedingungen berücksichtigen und der zu schnelle Aufstieg letzte Saison hat den Verein schneller in den Mittelpunkt zurückkehren lassen, als es Magath lieb sein kann. Wo in Wolfsburg Aufregung maximal drei Wochen vor Saisonende um einen nicht vorhandenen Rathausbalkon zum Meisterschaftsempfang stattfand, hatte auf Schalke die Saison noch nicht begonnen und Magath musste Rede und Antwort stehen zu Themen wie “Fanbeauftragter”, “Gehaltsbudget”, “Raul” und “Spielmacher”.
Statt wie in Wolfsburg nach dem ersten Jahr auf ein Fundament aufsetzen zu können, muss Magath dank der Schalker finanziellen Verhältnisse Großverdiener abgeben und damit eigentlich solide Stellen im Schalker Spiel neu aufreißen.
Eigentlich hätte er die Abwehr der Vorsaison 1:1 übernehmen können und gezielt nach dem letzten Puzzleteil, einem sehr guten Linksverteidiger suchen können. Stattdessen musste Magath aber zwei Baustellen neu aufreißen, indem er die Großverdiener Rafinha (rechts) und Westermann (innen/links) verkauft. Auf dem Schnäppchenmarkt hat er sich Christoph Metzelder geholt, der bei vielen als shot gilt.
Das was Magath letztes Wochenende in Hamburg gemacht hat, nämlich wegen einer fixen Idee im Kopf bei den beiden Außenverteidigern zu zocken und einen Innenverteidiger auszutesten, das ist typischer Magath-Darwinismus at work – allerdings ein Magath im Jahr 1 seines Masterplanes. Das derartige Durcheinanderwürfeln des Kaders macht deutlich, wie stark Magath die finanzielle Kastration zurückgeworfen hat und er den Ausleseprozeß auf einigen Positionen von vorne anfangen muss.
Baustellen – unfertiger Zustand. Die Problematik ähnelt der des HSVs. Die derzeit vorhandenen Puzzleteile passen nicht. Magath hat sich ein Überangebot an zentralen, überwiegend defensiven Mittelfeldspielern angelacht, das nach “Triple-Sechs” wie einem 4-3-1-2 schreit. Zuletzt hat er aber ein 4-2-2-2 spielen lassen. Zu allem Überfluß deuten Neuverpflichtungen wie Raul oder Deac eher auf ein 4-2-3-1 hin. Trotz Deac wollen die Gerüchte um einen großkalibrigen Spielmacher nicht verstummen. Es ist alles andere als klar, wohin die Reise geht.
Z-u-v-i-e-l-e B-a-u-s-t-e-l-l-e-n.
Schalke 04: 4-2-2-2
- Uchida
- Hoogland
- Sarpei
- Matip
- Höwedes
- Metzelder
- Papadopoulos
- Matip
- Sarpei
- Escudero
- Hao
- Schmitz
- Pander
- Jones
- Matip
- Moritz
- Rakitic
- Pliatsikas
- Kluge
- Papadopoulos
- Farfan
- Rakitic
- Baumjohann
- Rakitic
- Deac
- Hao
- Baumjohann
6. VfL Wolfsburg
Steve McClarens Job in Wolfsburg ist nicht nur der eines Trainers, sondern auch der eines Identitätsstifters. Armin Veh hatte nach dem Weggang von Felix Magath die richtige Idee, als er versuchte aus dem passiven, abwartenden Meister eine proaktive Mannschaft zu formen. Veh scheiterte und Lorenz-Günther Köstner bemühte sich in der Rückrunde um Schadensbegrenzung, in dem er die Niedersachsen wieder vorsichtig spielen ließ.
Nach dem ersten Spiel ist der Erkenntniswert nur mäßig. Zwei unterschiedliche Halbzeiten und die beste Phase der Wolfsburger war wieder ein Konterspiel gegen immens hoch stehende Bayern – etwas was gegen ca. 15 andere Ligamannschaften nicht vorkommen dürfte.
Die zweite Unbekannte ist der Kader. Mit Diego kommt nun ein klassischer Zehner nach Wolfsburg. Das kann man noch als kompatibel mit dem 4-2-3-1 bezeichnen, aber ist ein Diego kompatibel mit Misimovic oder wird sich da noch etwas tun?
Auch das defensive Mittelfeld sieht überfüllt aus, zumal Leute wie Kahlenberg und Hasebe kaum damit zufrieden geben werden, nur die #3 und #4 zu spielen.
Der Kader ist mir insbesondere ohne Europapokaleinsätze mit zuvielen qualitativ hochwertigen Spielern besetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies die komplette Saison so bleiben wird. Da wird es noch hinreichend Umstellungen und Reibungsverluste geben. Schwer zu sagen, welche Form oder Formation Wolfsburg annehmen wird und wer den Verein noch verlassen wird.
In der Verteidigung, in der Armin Veh in der letzten Hinrunde elendig lange herumbastelte, sah Wolfsburg jetzt im Prinzip gut aufgestellt aus – bis sich Innenverteidiger Arne Friedrich einer OP unterziehen lassen musste und nun länger ausfallen wird. Eine Verteidigung mit Riether – Kjaer – Barzagli – Schäfer hat gutes Bundesliganiveau, aber hier ist es umgekehrt zum offensiven Kader: die Tiefe im Abwehr-Kader macht mir Sorgen.
Wolfsburg und Steve McClaren. Zahlreiche Unbekannten und eine Wundertüte.
VfL Wolfsburg: 4-2-3-1
- Josue
- Cicero
- Hasebe
- Santana
- Kahlenberg
- Schindzielorz
- Cigerci
- Dejagah
- Ziani
- Riether
- Mandzukic
- Diego
- Misimovic
- Mandzukic
- Ziani
- Cicero
- Grafite
- Mandzukic
5. Werder Bremen
Özilöziözilözilözilözil. Eine der Perspektiven aus denen man eingangs der Saison Werder Bremen betrachten kann. Die zweite Perspektive wäre die mittelfristige, durch Schaaf und den Kader geprägte Perspektive.
Aber zuerst zu Özil und der Frage “Was kommt danach?” Mit Özil verliert Werder seinen zweitbesten Torschütze (9 Treffer) und fassungslose 17 Torvorlagen. Es wird keinen einzelnen Spieler geben, der Özil wird ersetzen können. Marko Marin (4 Tore, sensationelle 14 Torvorlagen) und Aaron Hunt (9 Tore, 6 Vorlagen) sind nicht nur andere Typen, sie haben bereits letzte Saison so gut gespielt, dass ich nicht glaube, dass da noch so viel Luft nach oben ist, um im Alleingang Özil zu kompensieren.
Für die Frage “was kommt nach Özil?” sind zwei Transfers relevant – beides Spieler die man kaum/nicht selber beobachten konnte.
Wesley ist ein rechtsfüßiger, 23 Jahre alter Brasilianer (1m77) der lt. Klaus Allofs auf allen Mittelfeldpositionen eingesetzt werden kann. Wesley spielte je ein Jahr bei Santos, Paranaense und danach wieder bei Santos. Nichts in seinen Leistungsdaten deutet auf größere Torgefährlichkeit oder Qualitäten als Vorlagengeber hin.
In Ermangelung an harten Daten mal ein Experiment: viele halten große Stücke auf die Spieler-Datenbank des Computerspieles “Football Manager 2010”. Mal gucken was diese über Wesley auswirft: ein sehr schneller, beweglicher Spieler, der nur über eine durchschnittliche Physis verfügt. Technisch stark, guter “First Touch”, nur knapp überdurchschnittlicher Dribbler, durchschnittlicher Flankengeber, nicht stark im Torabschluss, schwach im Tackling und der Defensivarbeit. Er mag es in die Nahtstellen der Abwehr einzudringen. Hmm. Offensivstark, ohne aber wesentlich an Toren mitzuwirken?
Der zweite neue Mann ist Marko Arnautovic, ein beidfüßiger Offensiv-Allrounder, der sich zuletzt bei Inter nicht durchsetzen konnte, aber bei Twente bzgl. Tore und Vorlagen Offensivpotential zeigte (28 Spiele, 12 Tore, 6 Vorlagen). Arnautovic bringt alle Attribute mit, die Werder für sein Offensivspiel braucht. Die Frage ist, wie schnell er sich in die Mannschaft integriert. In vier Spielen wurde er eingewechselt, ohne dass er dem Spiele Impulse geben konnte. Das sah noch recht isoliert aus und lässt befürchten, dass er noch eine Zeit brauchen wird. Je länger er braucht, desto mehr werden Schaaf und Allofs gegen den Ruf von Arnautovic in den Medien ankämpfen müssen, dass er mental nicht das Rüstzeug zum guten Mannschaftsspieler mit sich bringt. Bremen kann das. Aber hat Arnautovic die Nerven?
Die langweilige Erkenntnis aus der Betrachtung des Kaders: es wird nicht den Özil-Ersatz geben. Man wird im Verbund das Thema lösen. Mit Arnautovic und Wesley hat sich aber Werder für das offensive Mittelfeld mehr Tiefe und Flexibilität gegeben. Hunt, Marin, Arnautovic, Wesley sind alles Spieler die an jeder Ecke des Spielfeldes auftauchen können und das CL-Quali-Hinspiel gegen Sampdoria hat gezeigt, wie wunderbar fließend im Idealfall das System funktionieren kann, wenn alle Spieler auf der gleichen Wellenlänge sind.
Die Frage aus der mittelfristigen Perspektive ist “Was ist mit Werder los?” und bezieht sich auf die enormen Leistungsschwankungen denen die Mannschaft unterliegt, die mal gegen Sampdoria einen fantastischen 3:1-Sieg hinlegt, nur um dann mit exakt gleicher Mannschaft 1:4 in Hoffenheim abzuschenken.
Ein Teil des Problems liegt vielleicht in den Köpfen, weil es da vorne keinen Beißer gibt und Hunt, Borowski und Co. schnell die Köpfe hängen lassen. Siehe zweite Halbzeit in Hoffenheim.
Das zweite Problem ist aber die fragile Abwehr mit der Thomas Schaaf seit Jahren unverändert antritt. So vorwärtsorientiert die Verteidigung steht, so anfällig ist sie für schnelle Angriffe. Man ist auf Gedeih und Verderb auf die Defensivarbeit des Mittelfeldes angewiesen und wenn die nicht kommt, steht man hinten schnell blank. Hat der Gegner erst einmal das Schema F gefunden, scheint man sich leicht wieder und wieder ausspielen zu lassen. Das hat sich auch in der letzten Saison nicht verändert, als man verstärkt von der 4-4-2-Raute mit nur einem Sechser auf ein 4-2-3-1 mit Doppel-Sechs wechselte.
Allofs und Schaaf verkaufen dies als Preis für offensivorientierten Werder-Fußball. Das halte ich aber nur für die halbe Wahrheit. Werder hat derzeit eigentlich nur drei ausreichend gute Verteidiger für vier Positionen. Nach Wome, Tosic und Abdennour geht Werder in eine weiteren Saison mit einer maximal lauwarmen Lösung auf der Linksverteidiger-Position: Boenisch oder Pasanen. Von sechs Transfers oder Nachwuchsspielern waren fünf für Offensivpositionen und die Nummer sechs ist ein Ersatztorwart. Hinten links? Nada.
Hinter Clemens Fritz, Per Mertesacker und Naldo wurde es im Kader schnell dünn. Die Hoffnung das Sebastian Prödl aufschließen kann, ist noch nicht aufgegeben. Aber das war meilenweit von der eigentlich in der Bundesliga angestrebten doppelten Besetzung der Posten entfernt. Insbesondere nachdem die Verletzung von Naldo nun länger zu dauern scheint, hat man einen Last-Minute-Transfer gemacht und Mikael Silvestre geholt, der über viel Premier League-Erfahrung verfügt, aber zuletzt ohne Vertrag war, nachdem ihn Arsene Wenger nicht weiter verpflichten wollte. Als Linksfüßer könnte Silvestre eventuell auch eine Option für hinen links werden. (* ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass der Wechsel fix ist, auch wenn er noch nicht offiziell bestätigt zu sein scheint)
Ich glaube das Werder letzte Saison das Maximum aus seinem Kader herausgeholt haben. Eine Abwehrkette die nur wenig unter Verletzungen litt und ein blendend aufgelegter Frings. Vorne schlug Marin überraschend schnell gut ein, Özil hatte seine break out-Saison und Hunt spielte sich wieder in die erste Garnitur. Diese Saison wird man sich 5-10 Tore mehr einfangen und wird zehn Tore weniger schießen. Das reicht in einem engen Verfolgerfeld bereits um zwei Plätze zu verlieren. Ich empfehle aber dringend das Anzünden von Kerzen im Bremer Dom…
Werder Bremen: 4-4-2/Raute, 4-2-3-1, 4-3-3
- Mertesacker
- Naldo
- Prödl
- Silvestre
- Pasanen
- Pasanen
- Boenisch
- Silvestre
- Frings
- Bargfrede
- Jensen
- Borowski
- Wesley
- Borowski
- Arnautovic
- Bargfrede
- Wesley
- Marin
- Arnautovic
- Hunt
- Wesley
- Pizarro
- Almeida
- Wagner
- Rosenberg
- Marin
2. Borussia Dortmund
Der Dortmunder Fußball ist mit dem Wort “Vollgasfußball” eigentlich hinreichend beschrieben. Schnelles, aggressives Auftreten gegen ballführende Spieler soll zur Dominanz im Mittelfeld führen, frühe Balleroberungen und schnelles Umschalten.
Nichts deutet darauf hin, das Jürgen Klopp grundsätzlich von diesem Spiel abgehen will. Die Transfers sind eher Upgrades als Systemwechsel. Mit Herthas Lukasz Piszczek wird der rechte Flügel verstärkt: Owomoyela, Kuba und Piszczek sind alle drei in der Lage (mehr oder weniger) gut sowohl in der Abwehr als auch im Mittelfeld zu spielen.
Shinji Kagawa entpuppte sich in den ersten Spielen als immense Verstärkung für das Umschalten nach vorne. Er gibt den Dortmundern neben Großkreutz, zentral oder auf links, eine neue Dimension im Offensivspiel.
Der junge Stürmer Robert Lewandowski (21 Jahre) kann wie Kagawa auch die Position hinter den Spitzen spielen aber der Gedanke dürfte mehr gewesen sein, sich von der immensen Abhängigkeit von Barrios (19 von 54 Toren = 35%) zu lösen. Zehn Tore aus der Tabelle rausgerechnet und der BVB ist unteres Bundesliga-Mittelfeld…
Das Problem ist nicht nur Barrios. Mit Valdez gab man fünf Tore per Transfer ab und Zidan hängt wegen der Frage um seinen Wehrdienst in Ägypten fest – Rückkehr unbekannt. Rechnet man die Produktion aller drei Stürmer zusammen, kommt man schon auf 55% aller Tore.
Die Abwehr ist dank gefährlicher Standards und der Kopfballstärke von Mats Hummels und Neven Subotic schon über Gebühr torgefährlich. Stattdessen muss einfach mehr aus dem Mittelfeld kommen. Die Chancen sind da: Großkreutz, Bender und Sahin sind junge Talente, keiner älter als 21 Jahre. Spielstark, teilweise offensivstark. Kagawa, 21 Jahre, macht richtig Dampf, passt ins Klopp’sche Beuteschema. Dazu ein Lewandowski, 21 Jahre und ein 18-Tore-Stürmer.
Dortmund kann finanziell keine großen Sprünge machen, aber der Kader sieht sehr entwicklungsfähig aus und ist vor den anstehenden internationalen Auftritten und der Mehrbelastung auch clever verstärkt worden. Man wird in der Saison beobachten, ob Klopp wegen der möglichen Vielzahl an Spieleinsätzen auch dosierter mit dem Tempo und der Intensität umgehen wird.
Wenn man Sollbruchstellen sucht, dann fällt die Linksverteidiger-Position mit Schmelzer (und dem alternden Dede) qualitativ ab, könnte man bei den Innenverteidigern noch einen guten Mann im Kader vertragen und bleibt die Frage wie gut man einen Ausfall von Barrios verkraften kann.
Betrachtet man die Entwicklung und das Potential, gefällt mir Borussia Dortmund extrem gut – trotz des Fragezeichens am letzten Sonntag, als sie gegen Leverkusen mit den eigenen Waffen, der Schnelligkeit, geschlagen wurden.
Den Dortmundern gehen vielleicht die Spitzenleute von Werder Bremen ab, aber die Mannschaft wirkt trotz ihrer Jugend in sich geschlossener und fester.
Borussia Dortmund: 4-2-3-1, 4-2-2-2
- Sahin
- Kehl
- S. Bender
- Kringe
2. Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen hat sich letzte Saison ein solides Fundament erspielt, dem aber noch ein paar Spritzer Extraklasse fehlte. Namentlich fehlte es ihnen an Killerinstinkt, einen Gegner den sie am Haken hatten, den letzten Rest zu verpassen. So gingen ihnen gerade in den Spitzenspielen, in denen sie teilweise dominierten, viele Punkte verloren: 0:0 und 2:2 gegen Werder, 0:0 gegen den HSV, 1:1 gegen den BVB, 2:2 gegen Schalke, 1:1 und 1:1 gegen Bayern. Da gaben vorallem die Spielverläufe mehr her. Es ist kein Zufall dass Bayer mit 14 Remis die meisten Unentschieden in der Liga hatte.
Ein Teil des Problems war das Fehlen eines Plan Bs oder einer Veränderung des Tempos. Völler und Heynckes haben an zwei Rädchen gedreht um sich weiter zu entwickeln. Das eine Rädchen nennt sich “Michael Ballack“. Als eine Art “Hyypiä 2.0” soll er im Mittelfeld qua Erfahrung das Spiel steuern.
Mit Sidney Sam, Hanno Balitsch, Damagoj Vida und die Rückkehr der Langzeitverletzten Patrick Helmes und (vielleicht) Simon Rolfes hat man in allen Mannschaftsteilen die Tiefe ausgebaut und Jupp Heynckes ließ in den esten Spielen stärker als letztes Jahr durchrotieren. Drei Änderungen im EL-Quali-Hinspiel, vier Änderungen im ersten Bundesliga-Spiel, sechs Änderungen im EL-Rückspiel.
Diese Zugänge sollten auch den Verlust des Vorlagengebers Toni Kroos (12) kompensieren können. Das Team halte ich für breiter aufgestellt als die Dortmunder. In der Offensive sind sie mit einer starken zentralen Achsen und nicht minder starken Flügeln gut aufgestellt.
Aber mir gefällt die Mentalität des BVBs besser. Ob die Leverkusener auch in diesem Bereich nachziehen können, wird davon abhängen wie Ballack, Helmes und Rolfes integriert werden – für mich die alles überragende Frage für Leverkusen.
Bayer Leverkusen: 4-2-2-2
- Friedrich
- Hyypiä
- Reinartz
- Balitsch
- Vida
- Ballack
- L. Bender
- Reinartz
- Balitsch
- Rolfes
- Vidal
- Kießling
- Helmes
- Derdiyok
- Kaplan
2. VfB Stuttgart
Mein Risiko-Tipp und je mehr ich die Stuttgarter spielen sehe, desto mehr schwanke ich und überlege ob ich die Stuttgarter eher auf 6 oder 7 stellen soll…
Der Gedankengang war eigentlich folgender: Trainer Christian Gross ist ein sehr straighter Mann mit sehr festen Vorstellungen. Die letzte Rückrunde zeigt, dass er seine Vorstellungen der Mannschaft vermitteln kann. Der Kader ist gut aufgestellt gewesen. Der Weggang des “Sechsers” Khedira ist absehbar gewesen und mit Kuzmanovic wurde längst Vorsorge betrieben. Der VfB würden nahtlos an die Rückrunde anknüpfen können und von Gross angetrieben, zur Überraschungsmannschaft werden und sich bis an Platz zwei heranfighten.
Tja. Und dann beginnt die Saison. Vier Spiele. Viermal entäuschend gespielt. Viermal die gleichen Probleme gezeigt. Und viermal nicht, weil der Trainer mal was ausprobiert hat. Viermal stand die gleiche “Idee” von Mannschaft auf dem Feld. Und diese Idee ist nicht komplett nachzuvollziehen.
Die Innenverteidigung darf als teilweise entschuldigt gelten: Matthieu Delpierre fehlt wegen der Patellasehne und wird wohl erst im Laufe des Septembers in die Startelf zurückkehren. Serdar Tasci wurde nach seiner WM-Teilnahme von Gross bislang geschont. Es war aleo eine Ersatz-Innenverteidigung auf dem Feld (Niedermaier und vorallem ein schockierend schlechter Boulahrouz). Diese spielten derart von Partie zu Partie immer schlechter, dass es nicht verständlich war, dass Christian Gross nicht schon während des Mainz-Spiels Tasci brachte. Tasci so lange draußen zu lassen, wirkte mehr wie Abstrafung statt Schonung.
Probleme auch auf der Rechtsverteidiger-Position. Stefano Celozzi fehlte wegen muskelärer Probleme. Ersatzmann und Neueinkauf Philipp Degen ist am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt. Noch hofft man, dass er nur 2-3 Wochen ausfällt, aber Degen hat in den ersten Spielen auch nicht wirklich überzeugt. Die Liverpool-Ausleihe Degen steht im Ruf die komplette rechte Seite beackern zu können. Tatsächlich empfand ich ihn sowohl in Dortmund als auch bei Liverpool als jemand der weder Fisch noch Fleisch war, weder in Defensive noch in Offensive wirklich seinen Job tat.
Der zweite Haufen Elend zu Saisonbeginn beim VfB Stuttgart, war das defensive Mittelfeld, das ich eigentlich mit Zdravko Kuzmanovic für gut gerüstet hielt. Aber wo jedermann das Duo Träsch/Kuzmanovic erwartete (Träsch war Stammpartner von Khedira), setzt Gross in den letzten vier Spielen auf Gentner/Kuzmanovic. In den vier Spielen konnte der Gegner immer wieder in riesengroße Löcher zwischen zentralen Mittelfeld und Innenverteidigung stoßen. Das Positionsspiel der beiden Sechser war jenseits von Gut und Böse. Umso unverständlicher ist es, warum Gross nicht Träsch auf seiner angestammten Position spielen ließ – nachvollziehbar war das angesichts des Fehlens von Degen und Celozzi allenfalls am letzten Donnerstag, als Träsch den Rechtsverteidiger geben musste.
In der Offensive ist der VfB gut aufgestellt und hat mit seinen Transfers auch auf den Außenbahnen nochmal für Alternativen gesorgt.
Aber die Idee des Stuttgarters Spiel ist es mit Kombinationsspiel und in zusamenarbeit zwischen den Außenspielern und dem Zentrum nach vorne zu gehen. Das erfordert Verschieben, das erfordert gutes Positionsspiels des Mittelfeldes um entsprechende Anspielstationen zu generieren. Mit diesem Komplettkollaps im zentralen Mittelfeld zerbröselt es ihnen das Offensivspiel und laden sie den Gegner zum Stürmen des VfB-Strafraums ein. Das Christian Gross dieses Problem im Zentrum seit vier Spielen nicht anpackt, sorgt bei mir für Mißtrauen. Was ist mit Gross los? Es fühlt sich falsch an, den VfB Stuttgart derzeit auf gleicher Augenhöhe mit Dortmund und Leverkusen zu setzen.
VfB Stuttgart: 4-2-2-2
- Niedermaier
- Tasci
- Delpierre
- Boulahrouz
- Kuzmanovic
- Träsch
- Gentner
- Träsch
- Gebhart
- Didavi
- Celozzo
- Cacau
- Marica
- Pogrebnyak
- Harnik
- Audel
1. FC Bayern München
Meine allerallerallererste These zur anstehenden Saison, die bereits fertig in der Pfanne lag, bevor die Zutaten bereit waren, war: den Bayern ist die Saison nicht zu nehmen. Auch wenn keinerlei Transfers getätigt und nur Ausleihen “heimgeholt” wurden: der Kader ist zumindest in den ersten Elf und knapp dahinter zu gut besetzt. Die Probleme der letzten Saison waren Einarbeitungsprobleme bis der FCB und van Gaal zueinander gefunden haben. Jetzt kann man das System van Gaal runterspulen. Wie gut die Ausgangslage ist, kann man an den Bundesliga-Sonderheften ablesen, die gewaltig strampeln mussten, um ein Haar in der Suppe zu finden. KICKER und SportBILD glauben dass es aufgrund der übergroßen Zahl an Offensivspieler nur eine Frage der Zeit ist, bis es im Team krachen wird.
Auffälliger als ein angebliches Überangebot in der Offensive finde ich die Rechtsverteidiger-Position. Hinter Philipp Lahm kommt nur noch Improvisation wie Ottl oder Altintop. Alle anderen Ausfälle kann Bayern durch Verschieben zahlreicher flexibler Spieler gut kompensieren. Zwar ist die zentrale Mittelfeldposition in der Offensive auch “nur” zwei Mann tief (Kroos, Müller), aber hier hat Louis van Gaal die Option auf ein 4-2-2-2 mit zwei Spitzen zu wechseln.
Die Sturmspitzen Klose, Olic und Gomez, denen schwache Spielzeiten nachgesagt werden, sind vielleicht keine 30-Millionen-Euro-Kaliber. Aber Olic und Gomez haben immerhin 10 und mehr Tore geschossen und fünf und mehr Vorlagen gegeben. Nur Klose fiel ab – er verschwindet fast völlig im Bayern-System.
Der eigentliche Clou der Bayern: sie haben sich gegenüber der Vorsaison verstärkt, ohne einen Transfer zu tätigen. Mit Kroos haben sie im offensiven Spiel nochmal an Tiefe gewonnen und mit den Veränderungen in der Abwehr – Badstuber nach innen und mit Diego Contento und David Alaba zwei gute Talente mit viel Potential an Qualität aufgerüstet.
Die erste Halbzeit der Bayern gegen Wolfsburg war spielerisch das Beste was es am ersten Spieltag zu sehen gab. Das Spiel war zugleich auch eine Warnung: Wolfsburg gelang es nach der Halbzeit und mit umgestellter Mannschaft einen Keil zwischen den Mannschaftsteilen zu treiben und die Bayern schwammen. Auch mental: der Wolfsburger Ausgleich per Deckungsfehler war auch eine Konzentrationsschwäche. Das Spiel in Kaiserslautern zeigte wieder die Probleme der Abstände zwischen den Sechsern und der Abwehr – nicht unähnlich den Problemen des VfB Stuttgarts.
Der Erfolg in der Bundesliga sieht trotzdem eingetütet aus – auch weil der Abstand zum Rest der Liga so furchterregend ist. Dazu scheint Spielern wie Schweinsteiger, Kroos oder Müller weiterhin die Spielfreude nur so aus den Poren zu spritzen. Über den Erfolg in der Champions League wird entscheiden inwieweit die Bayern ihre Fehler abstellen können.
Bayern: 4-2-3-1, 4-2-2-2
- van Buyten
- Badstuber
- Demichelis
- Breno
- Contento
- Braafheid
- Alaba
- Badstuber
- van Bommel
- Schweinsteiger
- Ottl
- Pranjic
- Tymoschuk
- Ribéry
- Pranjic
- Schweinsteiger
- Altintop
- Olic
- Alaba