Mittwochsrauschen: Gibt es wirklich den Kampf um Europa?
[17h53] Ein BILD-Redakteur (@rune4) twittert das Diego in Wolfsburg angekommen ist.
[15h57] Kampf um Europa? – Die Attraktivität des europäischen Marktes für den US-Sport verläuft in Wellenbewegungen mit Tälern und Bergen.
In den Jahren vor den Olympischen Spiele 2008 und mit dem Auftreten von Basketballspielern wie Yao Ming wurde Europa links liegen gelassen und plötzlich war der chinesische Markt angesagt. Die NFL und NBA wollten ihre Aktivitäten u.a. mit Preseason-Spiele und Nachwuchsförderung stärken. Die NFL hat inzwischen in China eingepackt. Die NBA tastet sich in China vorsichtig an die Infrastruktur heran.
Zeitgleich stoppte die NFL ihren europäischen Ableger. An den letztes Jahr ausgeworfenen Köder über das bestehende regular season-Spiel in London hinaus, ein bis drei weitere Spiele in Kontinentaleuropa oder Großbritannien stattfinden zu lassen, biß niemand an und die Pläne mussten kleinlaut wieder in die Schublade gepackt werden.
Die NBA verstärkte diesen Sommer ihre Bemühungen in Europa und hat kürzlich ein erstes Paar an regular season-Spielen für London angekündigt. Anfang März 2011 werden New Jersey und Toronto in der O2-Arena zweimal gegeneinander spielen. Ein Eintrag im Sports Pro Media-Blog von James Emmett sprüht nur so vor Optimismus.
Two months ago I spoke to Donald Dell, formerly Michael Jordan’s agent and a key figure in the NBA’s success over the years. He is a man who knows David Stern’s mind almost as well as his own. Dell was of the firm opinion that the NBA would launch a division in Europe as soon as the requisite NBA-style arenas had been constructed.
With at least eight first class arenas now scattered across the continent, and the latest announcement signalling the league’s willingness to branch out, another David Stern Europe-themed announcement is, one would imagine, likely to happen sooner rather than later.
aus: “NBA London announcement is statement of serious intent”, James Emmett, 10.8.2010
Dass das Thema “US Sport und Europa” wieder akut wird, ist dem World Hockey Summit zu verdanken, einer Veranstaltung in Toronto, bei der Hockey-Größen die Zukunft des Sports diskutieren. Die NHL hat im Vergleich zu den vier anderen US-Profisportligen meines Erachtens die besten Voraussetzungen um europäische Mannschaften in ihren Spielbetrieb zu integrieren.
Ihre derzeitige Präsenz in Europa, mit den 2-4 regular season-Spielen der NHL zu Beginn der Saison und einigen Freundschaftsspielen mit europäischen Klubs, scheint die stabilste zu sein. Wie gut die Position der NHL, machten die Statements des Präsidenten des Internationalen Eishockeyverbandes IIHF Rene Fasel deutlich. Rene Fasel stand auf dem World Hockey Summit kurz davor ausfällig zu werden.
Try to come. Good luck. This is our territory and I will fight like hell and not allow anybody to come from abroad … I think in Europe, we are strong enough to do something on our own, and then have the competition between Europe and North America.
I don’t think an NHL division in Europe would fly. If they have a lot of money to invest, they could try, but as long as I’m sitting in my chair, I would never allow it to happen.
Rene Fasel, Präsident der IIHF auf dem World Hockey Summit, zitiert nach CBC
“I will fight”? Ich wusste gar nicht, dass ich unter der Obhut von Großmarschall Fasel stehe. So harsch hat man ansonsten den wachsweichen, geschmeidigen Diplomaten Fasel noch nie gehört. Das mag auch mit einer akuten Bedrohung seiner Pfründe zusammenhängen. Fasel ist derzeit noch Bindeglied zwischen NHL und dem IOC bezüglich der Einbindung von NHL-Profis in das Olympische Turnier. Es wird davon ausgegangen, dass die aktuellen Verhandlungen zwischen NHL und IOC ungefähr entlang der Konfliktlinie laufen “Wir geben unsere NHL-Profis nur dann für Olympia frei, wenn wir mehr Mitspracherecht bekommen” – was auf Kosten der Machtposition von Fasel gehen dürfte.
Der zweite Grund für die Griffigkeit von Fasel, sind die gescheiterten Pläne eines Eishockey-Europapokals. Zuletzt legte sich die Champions Hockey League mangels Sponsoren zweimal auf die Schnauze. Nach der Premierensaison 2008/09 musste eine zweite Spielzeit abgesagt werden und Wiederbelebungsversuche Anfang 2010 scheiterten. Zuvor legten sich bereits die European Hockey League und der European Champions Cup 2000 und 2005 auf die Nase. Die Champions Hockey League war Fasels Kind. Eine Europa-Division der NHL macht jeden anderen Europacup schlichtweg platt.
Es gibt keine offizielle Ansage der NHL bezüglich einer European Division bei der NHL. Eric Duhatschek, Reporter der Globe and Mail schreibt:
It should be noted that the NHL’s official position on expansion of any sort is that it is not on the horizon in the short term; and that stabilizing the 30 teams in their current markets is the priority for now.
aus: “Fasel warns NHL over European expansion”, Eric Duhatschek, The Globe and Mail, 24.8.2010
Klopfe ich die vier US-Ligen auf mögliche Europa-Expansionen ab, sehe ich die NHL weit vorne.
Baseball mit der MLB ist in Europa zu sehr ein Randthema. Populär in den Niederlanden und Italien, gibt es von der MLB keinerlei Signal an einem größeren Interesse an Europa. Die MLB ist durchaus rührig was Fortbildungsprogramme angeht, aber der Augenmerk scheint eher auf den asiatischen Märkten zu liegen. Die MLB hat bereits Spiele in Japan, China und Taiwan abgehalten.
American Football – Qualitativ hinken die europäischen Mannschaften so weit hinter her, dass europäische Franchises nur hauptsächlich mit US-Spielern sportlich überleben könnten – und damit wären wir bei einer Neuauflage der NFL Europe. Keines der Gründe warum damals die NFL Europe geschlossen wurde, ist inzwischen beseitigt worden. Im Gegenteil: die finanziellen Forderungen der NFL dürften eher verbrannte Erde hinterlassen haben – Stichwort Frankfurt. Diese Forderungen scheinen sich nicht geändert zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, das weder Manchester, Edinburgh, Glasgow noch Cardiff für ein NFL Regular Season-Game zugegriffen haben, als es von der NFL auf den Markt gebracht worden ist.
Eine Expansion mit einer ganzen Division nach Europa kann daher ausgeschlossen werden. Ein Wechsel eines bestehenden NFL-Teams nach Europa halte ich dagegen zwar für unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. London als angelsächsischer Brückenkopf in Europa übt eine große Faszination auf die Nordamerikaner aus. Ich kann mir daher vorstellen, dass manch ein Teambesitzer eher dort Chanchen sieht neue Märkte zu erobern, statt in Florida als Team Nummer 3 hinter Miami und Tampa Bay dahinzuvegetieren.
Das größere Problem dürfte in diesen Fall das Brimbaborium um die Infrastruktur sein. Wird das Wembley Stadium erhältlich sein? Werden sich die anderen Teambesitzer, besonders die Besitzer von Westküsten-Teams, darauf einlassen achtmal nach Europa zu jetten? Konservativ wie die Teambesitzer sind, glaube ich es nicht. Aber die 32 Franchises in den USA sind sichtlich das Maximum was der Markt hergibt. Bis auf Los Angeles sind alle Märkte abgedeckt und die Blicke würden sich eher nach Kanada (wo die Bills letzte Woche bei einem Preseason in Toronto eher maue Resonanz bekamen) oder Mexiko. Oder nach Europa/London.
NFL in Europa? Nicht komplett ausgeschlossen, aber bis auf weiteres unwahrscheinlich.
Basketball/NBA – So, so. David Stern äußert sich also inzwischen bzgl. einer NBA-Expansion nach Europa nur noch “vorsichtig”? Ich glaube die NBA hat das “window of opportunity” verpasst. Die großen Teams in Europa sind inzwischen zu selbstbewusst um sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen, auch wenn Teams wie Real und Barça mit ihren Basketball-Teams rote Zahlen schreiben. In Deutschland wird die Aufbruchstimmung durch das Investment von Bayern München in sein Zweitliga-Team verdeutlicht, dem möglicherweise auch Adidas nachfolgen könnte (Hat-Tip Gruebler).
Die Infrastruktur mit den Hallen und den verschiedenen Europapokal-Wettbewerben mag optimierungsfähig sein, aber sie ist mit weiten Abstand die Beste im Vergleich zu den anderen US-Sportarten. Sportlich sind die NBA-Teams nicht “unerreichbar” weit weg von den europäischen Champions.
Ich kann schlichtweg nicht erkennen, wie die NBA noch an große Europamärkte rankommt, ohne mit bestehenden Teams zu kooperieren. Im Basketball sieht es für mich so aus, als wäre hier nicht der Weg der Expansion, sondern der Kooperation vorgezeichnet: eine Verschmelzung oder Integration europäischer Pokalwettbewerbe mit der NBA.
Eishockey/NHL – Es gibt einige Ähnlichkeiten mit dem Basketball. Eishockey ist in Europa eine zumindest stellenweise verbreitete Sportart und die Halleninfrastruktur ist gut. Es gibt aber zwei bemerkenswerte Unterschiede. Da ist zum einen das Fehlen eines paneuropäischen Wettbewerbes. Möglicherweise kann die aktuell ausgetragene European Trophy zu so einem Wettbewerb werden.
Der andere Faktor ist die KHL. Diese Eishockeyprofiliga hat sich in Russland und den ex-sowjetischen Anrainern etabliert. Na ja, so halbwegs. Es gibt immer noch zahlungsunfähige Teams und Franchiseänderungen, aber langsam scheint sich die Liga zu stabilisieren. Ganz so aggressiv wie noch vor zwei Jahren, werden Gespräche mit Interessierten aus Mittel- und Westeuropa anscheinend nicht mehr abgehalten. Potente Sponsoren bringt die Liga teilweise mit. Aber diese sind entweder rußland-zentrisch oder zeichneten sich zuletzt durch Zurückhaltung wie z.B. Gazprom aus.
Die KHL bleibt jedoch in den Augen der NHL ein Konkurrent, der potentiell in der Lage ist, viel Geld auf dem Markt hinzulegen. In diesem Kontext könnte sich die NHL vielleicht irgendwann aufgefordert fühlen, europäische Märkte durch Expansion oder Integration europäischer Teams abzusichern.
Wegen der jederzeit aufflammen-könnenden Konkurrenzsituation zwischen NHL und KHL und die Abwesenheit eines europäischen Pokalwettbewerbes, sieht für mich die NHL von allen vier Ligen am besten für eine etwaige Expansion aufgestellt aus. Was nicht heißt, dass eine solche Expansion direkt vor der Tür steht (siehe auch den Einwurf von Jeff Marek, CBC).
Aber zu einer Zeit der (nahezu) weltweiten Rezession sieht vieles anders aus, als in wirtschaftlichen Boomzeiten.
Neben der Wirtschaftslage, gibt es noch andere Unbekannte in dieser Einschätzung: das sind die US-Wirtschaftsunternehmen wie z.B. die Anschutz Entertainment Group, mit Arenen und Teams in NHL, NBA, China und Europa oder Walt Disney/ESPN.
Was ist eure Einschätzung? Zeithorizont 10 Jahre, bis 2020. Wird eine der US-Sport-Profiligen bis nach Europa expandiert sein und wenn ja, in welcher Form?
[12h56]College Football vs TV – Nur im US-Sport … Der neue Headcoach der Notre Dame Fighting Irish Brian Kelly traf sich vor einigen Tagen mit Verantwortlichen des Senders NBC. Allerdings nicht mit der Sportredaktion…
Das College Football-Team Notre Dames gehört, anders als die meisten anderen Teams, keiner Conference an. Es handelt seinen Spielplan mit anderen Gegnern selber aus und dank seiner Tradition und dem Image, hat es auch seinen eigenen TV-Vertrag: alle Heimspiele werden von NBC übertragen.
Notre Dame hat diese Saison einen neuen Headcoach: von den Cincinnati Bearcats kam Brian Kelly. Und wegen Brian Kelly wurde das Treffen mit NBC notwendig. Kelly lässt eine der schnellsten Offenses des ganzen Landes spielen. Selbst für No Huddle-Verhältnisse ist das was Kelly betreibt, schon extrem. Die durchschnittliche Länge eines Drives beträgt bei Kelly nur 2:19 Minuten. Dies bedeutet mehr mögliche TV-Auszeiten, aber dafür in viel kürzeren Abständen.
Daher trafen sich NBC und Notre Dame vor der Saison nun zusammen, um sich abzustimmen. Kelly hat wohl deutlich gemacht, dass er bei seinem Bearcats-Style bleibt und NBC hat angekündigt seine TV-Übertragungen auf mehr, aber kürzere Werbeblöcke umzustellen. Die Blöcke sollen nur noch 1:45 statt 2:30 dauern.
We’ve talked to NBC about the way we like to play the game versus how it was played in the past. Those conversations have taken place. There is certainly a need for us to address it and we’re working with NBC to make sure they get what they need on it from an advertising standpoint, but also as the network that carries Notre Dame, that we’re able to do things that we need to do as well.
The model out there has been ABC/ESPN for college football, because of the sheer volume of games they carry. There’s a model out there. All we’ve tried to do is address the model that we think would work well with us, and there’s gotta be a meeting somewhere halfway. I’m very confident we’re going to be able to do the things we do in terms of pushing the tempo and doing the things we need to do without having to go to a commercial break. That conversation has taken place. Getting into the specifics, I’m not willing to do that, but I can tell you that that conversation between Jack and myself at Notre Dame along with the production people at NBC has taken place. And I think we’re going to be able to meet somewhere in the middle.
aus: Brian Kelly auf Pressekonferenz, via irish.nbcsports.com
USA Today liefert weitere Details. Die Bearcats waren letzte Saison die Mannschaft mit der geringsten Zeit Ballbesitz (25:46min). Ihre Spiele dauerten im Schnitt nur 3:14 Stunden. Der Schnitt von Notre Dame-Heimspielen lag bei 3:27. ESPN antwortete auf Nachfrage, dass Anzahl und Länge der TV-Auszeiten Verhandlungssache zwischen Sender und Conferences sei, aber ESPN sich um Stringenz bemühe.
Aus Sicht von europazentrieschen Traditionalisten eine gruselige Vorstellung, dass es Kommunikation zwischen dem sportlichen Leiter und TV-Verantwortlichen gibt, um sich vorher über Taktik und Konsequenzen für die Übertragung auszutauschen. Offizielle Sprachregelung von Kelly nach dem Treffen war übrigens, dass Notre Dame und NBC “einen Kompromiss” gefunden hätte. Ehrlich gesagt, ist es außerhalb meines Vorstellungsvermögens, dass Kelly auch nur ein Jota in seinen Offensen-Planungen nachgegeben hat. Für Kelly dürfte die Information vermutlich wichtig gewesen sein, dass die TV-Auszeiten um eine dreiviertel Minute gekürzt werden.
Qu: benmaller.com, sfexaminer.com
[12h28] Doping – Ein Mannschaftsarzt Frankreichs, Jean-Pierre Paclet, bringt zufällig dieser Tage im Windschatten der Meuterei und des Ausscheidens in Südafrika, ein Buch herausgebracht, dass den 98er-WM-Spielern ans Bein pinkelt und Raymond Domenech zum Obermanipulator abstempelt. Der Arzt war anscheinend 1998 noch “nur” im Umfeld der Nationalmannschaft tätig (u.a. Jugend) und ist später erst zum Betreuer der Nationalmannschaft aufgestiegen.
Das Blatt Le Parisien veröffentlicht einige Auszüge aus dem Buch. U.a. legt der Ex-Betreuer nahe, das Spieler der 98er-Mannschaft gedopt gewesen sind. Sinngemäß schreibt er in dem Buch:
“Blutuntersuchungen ergaben kurz vor der WM anormale Werte von mehreren französischen Nationalspielern. Der Verdacht wird verstärkt, wenn man sich vor Augen führt, von welchen Klubs, namentlich italienischen Klubs die Spieler kamen […] Ein erhöhter Hämatokrit-Wert sagt noch nicht aus, dass sie EPO genommen haben. Da es also keine Beweise gab, haben wir nicht weiter nachgeforscht. Mein Kollege von der Juve, [Riccardo] Agricola, wurde von einem italienischen Gericht verurteilt ([22 Monate Gefängnis], anschließend freigesprochen). Es ist öffentlich bekannt, dass es zu dieser Zeit Doping-Praktiken bei Juventus gab.”
Ein anderer Mannschaftsarzt der franz. Nationalmannschaft zeigte sich geschockt über die Vorwürfe. Er erklärte das es damals zwei leicht erhöhte Werte gab, die aber im Zusammenhang mit der Erschöpfung nach der Saison im Verein standen.
Laurent Blanc fragte Journalisten genervt, wer denn dieser Arzt sei und was wohl seine Motivation sei, erst jetzt mit der Story rauszukommen. Qu: eurosport.fr, sport24-com, L’Équipe
Wer nachguckt, stellt fest, dass es zwei französische Spieler in der Juve-Stammelf gab: Zidane und Didier Deschamps.
[11h56] Werder Bremen & Mikael Silvestre – Der KICKER meldet Werders mögliche Reaktion auf die längere Verletzung von Naldo und der mehr als wackeligen Verteidigung in den letzten Spielen. Gestern soll in Genua der 33jährige Innenverteidiger Mikael Silvestre auf der Tribüne gesessen haben. Silvestre soll sich seit Anfang der Woche in Verhandlungen mit Werder befinden und die nun gesicherte Teilnahme an der Champions League-Gruppenphase sollte angesichts der Erlöse den Erwerb weitere Spieler vereinfachen.
Silvestre spielte u.a. von 1999 bis Sommer 2008 bei Manchester City United, gehörte in den ersten sieben Jahren dort zur Stammelf. Bei Arsenal schaffte er es in Laufe von zwei Spielzeiten nicht, sich in der Stammelf zu halten und ist nun vereinslos. Mit 1m83 wäre er neben Fritz der kleinste Abwehrspieler Werders. Allerdings war in den letzten Tagen bei Werder weniger die Körpergröße als Phlegma, Geistesgegenwart und Abstimmung in der Kette das Problem.