Dienstagsrauschen: Verträge und Unverträgliches
[18h50] Doping – Nachtrag zu der “Overtrained Athlete Syndrome“-Geschichte weiter unten: in seiner heutigen Kolumne hat Peter King die Argumentation durch einen Kollegen und einen Wissenschaftler zerlegen lassen.

[18h26] CFL – Auch wenn sie bei mir Opfer eines übervollen Sportprogrammes geworden ist, habe ich die Canadian Football League nicht komplett vergessen…
Die Hamilton Tiger-Cats haben gestern überraschend per Brief an den Stadtrat Hamiltons ihre Unterstützung für das neue Stadion 2015 zurückgezogen. Der Stadtrat will heute endgültig über ein neues Stadion entscheiden.
Um mal kurz diese Aussage in unser aller Koordinatensystem zu verorten:
- Hamilton ist eine Halbmillionen-Stadt mit Stahlarbeiter-Vergangenheit. 50km vom kanadischen Wirtschaftszentrum Toronto entfernt.
- Die CFL ist die traditionsreiche Profi-Liga des Canadian Football und ähnlich ur-kanadisch wie Eishockey.
- Die Hamilton Tiger-Cats sind eine der ältesten CFL-Franchises, deren Wurzeln sich bis 1869 zurückverfolgen lassen. Sie standen in den ersten sechs Jahren des Grey Cups dreimal im Endspiel (1910, 1913, 1915). Hamilton ist auch Ort der Canadian Football Hall of Fame.
- Die Hamilton Tiger-Cats haben trotz (oder: wegen?) zahlreicher Veränderungen im Kader und Management in den letzten elf Jahren nur zweimal eine positive Sieg/Niederlagen-Bilanz eingefahren. Nach 9-9 in der letzten Saison stehen sie derzeit wieder mit 2-4 am Tabellenende der East-Division.
Toronto ist 2015 Ausrichter der Panamerikanischen Spiele und dazu sollte ein neues Leichtathletikstadion in Hamilton gebaut werden. Dieses Stadion sollte ursprünglich den Hamilton Tiger-Cats danach als neue Heimat dienen. Tatsächlich schwelt aber seit einem Jahr ein Konflikt zwischen der Stadt Hamilton und dem CFL-Team. Die Stadt will aus städteplanerischen Gründen das Stadion am Hafen bauen, wo auch die gute Nahverkersmöglichkeiten herrschen. Die Tiger-Cats wollen aber am Stadtrand in den “East Mountains” bauen, wo das Stadion besser per Highway zu erreichen wäre – vermutlich auch mit dem Hintergedanken das man von autofahrenden Football-Fans eher Parkgebühren kassieren kann, als von metrofahrenden Gästen.
Mit dem Entzug der Unterstützung für ein neues Stadion in Hamilton sind die Tiger-Cats erst einmal vom Verhandlungstisch aufgestanden und weggegangen. Sie haben den Zeitdruck noch einmal erhöht: der Mietvertrag mit dem aktuellen Stadion, dem Ivor Wynne Stadium läuft Ende 2011 aus und die Tiger-Cats machen keine Anstalten diesen Vertrag verlängern zu wollen.
Hamilton ist mit den Tiger-Cats nicht nur finanzielle Unterstützung abhanden gekommen (zwar subventioniert die Stadt den Spielbetrieb der Ticats mit jährlich etwas mehr als 1 Mio Kan.Dollar, aber die Tiger-Cats wollten sich mit knapp 20 Mio Dollar am Stadionneubau beteiligen). Der kanadische Staat und das Bundesland Ontario haben als Bedingung für einen Stadionneubau gemacht, dass nach den 2015er-Spielen sich ein permanenter Mieter findet. Aber ohne Ticats, kein Mieter. Ohne Mieter, kein Stadion.
Für Toronto und Ontario wäre es nicht tragisch, denn man hat noch einige Ausweichstandorte für das neue Stadion in der Hinterhand.
Es gibt keine Statements des Front Office der Tiger-Cats wie eine Zukunft aussehen könnte, aber allen Beteiligten ist es klar, dass es weiter östlich Interessenten für ein CFL-Team in Ottawa, Quebec City und Moncton gibt.
Weitere Informationen: Editorial des Hamilton Spectators, Liveblogging des Spectators von der heutigen Stadtrat-Entscheidung, Globe & Mail
[17h10] SKY – Nochmal zurück zur Anzeigen-Kampagne unser aller Lieblings-Pay-TV. Die Branchendienste Kress und w+v gehen auf die Hintergründe ein. Demnach wird das Kundengeschäft von SKY umstrukturiert. Die bisher getrennten Bereiche Marketing/Sales und Kundenservice/Kundenbindung werden unter Marcello Maggioni zusammengeführt. Der bisherige Senior Vice President für Kundenservice/Kundenbindung Giovanni Brunelli wird Ende August Sky Deutschland verlassen. Eine weitere Kerbe auf dem Hegemonen-Colt von Klaus Boldt. Mehr zum Thema bei der w+v (“Sky macht Maggioni zum Kunden-Minister”) und Kress (“Hoffnungsträger für das Kundengeschäft:
Maggioni führt Super-Ressort bei Sky”)
[16h58] Neuer persönlicher Rekord: Virgin Racing antwortet fünf Monate nach meiner eMail-Anfrage für Zugang zum Pressebereich der Website.
Mit einem auszufüllenden Formular.
[14h51] Jerry Rice – Ebenfalls aus der Monday Morning Quarterback-Kolumne von Peter King findet sich ein Zitat aus der Hall of Fame-Rede von Jerry Rice.
I’m here to tell you that the fear of failure is the engine that has driven me throughout my entire life. It flies in the faces of all these sports psychologists who say you have to let go of your fears to be successful and that negative thoughts will diminish performance. But not wanting to disappoint my parents, and later my coaches, teammates and fans, is what pushed me to be successful … The reason nobody caught me from behind is because I ran scared. People are always surprised how insecure I was. But I was always in search of that perfect game, and I never got it. Even if I caught 10 of 12 passes, or two or three touchdowns in the Super Bowl, I would dwell on the one pass I dropped … If I have one single regret about my career standing here today, it’s that I never took the time to enjoy it.
aus: “Monday Morning Quarterback”, Peter King, Sports Illustrated
Hier das Transkript der Rede in voller Länge: Hall of Fame Enschrinement Speech
[14h40] Doping – Die Houston Texans sind nicht mit der Dopingsperre ihres LB Brian Cushing einverstanden. Cushing und Teambesitzer Bob McNair sind überzeugt, das Brian Cushing nicht gedopt habe, sondern am “Overtrained Athlete Syndrome“. Peter King schildert bei Sports Illustrated die hanebüchen klingende Theorie:
In an interview here Friday, Cushing said he thinks he knows why he tested positive for elevated levels of hCG. “Everything points to that overtrained athlete syndrome,” Cushing said, walking back to the Texans’ locker room after their afternoon practice. “I’m pretty sure it is. I’m pretty positive. I didn’t take anything. It’s not a tainted supplement. So all roads lead to that.”
The syndrome results from athletes training intensely for a long period, with the possibility of a testosterone imbalance resulting when an athlete stops training. I must stress the word “possibility,” because no player in the history of the NFL substance-abuse program before Cushing tested positive for the higher level of hCG. The widespread belief in NFL circles was that a player who tests positive for hCG would be a steroid user trying to re-start regular testosterone production after it has been interrupted in a cycle of steroid use.
aus: “Texans are fighting for Cushing”, Peter King, Sports Illustrated
[12h49] Özil – Dank eines Artikels in der El Pais – der Wechsel zu Barcelona sei fix – haben Özil-Schlagzeilen heute wieder Hochkonjunktur. Es quillen aber aus allen Ecken Dementis zu einem angeblich beschlossenen Wechsel. Die Dementis sind aber eher minderer Güteklasse. Weniger die Geschmacksrichtung “Özil bleibt die Saison bei Werder“, sondern mehr “das richtige Angebot ist noch nicht da“.
Wer übrigens eine halbe Stunde Zeit hat, kann sich durch dieses neueste Konvolut von “The Swiss Ramble” zum Thema Finanzlage bei Barcelona durchackern: “What’s Happening With Barcelona’s Finances?”. Kurzfassung: Verschuldung ja, aber die Chancen für zusätzliche Erlöse sind unfassbar.
[12h28] SKY – Während unser aller Lieblings-Pay-TV in Deutschland das von Brian Sullivan abgegebene Versprechen dass Treue von Bestandskunden sich endlich lohnen müsse, tatkräftig mit … einer “Danke”-Zeitungsanzeige umsetzt, droht aus Großbritannien der nächste Schlag für das dahinsiechende Image von SKY.
Die Guardian-Tochter paidcontent.org berichtet vom Börsenprospekt Skypes, wonach BSkyB erfolgreich Einspruch gegen die Anerkennung der Marke “Skype” einlegen konnte. BSkyBs Einspruch richtet sich gegen das “sky” in Skype. Dieser Einspruch ist in erster Instanz vor dem “Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt” (OHIM) erfolgreich gewesen. Skype hofft weiterhin seine Marke beim OHIm durchzubekommen, so wie es bislang in der Schweiz, Türkei und Brasilien der Fall war. Im worst case müsste sich Skype einen neuen Namen und ein neues Logo geben.
Vielleicht “Premiere-pe“?
Unverträgliches – Schiedsgericht stoppt endgültig Kovalchuks Vertrag
Gestern abend hat ein unabhängiges Schiedsgericht die Entscheidung der NHL bestätigt und Ilya Kovalchuks 17-Jahres-Vertrag mit den NJ Devils abgesägt (siehe “Screensport: Front-Loading”). Das Schiedsgericht schloss sich dabei der Auffassung der NHL an, das Kovalchuks Vertrag ein exzessives Front-Loading betreibe und damit gegen den Geist der Regularien verstösst (das vollständige Schiedsgericht-Dokument liegt als Google-Doc vor, via Puck Daddy/Offside Blog).
“Front-Loading” bezeichnet das Abschließen überlanger Verträge, bei denen die späteren Vertragsjahre mit ihren niedrigen Gehältern nur dazu dienen, den Gesamtschnitt des Vertrages zu senken – jener Gesamtschnitt der in der NHL auf das Salary Cap des Teams angerechnet wird – aber nicht damit der Spieler wirklich spielt.
Die Besonderheit der gestrigen Entscheidung liegt in ihrer Grundsätzlichkeit, denn Kovalchuk ist vielleicht der bislang dreisteste Fall von “Front-Loading”, aber nicht der einzige Fall. Während Kovalchuks Vertrag bis zu seinem 44ten Lebenjahr läuft, wurden erst vor kurzem Verträge mit Marian Hossa und Roberto Luongo abgeschlossen, die bis zu deren 42tes bzw 43tes Lebensjahr reichen.
Und in der Tat erwähnt der Gerichtsbeschluß explizit:
While the contracts have in fact been registered, their structure has not escaped league notice. Those players’ contracts are being investigated currently with at least the possibility of a subsequent withdrawal of the registration.
aus: Schiedsgerichtbeschluss, Seite 19, Fußnote
Und das ist der eigentliche Knaller. Der Beschluss des Schiedsgericht öffnet explizit die Möglichkeit, dass zahlreiche andere Verträge mit Front-Loading für nichtig erklärt werden – auch wenn der Richter im Beschluss explizit anmerkt, dass die Zahlen im Kovalchuk-Vertrag (die Verteilung zugunsten der ersten 10, 11 Jahre) dramatischer als bei den anderen Verträgen sind. Der General Manager der Vancouver Canucks Mike Gillis hat inzwischen bestätigt, dass die NHL von den Canucks kürzlich zusätzliche Informationen über den im letzten September abgeschlossenen Vertrag mit Roberto Luongo verlangt hat.